Einstellung gegenüber Seiteneinsteigern

  • Ich habe Grundschulkollegen immer als hilfsbereit und vor allem für jeden Kollegen, der dort "schulformfremd" dazukam, dankbar kennengelernt. Klingt so als wären zumindest Teile des Kollegiums ausgebrannt. Ich würde mir eine andere Schule suchen.

  • Ich glaube, grundständige Lehrkräfte, die noch nie woanders gearbeitet haben, kennen es nicht anders und können es vielleicht nicht nachvollziehen, dass es in anderen Jobs auch anders ablaufen kann. Als Lehrkraft könnte man fast komplett alleine arbeiten. In meinem vorherigen Job war Teamarbeit essentiell, ohne Hilfe anderer hätte man gar keine Chance, zurecht zu kommen. Teamfähigkeit/Umgang mit Kollegen war deshalb, neben der fachlichen Kompetenz, das wichtigste Einstellungskriterium. Es macht mir zwar viel Spaß zu unterrichten, aber dass mein Lehrerkollegium mit einem toll kooperierendem Team, an dem sich alle für den gemeinsamen Erfolg trotz Überlastung unter die Arme greifen, nichts zu tun hat, damit lerne ich noch umzugehen :(. Wobei ich nicht denke, dass dies persönliche Gründe hat, sondern systembedingt ist (Beamtentum, Frustration durch starre Regelungen, Hilflosigkeit bei Problemen). (bezieht sich wie gesagt, nur auf ein einzelnes Kollegium, wo es auch viele tolle Kollegen gibt - nur dieses tolle Teamgefühl, das vermisse ich leider)

  • Das kommt sicherlich auch auf die Schulform und auf das Kollegium an. An meiner BBS sind die allermeisten KuK durchaus teamfähig und wir arbeiten viel und gut in Teams zusammen, helfen sich gegenseitig, bereiten zusammen Unterrichtseinheiten und Klausuren vor usw. Teilweise haben wir auch in Teamteaching, z. B. in den BES-Klassen, im "Lernbüro" und im Fachpraxisunterricht in den "Werkstatträumen".

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Wobei ich nicht denke, dass dies persönliche Gründe hat, sondern systembedingt ist (Beamtentum, Frustration durch starre Regelungen, Hilflosigkeit bei Problemen).

    Warum sollte es daran liegen, wenn es an anderen Schulen anders ist?

    Als ich vor zig Jahren anfing, hatte ich auch den Eindruck, dass es so ist. Inzwischen ist es anders, weil wir Stück für Stück daran gearbeitet haben, um es aufzubrechen und zu ändern. Dann war es irgendwann so:

    An meiner BBS (Schule) sind die allermeisten KuK durchaus teamfähig und wir arbeiten viel und gut in Teams zusammen, helfen sich gegenseitig, bereiten zusammen Unterrichtseinheiten und Klausuren vor usw.

    Jetzt kommen junge Kolleg:innen dazu, die wie selbstverständlich so arbeiten.

    Das kommt sicherlich auch auf die Schulform und auf das Kollegium an.

    An einem kleinen System weiß jede von jeder sehr genau um die Begabungen und die Belastungen.

    Man läuft sich ständig über den Weg, verbringt die kurzen Pausen, so es geht, miteinander, und ist ständig im Austausch über Inhalte und Schüler:innen.

    Es ist schwierig, Kolleg:innen, die nicht immer da sein können, in allem gut zu informieren, weil so vieles Zwischendurch geregelt wird.


    Unter Lehrkräftemangel wäre es gar nicht anders gegangen, als dass alle gemeinsam irgendwie unterstützen, einspringen, helfen.

    Fällt jemand aus, kann jeder mit abschätzen, wer oder wie es aufgefangen werden kann.

    Auch wartet man an kleinen Systemen nicht auf irgendwelche Anweisungen, es wird eher offen diskutiert, angeboten oder gleich gesprungen und für längere Sicht gemeinsam geregelt.

