Religionsunterricht an staatlichen Schulen?

  • Da fängt das Problem schon an. Für die Mehrheit des Moslems ist der Koran tatsächlich Gottes Wort, dass der Prophet wortwörtlich aufgeschrieben hat. Für die Mehrheit der Christen ist die Bibel allerdings ein Bericht von Menschen über Gott. Man kann sagen, dass Gott die Menschen ggf. lenkte bzw. inspirierte. Aber dazu gehört auch, dass sich die Evangelisten teilweise widersprechen oder historische Kontexte falsch darstellen. D.h. die Bibel ist für viele Berichte von Menschen, die von ihren Erfahrungen mit Gott berichten. Damit gehört es auch dazu zu fragen, was man mit diesem Text sagen möchte und Texte kritische zu hinterfragen. Ich habe bereits im Gymnasium die Zweiquellentheorie als Schüler behandelt und auch damals wusste ich schon aus der Schule, dass die Bibel eine Auswahl christlicher Texte ist und andere Texte nicht berücksichtigt wurden. Das es also eine Entscheidung von Menschen ist.

    Ich sprach auch sehr bewusst nicht von der Bibel, sondern vom Evangelium, das aus einer christlichen Perspektive natürlich gottgegeben ist und von Gott in Menschengestalt verkündet wurde. Dass die Botschaft danach von Menschen aufgeschrieben wurde, ist der nächste Schritt.

  • Genauso wie das Schreiben und Lesen lernen, gehören auch religiöse Fragen zum Kern unserer Existenz.

    Welche "religiösen" Fragen sollen das sein?

    Und viel wichtiger: welche Antworten soll Religion darauf haben?

    Das sind von Menschen erfundene Geschichten, die eine erfundene Figur im Kern haben. Genauso, wie Harry Potter.


    Zitat

    Die meisten Menschen können gut leben ohne jemals Harry Potter gelesen zu haben. Aber fast jede wird irgendwann in seinem Leben auch mal mit religiösen Fragestellungen konfrontiert werden. Beispielsweise beim Tod der Eltern. Die Antwort darauf mag verschieden sein, aber solche Fragen sind Teil unserer Existenz.

    "Eiei, Mama und Papa sind jetzt im Himmel." Ist keine Antwort auf irgendetwas. Das ist nur Gefasel.

    Geschichten können Menschen durch schwierige Zeiten helfen. Dafür ist Harry Potter genauso gut geeignet, wie die Bibel und andere Geschichtensammlungen.

  • Dass sich Menschen in bestimmten Situation die Fragen nach den Sinn des Lebens, der Natur der Erde oder dem Leben nach dem Tod stellen. Die meisten Menschen werden sich solche Fragen irgendwann mal stellen

    Sicherlich stellt man sich diese Fragen. Das beantwortet meine Frage aber nicht, was das mit Religion zu tun haben soll.

  • Aber man hat auch immer den Blick auf die christlichen Werte.

    Was soll das sein?


    Zitat

    Wir sprechen beispielsweise über die Zehn Gebote. Was sie bedeuten. Was sie heute bedeuten. Ob die Menschen sich heute daran halten.

    Wozu? Sinnvoller ist es, über das Strafrecht, über die Menschenrechte und über Zwischenmenschliche Beziehungen zu sprechen. Das hat Realitätsbezug.


    Zitat

    Wir sprechen über die Geschichte vom barmherzigen Samariter. Erarbeiten was sie bedeuten soll. Versuchen es auf unser Leben und unsere Gesellschaft zu übertragen. Wir sprechen über das Vater unser. Überlegen, was die einzelnen Zeilen bedeuten. Sprechen darüber, wann Menschen beten. Ob Gebete immer in Erfüllung gehen. An der Stelle kommt auch fast immer ein Kind und erzählt, dass Mama/Papa/Bruder gesagt haben, dass es gar keinen Gott gibt. Dass kann wunderbar aufnehmen und erarbeiten, dass niemand weiß, ob es Gott gibt. Dass es um Glauben geht und nicht um wissen. Das manche Menschen an Gott glauben und andere an andere Götter glauben und andere glauben, dass es keinen Gott gibt. Was ich eigentlich fast nie mache, ist das wir beten oder ähnliche Sachen.

