Wie geht ihr mit weniger kooperativen Eltern um (Titel geändert)

  • Hallo zusammen,


    mir ist auf die Schnelle kein besserer Titel eingefallen, aber ihr kennt diese Eltern bestimmt alle: Sie sind selber nicht gerade intelligent, halten sich und ihren Nachwuchs aber für unfehlbar und haben ein Selbstbewusstsein bis zum Gehtnichtmehr.


    Aktueller Fall der uns im Kollegium ziemlich zu schaffen macht: Ein sehr verhaltenskreativer Schüler, von anderer Schule zu uns gewechselt weil es bereits dort zu massiven Problemen kam, aktuell zweite Klasse, bereits freiwillig wiederholt, trotzdem mangelt es besonders im Fach Deutsch an den Grundkenntnissen (Buchstabe-Laut-Zuordnung, Motorik). Höchstwahrscheinlich liegt auch eine ADHS Problematik vor. In Absprache mit der KL darf der Junge jederzeit nach draußen gehen (sonst ist wohl gar kein Unterricht in seiner Klasse möglich) und wird dabei von unserem FSJler begleitet. In den Pausen kommt es unentwegt zu Auseinandersetzungen mit anderen Kindern. Anfang der Woche leistete er sich unter meiner Aufsicht etwas wirklich Schlimmes und Gefährliches, wofür er in Absprache mit KL und SL dann 2 Tage nicht zur regulären Pausenzeit nach draußen durfte (Schutz der anderen Schüler/innen).


    Nun war die Mutter zum Gespräch mit SL und KL da. Ich sollte kurz dazu kommen um den Vorfall in der Pause zu schildern. Nachdem ich ihr die Geschehnisse dargelegt hatte sagt sie: "Ja, sie sagen mir das jetzt so, aber mein Sohn hat mir das so und so gesagt und natürlich glaube ich da ihm!":autsch: Sie ließ sich auf nichts ein, ihr Sohn ist immer im Recht, ist ja so ein cleverer Junge, er steht sich halt manchmal selbst im Weg, Schuld sind immer die anderen, besonders die Lehrer, sie kennt ihre Rechte und die Rechte ihres Sohnes. Pausenverbot darf es nicht mehr geben, ist gegen das Gesetz (die tatsächliche Sachlage interessierte sie nicht, also dass ihr Sohn seine Pause hat, sie aber nur isoliert von den anderen verbringt, auch das wäre verboten). Lehrer/innen dürfen und müssen ab sofort alle anderen Schüler/innen bestrafen nur nicht ihren Sohn, der macht nämlich nie was (und wenn er was macht "dann war das nur Spaß", da darf man dann nicht bestrafen). Wir kamen gegen ihre Sicht der Dinge einfach nicht an, weil sie in meinen Augen einfach total unreflektiert, uneinsichtig und maßlos selbstüberschätzend ist.


    Nun meine Frage an euch: Wie geht ihr mit solchen Eltern um? Gibt es einen Weg um sie "zu knacken"?


    Viele Grüße und schon mal vielen Dank für eure Antworten und Tipps :rose:

  • Kannst du hier noch etwas sagen zur Schulform? (Ich nehme an GS.) Ist er Muttersprachler? Wie ist seine familiäre Situation? Gibt es irgendeine ärztliche Befundlage?

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Genau, GS ist richtig. Ja, er ist Muttersprachler. Wenn ich das richtig im Kopf habe (habe keinen Unterricht in der Klasse, daher bekomme ich es nur am Rande mit) sind Vater und Mutter noch zusammen und haben neben dem Jungen noch zwei kleinere Kinder. Die Mutter selbst hat wohl eine diagnostizierte Autismus-Spektrum-Störung (nach eigener Aussage), wobei sie mE im Gespräch keine Auffälligkeiten in diese Richtung zeigte. Über ärztliche Befunde weiß ich nichts, aber der Junge wurde wohl auf der anderen Schule schon mal sonderpädagogisch überprüft und das Gutachten (das ganz klar richtig E-Schule ging) wurde von der Mutter wohl im letzten Moment dann doch wieder abgelehnt bzw der Vorgang vor Eröffnung des Gutachtens gestoppt …

  • Ist er erziehungsberechtigt? Vorladen! Er ist im Rahmen des gemeinsamen Erziehungs- und Bildungsauftrags mitwirkungspflichtig.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Sorry, aber ihr vehaltet euch nicht viel reifer als die Eltern. Überlegt euch Maßnahmen, die mit dem Gesetz vereinbar sind und dann informiert die Eltern und fragt nicht um deren Meinung. Außerdem solltet ihr euch klar absprechen und die Schulleitung muss hinter dir stehen.


    Edit: Und wenn dir auf die Schnelle kein besserer Titel einfällt, überlege dir bitte in Ruhe einen. Das ist respektlos.

