Warum Schulleitung?

  • Wobei, ein guter Freund von mir hat Biologie studiert, in Biochemie promoviert und bekam sofort eine hervorragend bezahlte Stelle beim europäischen Patentamt angeboten (sein Professor hat ihn vorgeschlagen). Er hat damals allerdings abgelehnt, weil 70 Stunden pro Woche angekündigt wurden. Er hatte noch andere Angebote.

    Ein Klassenkamerad (ebenfalls Biologie) hat sich mit einem Freund selbstständig gemacht und besitzt jetzt eine sehr erfolgreiche Firma für Medizintechnik. Es ist möglich, wenn man sich Nischen sucht.


    Meine Studienfreundin (Mathe) erhielt allerdings ebenfalls hervorragende Angebote und musste nicht promovieren.

    Wer will denn 8-9 Jahre an der Uni sein und dann nachher "Nischen" suchen müssen...

    Deine Anekdoten gibt es natürlich für Geschichtswissenschaftler auch, das will ich nicht in Abrede stellen. Für das Gros sieht es ganz anders aus...

  • Das Gerede von den promovierten Pipettenverkäufern, über die man meint sich lustig machen zu müssen, ist halt auch ziemlich blöde. Meine Freundin hat als promovierte Strukturbiologin im Vertrieb angefangen und bei Firma Nr. 1 Reagenzien verkauft. Bei Firma Nr. 3 hat sie Durchflusszytometer im Wert von 200000 CHF das Stück verkauft und war am Ende in der Geschäftsleitung tätig.

    Darüber würde ich mich niemals lustig machen, ich finde so einen Ehrgeiz beachtlich.

    Die Mehrheit der Biostudis im 1. Semester träumt aber nicht vom Vertrieb.

  • Alternativ: welche nicht zu nichtssagenden Gründe kann man anführen? Sowas wie „ich möchte Schule entwickeln“ ist irgendwie sehr visionär, nichtssagenden und es stellt sich die Frage, warum ich meine Energie zur Schulentwicklung denn nicht in meine jetzige Schule gesteckt habe?

    Mmh,

    ich könnte sagen, daß ich mich schon in meiner Diplomarbeit mit dem Thema Schulleitung befaßt habe, nicht ohne Grund. Aber das ist natürlich nur ein persönliches Argument, das Dir wohl nicht helfen wird.


    Praktisch geht das nicht ohne Dein Kollegium

    Woher kennst du das Thema meiner Dipl-Arbeit? :staun:

  • Die Mehrheit der Biostudis im 1. Semester träumt aber nicht vom Vertrieb.

    Welcher Blockflötenverkäufer träumt davon Musiklehrer an einem Gymnasium zu werden? Mein damaliger Musik-Pauker ist jedenfalls genau so Lehrer geworden. Er kam als Handelsvertreter der Firma Yamaha an die Schule und wollte Blockflöten verkaufen. Da haben sie ihm nach seinem britischen Universitätsabschluß gefragt, erstaunt festgestellt, daß der damals schon in Westdeutschland anerkannt wurde und ihn prompt eingestellt.


    Als Vertriebler kommst halt rum. ;)

  • Die Mehrheit der Biostudis im 1. Semester träumt aber nicht vom Vertrieb.

    Ich habe 1999 mit dem Studium angefangen, da war schon allseits bekannt dass Biologen nicht in der Masse gebraucht werden, wie es sie gibt. Für Bio gab es einen NC, für Chemie nicht. Es tut mir leid, wenn *dir* das nicht klar war, aber dann hast du einfach echt was verpasst.

  • Wer will denn 8-9 Jahre an der Uni sein und dann nachher "Nischen" suchen müssen...

    Deine Anekdoten gibt es natürlich für Geschichtswissenschaftler auch, das will ich nicht in Abrede stellen. Für das Gros sieht es ganz anders aus...

    Die Nische wäre ohne Studium nicht erreichbar. Mein Klassenkamerad mit eigenem Unternehmen hat z. B. seine Doktorarbeit als Geschäftsidee ausgebaut. Man sollte halt nicht das machen, was alle machen (oder man muss viel besser sein). Das meinte ich mit Nische.


