Religionsunterricht an staatlichen Schulen?

  • Ich hoffe inständig, dass das heutzutage nicht mehr gar so übel ist, aber abzustreiten, es ginge im konfessionsgebundenen Religionsunterricht auch irgendwie um diesen ominösen Gott ist dann schon etwas absurd.

    Leider muss ich dich da enttäuschen. Was ich von meiner Tochter aus der Grundschule in dem Bezug mitbekomme ist oft erschreckend.

  • Gerade wenn bei euch in der Gegend Religion (also Religion im klassischen Sinne; manch eine Jugendbewegung weißt ja durchaus einige Schnittstellen mit Glaubensgemeinschaften auf) keine große Rolle spielt, ist es doch umso wichtiger, dass junge Menschen die Gelegenheit erhalten, hiermit wieder in Berührung zu kommen, oder etwa nicht?

    Warum? (Die Frage ist durchaus ernst gemeint!)

    Oder anders: Gelegenheiten gibt es doch in jeder Kirche!

  • Man stelle sich vor, dass die Religion dabei hilft, in Grenzsituationen Halt zu finden. Wenn z.B. ein naher Angehöriger im (möglicherweise ekelhaften) Sterben liegt, dann hilft es u.U. gar nicht, zu wissen, dass dieser bald keine Gehirnaktivitiät mehr hat und zu Staub zerfällt. Hingegen könnte die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod Trost spenden.

    Das kannste auch mit anderem Hokuspokus erreichen. Next.


    Darüber hinaus sind naturwissenschaftliche Erläuterungen im metaphysischen Bereich imho nicht besser (oder schlechter), als religiöse. Das betrifft nicht nur sowas Abgehobenes wie das Leben nach dem Tod, sondern auch die Frage nach der Entstehung/Wahrnehmung von Gefühlen, Geschmäckern etc. Wir scheinen irgendwie schon mehr zu sein, als unser Gehirn.

    Also ist eine falsche Antwort besser als ein ehrliches "wir wissen es nicht"?

    Wissenschaftsgläubigkeit ist im engen Sinne der Glaube daran, dass man mit wissenschaftlichen Methoden, der Erkenntnis näher kommt.

    Daran muss man nicht glauben, das kann man nachweisen.


    Im weiten Sinne ist es auch die Ablehnung sämtlicher nicht wissenschaftlich fassbarer Phänomene und deren Abwertung zu Gunsten der Verabsolutierung der eigenen Methode, die ja eben nur systemimmanente Gültigkeit besitzt.

    Weil es diese wahrscheinlich nicht gibt. Vielleicht aber doch, es wird sich aber nix ausgedacht damit man was erklärt hat was man (noch) nicht kann.

  • Und was sind die relevanten christlichen Strömungen? Nur römisch-katholisch und evangelisch, oder auch die orthodoxen (die zum Beispiel in NRW ihren eigenen konfessionellen Religionsunterricht haben). Und haben dann die anderen konfessionellen Religionsunterrichte (in NRW jüdisch, islamisch und alevitisch) weiter eine Daseinsberechtigung?

    Ich befürworte einen Religionsunterricht für alle, der wissenschaftlich orientiert ist, seinen Schwerpunkt auf dem Christentum hat und dabei ethische Fragestellungen und solche anderer Religionsgemeinschaften (also auch jüdisch, islamisch, alevitisch) aufgreift. Um mal eine weniger relevante christliche Strömung in Deutschland zu nennen: Die orientalisch-orthodoxen Strömungen ist in Deutschland stark unterrepräsentiert, da nur eine Minderheit der Schüler, die aus dem afrikanisch-arabischen Kulturraum stammen, auch dem christlichen Glauben angehört. Die Zeugen Jehovas sind in Deutschland eine etwas relevantere christliche Strömung, obgleich weiterhin von geringerer Bedeutung als der Protestantismus und der Katholizismus. Für mich bräuchte es nicht für jede dieser Strömungen einen eigenen Religionsunterricht, was sich vor allem dann schwierig gestaltet, wenn aufgrund eines bevölkerungsarmen Einzugsgebiets die Jahrgangsstärke bereits ziemlich klein ist.

  • Gerade wenn bei euch in der Gegend Religion (also Religion im klassischen Sinne; manch eine Jugendbewegung weißt ja durchaus einige Schnittstellen mit Glaubensgemeinschaften auf) keine große Rolle spielt, ist es doch umso wichtiger, dass junge Menschen die Gelegenheit erhalten, hiermit wieder in Berührung zu kommen, oder etwa nicht?

    Wozu? Meine Interpretation dessen, was hier von der pro-Reli-Fraktion geschrieben wird, ist, dass es eigentlich um Brauchtum und sowas geht. Hier wird ständig über Feste geschrieben, die man aus irgendwelchen Gründen feiert. Dann nenn es doch Heimatkundeunterricht, konfessionellen Religionsunterricht braucht's dafür nicht.


