Religionsunterricht an staatlichen Schulen?

  • Was hat hier alles mit dem Thema zu tun? Wenn jemand schreibt, wie sehr er unter dem Religionsunterricht gelitten hat und alle zustimmen, kann ich sagen, wie sehr ich z.B. unter einem Mathelehrer gelitten habe, der mich jahrelang bloßgestellt hat. Zählt bloß nicht. Das war für mich genauso Gewalt und Missbrauch meiner Seele. Aber die gibt es ja hier nicht.

    Der Mathelehrer kann sich wenigstens nicht damit herausreden, dass der Teufel in Gestalt des Kindes ihn dazu getrieben hat.


    Ob es eine Seele gibt, weiß ich nicht. Wer behauptet hier, dass es soetwas auf keinen Fall geben könne? Irgendwann hört die Erklärungskraft der Wissenschaft auf. Aber was hat das mit Religion und dem alten Mann im Himmel zu tun?

  • Wenn jemand schreibt, wie sehr er unter dem Religionsunterricht gelitten hat und alle zustimmen, kann ich sagen, wie sehr ich z.B. unter einem Mathelehrer gelitten habe, der mich jahrelang bloßgestellt hat.

    Und vielleicht gibt es da auch keinen Unterschied im Sadismus. Religion nützt da nichts, sie ist kein Moralbeschleuniger. Man kann viel von Nächstenliebe und der Gnade Gottes erzählen, die Schläge tun genau so weh.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Zauberwald, niemand zweifelt an der Arschigkeit deines Mathelehrers. Menschen können anderen Gewalt antun, mit und ohne Religion, das ist doch aber nicht der Punkt.


    Ich halte nicht dich oder irgend eine Religionslehrkraft für eine schlechte Lehrerperson und die Pfarrer, die bei uns Reli unterrichtet haben, waren allesamt nette Menschen.


    Es geht aber um die Inhalte. Dass das, was im Religionsunterricht vermittelt wird, beliebig ist. Es beruht unter anderem darauf, was du persönlich gerade gut findest. Und wenn dein Glauben der von einem bösen, strafenden Gott wäre und du Homosexualität für Teufelszeug hieltest und dass alle armen Sünder in die Hölle kommen, würdest du deinen SuS vielleicht das vermitteln. Das alles kann in Mathe nicht passieren.


    Als Kind stehst du dem hilflos gegenüber und bist in einer Abhängigkeitsposition, das ist mehr als irgendein Mensch.

    Eben! Du sagst es doch selbst.


    Edit: An der Förderschule darf ich übrigens alles fachfremd vertreten, bis auf Ethik. Ich ahne, warum das so ist.

  • Dass das, was im Religionsunterricht vermittelt wird, beliebig ist. Es beruht unter anderem darauf, was du persönlich gerade gut findest.

    Das stimmt doch gar nicht. Um das zu verhindern, gibt es doch gerade offiziell geltende Curricula. Da würde ich gerne einen Verweis haben, an welcher Stelle steht, dass Homosexualität als Teufelszeug zu beschreiben sei.

    Ich finde das im Übrigen anmaßend für alle engagierten Religionslehrer und Theologen. Davon mal abgesehen, gehst du persönlich davon aus, dass alle Deutsch-, Politik- und Geschichtslehrer zu jeder Zeit weltanschaulich wertfrei äußern und verhalten?

  • Davon mal abgesehen, gehst du persönlich davon aus, dass alle Deutsch-, Politik- und Geschichtslehrer zu jeder Zeit weltanschaulich wertfrei äußern und verhalten?

