Nutzt ihr im Unterricht gendergerechte Sprache?

  • Ist das nicht genau Sinn der Sache? Man nutzt das generische Maskulinum doch genau dann, wenn einem spezifische Eigenschaften der Mitglieder einer Gruppe für den benötigten Sachzusammenhang egal sind, und man lediglich einen Oberbegriff für diese Gruppe benötigt.

    Das hat man früher so gemacht. Da es aber auch eine Gruppe Männer meinen kann, ist im Nachhinein nicht mehr klar, ob spezifische Eigenschaften mitgemeint wurden oder nicht ;) Das wird doch aber eigentlich aus dem von dir zitierten Text deutlich.

  • Die Sache ist, dass es in vielen Aussagen unerheblich ist, welche spezifischen Eigenschaften einzelne Mitglieder einer Gruppe haben. Es wäre genau dann von Vorteil, wenn das Hinzufügen der Geschlechtszugehörigkeit der Mitglieder oder auch deren Altersgruppe(n), Religionszugehörigkeit oder Sexualität sinnverändernd für die Aussagenintention ist. Das ist z.B. bei der Aussage "Alle Grundschullehrer erhalten jetzt A13." nicht der Fall. Die einzige Eigenschaft, die für diesen Zusammenhang von Relevanz ist, wäre die Bundeslandzugehörigkeit.

  • Ja und? Wenn ich Buddhisten und Buddhistinnen meine oder Menschen über 60, sage ich das so. Und wenn ich Studentinnen meine, sage ich nicht Studenten.


    Edit: in deinem Beispiel würde ich mich wundern, warum Grundschullehrerinnen nicht A13 kriegen sollen.

  • Die Tendenz geht dahin, dass „Lehrer“ nicht länger generisch wahrgenommen oder akzeptiert wird, gerade weil es auch die maskuline Form ist.

    Man weicht auf Lehrkräfte oder Lehrende aus:

    „Alle Lehrkräfte an Grundschulen sollen A13 bekommen.“


    Weil aber „Lehrkräfte“ unpersönlich ist, sucht man auch etwas, was wie „Lehrer“ gebraucht werden kann und alle einbezieht. Daraus wird u.a. Lehrer:innen, der Doppelpunkt war ein Vorschlag, weil er im digital vorgesprochenen Text die Kennzeichnung hörbar werden lässt.

  • Die Tendenz geht dahin, dass „Lehrer“ nicht länger generisch wahrgenommen oder akzeptiert wird, gerade weil es auch die maskuline Form ist.

    Diese Tendenz gibt es vor allem unter "Lehrkräften" und sonstigem privilegierten Bildungsbürgertum.


    Frag mal die Frau, die den Bus lenkt. Die stellt sich vor mit "ich bin Busfahrer".

  • Ja und? Wenn ich Buddhisten und Buddhistinnen meine oder Menschen über 60, sage ich das so. Und wenn ich Studentinnen meine, sage ich nicht Studenten.

    Das ist der Punkt! Für die A13-Aussage wäre es nicht sinnverändernd, wenn ab morgen plötzlich alle Grundschullehrer Buddhisten oder Menschen über 60 wären. Wäre es für irgendeinen Zusammenhang wichtig, zu erwähnen, dass auch Buddhisten oder Menschen über 60 an Grundschulen unterrichten, dann macht es Sinn, das sprachlich hinzuzufügen.

  • So so... Macht "man" das?! :autsch:

    Ja, denn genau dafür ist die Form da. Ich denke auch anektdotisch werden wir kein Gegenbeispiel finden, bei dem sich jemand gedacht hat, dass er jetzt die generische Form verwendet, obwohl nur Männer oder nur Frauen gemeint sein sollen. Allerdings ist auf der Empfängerseite die Form von der rein männlichen Form nicht zu unterscheiden, so dass es leicht ist darüber zu streiten. Manche interpretieren die Form eher generisch und andere männlich.


    Ergänzung:

    Edit: in deinem Beispiel würde ich mich wundern, warum Grundschullehrerinnen nicht A13 kriegen sollen.