  • mir ist auf die Schnelle kein besserer Titel eingefallen

    Der gewählte Titel und auch die weitere Wortwahl und Ausführungen sagen imho genug über die Einstellung zu Schülern und ihren Eltern aus. Die Anführungszeichen machen es auch nicht besser.

    Wie geht ihr mit solchen Eltern um? Gibt es einen Weg um sie "zu knacken"?

    Ich muss Eltern nicht knacken, sondern einen Weg finden, mit ihnen sinnvoll zum Wohle des Kindes zusammenzuarbeiten. Egal wie sympathisch sie mir sind.

    • Offizieller Beitrag

    Vielleicht kann man statt "dumm" unkooperativ verwenden.

    Dass Eltern das glauben, was ihre Kinder erzählen, und nicht das, was die Lehrkräfte erzählen, ist Teil unseres Geschäfts. Oft geht es dabei um die Wahrung des eigenen Gesichts und die Aufwertung des eigenen Kindes - und um den Irrglauben, es stünde "Aussage gegen Aussage".

    Es geht nicht mehr darum, was das Kind zu Hause erzählt, wenn beispielsweise eine Lehrkraft das Fehlverhalten zweifelsfrei gesehen hat. Daher würde ich in diesen Fällen hier nur noch die Eltern in Kenntnis setzen und eine entsprechende Maßnahme verhängen. Alles andere ist vertane Zeit und kann wahlweise dienstlich wie privat besser genutzt werden.

  • kleiner gruener frosch

    Hat den Titel des Themas von „Wie geht ihr mit "dummen" Eltern um“ zu „Wie geht ihr mit weniger kooperativen Eltern um (Titel geändert)“ geändert.
  • Gibt es einen Weg um sie "zu knacken"?

    Warum wollt ihr darauf Energie verschwenden?

    Ihr geht geht einfach formal nach den entsprechenden Vorgaben vor.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Höchstwahrscheinlich liegt auch eine ADHS Problematik vor.

    Die Mutter selbst hat wohl eine diagnostizierte Autismus-Spektrum-Störung (nach eigener Aussage), wobei sie mE im Gespräch keine Auffälligkeiten in diese Richtung zeigte. Über ärztliche Befunde weiß ich nichts, ...

    Ohne zunächst auf die Situation einzugehen: ADHS ist als Erkrankung definiert, deren Diagnose - zu Recht - von (Fach)Ärzt*innen gestellt wird. Wenn dir keine Informationen über ärztliche Befunde vorliegen, hast du nur Beobachtungen, aber keine höchste Wahrscheinlichkeit für ADHS - zumal, wenn du noch nicht mal in der Klasse des Jungen unterrichtest, sondern alles "nur am Rande mitbekomm[st].

    Der Mutter abzusprechen, dass sie auf dem Autismus-Spektrum ist, bzw. dies anzudeuten, weil dir ihr Verhalten im Gespräch nicht "auffällig genug" war (sonst gäbe es keinen Grund, das hier zu erwähnen) ist übrigens ziemlich grenzüberschreitend und respektlos. Weil du explizit danach fragst, wie man mit solchen Eltern umgeht: sie ernst zu nehmen und mit einer offenen Haltung auf sie zuzugehen, ist imho einer der wichtigsten Faktoren für gelingende Gespräche. Das wirkt zumindest bezogen auf diesen Aspekt für mich erst mal so, dass dies eventuell nicht der Fall sein könnte oder zumindest nicht bei den Gesprächspartner*innen ankommt.

    Ergänzend: in diesem Fall bist du meiner Einschätzung nach auch die falsche Person, da du den Jungen ja nicht mal unterrichtest. Wenn das ein Kind und Eltern der eigenen Klasse betrifft, hat man ja nochmal wesentlich mehr Beziehung, auf die man bauen kann, und wahrscheinlich auch deutlich mehr Vorinformationen zur Verfügung als du in dem hier beschriebenen Fall hast, dadurch ergeben sich dann auch mehr Möglichkeiten zur Gesprächsgestaltung.

  • Generell sollte man sich vor dem Gespräch im Klaren darüber sein: Was will ich den Eltern mitteilen und was will ich erreichen? Für mich wäre Folgendes wichtig gewesen: Die Mutter musste über den Vorfall informiert werden und ihr wird der Sinn der pädagogischen Maßnahme erklärt. Ob sie das jetzt für richtig hält oder nicht, das lässt sich nicht ändern. Darüber würde ich generell auch nicht diskutieren. Jede Seite hat ihren Standpunkt vorgetragen. Fertig. Ich hätte die Mutter allerdings gefragt, welche Maßnahmen ihrem Sohn in der Schule ihrer Meinung nach helfen könnten. Vielleicht hätte sie ja eine brauchbare Idee und wenn nicht, dann wurde sie zumindest gefragt (Partizipation).


    .

    • Offizieller Beitrag

    Die Mutter selbst hat wohl eine diagnostizierte Autismus-Spektrum-Störung (nach eigener Aussage), wobei sie mE im Gespräch keine Auffälligkeiten in diese Richtung zeigte.