    Das ist irgendwie abstoßend.

  • Was soll das sein?


    Wozu? Sinnvoller ist es, über das Strafrecht, über die Menschenrechte und über Zwischenmenschliche Beziehungen zu sprechen. Das hat Realitätsbezug.


    Das ist irgendwie abstoßend.

    Das eine schließt das andere ja nicht aus. Das Strafrecht ist ja schließlich nicht vom Himmel gefallen (oder doch?) ;)

    Die letzte Bemerkung verstehe ich aber nicht. Ebenfalls der Vergleich mit Harry Potter weiter oben.

    Für mich kann ich sagen, dass es weder das eine noch das andere ist. Ein großer Teil des Religionsunterricht besteht aus allgemeinen Fragestellungen. Aber man hat auch immer den Blick auf die christlichen Werte. Und ich finde es wichtig, dass die Kindern lernen, was die christliche bzw. in meinem Fall evangelische Kirche für Vorstellungen und Ideen hat. Wir sprechen beispielsweise über die Zehn Gebote. Was sie bedeuten. Was sie heute bedeuten. Ob die Menschen sich heute daran halten. Wir sprechen über die Geschichte vom barmherzigen Samariter. Erarbeiten was sie bedeuten soll. Versuchen es auf unser Leben und unsere Gesellschaft zu übertragen. Wir sprechen über das Vater unser. Überlegen, was die einzelnen Zeilen bedeuten. Sprechen darüber, wann Menschen beten. Ob Gebete immer in Erfüllung gehen. An der Stelle kommt auch fast immer ein Kind und erzählt, dass Mama/Papa/Bruder gesagt haben, dass es gar keinen Gott gibt. Dass kann wunderbar aufnehmen und erarbeiten, dass niemand weiß, ob es Gott gibt. Dass es um Glauben geht und nicht um wissen. Das manche Menschen an Gott glauben und andere an andere Götter glauben und andere glauben, dass es keinen Gott gibt. Was ich eigentlich fast nie mache, ist das wir beten oder ähnliche Sachen.

    Danke für den Einblick. Ich schätze, den meisten kritischen Stimmen gefällt einfach die Herleitung dieser Werte nicht, auch wenn sie die Werte eigentlich teilen.

  • Danke für den Einblick. Ich schätze, den meisten kritischen Stimmen gefällt einfach die Herleitung dieser Werte nicht, auch wenn sie die Werte eigentlich teilen.

    Wenn ich wüsste was diese ominösen Werte sein sollen, würde ich vielleicht zustimmen. Aus der losen Geschichtssammlung kann sich ja allerlei Werte rausziehen, die ich in keinem Fall gut finde und auch heute Straftaten sind.


    Wir nehmen wahrscheinlich nur das, was heute auch noch OK scheint. Ohne cherry picking geht's leider nicht.

  • Das eine schließt das andere ja nicht aus.

    Doch, das tut es. Beschränkte Unterrichtszeit führt dazu, dass Inhalte ausgelassen werden müssen. Rechtsbildung, Sozialkunde und die Realität sind wichtiger, als Geschichten über einen Mann im Himmel.


    Zitat

    Das Strafrecht ist ja schließlich nicht vom Himmel gefallen (oder doch?)

    Das ist richtig. Es kommt aber auch nicht aus der Religion, sondern aus ganz praktischen Überlegungen.


    Zitat

    Die letzte Bemerkung verstehe ich aber nicht. Ebenfalls der Vergleich mit Harry Potter weiter oben.

    Was genau verstehst du daran nicht?

    Menschen finden Trost in Geschichten. Harry Potter hat unzähligen Menschen in der Welt dabei geholfen, über Ausgrenzung, Mobbing (z.B. von ach so christlichen Mitschülern), Schicksalsschläge hinwegzukommmen.

    Bei anderen sind es eben Geschichten über den Typen im Himmel. Da besteht in der Wirkung kein Unterschied.