    Genau das ist es aber auch, was in einem schlecht aufgestellten System dazu führt, dass viele Lehrkräfte weit mehr arbeiten, als sie müssten.

    Da stehen nach unendlich vielen Aufgaben, die seit 20 Jahren dazu kommen, und bei Lehrkräften, die sich aus Selbstschutz besser abgrenzen ... die Zeichen auf Abweisung zusätzlicher Aufgaben, wozu dann auch das Einarbeiten vieler Abordnungen, Vertretungen, Quereinsteiger:innen gehört, was nicht entlastet wird. Nach 10 Jahren Mangel kann ich die Namen der zahlreichen, auch kurzfristigen Vertretungen nicht mehr alle benennen, und bin erstaunt, dass es auch mal ein Jahr anders laufen kann.

    Seit 10 Jahren habe ich immer mehrere Kolleginnen im Klassenteam, in der Parallelklasse oder in einem oder mehreren Fachgruppen, die in irgendeiner Weise Unterstützung benötigen, weil sie Praktikantinnen, Referendarinnen, Abordnungen, Vertretungen, Studierende für Programm X oder Y oder pädagogische Mitarbeiterinnen sind. Es sind so viele über einen so langen Zeitraum, weil die wenigsten bleiben konnten, weil es keine Stellen gab oder weil es gar nicht um Stellen ging, sondern alles kurzfristige Maßnahmen waren.


    Systembedingt finde ich, dass man mit dem Mangel selbst sehen soll, wie es irgendwie läuft, dass sehr viele Maßnahmen auf kurzfristig angelegt sind, sodass man immer wieder Mitarbeitende mit kleinen befritsteten Verträgen hat, dass Arbeitszeit nicht erhoben wird. Vermutlich werden immer mehr Lehrkräfte die Reißleine ziehen, haben unter Corona gesehen, dass es auch mit minimalem Aufwand an Konferenzen und Treffen gehen kann und grenzen sich weiter ab.

  • In der Wirtschaft werden die Stellen dann oft unbesetzt gelassen. Dort werden extrem selten völlig fachfremde Menschen eingestellt und ausgebildet, zumindest bei den Stellen, wo ein akademischer Abschluss vorausgesetzt wird.

    Wie kommst du denn darauf? So spezifische Ausbildungen wie die Lehrerausbildung haben doch in der Wirtschaft meist gar kein Äquivalent. Niemand macht in einer Firma sein Leben lang denselben Job und niemand weiß, welche Anforderungen sein Job in ein paar Jahren stellen wird. Jeder ist hochspezialisiert und muss sein Wissen ständig auf dem laufenden halten. Erworbenes Branchenwissen macht sich bezahlt und man kann es nur durch Praxis erwerben.


    Ich war im Bankenbereich bei Einstellungsgesprächen dabei und habe in der Energiewirtschaft selber Leute eingestellt.

    Dass Stellen, die da sind und wo Arbeit gemacht werden muss, nicht besetzt werden, habe ich nie erlebt. Wenn man nicht bekommt, was man sich vorstellt, schraubt man seine Ansprüche herunter und zahlt zähneknirschend etwas mehr. Im IT-Bereich und im Bereich Unternehmensberatung habe ich Gehälter für dieselbe Arbeit in wenigen Jahren mindestens 50% steigen und dann auch wieder fallen sehen. Billig eingestellte Mitarbeiter waren noch da, wenn neu eingestellte Mitarbeiter viel mehr bekamen.


    Vorgegebene Ausbildungen für einen speziellen Beruf gibt es in der Wirtschaft wenig und in der Regel nicht für Akademiker, denen man zutraut, vieles zu lernen. Neben dem Lehrerberuf fällt mir da eigentlich nur der Arzt und der Rechtsanwalt ein, die ebenfalls den Beruf nur nach einer sehr speziellen, staatlich vorgegebenen Ausbildung ausüben dürfen - aber das ist ja keine Wirtschaft...