    Das Spektrum ist breit, man merkt das nicht immer auf den ersten Blick, wenn jemand betroffen ist. Wenn neurodivergente Menschen versuchen so zu wirken, als wären sie im neurotypischen Spektrum, nennt man das "maskieren". Es ist extrem anstrengend, aber irgendwann im Leben nötig geworden, um sich zugehörig zu fühlen.


    Sofern die Eltern keine Diagnostik wollen / einleiten, könnt ihr sie nicht dazu zwingen. Es ist ihre Entscheidung, sie sind erziehungsberechtigt. Das Vertrauen in Schule scheint sehr gering zu sein.


    Rat der Schulpsychologin an meiner alten Schule: Kind bestmöglich unterstützen, wie z.B. mit dem FSJler; klare Regeln, Abläufe, Konsequenzen.

    Erziehungsmaßnahmen dokumentieren. Bei Ordnungsmaßnahmen müssen die Eltern und das Kind zum Vorfall angehört werden, das heißt aber nicht, dass die Eltern die Entscheidung treffen.

    Immer alles dokumentieren.


    Gibt es ab Klasse 3 Zensuren? Ich vermute, die Eltern haben auch keiner LRS-Diagnostik zugestimmt? Meine Erfahrung: Dann wird es unangenehm, für alle Beteiligten. Manchmal ändert sich dadurch die Einstellung der Eltern und man kommt dann ins Gespräch und kann dem Kind erstmal durch Nachteilsausgleich / Notenaussetzen Entlastung schaffen.

  • Ich hatte auch mal solch ein Elternpaar. Das Kind war extrem verhaltensauffällig, ich Klassenlehrerin. Das Kind erzählte zu Hause ganz andere Versionen der Geschehnisse, und die Eltern glaubten diesen Darstellungen und unterstellten den KuK, Mitschüler*innen und mir, die Situation in Schilderungen zu verfremden, teilweise gar Vorfälle zu erfinden. Da half es auch nichts, wenn das Kind von KuK, die meine Klasse und das Kind gar nicht kannten, bei problematischem Verhalten ertappt und von diesen Erziehungsmaßnahmen verhängt wurden, auch deren Schilderungen wurden als Teil der Verschwörung abgetan und kritisiert.


    Ich habe schlussendlich jede Kleinigkeit, die vorfiel, und die erfolgte Konsequenz dokumentiert. Die Eltern wurden bei größeren Vorfällen schriftlich informiert (dann häufig auch eine Auflistung der anderen Kleinigkeiten, die sich kürzlich zugetragen hatten, damit sie im Bilde bleiben). Bei jedem Schriftverkehr war die Stufenleitung (Sek.1!) im CC, damit ich sicher sein konnte, dass ich ggf. deren Rückendeckung habe. Wir haben irgendwann den schulpsychologischen Dienst eingeschaltet und dieser hat in der Schule Gespräche mit mir, vereinzelten Mitschüler*innen (die unter dem Kind besonders litten) und schließlich dem Kind selbst geführt. Das Gespräch war für das Kind natürlich freiwillig. Anschließend hat die Schulpsychologin mit den Eltern einen Termin ausgemacht und ihnen den Kontakt zu einer Erziehungshilfe empfohlen. Das scheint einen gewissen Eindruck gemacht zu haben, jedenfalls wurde mir danach nie wieder vorgeworfen, mir etwas auszudenken. Die Situation hat sich gebessert, aber sich nie gänzlich gelegt, wie mir KuK berichteten. Ich war irgendwann nicht mehr so involviert, weil ich die Klasse turnusgemäß abgab.


    Was ich aus dem Gespräch mit der Schulpsychologin noch als hilfreich mitgenommen habe: Wenn Eltern solch eine Sicht auf die Situation haben, hat man so gut wie keine Chance sie zu überzeugen. Daher riet sie uns, dieses Ziel aufzugeben und stattdessen nach dem gemeinsamen Interesse von Eltern und Schule zu suchen: Dem Kind zu helfen. Man solle schildern, wie das Kind auf andere Kinder und Lehrkräfte wirke (nicht: Was es tut/getan hat), mit den Eltern überlegen, was das wohl für Folgen für das Kind haben könnte (insbesondere soziale Probleme mit anderen Kindern, ständige emotionale Aufgewühltheit nach Konflikten, etc.), seine Sorge um das Kind ausdrücken, und überlegen, wie man diese Wirkung des Kindes auf andere verändern könne. So hätte man das Kind nicht beschuldigt, sich falsch zu verhalten, geriete also nicht in die "Nein, das hat X nicht getan!"-Diskussion, und könne vielleicht mit den Eltern statt gegen sie arbeiten.

    Warum Trübsal blasen, wenn man auch Seifenblasen kann?

  • Respektvoller Kontakt und davon möglichst wenig. Bei richtig krassen Fällen den Respekt durch Kinderlob und Hochloben des Kindes alternativ noch verstärken.

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