Also, Wolkenstein sitzt jetzt am Schreibtisch und starrt auf das Telefon. Ist sich ziemlich sicher, dass es nicht klingeln und das keine holde Stimme mit "Sie haben eine Stelle" ertönen wird. Und wartet trotzdem. Und muss mal Frust ablassen/ Revue passieren lassen/ andere Refis vorwarnen...
- Bewerbungsstress - schon schlecht, wenn man einen späten Examenstermin hat, dann kann man nämlich Bewerbungen verfassen, während man noch mitten im Examen ist. Sonst eben direkt danach, und ich zumindest hab in jede Bewerbung Stunden investiert, jede Menge Papier und teure Mappen und auch eben ganz viel Hirnschmalz. Scheint aber unnötig gewesen zu sein.
- Dreierklappmappen sind anscheinend unbeliebt, weil sie den Schreibtisch des Direktors blockieren, "Mappe mit Klarsichthülle reicht".
- Ich bin mir bis heute nicht darüber im Klaren, ob jemand sich wirklich die Mühe macht, die Bewerbungen zu lesen. Eingeladen wird eh erst mal nach der Ordnungsgruppe. heute im Vorstellungsgespräch spielte jemand die Hälfte der Zeit mit einer anderen Bewerbermappe herum. Na ja, vielleicht hatte er dann wenigstens die gelesen... meine war jedenfalls definitiv zu dick. Kurzprofil auf jeden Fall vorne draufheften, ansonsten nur das Aller-aller-nötigste reinheften.
- Hmnja, das Gespräch selbst... ich fand's schrecklich. Schlimmer als jede Lehrprobe - man kommt rein, gibt Pfötchen, dann darf man 20 Minuten seinen Vortrag vorbereiten oder es geht gleich los, auf jeden Fall gucken die Herrschaften auf ihre Listen, stellen die erste Frage, man schwatzt, die sagen hm, machen sich Notizen und stellen die nächste Frage. Kein Feedback, kein Gespräch im eigentlichen Sinne, keine Möglichkeit zur Öffnung. "Dankeschön, wenn wir Sie auswählen, rufen wir heut abend an". Und jetzt sitz ich hier. Viertel vor acht, also ist die eine Schule schon gestorben. Wollt ich eh nicht hin. Die andere liegt mir mehr am Herzen. Die wollten sich aber erst gegen halb zehn melden. Wird noch ein langer Abend...und ich kann nicht mal Freunde anrufen und fragen, wie's bei ihnen gelaufen ist, die warten schließlich auch auf Anruf von Schule...
- die Fragen. Wenn man nicht aufpasst, schaltet man auf Autobabble, weil die Fragen so vage/ klischeehaft sind. "Was wollen Sie Ihren Schülern mitgeben" war noch richtig persönlich und subtil. Das meiste war Sülz... was soll das?
- die Scheinbewerbung. So richtig frustig wird's, wenn der Kandidat schon längst feststeht. DANN NEHMT IHN DOCH und spart dem Rest die Herzensqual!!! Mann - es ist schwer, wenn bei jeder Frage im Hinterkopf das Männeken mitläuft und prüft "Ist das jetzt eine Frage an mich, oder wird die nur gestellt, damit der Wunschkandidat sich profilieren kann?". Kollegin berichtete von so einem Bewerbungsgespräch, war wohl sehr offensichtlich und ziemlich schrecklich. Aber man weiß ja nie...
Ich träume davon, irgendwann in diesem Leben mal in eine Situation zu kommen, wo sich jemand tatsächlich dafür interessiert, was ich kann und was ich bin, anstatt Listen abzuhaken. Theoretisch ist es wunderbar, dass das Verfahren vergleichbar und gerecht laufen soll - praktisch kommt dabei heraus, dass eine tatsächliche Eignungsprüfung nicht mehr stattfindet, weil das individuelle Fragen erfordern würde, und stattdessen nur der zum Ziel kommt, der das System umgeht.
Höchst gefrustet,
wolkenstein