Dringend: Fachlich nicht qualifiziert, was nun?

  • Seit 01.02.2006 bin ich in Schlewig-Holstein an einer Realschule mit den Fächern Mathematik und Kunst. Leider wurde ich fachlich in keinster Weise auf die Schule vorbereitet (sprich: Studium = Murks). Nun stehe ich mit 5 Stunden eigenverantwortlich in der 5. Klasse, fühle mich dementsprechend zwar wohl aber unsicher. Ich muss die ganze Zeit fürchten, dass ein Schüler eine Frage stellt die ich dann nicht beantworten kann. Nach zwei beobachteten Unterrichtsstunden lässt mein Schulleiter mich nun nicht mehr alleine dort unterrichten. Vielmehr hat er mir empfohlen Mathe nochmal zu studieren.


    Jetzt stelle ich quasi an der Stelle zum Nervenzusammenbruch


    Meine Möglichkeiten:
    1. Wechsel zur Grundschule --> mein Studiengang war inhaltlich mehr auf GS ausgelegt


    2. Abbruch und Neuanfang --> nur was ???


    3. Unterbrechung und Studium --> wie finanziere ich das (Bafög hatte ich schon im Studium)


    Weiß jemand Hilfe oder hat Erfahrung mit solchen Sachen. Das Unterrichten und der Kontakt mit den Schülern ist bei mir absolut nicht das Problem. Dafür wurde ich sogar von meinem Mentoren + Schulleiter gelobt :(


    VIELEN DANK :(

  • Ich meine es nicht böse, aber wenn du Mathe studiert hast, warum kannst du dann die Aufgaben der 5. Klasse nicht?
    Du hast doch scheinbar einen Abschluss an der Uni in Mathe fabriziert, oder?


    Wenn es jetzt 10 Klasse (oder Oberstufe) wäre, aber so?


    Was hast du im Studium gemacht? Kritisiert der Schulleiter deine Lehrerpersönlichkeit oder dein Fachwissen?

  • hmmm, du hast natürlich recht: die inhalte des studiums orientieren sich nicht wirklich am schulstoff ... aber sollten sie das ?!?


    als gs lehrer habe ich im studium einblicke in elementare fragen der zahlentheorie gewonnen ... echter unterrichtsstoff wurde nur didaktisch aufbereitet. den schulstoff sollte man dann schon als studierter mathelehrer von sich aus "drauf haben" oder sich eigenständig aneignen können.


    was genau "fehlt" dir denn? sind es wirklich inhaltliche probleme oder didaktische schwierigkeiten (z.b. einen sachverhalt "falsch" eingeführt, fachtermini verwechselt, etc.)? letzteres ist sicher ein problemfeld, welches man eben als lehrer/anwärter mit der zeit stetig verbessern kann und wird (vielleicht war da dein schulleiter etwas ungeduldig und hat deine anfängersituation nicht im auge gehabt).


    wenn es sich aber tatsächlich um mangelndes fachwissen (klasse 5) handelt, müsstest du dich schon fragen, ob die wahl deiner unterrichtsfächer richtig war ... (das kann ich mir aber nicht vorstellen)


    p.s. allerdings musste ich als tutor im studium tatsächlich angehenden gs/sek I - mathelehrerinnen erklären, wie man mit 0 multipliziert, wie man brüche addiert, wie man kürzen darf und dergleichen ... das ist leider bittere realität.

  • Also den Unterrichtsstoff der 5. Klassen: der ist überhaupt kein Problem. Problematisch ist, dass sämtliche Didaktik etc. in meinem Studium auf GS ausgelegt war. Somit habe ich mathematisches Wissen eines normalen Abiturenten


    Nun ja, er meinte zu mir, man müsste jederzeit in jedes Mathebuch gucken und dann allen Stoff parat haben. :(


    Aber vielen Dank für die Antwort. :(

  • Zitat

    glablubbel schrieb am 05.05.2006 08:10:
    Also den Unterrichtsstoff der 5. Klassen: der ist überhaupt kein Problem. Problematisch ist, dass sämtliche Didaktik etc. in meinem Studium auf GS ausgelegt war. Somit habe ich mathematisches Wissen eines normalen Abiturenten


    Das passt irgendwie hinten und vorne nicht zusammen. Du hast doch nicht mangels RS-Didaktik die mathematischen Kenntnisse eines normalen Abiturienten?!
    Und außerdem ist das Fachliche bis Klasse 10 etwa für einen normalen Abiturienten machbar. Zumindest hatte ich nie Probleme mit Gruppen, die im Nachhilfeinstitut Mathe bis Klasse 10 bei mir belegten.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