    Zitat

    Danke für den Einblick. Ich schätze, den meisten kritischen Stimmen gefällt einfach die Herleitung dieser Werte nicht, auch wenn sie die Werte eigentlich teilen.

    Du wusstest bisher nicht, welche Inhalte Religionsunterricht haben kann? Merkwürdig.


    Wie kommst du darauf, dass sich Menschenrechte oder moralische Normen in unseren Breitengraden aus Religion ableiten? Sollten die Chefs einer Religion sich dann nicht an die ach so wichtigen Werte halten? Religion hat überhaupt nichts mit Werten oder Moral zu tun. Es gibt Menschen, die für bestimmte Werte einstehen oder auch nicht. Ganz unabhängig davon, ob die irgendetwas mit Religion zu tun haben, oder nicht. Menschen formen die Welt, nicht irgendein Typ im Himmel.

  • "Eiei, Mama und Papa sind jetzt im Himmel." Ist keine Antwort auf irgendetwas. Das ist nur Gefasel.

    Mal ne ganz ernsthafte Frage, auch an andere, bin wirklich interessiert:

    Wenn ein Kind, sagen wir Kindergarten oder erste/zweite Klasse, euch erzählt, dass seine Oma gestorben ist, und euch fragt, ob sie jetzt im Himmel sei oder ein Engel sei, wie antwortet ihr darauf?

  • Menschen finden Trost in Geschichten. Harry Potter hat unzähligen Menschen in der Welt dabei geholfen, über Ausgrenzung, Mobbing (z.B. von ach so christlichen Mitschülern), Schicksalsschläge hinwegzukommmen.

    Bei anderen sind es eben Geschichten über den Typen im Himmel. Da besteht in der Wirkung kein Unterschied.

    Du wusstest bisher nicht, welche Inhalte Religionsunterricht haben kann? Merkwürdig.

    Genau solche Aussagen zeigen halt, dass du gar kein Verständnis von Religion hast. Selbst wenn es so wäre, dass die Geschichten in der Bibel erfunden wären, ist etwas ganz anderes als ein Roman. Da Du anscheinend gar keinen Zugang zu religiösen Inhalten hast, macht es auch keinen Sinn darüber zu diskutieren.

  • Ich sprach auch sehr bewusst nicht von der Bibel, sondern vom Evangelium, das aus einer christlichen Perspektive natürlich gottgegeben ist und von Gott in Menschengestalt verkündet wurde. Dass die Botschaft danach von Menschen aufgeschrieben wurde, ist der nächste Schritt.

    Wie definierst Du denn Evangelium? Es gibt in der Bibel vier Evangelien, die als Berichte von Menschen über das Leben Jesu zu sehen sind. Ggf. von Gott inspiriert oder gelenkt. Dazu gibt es noch weitere Evangelien, die nicht biblisch sind. Das von Gott gegeben Evangelium mit der einzigen Wahrheit existiert zu mindestens in der evangelischen Kirche so nicht. Das fängt schon damit an, dass die Weihnachtsgeschichte von Lukas historisch nicht korrekt zu sein scheint. Das erklärt man damit, dass er das halt nicht besser wusste als er viele Jahre nach Jesu Tod die Geschichte aufgeschrieben hat.

  • Für die Mehrheit der Christen ist die Bibel allerdings ein Bericht von Menschen über Gott.

    Bist du dir sicher, dass du da nicht deine eigene Bubble übergeneralisierst?

    Wie definierst Du denn Evangelium?

    Er meint nicht das Evangelium als literarische Gattung, sondern das Evangelium als die "gute Botschaft" des Christentums, dass Gott in Jesus Christus Mensch geworden ist, am Kreuz zur Vergebung unserer Sünden gestorben und am dritten Tage auferstanden ist.

  • Mal ne ganz ernsthafte Frage, auch an andere, bin wirklich interessiert:

    Wenn ein Kind, sagen wir Kindergarten oder erste/zweite Klasse, euch erzählt, dass seine Oma gestorben ist, und euch fragt, ob sie jetzt im Himmel sei oder ein Engel sei, wie antwortet ihr darauf?