    Nee, davon gehe ich nicht aus. Meine Schülerinnen und Schüler wissen alle, dass ich im Herbst mal sicher nicht die SVP wähle. Bei allem was wir diskutieren gehe ich sogar davon aus, dass sie erraten können, dass es wohl die GLP wird. Über Politik diskutiert man aber mit Argumenten und nicht mit Verweis auf eine höhere Instanz, die halt einfach "möchte", dass wir uns irgendwie verhalten. Und ja, unter dem Deckmantel der Religion darfst du Homosexualität gerne ein bisschen scheisse finden und dich auch entsprechend äussern, der liebe Gott hat das ja schon nicht so gewollt. Unter dem Deckmantel der Verfassung darfst du mich zwar immer noch scheisse finden, musst aber das Maul halten. Es ist übrigens kein Zufall, dass je weiter rechts politisch, desto religiiöser wird auch argumentiert. Christliche Werte, Moral, ganz wichtig!!

  • Das stimmt doch gar nicht. Um das zu verhindern, gibt es doch gerade offiziell geltende Curricula.

    Guck doch einfach mal rein. Da steht dann z.B. was davon, dass Gott unsere Sünden vergibt und was es mit dem "Sakrament" der Buße auf sich hat. Das ist und kann und soll aber keine religionswissenschaftliche Betrachtung sein, sondern es ist etwas, das nur und ausschließlich in der katholischen Religion zu finden ist und dass Kindern als "so ist das" vermittelt werden soll.


    So ist das aber nicht, sondern es gibt Menschen, die glauben, dass es einen Gott gibt, der irgendwas vergibt und was genau eigentlich als Fehlverhalten zu bezeichnen ist. Das kann und darf in der Familie oder Kirche so erzählt werden. Eine Schule sollte aber m. E. ein Ort sein, an dem Kinder etwas darüber lernen, was für alle gültig ist, das schließt ein, darüber zu reflektieren, dass es individuelle Sichtweisen gibt, oder wie man bestimmte Ansichten begründen kann. Das schließt nicht ein, etwas als gegeben hinzunehmen, von dem keiner definieren kann, was das sein soll. Dann wird es halt beliebig.


    Im Beispiel wäre das das Konzept "Vergebung"- was definieren wir als Fehlverhalten, wie geht es anderen Menschen damit und wie kann man anderen vergeben, sich entschuldigen oder was auch immer.

  • Verweis auf Curriculum or it didn't happen.

    OK, dann zerpflücken wir jetzt doch einfach mal den Lehrplan für katholische Religionslehre, NRW. Da heisst es bei den allgemeinen Bildungszielen:


    "Der katholische Religionsunterricht ist theologisch geprägt aus der christlichen Überzeugung, dass Gott in der Geschichte der Menschen und zu ihrem Heil wirkt, [...]"


    Also 1. : Es GIBT Gott, daran besteht gar kein Zweifel. Das ist der allererste Satz des Lehrplans. Es gibt keinen ergebnisoffenen Diskurs im Unterricht, ob es Gott gibt oder nicht, es GIBT ihn. Punkt. Aber das nur so nebenbei bemerkt, das hat ja mit deinem Ansinnen grade konkret nichts zu tun.


    Weiter heisst es:


    "Das bedeutet: Der katholische Religionsunterricht in der Grundschule ...

    • ... ist gebunden an den Glauben der Kirche, d. h. an das Zeugnis der christlichen Überlieferung und ihrer Wirkungsgeschichte.
    • ... beachtet bei der Auswahl der Fachinhalte das Kriterium der Zentralität der Glaubensaussagen und deren Bedeutsamkeit für die Erfahrungswelt der Kinder.
    • [...]"


    OK, du hast recht. Wenn man das ernst nimmt - und das tun wir hoffentlich, es handelt sich ja um den offiziellen Lehrplan für das Fach katholische Religionslehre - dann hat die unterrichtende Lehrperson gar keinen Spielraum, sie ist gebunden an den Glauben der Kirche. Wie wir alle wissen, ist die Ehe eines der 7 Sakramente der katholischen Kirche und sie ist definiert als Verbindung zwischen Mann und Frau. Wir nehmen das jetzt also ernst, das bedeutet Frauen heiraten keine Frauen und Männer heiraten keine Männer. Ups. Da haben wir einen Widerspruch zum gültigen Gesetz der Bundesrepublik Deutschland? Egal, das Grundgesetz garantiert ja Glaubensfreiheit.