  • Nachhilfe in Kleingruppen ist nicht mit Unterricht vor der Klasse vergleichbar.
    Dennnoch wird mir auch noch nicht so richtig klar, wie sich das Problem äußert, vor allem, wenn du es schon beim Unterricht in Klasse 5 merkst - hier sollte man eigentlich auch mit Grundschuldidaktik weiterkommen.
    Vielleicht könntest du mal ein paar Beispiele nennen, von Dingen die dir deiner Meinung nach fehlen oder von Situationen, bei denen du dich unsicher fühlst.

  • Ich kann den Unterrichtsstoff, bekomme alle Aufgaben hin, jedoch langt das nicht um den Stoff zu vermitteln! Kennt jemand vielleicht ein Buch das im Mathematikstidum gelesen wurde (Mathematische Begriffe).



    Also ich glaube es liegt auch an der Umsetzung des Lehrstoffes in einen thematischen Aufbau (Phasen) wie lange sollte ich an einem Thema bleiben. Meine Mentorin ist da keine Hilfe und in SH gibt es keine didaktischen Seminare mehr! *seufz*

  • Zitat

    Moebius schrieb am 05.05.2006 09:44:
    Nachhilfe in Kleingruppen ist nicht mit Unterricht vor der Klasse vergleichbar.


    Sorry, aber gähn! Das brauchst du einem gestandenen Lehrer nicht sagen. Ich wollte damit nur klar machen, dass, wenn ein Abiturwissen für Klasse 10 Kleingruppe reicht, dann sollte ein Mathe-Studium+Abitur mindestens für Klasse 5 reichen.


    Zitat


    Dennnoch wird mir auch noch nicht so richtig klar, wie sich das Problem äußert, vor allem, wenn du es schon beim Unterricht in Klasse 5 merkst - hier sollte man eigentlich auch mit Grundschuldidaktik weiterkommen.
    Vielleicht könntest du mal ein paar Beispiele nennen, von Dingen die dir deiner Meinung nach fehlen oder von Situationen, bei denen du dich unsicher fühlst.


    Ansonsten stimme ich dir aber zu.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Hi :)


    Hm, hast du denn während deinem Mathe-Studium keine Bücher gelesen?


    Gut, ich studiere kein Mathe, soll das Fach aber nachher dennoch unterrichten können und mein "Mathebuch" nennt sich: Mathematics Explained for Primary Teachers, von Derek Haylock


    Das mag dir auf den ersten Blick nicht viel bringen, erstens ist es auf Englisch und zweitens für Grundschullehrer. Allerdings ist es wirklich toll erklärt (warum müssen Kinder was lernen, in welcher Reihenfolge sollte man die verschiednen Sachen enführen, wie könnte man sie einführen, welche Probleme könnten Kinder damit haben...etc.) und die Grundschule läuft hier ja bis zur 6. Klasse. Wenn dein Englisch also nicht zu furchtbar ist würde ich das Buch echt empfehlen. Am Ende jedes Kapitels gibt es ausserdem Begriffserklärungen. :) (Ich frag mich nur, warum 11-Jährige schon Wahrscheinlichkeitsrechnung beherrschen müssen...und Koordinatengleichungen aufstellen...?! 8o Konnte ich das in dem Alter auch? :confused:)


    Zur Themenplanung: Habt ihr denn keine Kurz-, Mittel- und Langzeitpläne an deiner Schule? (Oder ist das nur diese britische Bessenheit mit Papierkram?) Da sollte doch drin stehen, wann und für wie lange du welche Themen durchnehmen solltest.


    Dejana

  • Hallo!


    Hmmmm, das Gefühl, alles noch viel besser machen zu können, kenne ich nur zu gut.
    Was mir vor allem fürs erste Staatsexamen geholfen hat, waren Artikel aus dem Schulmagazin. Da wurde von uns verlangt, Unterrichtssequenzen zu entwerfen, obwohl man uns das NIE irgendwie erklärt hat. Im Schulmagazin sind vor allem in vielen alten Ausgaben echt super Mathestunden drin. Ich habe mich mal einen ganzen Tag in die Unibib gestellt und die letzten 20 Jahrgänge durchgeschaut, kopiert und daheim thematisch geordnet. Ich hab für Mathe dann zwei Ordner angelegt, wo ich das sortiert habe. Hat mir auch im Ref viel geholfen, weil da echt super Stundenentwürfe drin sind, die wirklich gut sind. In den letzten Jahrgängen hat das allerdings sehr nachgelassen, die finde ich nicht mehr so gut.


