• Eben. Ich tu gar nicht erst so als ob. Zu allgemeiner Reaktionskinetik kann ich mich schon noch äussern und die gildet halt auch für medizinische Sachen.


    Zu schreiben "Hahnemann hatte keine Ahnung von Medizin" ist ein bisschen ein Fail. Schau dir an, wann der gelebt hat, natürlich hatte der keine Ahnung. Woher kommen Mythen wie "Nüsse sind gut fürs Gehirn"? Aus der Alchemie. Walnüsse sehen aus wie Hirne, Ähnlichkeitsprinzip. Man weiss es unterdessen halt besser.


    Zur wissenschaftlichen Methodik: Chemie als grundlegende Naturwissenschaft für die Pharmazie und Medizin hat man zu Hahnemanns Zeiten überwiegend noch sehr phänomenologisch betrieben. Dass der auf so "lustige" Ideen kam, ist so abwegig eben nicht. Das ganze Konzept hat den Sprung in die Gegenwart halt verpasst. Es würde mich ferner interessieren, wie viele Leute hier im Forum die vom TE ausgeführten Überschlagsrechnungen zu den homöopathischen Verdünnungsreihen überhaupt nachvollziehen können. Ich befürchte, da schaut es ganz schnell ganz düster aus. Aber Hauptsache gelästert.

  • Der Placeboeffekt ist eben oftmals sehr, sehr stark. Das spielt den Anthromediziner:innen bei einigen „Therapien“ in die Hände.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Zu schreiben "Hahnemann hatte keine Ahnung von Medizin" ist ein bisschen ein Fail.

    Schrieb niemand.


    Es ging darum, wie er vorgegangen ist und dass es heute immer noch so viele Anhänger*innen dieser Idee gibt, obwohl man es besser wissen müsste.


    Man weiss es unterdessen halt besser.

    Nein, denn offenbar kaufen Millionen Patient*innen jedes Jahr Globuli in der Hoffnung, dass es ja möglicherweise doch helfen könnte.


    Ich verstehe nicht, warum du plötzlich gehässig wirst, obwohl dir nicht mal irgendwer widersprochen hat. Ja, wir sind alle etwas doof, aber beschäftigen uns trotzdem mit verschiedenen Themen, ist das okay?

  • Genau, ähnlich wie bei Kindern, in der magischen Phase... Deswegen finde ich es interessant, dass die Beliebtheit und Überzeugung bis heute ungebrochen ist. Knapp 55 Mio verkaufte Verpackungen im Jahre 2018, schreibt der Spiegel, von denen teilweise Krankenkassen (!) Kosten übernahmen. Das Phänomen ist also so witzig nicht, sondern eben durchaus bemerkenswert.

    Das wirklich Gefährliche an der Homöopathie ist, dass Kinder bereits sehr früh darauf geeicht werden, dass es gegen jedes noch so kleine Gebrechen - oder auch gegen Stress - immer ein passendes Kügelchen gibt. Nach dem Motto: "Wenn's nicht hilft, schadet es wenigstens nicht."
    Werch ein Illtum.
    Aus diesem frühen "Anfixen" ergibt sich auch der immense Umsatz.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Das wirklich Gefährliche an der Homöopathie ist, dass Kinder bereits sehr früh darauf geeicht werden, dass es gegen jedes noch so kleine Gebrechen - oder auch gegen Stress - immer ein passendes Kügelchen gibt. Nach dem Motto: "Wenn's nicht hilft, schadet es wenigstens nicht."
    Werch ein Illtum.
    Aus diesem frühen "Anfixen" ergibt sich auch der immense Umsatz.

    Kombiniert mit der völlig überteuerten Zuckervermarktung: 10g Globuli kosten 8 Euro aufwärts, 500g Würfelzucker 1,80 Euro (ein Würfel gerade mal 0,36 Cent).


    À+

  • Schrieb niemand.

    Ah ja?


    Soweit ich weiß, geht das auf ein fundamentales Fehlverständnis zur experimentellen Methode und medizinischen Grundkenntnissen zurück.