    Dumme Frage, weil ich tatsächlich niemand "gescheitertes" kenne, waren deine Beispiele, Menschen, die absolut nicht mobil waren, die glaubten, in ihrem Heimatort bleiben zu können? Dann könnte ich es nachvollziehen, warum du entsprechende Jobs empfiehlst.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Rein finanzielle Gründe dürften es nicht sein: Wenn man da in der Freizeit einfach am Geld arbeitet und einen kleinen spassigen Nebenjob, dürfte auf Dauer weit mehr rumkommen.

  • Kommt sicherlich auch darauf an, wo man Schulleitung ist und auf das eigene Empfinden an, ob es finanziell grundsätzlich einen relevanten Unterschied macht.

    Der Unterschied im Endgehalt zwischen normaler Gymnasiallehrkraft und Gymnasialschulleitung BW beträgt aktuell 2300 Euro brutto. Der Abstand wird natürlich etwas kleiner, wenn man ohne Extraaufgaben über das konventionelle Verfahren das große O bekommt.


    Im anderen Extrem ist der Unterschied zwischen normaler Lehrkraft und Schulleitung an einer typischen dreizügigen Grundschule etwas mehr als 800 Euro brutto im Endgehalt, wovon nicht alles ruhegehaltsfähig ist.

    Also auch hier gilt wieder auf die Frage, ob es sich finanziell lohnt: Es kommt darauf an.

  • Ich habe 1999 mit dem Studium angefangen, da war schon allseits bekannt dass Biologen nicht in der Masse gebraucht werden, wie es sie gibt. Für Bio gab es einen NC, für Chemie nicht. Es tut mir leid, wenn *dir* das nicht klar war, aber dann hast du einfach echt was verpasst.

    ich glaub da hast du was falsch verstanden, das war mir sehr wohl bewusst.

  • Nein, es bereitet mir keine Probleme. Warum sollte es das auch? Ich habe rückblickend angesichts der Gesamtsituation alles richtig gemacht. Meiner Familie und mir geht es gut - das zählt.


    Abstoßend finde ich übrigens Deine wirklich schon an Bösartigkeit grenzende Interpretation meiner Motive sowie die Herstellung "alternativer" Kausalzusammenhänge...

    Na bereitet dir meine Meinung nun Probleme oder nicht? Etwas abstoßend zu finden, klingt schon danach, es auch problematisch zu finden.


    Ich habe lediglich kurz zusammengefasst, was du darüber bislang geschrieben hast.


    Einer Kollegin, die Schulleitung werden möchte, mitzuteilen, dass deine Schulleitung 4 Eur weniger verdient als du, der- was genau eigentlich tut? Das finde ich in der ganz Kette deiner bisherigen Darlegungen einfach unschön. Andere regen sich über Kinderzuschläge auf, die sind mir wurscht. Es ändert sich für A nichts, wenn B Zuschläge erhält. Es ändert sich aber für A durchaus was, wenn B ein Beförderungsamt erhält oder es für ihn gar geschaffen wird und A deswegen nicht zum Zug kommt, auch wenn er sich seit Jahren darum bemüht.


    Zurück zur Ausgangsfrage: Wer sich was zurechtlegen muss, das für andere halbwegs plausibel klingt, sollte sich im eigenen Interesse als erstes über seine eigenen Motive klar werden. Aus der Position der Schulleitung kommt man nämlich nicht mehr raus. Eine liebe Kollegin von mir ist frustriert über die von ihr erhofften aber wohl kaum existenten Gestaltungsspielräume, 'zurücktreten' geht aber nun nicht mehr.

  • ... 'zurücktreten' geht aber nun nicht mehr.

    Natürlich geht das (zumindest in BW). Dann ist man halt wieder normale Lehrkraft. Gibt schlimmeres.

    Man verliert dadurch natürlich aber seine Besoldungsstufe, was ja auch korrekt ist.
    Was man leider aber auch verliert sind in der Zeit angesammelte, zusätzliche Pensionsansprüche.

    Ob es eine gute Idee ist, nach Rücktritt an der selben Schule zu bleiben, steht dann wieder auf einem Blatt.

  • Heißt es nicht immer: der Wille zu gestalten?