    So käme ich in dem Beispiel „Alle Grundschullehrer erhalten ab jetzt A13.“ nie auf die Idee, diese Form als die männliche Form zu interpretieren. Quittengelee dagegen schon.

  • Das ist der Punkt! Für die A13-Aussage wäre es nicht sinnverändernd, wenn ab morgen plötzlich alle Grundschullehrer Buddhisten oder Menschen über 60 wären. Wäre es für irgendeinen Zusammenhang wichtig, zu erwähnen, dass auch Buddhisten oder Menschen über 60 an Grundschulen unterrichten, dann macht es Sinn, das sprachlich hinzuzufügen.

    Kann sein, aber ob jemand Buddhist ist oder 60 sieht man ja nicht am Wort. Ob jemand ein Mann ist, schon. Grundschullehrer sind Männer. Und wenn mitgeteilt wird, dass Grundschullehrkräfte ab sofort A13 kriegen, dann sagt man das heute praktischerweise mit diesem Begriff. Für andere Berufsgruppen ist das im Moment schwieriger.

  • Diese Tendenz gibt es vor allem unter "Lehrkräften" und sonstigem privilegierten Bildungsbürgertum.


    Frag mal die Frau, die den Bus lenkt. Die stellt sich vor mit "ich bin Busfahrer".

    Hast du dafür Nachweise? Ich höre oft Podcasts zu verschiedenen Themen, da gendern manche mit Glottisschlag, andere anders oder gar nicht.


    Aber selbst wenn, das Argument, dass sich Menschen, die studiert haben, mit einer Sache zuerst beschäftigen, ist doch nicht automatisch ein Argument gegen irgendwas.

  • Kann sein, aber ob jemand Buddhist ist oder 60 sieht man ja nicht am Wort. Ob jemand ein Mann ist, schon. Grundschullehrer sind Männer. Und wenn mitgeteilt wird, dass Grundschullehrkräfte ab sofort A13 kriegen, dann sagt man das heute praktischerweise mit diesem Begriff. Für andere Berufsgruppen ist das im Moment schwieriger.

    Das ist eben reine Definitionssache. Die Befürworter des generischen Maskulinums sagen ja gerade, dass das Geschlecht des Grundschullehrers rein sprachlogischer Natur ist und sich nur an dem Wort selbst nicht erkennen lässt, ob es Männer sind. Das ist der Konflikt, der momentan ja herrscht und aus dem heraus sich alles ableitet: Die eine Gruppe stellt fast, dass "Grundschullehrer" nur Männer sein können, die andere, dass "Grundschullehrer" erst einmal alle Geschlechter haben können.

  • Also wenn ich einem kleinen Kind mit einem Bilderbuch Worte und Sprache beibringe, dann zeige ich z.B. auf ein bestimmtes Bild und sage "Polizist". Selbst ich kann bei den Bildern machmal gar nicht sagen, ob dort gerade ein männlicher oder ein weiblicher Polizist abgebildet ist.

    Und selbst wenn ich bei dem Kind schon vorher z.B. Junge und Mädchen beigebracht habe. Wie soll ich das den gemacht haben? Bei Mädchen zeige ich auf eine Person mit Rock und langen Haaren (Ich meine keinen Schottenrock oder so). Wenn ich da ein Bild mit einer Person sehe, die eine Hose an hat und kurze Haare hat, dann sage ich Junge. Dabei weiß ich gar nicht ob das ein Junge oder Mädchen ist. Müssen wir jetzt in den Bilderbüchern für Kinder nur nackte Personen darstellen, damit das Kind auch den Unterschied lernen kann?

  • Also meine weiblichen MFA-Auszubildenden stellen sich nicht vor mit "ich bin medizinischer Fachangestellter".

    Ich kann mir vorstellen, dass es vielleicht doch auf die Länge ankommt.

    Die Busfahrerinnen nennen sich Busfahrer, weil das kürzer ist.

    Die Fachangestelle nennt sich Fachangestellte, weil das kürzer ist als Fachangestellter.

  • Das ist Quatsch. Ich weiss nicht, um welche Sprache es hier geht, aber Japanisch unterscheidet z. B. zwischen "Männer- und Frauensprache". Natürlich hat das im höchsten Masse Einfluss auf die Sozialisation eines Kindes.