    Bei Mitarbeitern und Führungskräften von mittelständischen und Großunternehmen findet man bei jeder Aufgabe immer alle möglichen Studienabschlüsse und Lebensläufe.

  • Neben dem Lehrerberuf fällt mir da eigentlich nur der Arzt und der Rechtsanwalt ein, die ebenfalls den Beruf nur nach einer sehr speziellen, staatlich vorgegebenen Ausbildung ausüben dürfen - aber das ist ja keine Wirtschaft...

    Was ist am Beruf des Anwalts bzw. Arztes keine freie Wirtschaft? Man braucht eine staatliche Zulassung, der Job wird aber mit wenigen Ausnahmen (Arzt an Unikliniken, Staatsanwalt, Richter) privatwirtschaftlich ausgeübt.

  • Vorgegebene Ausbildungen für einen speziellen Beruf gibt es in der Wirtschaft wenig und in der Regel nicht für Akademiker, denen man zutraut, vieles zu lernen. Neben dem Lehrerberuf fällt mir da eigentlich nur der Arzt und der Rechtsanwalt ein, die ebenfalls den Beruf nur nach einer sehr speziellen, staatlich vorgegebenen Ausbildung ausüben dürfen - aber das ist ja keine Wirtschaft...

    Es gibt einige spezielle Ausbildungen, die für einen bestimmten Beruf/Funktion vorgeschrieben sind. Hier ein paar Beispiele:


    • Führerschein für Personenbeförderung oder Lastverkehr
    • Kommerzielle Fluglizenzen
    • Ausbildungen Prüftätigkeiten beim TÜV
    • Ausbildungen für Schweißaufsichtspersonen (ich bin so eine)

    Die Inhalte sind zwar nicht inhaltlich vorgegeben, aber diese werden durch Gesetze oder Verordnungen gefordert. Es gibt sicherlich noch viele weitere Beispiele.


    Was ist am Beruf des Anwalts bzw. Arztes keine freie Wirtschaft? Man braucht eine staatliche Zulassung, der Job wird aber mit wenigen Ausnahmen (Arzt an Unikliniken, Staatsanwalt, Richter) privatwirtschaftlich ausgeübt.

    Vielleicht werden die Leute dazu gezwungen?

  • Arzt: keine freie, sondern eine extrem hochregulierte Wirtschaft: Alles ist vorgeschrieben, Vertragsfreiheit nirgendwo: Ausbildung der Werktätigen, Anzahl verfügbaren Betriebsstätten, Abrechnungsbeträge, Anzahl der abrechenbaren Dienstleistungen, Art der abrechenbaren Dienstleistungen, Liste der verschreibungsfähigen Medikamente usw. und so fort. Hat rein gar nix mit Marktwirtschaft zu tun.


    Für den Anwalt benötigt man tatsächlich nur ein staatliches Zulassungszertifikat. Das zeigt sich auch in dem extrem unterschiedlichen wirtschaftlichen Erfolg der Anwälte. Allerdings operiert der Anwalt in einem vollständig staatlich vorgegebenen Rahmen, nämlich an den staatlichen Gerichten. Viele Unternehmen in spezialisierten Branchen bevorzugen Schiedsgerichte mit Branchenkenntnis, um Streitigkeiten zu schlichten. Schiedsrichter haben wieder alle möglichen Ausbildungen und Lebenswege, wiewohl sie in der Regel Akademiker und mit Lebenserfahrung ausgestattet - also nicht ganz jung - sind.

  • Arzt: keine freie, sondern eine extrem hochregulierte Wirtschaft: Alles ist vorgeschrieben, Vertragsfreiheit nirgendwo: Ausbildung der Werktätigen, Anzahl verfügbaren Betriebsstätten, Abrechnungsbeträge, Anzahl der abrechenbaren Dienstleistungen, Liste der verschreibungsfähigen Medikamente usw. und so fort. Hat rein gar nix mit Marktwirtschaft zu tun.