    Wir schauen weiter, was es in den konkreten Lernbereichen so gibt:


    "Schwerpunkte sind:

    • [...]
    • nach Gott suchen und fragen
    • die Welt als Schöpfung Gottes deuten"


    Ups. Es gibt also gar keinen Zweifel daran, dass der liebe Gott die Welt erschaffen hat, da steht es doch. Die Kinder sollen das exakt so lernen. Sie sollen nach Gott suchen und fragen und ihn als Schöpfer anerkennen. Hat jetzt mit deinem konkreten Ansinnen wieder nichts zu tun, aber das hab ich dir ja grad oben schon rausgeschrieben. Ich wollte nur noch mal auf die phänomenale Ergebnisoffenheit und Wissenschaftlichkeit des katholischen Religionsunterrichts hinweisen, die ja hier seitenweise so schön betont wurde.


    Im Lehrplan für Chemie steht übrigens nicht drin, dass die BASF Kunststoffe ganz toll findet und die Chemielehrperson deshalb angehalten ist, den Schülerinnen und Schüler zu erklären, dass wir durch die Gnade der BASF in einer Plastikwelt leben. Es steht auch nicht drin, dass ausschliesslich Lehrpersonen, die die FDP wählen und von denen man ausgehen darf, dass sie die Interessen der BASF vertreten, Chemie unterrichten dürfen. Bei der Gelegenheit WillG Natürlich gibt's die noch, ich bin am Donnerstag mit einer meiner Klassen zu Besuch in Ludwigshafen :P

  • Um es mal abzukürzen, da steht doch nur, dass die Schüler diese Dinge über die katholische Glaubenslehre lernen sollen und nicht, dass sie selbst diese Dinge in ihrem Alltag übernehmen sollen. Wo ist da jetzt genau das Problem? Da schreibt man halt in der Klassenarbeit, dass dieser Begriff das-und-das innerhalb dieser Glaubenslehre bedeutet und es gibt die volle Punktzahl.

    Wenn Ehe in der katholischen Kirche als Verbindung von Mann und Frau definiert ist, ist es dann nicht ein Widerspruch, dass demnächst katholische Religionspädagogen offen homosexuell sein dürfen und sogar fachlich orientierte Kritik an Lehre möglich sein soll?

  • Wenn Ehe in der katholischen Kirche als Verbindung von Mann und Frau definiert ist, ist es dann nicht ein Widerspruch, dass demnächst katholische Religionspädagogen offen homosexuell sein dürfen und sogar fachlich orientierte Kritik an Lehre möglich sein soll?

    Zu gnädig von der Kirche.


    War das vorher nicht so? Durfte vorher (oder jetzt immernoch) keine Kritik geäußert werden? Und reitest die ganze Zeit auf dem Lehrplan rum, den du selbst nicht kennst? Samma...

  • Und reitest die ganze Zeit auf dem Lehrplan rum, den du selbst nicht kennst? Samma...

    Warum soll ich den Lehrplan für katholische Religionslehre kennen? Mir ging es nur darum, dass, wenn man Unterricht, unabhängig von welchem Fach man jetzt genau spricht, kritisiert, es auch an etwas Handfestem festmacht, sei es das Curriculum oder irgendwelche Studien. Anekdoten oder die persönliche Haltung (geprägt durch die persönlichen Erfahrungen) gegenüber der dahinterstehenden Fachwissenschaft oder gar Institutionen bringen uns für die Diskussion wenig.

  • Warum soll ich den Lehrplan für katholische Religionslehre kennen?

    Weil du andere Leute ankackst, sie sollen dir gefälligst irgendwas zitieren. Du hast aber selber gar keine Ahnung, also ist eine weitere Diskussion doch zwecklos. Wer keine Ahnung hat, hat ja auch keine validen Argumente.



    gegenüber der dahinterstehenden Fachwissenschaft

    Zum 100. Mal und ich werde es noch ein 101. Mal schreiben: Religion ist KEINE Fachwissenschaft. Allein die Kernaussagen, die ich dir jetzt aus dem Curriculum zitiert habe, widersprechen sämtlichen Kriterien der Wissenschaftlichkeit.

