Verbeamtung- ja, nein?

  • Mal abgesehen vom Streikrecht und der höheren Anzahl von "Kindkranktagen" vermag ich auf den ersten Blick keine nennenswerten Vorteile in der Tätigkeit als Angestellter erkennen, die in der Praxis de facto auch zum Tragen kommen.

    Das sind doch schon mal welche, dann kommt z.B. die Sache mit der bezahlten Mehrarbeit dazu.

    In der Praxis kommt bei Lehrkräften gerade in Berlin wohl so oder so nur eine innerstädtische Versetzung in Frage, die sowohl bei Angestellten als auch bei Beamten gut möglich scheint.

    Genau die kommt in Berlin eben gar nicht in Frage aktuell.


    oder die geringeren Hürden zur Kündigung.

    Ich kenne nur einen Fall, wo die Kündigung durchging vor dem Arbeitsgericht. Zumindest in Berlin ist man eigentlich unkündbar als Grundschullehrer, vermutlich inzwischen auch für die anderen Schulformen.


    Und die Länge der Lohnfortzahlung ist ja je nach Vertragslänge auch nicht so wirklich kurz auch wenn es dann eben "nur" ein Zuschuss ist, so dass man das selbe Geld raus hat.

  • Einen anderen interessanten Aspekt höre ich von verbeamteten Kollegen aus den Bundesländern, wo die Teilzeitmöglichkeiten eingeschränkt werden und auch Versetzungen im Gespräch sind. Wir alle kennen die Vorschläge gegen den Lehrermangel der SWK.


    Dort scheint es jetzt im Vergleich zur Vergangenheit vermehrt verbeamtete Kollegen zu geben, die sich aufgrund dieser Entwicklungen aus dem Beamtenverhältnis entlassen lassen und an Privatschulen anheuern, die ihnen Teilzeit ermöglichen und an denen man natürlich auch keine Gefahr der Versetzung hat. Absolute Zahlen dazu habe ich jedoch keine, sind nur Berichte. Daher weiß ich nicht, wie groß das Phänomen tatsächlich ist. Klar ist aber: War man vorher schon im Angestelltenverhältnis, ist so ein Wechsel natürlich leichter und mit weniger Nachteilen umsetzbar.

  • Wenn man noch nicht lange verbeamtet ist, ist es nicht schlimm, wieder zu kündigen - dann wird ja nur die wenige Zeit, die man verbeamtet war, unvorteilhafter nachversichert. Wenn man also kurz nach der Verbeamtung merkt, dass man verheizt wird, kündigt man und lässt sich wieder anstellen. Habe gehört, das sei unkompliziert. Oder hat jemand andere Erfahrungen?

  • Und die Länge der Lohnfortzahlung ist ja je nach Vertragslänge auch nicht so wirklich kurz auch wenn es dann eben "nur" ein Zuschuss ist, so dass man das selbe Geld raus hat.

    Was meinst du mit Zuschuss? Angestellte kriegen im Krankheitsfall 6 Wochen volles Geld, dann anteilig. Beamte bekommen volles Geld auch noch nach 6 Monaten.


    Nicht falsch verstehen, ich finde das alles nicht gerecht. Und wer nicht die Wahl hat, der tut natürlich gut daran, das für sich so zu akzeptieren und nicht zu vergleichen, sonst geht es einem nicht gut. Wer aber am Berufsanfang steht, der trifft eine sehr langfristige Entscheidung.

  • Was meinst du mit Zuschuss? Angestellte kriegen im Krankheitsfall 6 Wochen volles Geld, dann anteilig. Beamte bekommen volles Geld auch noch nach 6 Monaten.

    Nein, Angestellte bekommen nach 6 Wochen Lohnfortzahlung nach dem TVL §22, Absatz 2, einen Zuschuss zum Krankengeld in Höhe des Unterschiedsbetrages und das immerhin für bis zu 33 zusätzlichen Wochen für ein und die selbe Krankheit.

  • Wieso trifft man die später dann nicht mehr?

    Weil es rechnerisch einen Unterschied machen kann, wenn man mit 45 noch mal die Möglichkeit hat, zu wechseln, soweit ich weiß. Kann man dann z.B. seine Entgeltstufe mitnehmen? Wenn man die Entscheidung mit 27 trifft, sind das bis zum 45. Geburtstag rund 100.000 Eur, die man mehr oder weniger hat.