    Es gibt für Ärzte noch ein paar andere Beschäftigungen, als das Führen einer Praxis. Aber auch dort sind sie selbstständige Unternehmer. Dass die Abrechnung und Arbeit ansich reguliert ist, ändert nichts an der privatwirtschaftlichen Tätigkeit. Medikamente können Ärzte verschreiben, wie sie wollen, solange diese in Deutschland generell zugelassen sind.


    Zitat

    Für den Anwalt benötigt man tatsächlich nur ein staatliches Zulassungszertifikat. Das zeigt sich auch in dem extrem unterschiedlichen wirtschaftlichen Erfolg der Anwälte.

    Genau, zwei Staatsexamina und 24 Monate Referendariat sind ein "staatliches Zulassungszertifikat".

    Zitat

    Allerdings operiert der Anwalt in einem vollständig staatlich vorgegebenen Rahmen, nämlich an den staatlichen Gerichten. Viele Unternehmen in spezialisierten Branchen bevorzugen Schiedsgerichte mit Branchenkenntnis, um Streitigkeiten zu schlichten. Schiedsrichter haben wieder alle möglichen Ausbildungen und Lebenswege, wiewohl sie in der Regel Akademiker und mit Lebenserfahrung ausgestattet sind.

    Du wirst es kaum glauben, aber viele Anwälte haben in ihrer Arbeit gar nichts mit Gerichten zu tun. Und nicht alle Volljuristen sind Anwälte.

  • Es gibt für Ärzte noch ein paar andere Beschäftigungen, als das Führen einer Praxis. Aber auch dort sind sie selbstständige Unternehmer. Dass die Abrechnung und Arbeit ansich reguliert ist, ändert nichts an der privatwirtschaftlichen Tätigkeit. Medikamente können Ärzte verschreiben, wie sie wollen, solange diese in Deutschland generell zugelassen sind.


    Du wirst es kaum glauben, aber viele Anwälte haben in ihrer Arbeit gar nichts mit Gerichten zu tun. Und nicht alle Volljuristen sind Anwälte.

    Das bestätigt alles nur meinen Punkt. Sobald Anwälte nichts mit dem Markt zu tun haben oder etwas anderes tun, als eine Praxis zu führen, sind sie auf dem freien Markt: Und dort konkurrieren sie unter Umständen mit Leuten, die ganz andere Ausbildungen haben.


    Und zwei Staatsexamina und 24 Monate Referendariat sind volkswirtschaftlich betrachtet ein staatliches Zulassungszertifikat. Das war nicht abwertend gemeint und keine Aussage über den Aufwand und darüber, dass viele Leute dazu nicht in der Lage sind, sondern nur die Anerkennung, dass der Anwalt sich am Markt behaupten muss und keine staatlich gesicherte Existenz hat (wie z.B. der Lehrer).

  • Das bestätigt alles nur meinen Punkt. Sobald Anwälte nichts mit dem Markt zu tun haben oder etwas anderes tun, als eine Praxis zu führen, sind sie auf dem freien Markt: Und dort konkurrieren sie unter Umständen mit Leuten, die ganz andere Ausbildungen haben.

    Sag mir, dass du keine Kenntnisse über den Arbeitsmarkt von Ärzten und Anwälten/Volljuristen hast, ohne mir zu sagen, dass du keine Kenntnisse über den Arbeitsmarkt von Ärzten und Anwälten/Volljuristen hast. ;)

  • Was ich sage, ist mehr oder weniger tautologisch:

    • entweder der Anwalt macht etwas, was nur Anwälte machen dürfen (staatliches Zertifikat), dann bewegt er sich nicht auf einem freien Markt
    • oder der Anwalt macht etwas, was im Prinzip jeder machen kann, wofür er nur möglicherweise besser ausgebildet ist, dann steht er mit vielen Leuten in Konkurrenz, die andere Ausbildungen haben

    Ich bin in meinem Berufsleben vielen Leuten begegnet, die sich fast ausschließlich mit der Gestaltung von Verträgen und der Ausoptimierung von Regulierungen und Gesetzen beschäftigt haben, obwohl sie keine Juristen waren. Es gibt Hobby-Juristen, die sich in Regulierungen tief einarbeiten, Optimierungspotentiale finden und darüber besser Bescheid wissen, als die gesamte Rechtsabteilung.