    OK, das Wort lautet "Fehlverständnis". Das impliziert, er hätte es besser wissen können oder müssen. Hat er aber nicht. Über den Wirkmechanismus von pharmakologisch aktiven Substanzen war zu Hahnemanns Zeiten genau gar nichts bekannt und wie ich bereits schrieb, gab es zu der Zeit auch noch kaum irgendeine Systematik in der analytischen Chemie. Der konnte gar nichts "fehlverstehen", was überhaupt nicht etabliert war. Hahnemann war etwa 50 Jahre zu früh geboren als dass man ihm diesen Vorwurf machen könnte. Als Hahnemann mit seinen für die Entwicklung der Homöopathie entscheidenden Experimenten anfing, glaubten seriöse Wissenschaftler bzw. Naturforscher (die damals noch geläufigere Bezeichnung) noch an das Phlogiston und den Äther. Perkin hat 1856 (da war Hahnemann schon tot!) versucht Chinin herzustellen, indem er Anilin mit Kaliumdichromat verrührte. Jeder Maturand würde ihn 2023 dafür auslachen. Man hat damals alles mögliche ausprobiert ohne eigentlich zu wissen, was man genau tut. Hahnemanns Ideen sind im Kontext der Zeit zu begreifen und erst mal alles andere als lächerlich.


    Man kann den verlinkten Text von Tucholsky witzig und Steiner allgemein doof finden. Ist OK. Ich hätte mich nicht eingemischt, wenn infolge nicht plötzlich irgendwelche pseudo-Argumente aufgetaucht wären, die so wahnsinnig geistreich eben gar nicht sind.


    Nein, denn offenbar kaufen Millionen Patient*innen jedes Jahr Globuli in der Hoffnung, dass es ja möglicherweise doch helfen könnte.

    Ja, weil Millionen von Leuten im Jahre 2023 offenbar jegliches Verständnis für Naturwissenschaften und evidenzbasierte Medizin fehlt. Zwischen Hahnemann und heute ist ja eigentlich ne Menge passiert. Umso ärgerlicher finde ich z. B. das was du geschrieben hast:



    Hormone werden teilweise in Pikogramm (Billionstel g) gemessen. Irgendwo las ich mal, dass das Vorkommen eines bestimmten Hormons im Körper einer D irgendwas-Potenz entspricht

    Ich hab's in freundlich versucht, dann jetzt halt in unfreundlich. Pikogramm pro was genau? Pro Hühnerei, Tomate, Gurkensalat? Hast du irgendeine Vorstellung von analytischer Chemie bzw. klinischer Diagnostik? Ist das jetzt die Analytmenge oder bezieht sich das auf die Physiologie? Bestimmte Kontrazeptiva haben eine PNEC (predictet no effect concentration) in der Grössenordnung von 30 Pikogramm pro Liter. Der EU-Grenzwert für BPA im Trinkwasser liegt bei 2.5 Mikrogramm pro Liter. Das sind aber nicht die Nachweisgrenzen, die liegen je nach Verfahren im Bereich von Nanogramm pro Liter. Ja, es gibt gut etablierte Verfahren, mit denen sich kleinste Konzentrationen sehr genau bestimmen lassen, daran ist nichts Magisches. Zwischen der physiologischen Konzentration eines Hormons, Antigens, blablabla in irgendeinem Körpersekret und der Analytkonzentration in der Diagnostik liegt ne Menge Aufwand in Sachen Probenaufbereitung. Da kann Aufkonzentrieren genauso wie Verdünnen dabei sein, man weiss es nicht. Hängt halt davon ab, was man genau nachweisen will und wie man es nachweisen will.


    Was ist denn eine "D-irgendwas-Potenz"? Zwischen D1 und D6 liegt ein Faktor 100000 bezüglich der Verdünnung. "Verdünnen" ist nota bene ein trivialer Arbeitsschritt in der analytischen Chemie, nur weil eine Verdünnung mit D1 oder D6 bezeichnet wird, ist sie nicht gleich esoterisch. Eine Aussage bezüglich der Konzentration dessen, was man nachweisen möchte, lässt sich ohne Kenntnis der Konzentration der Stocklösung (so nennt der Chemiker die "Urtinktur") ohnehin nicht treffen, was die Bezeichnung "D-irgendwas-Potenz" doppelt sinnbefreit macht. Das Wort "entspricht" verlangt eine Referenz, die du aber gar nicht nennst.


    Dann ist aber ohnehin nicht mehr zwischen Tinktur und Lösungsmittel zu unterscheiden, da bereits ab ca. D6 der Anteil der Verunreinigungen die der Urtinktur übersteigt.

    So steht es zwar bei Wikipedia, die Aussage bezüglich der "Verunreinigungen" an sich ist aber belanglos. In jeder gewöhnlichen Aspirin-Tablette ist die Menge an Hilfsstoffen ein zigfaches (edit: etwa 5 x, ich hab's ja schon oft genug ausgewogen) grösser als die Menge an Wirkstoff. Die wirksame Plasmakonzentration der Salicylsäure (man geht davon aus, dass diese hauptsächlich für die Schmerzreduktion verantwortlich ist) liegt bei etwa 15 Mikrogramm pro Milliliter. Das ist ein lausiger Wert, wenn man mit meinen oben genannten Zahlen für z. B. die PNEC endokriner Disrubtoren vergleicht. Ohne zu wissen, wie potent ein Wirkstoff überhaupt ist, kann ich mich also auch nicht über Verdünnungsreihen lustig machen. Es fehlt auch immer noch der Bezugspunkt - was ist denn die Konzentration der "Urtinktur"?