    Dass es weder das eine noch das andere gibt, dass die Oma aber in den Erinnerungen immer da sein wird. Nur einfühlsamer und mit anderen Worten.

    Kein Kind, das nicht schon religiös indoktriniert ist, hat damit ein Problem.

    Warum muss man Kinder anlügen, wenn man sie auch ernst nehmen kann?

  • Ich möchte nun keine Lanze für den Reliunterricht brechen und gebe gerne zu, dass ich damals nicht viel mitgenommen habe (meine Konfirmation war mein letzter Gottesdienst und ist einige Jährchen her). Ich weiß, dass ich nichts (mehr) weiß, wenn es um aktuellen Reliunterricht geht, deswegen auch die aufrichtige Frage an den Kollegen weiter oben. Ich habe den Eindruck, dass du glaubst zu wissen, was Religion(sunterricht) ist und doch dem einen oder anderen Vorurteil aufgesessen bist. Aber dass sich unsere vielbeschworenen "demokratischen, sozialen, liberalen, abendländischen usw. usf." Werte nicht auch aus der Religion ableiten, ist so eine steile These, dass mir darauf gar keine gute Antwort einfällt. Noch nicht mal in dem bissigen Ton, der hier von dir gepflegt wird.

  • Wie definierst Du denn Evangelium? Es gibt in der Bibel vier Evangelien, die als Berichte von Menschen über das Leben Jesu zu sehen sind. Ggf. von Gott inspiriert oder gelenkt. Dazu gibt es noch weitere Evangelien, die nicht biblisch sind. Das von Gott gegeben Evangelium mit der einzigen Wahrheit existiert zu mindestens in der evangelischen Kirche so nicht. Das fängt schon damit an, dass die Weihnachtsgeschichte von Lukas historisch nicht korrekt zu sein scheint. Das erklärt man damit, dass er das halt nicht besser wusste als er viele Jahre nach Jesu Tod die Geschichte aufgeschrieben hat.

    Na, eben als das Evangelium, die Gute Botschaft (was auch immer das sein soll...)

  • Aber dass sich unsere vielbeschworenen "demokratischen, sozialen, liberalen, abendländischen usw. usf." Werte nicht auch aus der Religion ableiten, ist so eine steile These, dass mir darauf gar keine gute Antwort einfällt. Noch nicht mal in dem bissigen Ton, der hier von dir gepflegt wird.

    Wie genau sollen sich diese Werte aus der Religion ableiten? Was genau soll in irgendeiner Religion demokratisch, liberal oder sozial sein? Wo wird Gleichberechtigung in irgendeiner Religion wertgeschätzt? Wir reden hier bspw. über die katholische Kirche, deren Chefs immernoch Homosexualität ablehnen, Frauen nicht unter sich haben wollen und Kindervergewaltiger decken.

    Und wer wählt überhaupt aus, welche Regeln der Bibel heute noch gelten?

    Fragen über Fragen.

  • Bist du dir sicher, dass du da nicht deine eigene Bubble übergeneralisierst?

    Maybe. Bei Wikipedia finde ich es auch ähnlich. Aber ich habe da auch keinen Überblick. Ich denke aus meiner persönlichen Erfahrung, dass meine Aussage in der evangelischen Kirche vorherrscht.

  • Wie genau sollen sich diese Werte aus der Religion ableiten? Was genau soll in irgendeiner Religion demokratisch, liberal oder sozial sein? Wo wird Gleichberechtigung in irgendeiner Religion wertgeschätzt? Wir reden hier bspw. über die katholische Kirche, deren Chefs immernoch Homosexualität ablehnen, Frauen nicht unter sich haben wollen und Kindervergewaltiger decken.

    Und wer wählt überhaupt aus, welche Regeln der Bibel heute noch gelten?

    Fragen über Fragen.

    Könnte man bei ernsthaftem Interesse auch nachlesen aber die Kurzversion ist: Das wird nach zwei Jahrtausenden noch immer ausgehandelt. Ohne Religion lief es auch nicht besser. Nunja.

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