    Mit der Ausoptimierung von Regulierungen beschäftigen sich sowohl im Banken- als auch im Energiesektor auch Heerscharen von Mathematikern und auch ich habe viel Zeit meines Lebens damit verbracht.


    Wieviel Vertriebsleute, Mathematiker und Juristen in welchem Verhältnis man braucht, um erfolgreich ausreichend viele rechtssichere Verträge abzuschließen, ist eine Unternehmensentscheidung. Aufgaben können dabei unterschiedlich verteilt werden, je nachdem wieviel Rechtsverständnis die Mathematiker und Vertriebsleute haben und wie gut die Juristen rechnen können. Ich habe miterlebt, wie die Verhandlung von Standardverträgen von Juristen an kaufmännische Mitarbeiter delegiert wurde, so dass Juristen nur noch selten bei Problemen involviert wurden. Sobald es keinen rechtlichen Zwang gibt, sich eines Juristen zu bedienen, steht der Jurist wie alle Welt in Konkurrenz.

  • Wie kommst du denn darauf?

    Das sind meine Erfahrungen aus der IT-Branche von einigen großen Unternehmen.

    Was eine Firma sucht wird in den Stellenangeboten definiert. Welches Studium man absolviert hat, ist dabei tatsächlich meistens irrelevant. Erfüllt man aber die grundsätzlichen Kriterien nicht, die eine Firma sucht, bilden viele Firmen nicht aus, sondern lassen die Stelle unbesetzt und suchen weiter.

    Wenn eine IT Firma oder Unternehmensberatung für ihre Projekte jemanden sucht der z.B. C++ programmieren soll oder eine Datenbank optimieren soll, werden sie keinen anstellen, der davon noch nie was gehört hat oder es zumindest einigermaßen solide anwenden kann.

  • Welches Studium man absolviert hat, ist dabei tatsächlich meistens irrelevant.

    ...

    Wenn eine IT Firma oder Unternehmensberatung für ihre Projekte jemanden sucht der z.B. C++ programmieren soll oder eine Datenbank optimieren soll, werden sie keinen anstellen, der davon noch nie was gehört hat oder es zumindest einigermaßen solide anwenden kann.

    Das stimmt oft. Eine Firma wählt nach eigenem Ermessen, die Option, die sie am wenigsten kostet: Zuwarten, Ausbilden oder Mehrzahlen.


    Aber was ist die Anwendung auf Seiteneinsteiger?


    Es geht ja nicht darum, dass ein Vorstellungsgespräch geführt wird, bei dem relevante Erfahrung z.B. im Umgang mit Kindern oder im Unterrichten nachgewiesen werden soll (was nachvollziehbar wäre), sondern darum, dass im Regelprozess Leute nicht in Frage kommen, die nicht genau die vorgeschriebene Ausbildung des gerade relevanten Bundeslandes absolviert haben.


    Vergleich wäre: einen Elektriker eines anderen Ausbildungsbetriebes stellen wir grundsätzlich nicht ein, deren Ausbildung ist ja gar nicht ordentlich.


    Viele unserer DAZ-Lehrerinnen sind keine Deutschen (nachgewiesenes C1-Niveau deutsch) und Lehrerin in ihrem Heimatland gewesen. Formal sind sie alle Seiteneinsteigerinnen.

  • Die Elektriker unter den Flüchtlingen benötigen aber auch eine Anerkennung,

    gleiches gilt für andere Berufe, z.B. auch Ärztinnen.


    Die DaZ-Lehrenden können auch ganz andere Personen sein, ohne Lehramtsausbildung, sie werden bei uns nicht auf Lehrerstellen gesetzt, sondern anders eingestellt und aus anderen Mitteln bezahlt.

