Hallo liebe KollegInnen,
ich brauche ganz dringend Rat. Mein Umfeld kann mich nur wenig unterstützen, da ich die einzige Lehrerin bin und ich das Gefühl habe, dass mich niemand so richtig versteht.
Mein Problem ist folgendes:
Ich arbeite seit 4 Jahren als Lehrerin. Bisher wechselte ich jedes Jahr in eine neue Schule. Die ersten beide Male war ich Vertretung und beim dritten Mal hielt ich die Klasse nicht aus.
In meinem ersten Jahr arbeitete ich 11 Stunden als Sonderschulpädagogin und absolvierte gleichzeitig meinen Master. Dieses Jahr war im Großen und Ganzen schön.
In meinem zweiten Jahr startete ich als Klassenvorstand mit einer 1. Klasse und es war ein absoluter Albtraum. Ich hatte einige sehr auffällige Kinder, sowie 80% mit nichtdeutschen Muttersprache. Ich bin mindestens einmal in der Woche in der Früh aufgewacht und habe nur geweint, dass ich nicht in die Schule möchte.
Ich hatte wenig bis keine Unterstützung in der Klasse. Auch während des Schulalltags haben mich viele Kinder so gefordert, dass ich in den Pausen weinend am Klo gesessen bin.
In meinem zweiten Jahr hatte ich eine neue 2. Klasse die mich als neue Lehrerin hatte. In dieser Klasse gab es keine Gemeinschaft, die Kinder sind aufeinander losgegangen, haben geschrien, sind von Tisch zu Tisch gesprungen. Es gab auch mehrere Übergriffe. Einmal wurde die Polizei eingeschalten. Die Kinder waren zwischen 7 und 8 Jahre alt!!!! Dort ging ich freiwillig! Diese Kinder sind nun in der 3. Klasse und haben ihren vierten Lehrer, also außer mir gingen ins Burnout.
In diesem Schuljahr habe ich eine 1. Klasse mit 25 Kinder. Ich bin in einer Ganztagesschule und habe bis 15/16 Uhr unterricht. Ich mag die Kinder aber ich merke wie sehr ich mit meinen Kräften schon am Ende bin. Ich kann in meiner wenigen Freizeit nichts mehr unternehmen und sonst zwinge ich mich. Ich bin sooooo müde und sehr oft krank.
Ich ging mit viel Motivation in meinen Job. Individualisierung, Inklusion waren mir ein großes Anliegen. Ich merke aber, dass ich diese Werte in unserem Schulsystem einfach nicht umsetzen kann. Zumindest nicht, wenn ich physisch und psychisch gesund bleiben möchte. Auch die ganze administrative Arbeit, Konferenzen, Elterngespräche… zerren an meinen Nerven. Gedanklich bin ich durchgehend in der Schule. Ich habe das Gefühl ich kann einfach nicht mehr. Ich fühle mich wie eingesperrt.
Im März habe ich beschlossen mich zum zweiten Mal (das letzte mal vor meinem Lehramtstudium) als Logopädin zu bewerben. Meine Chancen waren gleich null, da nur 12 von ca. 200 Bewerbern angenommen werden. Ich habe es aber geschafft und stehe nun vor der Entscheidung es anzunehmen oder nicht. Es wären drei Jahre wo ich mit fast keinem Geld auskommen müsste. Es fühlt sich außerdem an, als wären die letzen 5 Jahre Studium für nichts gewesen. Meine Mama ist dafür und würde mich unterstützen, sie ist der Meinung dass dieser Beruf zu 100% passt. Sie arbeitet auch im Sozialen Bereich. Mein Papa ist dagegen und meint, dass ich diese Vorteile die ich als Lehrerin habe nicht aufgeben soll.
Ich weiß, dass ihr nicht für mich eine Entscheidung treffen könnt. Trotzdem würde ich mich freuen, wenn ihr mit mir eure Gedanken teilen würdet.
Ich danke euch!!