    Das Konzept der Homöopathie ist aus heutiger Sicht lächerlich, ja. Dass so viele dran glauben liegt offensichtlich daran, dass so viele von "echter" Pharmakologie schon gar keine Ahnung haben, Zahlen nicht richtig einordnen können, naturwissenschaftliche Methodik nicht nachvollziehen können. Argumente, die man ganz einfach demontieren kann, sind umso ärgerlicher, weil sie den Falschen in die Hände spielen. Schade, dass wir das nach 3 Jahren Corona immer noch nicht gelernt haben.

  • Der Zuckerkugeln sind wirtschaftlich sehr interessant und daher kann man sich auch gute Lobbyarbeit leisten. Sonst hätte der scam nicht mehr den Rückhalt in Deutschland.


    Gleiches sieht man bei Religion ja auch.

  • Umso ärgerlicher finde ich z. B. das was du geschrieben hast:

    Warum ärgert dich das? Ich schreibe, dass ich vor Jahren einen Beitrag las, den ich nicht wiederfinde und ob jemand weiß, was ich meine. Du schreibst eine Antwort dazu, ich bedanke mich und du schnauzt mich an. Verstehe das ein anderer, ich gebe es auf.

  • Der Placeboeffekt ist eben oftmals sehr, sehr stark. Das spielt den Anthromediziner:innen bei einigen „Therapien“ in die Hände.

    Das denke ich auch. Ich bin auch mit Heilpraktikerbehandlungen groß geworden... Die Frage ist, wo Körperverletzung anfängt. Ich kenne ein schwerhöriges Kind, das ausgependelt wurde, statt Antibiotika gegen seine ständigen Mittelohrentzündungen zu bekommen. Infolgedessen hat es auch Sprachfehler davongetragen.


    Erst gestern hat eine Frau in der Apotheke nach Antibiotika und Stillverträglichkeit gefragt und von der Verkäuferin Globuli aufgeschwatzt bekommen. Anstatt dass sie zum Arzt oder wenigstens zur Hebamme geschickt wird, therapiert die Apotheke lieber mal selbst eine eitrige Brustentzündung. Das finde ich das Bedenkliche, wenn Krankenkassen Homöopathie finanzieren, steigt logischerweise die Gesellschaftsfähigkeit.

    Vielleicht ist die Grenze da überschritten, wo man nicht selbst auf die Suche nach Globuli geht, sondern sie von Profis angeboten bekommt.

  • Erst gestern hat eine Frau in der Apotheke nach Antibiotika und Stillverträglichkeit gefragt und von der Verkäuferin Globuli aufgeschwatzt bekommen. Anstatt dass sie zum Arzt oder wenigstens zur Hebamme geschickt wird, therapiert die Apotheke lieber mal selbst eine eitrige Brustentzündung. Das finde ich das Bedenkliche, wenn Krankenkassen Homöopathie finanzieren, steigt logischerweise die Gesellschaftsfähigkeit.

    Vielleicht ist die Grenze da überschritten, wo man nicht selbst auf die Suche nach Globuli geht, sondern sie von Profis angeboten bekommt.

    Genau das ist meines Eindrucks nach eines der Hauptprobleme neben der starken Lobbyarbeit, weshalb so viel Globuli verkauft werden: sie werden in Apotheken verkauft, werden tlw. von Krankenkassen finanziert, tlw. von Ärzt*innen auf denselben Rezepten verordnet wie wirksame Medikamente. Die Anthroposophie-Lobby hat zudem bei der Organisation der Neuorganisation des Heilmittelrechts durchgedrückt, dass Homöopathika nicht dieselben Zulassungskriterien erfüllen müssen wie reguläre Medikamente, weil sie ja anders funktionieren würden als mit wissenschaftlichen Studien erklärbar, und deshalb der Wirksamkeitsnachweis von - tadaaaa - Homöopath*innen selbst nachgewiesen wird. Dass damit der Status "Arzneimittel" formal vergeben wird, ist ein großes Problem. In den USA muss seit ein paar Jahren immerhin der Hinweis aufgedruckt werden, dass es keinen wissenschaftlichen Nachweis für die Wirksamkeit gibt.

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