    Doch. Ich habe gar gehört, man solle "Visionen" haben.... Dabei sind hier schon länger mehr als eine SLstelle vakant und ohne Bewerber. Von daher denke ich, dass es auch ohne Visionen möglich wäre, so eine Stelle zu übernehmen.

  • Ob es eine gute Idee ist, nach Rücktritt an der selben Schule zu bleiben, steht dann wieder auf einem Blatt.

    Warum? Bei uns war das in der Vergangenheit so üblich. Auf Ende dieses Schuljahres werden zwei Kollegen pensioniert, die je ein paar Jahre in der Schulleitung tätig waren und dann wieder zurückgetreten sind. Zuletzt ist im ganzen Kanton leider die Zeit der "Kraken" ausgebrochen, was unter den Lehrpersonen aber gar nicht sehr geschätzt wird. Die Gefahr ist eben relativ gross, dass sich jemand ein Denkmal setzen will und irgendwann mit seinen "Visionen" alle zu Tode nervt. Ich bin schon lange dafür, dass die Schulleitung alle 5 Jahre im Amt bestätigt werden muss oder eben zurücktritt.

  • Klar kommt man aus der Schulleitung wieder raus. In Bayern ist das ein formloser Brief, in dem man seine Funktion zurückgibt. Dann ist man halt wieder normale Lehrkraft.

    • Offizieller Beitrag

    Na bereitet dir meine Meinung nun Probleme oder nicht? Etwas abstoßend zu finden, klingt schon danach, es auch problematisch zu finden.


    Ich habe lediglich kurz zusammengefasst, was du darüber bislang geschrieben hast.


    Einer Kollegin, die Schulleitung werden möchte, mitzuteilen, dass deine Schulleitung 4 Eur weniger verdient als du, der- was genau eigentlich tut? Das finde ich in der ganz Kette deiner bisherigen Darlegungen einfach unschön. Andere regen sich über Kinderzuschläge auf, die sind mir wurscht. Es ändert sich für A nichts, wenn B Zuschläge erhält. Es ändert sich aber für A durchaus was, wenn B ein Beförderungsamt erhält oder es für ihn gar geschaffen wird und A deswegen nicht zum Zug kommt, auch wenn er sich seit Jahren darum bemüht.

    Meine Schulleitung verdient vier Komma irgendetwas Euro netto mehr (sic!) als ich. Etwas anderes habe ich in diesem Forum nicht geschrieben. Es würde auch keinen Sinn ergeben, da A16 Stufe 11 nun einmal mehr sind und mehr sein werden als A15 Stufe 11 bei gleicher Steuerklasse und Vollzeit.

  • Zurück zur Ausgangsfrage: Wer sich was zurechtlegen muss, das für andere halbwegs plausibel klingt, sollte sich im eigenen Interesse als erstes über seine eigenen Motive klar werden. Aus der Position der Schulleitung kommt man nämlich nicht mehr raus. Eine liebe Kollegin von mir ist frustriert über die von ihr erhofften aber wohl kaum existenten Gestaltungsspielräume, 'zurücktreten' geht aber nun nicht mehr.

    Irgendwie war der Thread hier abgedriftet, aber inzwischen sind ja einige Tage vergangen, und Teile von Antworten hier fand ich schon sehr klärend für mich. Irgendwer schrieb was von Stärken - und so habe ich es jetzt für mich durchdacht. Wenn ich mir all die Handlungsfelder von SL ansehe, sind da schon viele Dinge, in denen ich meine Stärken sehe - und so würde ich nun einfach antworten, wenn ich nach meinen Motiven gefragt werde. Das ist es ja eigentlich, was es trifft und was auch stimmt, ich hatte bisweilen gedacht, ich müsste Gott weiß was für elitär-visionäre Motive haben und das Rad neu erfinden wollen - aber dafür bin ich einfach zu realistisch, und deshalb wollte ich eben nicht von Visionen schwelgen. Und andere Gründe, die eben genau jetzt dazu führen, meine bedingungslose Loyalität meiner jetzigen SL gegenüber infrage zu stellen, die spielen einfach keine Rolle. Es war eben ein EntscheidungsPROZESS.

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