Nutzt ihr im Unterricht gendergerechte Sprache?

  • Das Heul-Emoji ist jetzt aber schon ein bisschen grotesk.

  • Es ist interessant, was du in der Theorie so alles weisst. Nur geht's hier grad eher um den Alltagsgebrauch der Sprache. Das scheint mir ein bisschen dein Problem zu sein. Du beharrst auf irgendeine Art von "korrektem" Gebrauch der Grammatik und reagierst beleidigt, wenn ich dir antworte, nein, meine Schülerinnen und Schüler sprechen so nicht.

    Ich beharre hier gar nicht auf irgendeinem korrektem Gebrauch, sondern es sind schlicht meine Beobachtungen der Alltagssprache.


    Ich sage dir ganz ehrlich, wie es ist: Die allerwenigsten achten so genau auf ihre Sprache und die ihrer Umwelt. Da es nur das Instrument zum Erreichen eines anderen Ziels ist, verwundert das wenig. Nur die allergröbsten Schnitzer dringen wirklich ins Bewusstsein vor. Selbst wenn, sieht man als normaler Sprachnutzer die Systematik dieser "Fehler" nicht, und vergisst es auch dementsprechend schnell wieder.

    Da können die in der Linguistik ein Lied von singen. Jedes Jahr fangen bei denen an den Unis die Studis an und werden mit den üblichen Phänomenen tatsächlicher Sprache abseits des Grammatiklehrbuchs konfrontiert: Doppelperfekt ("Ich habe eingekauft gehabt."), tun-Periphrase ("Wenn wir kochen tun ..."), Weglassen von Artikeln und Präpositionen ("Ist die Prüfung Nebenraum Mensa?"), "falsche" Präposition und allerlei anderem Firlefanz ("Das finde ich mehr interessanter."). Sprichst du die Leute darauf an, wird das meistens geleugnet oder als einmaliger Ausrutscher abgetan. Sie würden ja so nicht reden und da hätte man sich bestimmt nur verhört, um es kurz danach direkt wieder zu tun.

  • Da ich mich sowohl in meiner Bachelor- als auch in der Masterarbeit intensiv damit auseinandergesetzt habe: Ja.

    Allerdings bezieht sich gendergerechte oder genderfaire Sprache nicht nur auf Doppelnennungen oder Morpheme usw.,

    sondern auch auf Begriffe, Satzkonstruktionen und tiefergehende Strukturen (z. B. die Modalität, die man gut mit der Funktionalen Grammatik nach Halliday untersuchen kann) und "schlicht" auf die (Nicht-) Nennung oder das Nicht-Mitdenken von Frauen in vielen Bereichen und Diskursen (Medizin, Stadtplanung, ...)


    Die Diskussion um gendergerechte Sprache gibt es in vielen Ländern - allen voran Frankreich und England, dort auch schon wesentlich länger als hier.


    Als Beispiel sei genannt, dass der 'Chairman' schon lange 'Chairperson' heißt.

    Auch sexistische Sprache wird kritisiert und nachgedacht, wie man diese minimiert.


    Lakoff hat z. B. in Studien festgestellt, dass Frauen weniger Redezeit bekommen, öfter unterbrochen werden.


    Die kritische Diskursanalyse wurde in der englischsprachigen Linguistik lange vor der deutschen betrieben, da die Deutschen der rein deskriptiven Linguistik verhaftet waren, alles andere wurde als nicht-akademisch abgetan (die Diskursanalyse tatsächlich selbst auch). Dies hat sich (beides) geändert, auch wenn es immer noch das "deskriptive" und das "kritische" Lager gibt.


    Die Franzosen und Französinnen waren/sind ebenfalls in zwei Lager unterteilt. Die einen behaupten, es gäbe eine Écriture féminine, die anderen widersprechen. Manche behaupten, Sprache sei neutral (nur eben der explizite Gebrauch nicht), das Gegenlager sagt, die Sprache ist schon patriarchal angelegt. Der Ruf nach einer écriture inclusive wurde laut.

    (vgl. Luce Irigaray, Julia Kristeva, Hélène Cixous)


    Wichtig ist mir nicht nur, Frauen und Männer und alle anderen zu (be)nennen, sondern auch WIE ich dies tue, WIE OFT ich dies tue, WIE ich es kontextualisiere. Nicht nur gibt es Feuerwehrfrauen, auch gibt es Autorinnen die (teilweise unter männlichen Pseudonymen verstecken mussten), die viel häufiger thematisiert werden dürfen, statt hinten im Anhang der Deutschbücher spärlich gesät zu versauern. Wissenschaftlerinnen, die sich ihrer Ideen beraubt sehen uvm.


    Dass Männer das Sorgerecht nur mit Zustimmung der Frau bekommen, wurde längst gesetzlich geändert. Nur noch bei Kindeswohlgefährdung kann dem widersprochen werden (egal ob mit oder ohne Ehe/Beziehung). Man(n) sieht, auch hier ändern sich Gesetze und Praktiken.


    Das nur als Kurzabriss. Es gibt so viel zu sagen. Wer behauptet, dass das Gendern nicht die Welt rettet oder alle Probleme von Frauen löst oder einwirft, dass es schlimmere Probleme auf der Welt gäbe: Das stimmt.