    Achso, und in Berlin wird man als Angestellte ja sofort in Stufe 5 eingruppiert, das gilt für andere Länder natürlich auch nicht.

  • Weil es rechnerisch einen Unterschied machen kann, wenn man mit 45 noch mal die Möglichkeit hat, zu wechseln, soweit ich weiß

    Ja, vor allem in Bezug auf Rente bzw. Pension, wobei ich die Rente zusätzlich zu Pension bekomme, also da kann man das auch schon gut sehen, aber eine langfristige Entscheidung ist es eben auch. ;)

  • Nein, Angestellte bekommen nach 6 Wochen Lohnfortzahlung nach dem TVL §22, Absatz 2, einen Zuschuss zum Krankengeld in Höhe des Unterschiedsbetrages und das immerhin für bis zu 33 zusätzlichen Wochen für ein und die selbe Krankheit.

    Stimmt, es gibt die Regelung, eine Angleichung vorzunehmen. Ist das ein Verdienst der Gewerkschaften? Würde mich mal interessieren... Aber wenn jemand die Wahl hat, warum sollte er die schlechtere Lösung wählen?


    ddb schrieb: "Mehrmalige Arbeitsunfähigkeit mit verschiedenen, nacheinander eintretenden Ursachen führt jeweils für sich zu einer sechswöchigen Bezugsfrist hinsichtlich der Entgeltfortzahlung. Bei Wiederholungserkrankungen aufgrund derselben Ursache gibt es nur einmalig Entgeltfortzahlung für sechs Wochen, anschließend erhalten die Beschäftigten die Kombination aus Krankengeld und Krankengeldzuschuss. Erst nach mindestens sechs Monate stehen der / dem Beschäftigten im Fall der erneuten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Erkrankung, erneut für weitere sechs Wochen Krankenbezüge zu. Erfüllt die / der Beschäftigte diese Bedingung nicht, erwirbt sie / er dennoch einen neuen sechswöchigen Anspruch auf Krankenbezüge, wenn vor der ersten Arbeitsunfähigkeit zwölf Monate ohne Arbeitsunfähigkeit bestanden haben."


  • Dir ist aber klar, dass der GEW vor allem daran gelegen ist, nicht ihre Anhängerschaft zu vergraulen? Die GEW hat auch in Sachsen sehr vorsichtig auf die Verbeamtung reagiert, weil die Altersgrenze bei 42 oder sowas liegt und alle ab 43 natürlich abgekotzt haben. Sowohl diejenigen, die kurz darüber lagen als auch die, die seit 30 Jahren im Dienst sind und einfach durch Nichtverbeamtung degradiert wurden. Ich weiß auch von Leuten, die mit der Verbeamtung aus der GEW ausgestiegen sind, ich vermute, es waren recht viele, so dass die Berliner GEW da vorsichtig gewesen ist in ihrer 'Beratung'.

  • Nicht umsonst rät in Berlin z.B. die Frauenvertreterin davon ab sich verbeamten zu lassen.

    Das ist so pauschal vollkommen irrational. Je nach persönlicher Situation kann es unter Umständen sinnvoll sein, sich nicht (sofort) verbeamten zu lassen. Mangelndes Streikrecht und eine Stunde mehr Arbeitszeit pro Woche sind allerdings keine vernünftigen Gründe gegen das Beamtentum.

  • Fände das Angebot der Rentenpunkte durchaus überlegenswert.

    8024,41 € sind mit 36,04 € monatlich sind ungefähr 222 Monate, also 18,5 Jahre. Bei Rente mit 65 reicht das Geld bis zum alter von 83,5 Jahren. Das ist bei einem jetzt 65-jährigen Mann ungefähr die verbleibende Lebenserwartung (Frauen haben eine ca. drei Jahre höhere Lebenserwartung).


    Wenn man das Geld jetzt zu 5% p.a. anlegt, entspricht das ca. 33 Euro pro Monat (400 Euro pro Jahr). Und die 8000 Euro muss man dabei gar nicht anfassen. Die sind für den Notfall immernoch da. Bisher erzielt bspw. der S&P 500 im Durchschnitt noch deutlich bessere Renditen. Das geht auch, wenn man jetzt schon 65 ist.