    Dann habe ich für Mathe das Handbuch für den Mathematikunterricht (sind zwei Bände - Arithmetik und Geometrie) gelesen und verinnerlicht und gucke da auch heute noch gerne rein - dürfte auch für Realschule echt ok sein.
    Und zu guter letzt - kaufe dir ein Buch, das du begleitend einsetzen kannst. Da gibts im Auer - Verlag eine Reihe, die heißt "Unterrichtssequenzen Mathematik". Ist eigentlich eher für Hauptschule, aber vielleicht gibts das auch für RS. Da kann man sich gut entlanghangeln bis man sicherer geworden ist.


    Wenn Schüler Fragen stellen, die dich überrumpeln, dann gehe damit souverän um. Ich habe meinen Schülern klar gemacht, dass ich kein wandelndes Deutsch- Englisch- Wörterbuch, kein sprechender Duden und auch kein laufender Taschenrechner bin. Lösungen müssen selbst gesucht werden (meistens zumindest). Und fachliche Fragen bis zur 8. Klasse hast du auch ohne Mathe- Studium und als Mathe- Depp drauf (ist wirklich so!) - bis zur 10 sollte das für dich kein wirkliches Problem sein. Lass dich nicht unterkriegen und zieh das durch!


    Vielleicht gewinnst du auch Sicherheit, wenn du im Matheunterricht Rituale schaffst. Am Anfang steht immer die Hausaufgabenkontrolle. Dann kommt IMMER das Kopfrechnen (lass das ruhig Schüler vorbereiten - meine machen das unheimlich gerne!). Und dann erarbeitest du was Neues. Oder du übst.
    Verzettel dich nicht am Anfang in 3facher Differenzierung, sondern konzentriere dich auf das Wesentliche. Differenzieren kannst du immer noch in der Menge für die Schnellen, das reicht am Anfang.
    Mach gewisse Sachen immer gleich - Merksätze aufschreiben, Wie behandele ich Textaufgaben usw.
    Und vor allem: Verzweifele nicht gleich, wenn mal was nicht klappt. Damit ist nämlich überhaupt niemandem geholfen, auch deinen Schülern nicht.


    Und noch was zuletzt: Halte dich an dein Mathebuch! Mathebücher sind fast immer so, dass man darauf fast komplett seinen Unterricht machen kann. Bei der Reihenfolge der Themen haben sich schon viele schlaue Leute den Kopf zerbrechen, das musst du nicht alles neu machen. Und dann kannst du schön immer mehr eigenes dazu machen, wenn du sicherer bist. Du kannst ein Buch eines anderen Verlages dazunehmen und schauen, wie das da erklärt wird. Dann kannst du schauen, ob du noch andere Übungsmaterialien dazu hast.
    Das wird dann immer mehr und du wirst an Sicherheit gewinnen, sei dir da ganz sicher. Und wenn du die Sicherheit hast (das dauert, nicht verzweifeln!), dann läuft auch dein Unterricht!


    Viel Glück und gib nicht auf! Ich kenne niemanden, der durch sein Studium auf den Schulalltag vorbereitet wurde 8)

    Vermeintliche Rechtschreibfehler sind ein Vorgriff auf kommende Rechtschreibreformen und deren Widerruf.

  • Also ich denke: erstmal ruhig bleiben... und dann:


    dich zu jeder Stunde sehr gut vorbereiten. Keine vorbereiteten Stunden übernehmen, sondern jede Stunde selber gestalten: damit bist du gezwungen tief in die Marterie einzusteigen und lernst immer weiter dazu.


    Ich unterrichte BWL und VWL und da ist es fast nicht möglich sich überall hundertprozentig auszukennen. Aber wenn ich eine Stunde vorbereite, überlege ich immer: was könnte unklar sein und was kann ich sagen wenn die SuS frage: Warum ist das so?


    Also recherchieren und lesen, lesen, lesen...


    Das wird schon.

  • Vielen Dank für die guten Ratschläge. Ich habe jetzt versucht mich mehr an das Buch zu halten und habe nun festgestellt, dass es hauptsächlich am Erklären/ begründen der Mathematik hapert. *Seufz* Momentan will ich hauptsächlich bis zu den Sommerferien "überleben" und dann einmal weitersehen.


    Trotzdem vielen Dank für die nette Rückmeldung :)

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