    Ich kenne auch eine Lehrkraft mit DaZ-Studium, die nach Jahren prekärer Verträge nun eine feste Stelle bekommen hat. Das ist aber sicher eine Ausnahme.


    Schwierig ist sicher, dass für Seiten/Quereinsteiger:innen nicht transparent ist, welche Studienleistungen anerkannt werden.

  • Ich denke, der Vergleich mit der Privatwirtschaft ist schwierig, weil der Staat im Schulbetrieb in zwei Rollen auftritt:

    • als Gesetzgeber und Regulator und
    • als Arbeitgeber

    Ein privatwirtschaftlicher Unternehmer/Arbeitgeber würde ausländische Ärztinnen, Elektriker usw. ohne weiteres einstellen, wenn er überzeugt ist, dass sie den Job machen können. Das sieht man an den vielen Osteuropäern, die in Deutschland als Ingenieure arbeiten. Er darf aber nicht, weil diese Berufe reguliert sind und somit der Staat als Regulator die entsprechenden ausländischen Zertifikate zunächst anerkennen muss.


    Bei uns ist DAZ ein reguläres Schulfach und die DAZ-Lehrer reguläre Lehrer. Nichtsdestoweniger sind fast alle formal Seiteneinsteiger.

  • Aber was ist die Anwendung auf Seiteneinsteiger?

    Die Anwendung auf Seiteneinsteiger gibt es so nicht, das war meine These.

    Das System Schule hat zumindest den Mangel erkannt (den sie selbst teilweise durch schlechte Planung verschuldet hat) und Programme wie den Seiten- oder Quereinstieg ins Leben gerufen.

    Diese Einsteiger müssen zumindest ansatzweise von den Fächern auf Schule passen und das Fachwissen mitbringen. Den Rest lernen sie dann begleitend im Beruf oder im Referendariat.

    Solch ein Ausbildungsprogramm gibt es in der Wirtschaft in vielen Firmen so nicht.

  • Dennoch merke ich hier im Forum schon, wie feindselig manche User*innen Quereinsteiger*innen gegenüber eingestellt sind. Ich habe das Gefühl, dass sich manche dadurch in Ihrer Profession extrem abgewertet fühlen. Das hat aber mit den einzelnen Quereinsteigenden nichts zu tun, sondern mit dem Konzept des Lehramtsstudiums und des Lehrerseins.


    Anekdotische Evidenz: Am Gymnasium meiner Tochter gibt es viele Quereinsteigende. Am Anfang wusste ich als Mutter natürlich nicht, wer welche Ausbildung hat. Es gab eben LK die ich, von außen betrachtet, als "besser, pädagogisch wertvoller,..." befand und andere, da fragt man sich, warum Himmels willen so jemand Lehrkraft wird... Wie überall eben.


    Überraschung: Die beiden Quereinsteigenden, die meine Tochter unterrichten, sind nicht die von der zweiten Sorte.

    Danke für diese Worte, die ich leider nur bestätigen kann.