    Die Entscheidung ist eigentlich überhaupt nicht schwierig.

  • Das ist so pauschal vollkommen irrational. Je nach persönlicher Situation kann es unter Umständen sinnvoll sein, sich nicht (sofort) verbeamten zu lassen. Mangelndes Streikrecht und eine Stunde mehr Arbeitszeit pro Woche sind allerdings keine vernünftigen Gründe gegen das Beamtentum.

    Wer spricht denn nur von einer Stunde mehr Arbeitszeit ;)


    Wie gesagt, es sind ja genügend Gründe von mir genannt worden und ja, man muss es individuell prüfen und nein, es geht dann nicht um später verbeamten lassen, sondern gar nicht.

  • Dir ist aber klar, dass der GEW vor allem daran gelegen ist, nicht ihre Anhängerschaft zu vergraulen?

    Wie kommst du darauf, dass die GEW generell abgeraten hat, sie bietet dir alle Möglichkeiten das zu prüfen, aber kann eben auch noch nicht sagen, wie die Erfahrung angerechnet wird und rät die Verbeamtung zu beantragen und zu gucken, was sie einem anbieten und erst dann überhaupt darüber wirklich nachzudenken ;)


    Bei uns liegt übrigens die Altersgrenze 10 Jahre höher und sie haben eine ordentliche Ausgleichzahlung denke ich, ausgehandelt.


    Es sind Frauenvertretung und Personalrat, die eher da sehr vorsichtig sind.

  • Ich habe dann auch überlegt, mich verbeamten zu lassen und in der freiwilligen GKV zu bleiben. Aber wie du sagst, das macht finanziell keinen Sinn. Da bezahlt man den Beitrag komplett selbst.


    In meinem Fall war die Meinung: Beamtin und PKV mit Risikozuschlag 30% ist besser als Angestellte/Beamtin mit GKV. Pauschale Beihilfe gabs zu meiner Zeit noch nicht.

    Ich hoffe derweil ja immer noch darauf, daß das Hamburger Modell der pauschalen Beihilfe (= Übernahme des AG-Anteils in der GKV) auch in NRW kommt. Im Koalitionsvertrag der aktuellen Regierung stand ja , daß sie es auch bei uns einführen wollen.

  • Wer spricht denn nur von einer Stunde mehr Arbeitszeit ;)

    Angestellt arbeiten in Vollzeit 40 Stunden (oder in Brandenburg nur 39?), Beamte 41 Stunden.


    Zitat

    Wie gesagt, es sind ja genügend Gründe von mir genannt worden

    Nicht wirklich, jedenfalls keine vernünftigen Gründe, die so allgemein gelten.

    So pauschal von der Verbeamtung abzuraten, wie es offenbar getan wird, ist hochgradig unprofessionell.

  • Ich glaube, du liest irgendwie nicht richtig und vor allem willst du auch gar nicht verstehen, was da geschrieben steht.


    Versetzung usw. mag ja für dich kein Grund sein, für viele Berliner Lehrer eben schon.

  • Ich glaube, du liest irgendwie nicht richtig und vor allem willst du auch gar nicht verstehen, was da geschrieben steht.

    Wie kommst du darauf?


    Zitat

    Versetzung usw. mag ja für dich kein Grund sein, für viele Berliner Lehrer eben schon.

    Welches "usw."?

    Um jedes Jahr auf netto mindestens 6000 Euro (KV schon abgezogen) und die ggü. der Rente deutlich bessere Pension zu verzichten, muss es schon bessere Gründe geben, als (temporär) etwas länger zur Arbeit zu fahren.

    Aus 6000 Euro sind, wenn man sie mit 35 Jahren einmal anlegt und nicht mehr anfasst, bis man mit 65 Jahren in Pension geht, über 30.000 Euro geworden.

    Natürlich kann man darauf verzichten, weil man nicht riskieren will, irgendwann unter Umständen temporär etwas länger zur Arbeit (in der selben Stadt) fahren zu müssen. Vernünftig ist das in der Regel nicht.

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