    Aber niemand ist so naiv, dies zu glauben oder zu behaupten. Vielmehr kann man mehrere Probleme gleichzeitig haben und angehen und jedes Problem auch von mehreren Seiten zugleich lösen oder zumindest minimieren.

    Außerdem sind ja viele Dinge auch durchaus miteinander verstrickt und bedingen oder ermöglichen/verstärken sich gegenseitig.

    In dem Sinne,

    ich wünschen ALLEN einen schönen Abend!

  • In Sachsen wohl jetzt offiziell untersagt:

    https://www.lvz.de/mitteldeuts…D7IJGCJALMVRC5I4RBNM.html

    Mit welcher Begründung würde das denn untersagt?

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Will nicht wissen, wieviel Menschen damit beschäftigt worden sind... Es gäbe andere Themen, die mal angegangen werden sollten. Einfach mal eine Nebelbombe schmeißen ist nur ein Ablenkungsmanöver.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Will nicht wissen, wieviel Menschen damit beschäftigt worden sind... Es gäbe andere Themen, die mal angegangen werden sollten. Einfach mal eine Nebelbombe schmeißen ist nur ein Ablenkungsmanöver.

    Das trifft lustigerweise auf beide "Seiten" zu.

  • Mit welcher Begründung würde das denn untersagt?

    Wahrscheinlich mit ähnlichem, wie die Gegenseite das jedem aufzwingen will.


    Mich nervt das ganze nur noch.

  • Mit welcher Begründung würde das denn untersagt?

    Ich weiß nicht genau, vor 2 Jahren oder so wurden wir schonmal offiziell informiert, dass "Schülerinnen und Schüler" sowie "Lehrkräfte" o.ä. Formen wünschenswert seien und Sternchen und dergleichen doof zu finden sind, an ein Verbot kann ich mich aber nicht erinnern.


    Der mdr dazu:

    "Erst jüngst hatte der Zwickauer Stadtrat mehrheitlich beschlossen, dass Stadtverwaltung und Eigenbetriebe in interner und externer Kommunikation keine Sonderzeichen für geschlechtersensible Bezeichnungen verwenden dürfen. Dagegen wehrt sich die Leitung des Theaters Plauen-Zwickau und spricht von einem "Genderverbot"."


    Es bleibt spannend...

  • Die Tragik liegt darin, dass wir die Beschäftigung mit so einem Blödsinn als spannend empfinden, als ob wir keine echten Probleme hätten.

  • Die Tragik liegt darin, dass wir die Beschäftigung mit so einem Blödsinn als spannend empfinden, als ob wir keine echten Probleme hätten.

    Menschen reiben sich eben gerne an Nonsens auf. Das zu beobachten ist nicht spannend, aber manchmal unterhaltsam.

    Über Belanglosigkeiten zu diskutieren ist einfacher, als sich um echte Probleme zu kümmern.

  • Macht's wie Rüdiger...

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  • Gendern ist ein Elitenprojekt. Im wahren Leben habe ich bislang nur ein einziges Mal einen Praxissemesterstudenten den glottal stop verwenden hören. War während eines Feedbackgesprächs mit der Fachleitung ;) Unironisch benutzen das doch wirklich nur Quatschköpfe in den Medien.

    Aber "bonus hole" und "Gendergaga"? Dass noch so getan wird, als würden ausgerechnet die Nichtgenderer einen "Kulturkrieg verschärfen" passt natürlich ins Konzept. Nudging und so.

  • Ernst gemeinte Frage:

    Ich lese gerade einen Text, in dem permanent (störend, weil in fast jedem Satz vorkommend) Dinge wie "Schüler:innen" steht.

    An einer Stelle kommt "Gast" vor. Müsste dort "Gast:in", "Gäst:in" oder ... stehen?

    An einer andere Stelle steht Experten. Müsst dort "Experten:innen", "Expert:innen" oder ... stehen?

    (Wenn schon, denn schon. Ich bin zu Faul alle ":in" anzustreichen und wollte dann nur die beiden Fälle anstreichen. Geht schneller.)

  • Müsste dort "Gast:in", "Gäst:in" oder ... stehen?

    Was heißt "müsste"? Niemand muss nix. Bei Gast ergibt es wenig Sinn, weil es ein geschlechtsneutrales Personenwort ist wie Vormund, Person oder Opfer. Es geht aber, du findest es im Duden und schon die Grimms haben dieses Wort verwendet. Weitere Korpusbelege hier: https://www.dwds.de/wb/G%C3%A4stin


    An einer andere Stelle steht Experten. Müsst dort "Experten:innen", "Expert:innen" oder ... stehen?

    (Wenn schon, denn schon. Ich bin zu Faul alle ":in" anzustreichen und wollte dann nur die beiden Fälle anstreichen. Geht schneller.)

    Wenn, dann Expert:innen. Aber wie gesagt, es gibt bislang kein Genderver- oder -gebot. Wem willst du das denn anstreichen?

  • Was heißt "müsste"? Niemand muss nix. Bei Gast ergibt es wenig Sinn, weil es ein geschlechtsneutrales Personenwort ist wie Vormund, Person oder Opfer.

    der Gast ;)

    der Vormund

    die Person


    Einfach gelassen damit umgehen. Beißt man sich da ideologisch in der einen wie der anderen Richtung fest, kommen unweigerlich schräge Texte und schräge Argumentationen dabei raus. (Bezieht sich jetzt nicht speziell auf dich Quittengelee)

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