    "Vertretungslehrerin": Ich habe den Weg, den du eventuell noch vor dir hast, bereits hinter mir. Ich habe den Quereinstieg an der Berufsschule gemacht und komme aus der Wirtschaft - ich habe übrigens unter anderem auch im Bereich der Unternehmenskommunikation gearbeitet, was mein eines Fach, Deutsch, erklärt. Ich habe das Referendariat gemacht, also durchaus "von der Pike auf" das Ganze gemacht, bzw. gelernt. Das war mir persönlich auch wichtig, obwohl ich durch persönliche Kontakte auch "einfach so" an einem privaten Gymnasium reingekommen wäre ins Lehramt. Mir persönlich war es aber wichtig, das Referendariat zu machen - um eben von der Pike auf den Job zu lernen. Und für mich persönlich kann ich nur sagen, dass ich wirklich davon überzeugt bin, dass ich ohne das Referendariat nicht das "Handwerkszeug" hätte, das ich jetzt habe. Ich hatte mir auch eingebildet, dass man mich als Quereinsteigerin auch innerhalb des Kollegiums mehr anerkennen würde, wenn ich das Referendariat absolvieren würde zusätzlich. ABER: Das Referendariat hat nicht dazu geführt, dass man mich als Quereinsteiger mehr oder besser anerkennt. An unserer Schule sind viele Quereinsteiger und bezeichnenderweise verstehe ich mich mit denen am besten und bin mit denen auch teilweise bereits befreundet. Was mich wirklich nach wie vor "befremdet", ist, dass manche Lehrer mich bis heute (und ich bin seit 1,5 Jahren an der Schule) noch nicht mal gefragt haben, was ich vorher überhaupt gemacht habe. Bei manchen Lehrern bin ich mittlerweile zu dem Schluss gekommen, dass sie mir schlichtweg die zusätzliche berufliche Erfahrung neiden, das aber natürlich nicht zugeben können oder wollen. Denn natürlich ist es für die SuS im Bereich Medien z. B. bereichernder, wenn ihnen jemand erzählt, wie Werbung live gemacht wird, wie Flyer beurteilt werden, wie wichtig Farben für die Corporate Identity sind und was davon abhängt, wenn die genaue Farbe nicht "getroffen" wird. Im Gegenzug habe ich aber letztens noch den Lehrern in Deutsch erzählt, dass sie mir gerade in der Oberstufe mit ihrem jahrelangen Know-How und dem Studium in der Schulform Gymnasium überlegen sind und ich hart daran arbeiten muss, mich in etwa auf ihr Niveau zu begeben.


    Ich bin also insgesamt ernüchtert, was meine Akzeptanz bei "uns" an der BBS so angeht. Ich hätte einfach gerne so ein schönes Kollegending, wie ich es in einigen Firmen hatte. Aber eben auch nicht in allen.


    Was für mich gerade zählt, ist, dass ich gerne unterrichte. Und ich versuche, mich wirklich weniger darauf zu konzentrieren, was einige KuK von mir denken und halten, als was ich meinen SuS sowohl fachlich als auch menschlich Gutes vermitteln kann. Und ich glaube, das kann ich ganz gut. Gerade ist ja bei uns Abi gemacht worden und ich habe letzte Woche einen riesen Blumenstrauss als Dankeschön für die tolle Vorbereitung für's Abi erhalten von den SuS. Und das ist es dann, was zählt - und nicht wie einzelne KuK denken oder reden oder was sie meinen. Daher würde ich dir raten, für dich selbst rauszufinden, wie gerne du den Job machst - DAS ist das Wichtige. Die Arbeit mit den SuS. Und nicht was Kollege x oder y von dir halten. Wobei es diesbezüglich natürlich auch vorteilhaft für dich sein könnte, an die BBSen zu gehen, weil da einfach mehr Quer- und Seiteneinsteiger sind als an anderen Schulformen. Trotzdem brauchst du natürlich ein dickes Fell - sowohl im Referendariat (wo ich auch schon mit blöden Sprüchen meines Schulleiters zu kämpfen hatte "Sie kommen aus dem Marketing? Ja super, dann setzen wir Sie ins Rechnungswesen." ) als auch im Schulalltag. Indes braucht man das ja auch in der Wirtschaft: Denn da gibt es leider auch immer genug Menschen, die dir das neiden, was du hast, die auf deinen Stuhl wollen (das gilt nur für die Wirtschaft) oder Ähnliches.


    Was ich nicht verstehe ist, wie dringend die Schulen Quereinsteiger brauchen einerseits - und wie froh sie ergo eigentlich über sie sein sollten - und wie wenig wertschätzend leider oft mit ihnen umgegangen wird. Nicht alle Kollegen sind so - auch das möchte ich nicht sagen. Aber mehr Kollegen, als ich es vorher erwartet hätte. Darauf solltest du vorbereitet sein, aber das sollte dich nicht davon abhalten, das OBAS zu machen.

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