    Naja, das Beispiel wurde auf Deutsch geschrieben und wir sprechen hier doch über das Gendern der Deutschen Sprache. Natülich habe ich dann Deutsch gemeint und nicht Japanisch.

  • Ich kann mir vorstellen, dass es vielleicht doch auf die Länge ankommt.

    Die Busfahrerinnen nennen sich Busfahrer, weil das kürzer ist.

    Die Fachangestelle nennt sich Fachangestellte, weil das kürzer ist als Fachangestellter.

    Fachangestellte und Fachangestellter sind sprachlich genau gleich lang. Schrift spricht keiner.

  • Fachangestellte und Fachangestellter sind sprachlich genau gleich lang. Schrift spricht keiner.

    Weiß ich auch. Aber als ich behauptet hatte, dass es auf die Aussprache ankommt und nicht auf die Schreibweise von Worten, da wurde ich belehrt, dass meine Logik konstruiert sei und nicht stimmen würde.

  • Diese Tendenz gibt es vor allem unter "Lehrkräften" und sonstigem privilegierten Bildungsbürgertum.


    Frag mal die Frau, die den Bus lenkt. Die stellt sich vor mit "ich bin Busfahrer".

    Wie viele Busfahrerinnen kennst du denn so? Etwa 80 % der Stellenausschreibungen auf jobs.ch sind gendendert, auch die für die Buschauffeuse. Praktisch jeder Text in den Medien ist gegendert geschrieben und Lehrperson bin ich schon seit 10 Jahren. Scheint weder ein neues noch ein exklusives Phänomen zu sein.

  • Wie viele Busfahrerinnen kennst du denn so? Etwa 80 % der Stellenausschreibungen auf jobs.ch sind gendendert, auch die für die Buschauffeuse. Praktisch jeder Text in den Medien ist gegendert geschrieben und Lehrperson bin ich schon seit 10 Jahren. Scheint weder ein neues noch ein exklusives Phänomen zu sein.

    Die Frage ging zwar nicht an mich, aber ich sehe es so:

    Du hast nur gesehen, wie andere Personen (auch nicht Busfahrer) einen weiblichen Busfahrer ansprechen. In dem Text davor ging es darum, wie sich weibliche Busfahrer selbst nennen. Das sind verschiedene Gruppen.

  • Diese Tendenz gibt es vor allem unter "Lehrkräften" und sonstigem privilegierten Bildungsbürgertum.


    Frag mal die Frau, die den Bus lenkt. Die stellt sich vor mit "ich bin Busfahrer".

    Das bezweifle ich stark. Das kommt oft als Argument von Leuten, die tatsächlich selbst im Elfenbeinturm sitzen und nur wenig Kontakt zu anderen Schichten haben. Auch das ist eine arge Bevormundung.

    Ehe man das so als gegeben äußert, sollte man wirklich schauen, ob man da nicht anderen Berufs- und Menschengruppen die eigene Meinung ungalant überstülpt oder ob man wirklich mit ihnen gesprochen hat und für sie sprechen kann. (Zum Thema "Sprechen-für-andere" gibt es auch tolle Texte von Philipp Dreesen und natürlich sowieso Gayatri Spivak).

  • Das ist der Punkt! Für die A13-Aussage wäre es nicht sinnverändernd, wenn ab morgen plötzlich alle Grundschullehrer Buddhisten oder Menschen über 60 wären. Wäre es für irgendeinen Zusammenhang wichtig, zu erwähnen, dass auch Buddhisten oder Menschen über 60 an Grundschulen unterrichten, dann macht es Sinn, das sprachlich hinzuzufügen.

    Wer bestimmt denn, was für wen wichtig sein darf? Wenn genügend Menschen doch sagen, hey, wir fühlen uns damit nicht angesprochen. Wenn genug Literatur zeigt, dass ganze Absätze nochmal neu gelesen werden, wenn plötzlich klar wird, Frauen sind auch mitgemeint, vorher aber im generischen Maskulinum verschluckt worden, ist das denn nicht Grund genug, denen zu glauben, dass es zwar für einen selbst keinen Unterschied macht, für andere aber ganz bestimmt?

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