    Ich hab tatsächlich auch einige Schülerinnen und Schüler, die in der Pfadi oder der Jubla organisiert sind, da gibt es im Freizeitbereich also mehr als genug Berührungspunkte. Die ethnischen Tamilen haben eine eigene Bildungsvereinigung, die meisten Jugendlichen gehen sonntags in die Tamilschule. Gleiches gilt für unsere Moslems. Alles Privatvergnüngen, mach doch einfach, wenn du Spass dran hast. Es gibt keinen Grund dafür, Katholen und Evangelen hier irgendwie als was Besonderes zu sehen und denen ein eigenes Gefäss im staatlichen Schulunterricht zu geben. Zumal bei uns in der Region die Mehrheit konfessionslos ist und in der eigentlich reformierten Stadt Basel die "grösste" Glaubensgemeinschaft unterdessen sogar die Katholen sind - mit einem Anteil von unglaublichen 15 % an der ständigen Wohnbevölkerung.

  • Da kommt es drauf an, ob mehr Gemeinschaft oder mehr Individualisierung gewünscht ist. Ein gemeinsamer Religionsunterricht für alle verfolgt eher ersteres. Und dabei geht es natürlich nicht darum, allen jungen Menschen das Christentum aufzuzwingen, sondern eher für christliche Brauchtümer und Einflüsse auf Geschichte, Recht und Kultur zu sensibilisieren. Dabei geht es auch nicht darum, dass sich am Ende diese 15% Katholiken besonders toll fühlen. Ich vermute, dass bei den konfessionslosen Schülern vielfach gar nicht klar ist, warum überhaupt Ostern gefeiert wird. Und selbst wenn eure Tamilen eine andere Religion verfolgen als das Christentum, interessiert auch sie sicherlich, was man üblicherweise so in der Kirche macht und was es mit dem Papst auf sich hat, oder?

  • Alles schön und gut, aber warum muss so ein Unterricht konfessionell sein? Warum muss die Kirche hier Mitspracherecht bei der Gestaltung der Lehrpläne und der Erteilung von Lehrerlaubnissen haben?

  • dass bei den konfessionslosen Schülern vielfach gar nicht klar ist, warum überhaupt Ostern gefeiert wird.

    Es handelt sich um gesetzliche Feiertage. Arbeitnehmerinnen haben frei, Geschäfte sind zu. Wird nach dem Mondstand festgelegt. Sonst noch etwas?

  • interessiert auch sie sicherlich, was man üblicherweise so in der Kirche macht und was es mit dem Papst auf sich hat, oder?

    Ich kenne die Leute ja nicht. Aber warum sollte die das interessieren?

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Ich kenne die Leute ja nicht. Aber warum sollte die das interessieren?

    Die meisten Menschen wollen nicht blind durch die Welt gehen, sondern verstehen, was und warum das da um sie herum passiert. Daher gibt es den Fachbereich "Gesellschaftswissenschaften" und die Fächer Geschichte, Politik/Sozialwissenschaften. Man muss nicht gläubig sein, um ein Interesse zu haben, zu verstehen, was die christlichen Einflüsse in unserer mitteleuropäischen Gesellschaft bedeuten.

  • Die meisten Menschen wollen nicht blind durch die Welt gehen, sondern verstehen, was und warum das da um sie herum passiert.

    Diese Interesse ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Ich finde vieles interessanter als nun gerade, was der Papst macht. Was wird der schon tun? Sexuellen Missbrauch vertuschen?

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Um Ostern bzw. das gesamte Triduum als Feiertag zu begehen, muss man das nicht nur wissen, sondern auch leben.

    Es ist aber auch völlig OK, einfach 4 freie Tage im Frühling zu genießen. Blöd finde ich nur die Leute, die so tun, als gäbe es den Festanlass ja eigentlich gar nicht.



    Edit: Tippfehler korrigiert

    Es könnte alles so einfach sein - ist es aber nicht.

  • Blöd finde ich nur die Leute, die so tun, als gäbe es den Festanlass ja eigentlich gar nicht.

    Naja. Der „Anlass“ ist ein fiktives Ereignis. Mir ist das eigentlich egal, was Tom Riddle an dem Tag gemacht hat.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Ich frage mich manchmal, wenn religiöse Menschen kritisieren, dass man Feiertage (Weihnachten; Ostern) ohne Berücksichtigung des religiösen Hintergrunds feiert, ob sie dann konsequenterweise auch alle "heidnischen" Aspekte des Feiertags verzichten: Weihnachtsbäume; Ostereier etc.

    Irgendwie wäre das konsequent.


    Oder: Man akzeptiert einfach - auf beiden Seiten, also explizit auch von Seiten der nicht-religiösen Menschen - dass man einen Anlass zum Feiern einfach gerne wahrnimmt und diesen dann individuell mit seinem eigenen Sinn füllt, religiös oder nicht.

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