  • Der Punkt wurde jetzt aber auch von O. Meier mehrfach angesprochen. Religion, Politik, Literatur sind per se keine Wissenschaften. Der wissenschaftliche Diskurs über diese Inhalte macht die zu Wissenschaften.

  • Warum soll ich den Lehrplan für katholische Religionslehre kennen? Mir ging es nur darum, dass, wenn man Unterricht, unabhängig von welchem Fach man jetzt genau spricht, kritisiert, es auch an etwas Handfestem festmacht, sei es das Curriculum oder irgendwelche Studien. Anekdoten oder die persönliche Haltung (geprägt durch die persönlichen Erfahrungen) gegenüber der dahinterstehenden Fachwissenschaft oder gar Institutionen bringen uns für die Diskussion wenig.

    Wenn du damit argumentierst, dann solltest du wenigstens mal reingeschaut haben bevor du lospolterst.


    Es gibt reichlich Schriftstück, die man gegen die Institutionen verwenden könnte. Macht man aber nicht, weil es in unserer Gesellschaft geduldet oder sogar gefördert wird.

  • Der wissenschaftliche Diskurs über diese Inhalte macht die zu Wissenschaften.

    Bitte geh einfach und find selber erst mal raus, was "Wissenschaftlichkeit" ist. Wir diskutieren weder an der Schule noch im Alltag jemals "wissenschaftlich" über Politik. Das will auch gar niemand so verkaufen, dass es da um irgendwas "beweisbares" ginge und es behauptet auch niemand, dass in der Politik Regelwerke aufgestellt werden, aus denen sich irgendwelche verbindlichen Handlungsmaximen ableiten liessen. Das Gegenteil ist der Fall und die Kontroversität in der Diskussion über Politik auch explizit gewollt. Chemie wird auch nicht zur Wissenschaft nur weil man mal drüber diskutiert sondern weil sie auf Erkenntnissen aufbaut, die weitestgehend frei von Subjektivität sind.

  • Interessant, wie in anderen Ländern der Religionsunterricht stattfindet.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Religionsunterricht


    Hätten wir die Trennung von Staat und Kirche, müssten wir diese Diskussion nicht führen. Dann gäbe es in der Schule evtl. nur ein Fach wie Ethik oder Philosophie, wo man sich u.a. mit den unterschiedlichen Religionsgemeinschaften befasst.


    Lustigerweise könnte man einen Bogen zum Threadtitel schlagen: Durch die Erfindung des Buchdrucks durch Johannes Gutenberg, der als Erstes die Bibel druckte, bekamen nun mehr aus der Bevölkerung die Chance, lesen zu lernen.

  • Um es mal abzukürzen, da steht doch nur, dass die Schüler diese Dinge über die katholische Glaubenslehre lernen sollen und nicht, dass sie selbst diese Dinge in ihrem Alltag übernehmen sollen. Wo ist da jetzt genau das Problem? Da schreibt man halt in der Klassenarbeit, dass dieser Begriff das-und-das innerhalb dieser Glaubenslehre bedeutet und es gibt die volle Punktzahl.

    Wenn Ehe in der katholischen Kirche als Verbindung von Mann und Frau definiert ist, ist es dann nicht ein Widerspruch, dass demnächst katholische Religionspädagogen offen homosexuell sein dürfen und sogar fachlich orientierte Kritik an Lehre möglich sein soll?

    What?

  • O Leute! Hier zaubert sich auch fast jeder über Religion und religiöse Inhalte so zusammen, was ihm so familiär, populärjournalistisch oder per unqualifiziertem RU durch's Gehirn schießt.


    Mit dem Gottesbegriff der katholischen Kirche beschäftigt man/frau sich selbstverständlich nicht.

    Wer schlägt schon nen hermeneutischen Zirkel dazu.

    Richtlinien zum RU oder Curricula werden auch nicht gewürdigt.


    Dann macht mal weiter so ...

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

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