Wie soll man da was lernen????

  • Hallo,


    ich muss mal kurz etwas los werden, was mich schon seit einiger Zeit im Referendariat tierisch nervt. Ich unterrichte zurzeit in ca. 4 verschiedenen Klassen.
    Die Lehrer, die mich beobachten, geben meist nur sehr kurze Rückmeldungen und kritisieren nur ein paar wenige Kleinigkeiten.

    Es gibt einen (etwas älteren) strengen Lehrer, der zu den Hauptschülern meiner Meinung nach sehr hart ist. Wenn ich hinten drin sitze und zuschaue, redet er dauernd über die Köpfe der Schüler hinweg mit mir. So ruft er beispielsweise durch das Klassenzimmer "Wissen Sie, die Schüler sind stinkefaul.... wenn man da nicht dauernd hinterher rennt oder mit dem Rotstift alles durchstreicht, machen die ü b e r h a u p t nichts!".
    Wenn er dann mal bei mir zuschaut, fuchtelt er wild mit den Armen rum, wenn ihm etwas nicht passt (und immer nur wegen Kleinigkeiten!) oder ruft den Schülern, die an der Tafel rechnen, etwas zu. Im Idealfall meldet er sich und wartet bis ich ihn aufrufe.


    Bei meinem ersten Unterrichtsbesuch habe ich mir dann so einiges anhören müssen. Mein Unterricht sei zu traditionell und beinhaltet große falsche Ansätze.
    Hat dieser Lehrer schon auf mich abgefärbt??? Ich frage mich, wie ich etwas lernen soll, wenn mir kein Lehrer ein Vorbild ist. Ich hab schon mal die eine oder andere schöne Stunde gesehen, aber daraus kann ich mir ja auch nicht für jedes x-beliebige Thema eine tolle Idee ableiten.
    Zwar bekommt man im Seminar auch einige nützliche Tipps, aber wie man die dann konkret umsetzt, weiß ich auch nicht so recht.


    Bis zu den Sommerferien sind noch 8 Wochen Schule, danach komme in den eigentverantwortlichen Unterricht. Ich weiß nicht, wie ich da etwas Gescheites auf die Reihe kriegen soll. Und dort schaut dann ja höchstens alle paar Wochen mal jemand zu. Somit bekomme ich auch nur noch selten eine Rückmeldung.
    Hat jemand vielleicht ein paar Tipps für mich?


    Vielen Dank und viele Grüße
    Reffi

    Der Lehrer hat die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände in nordsüdliche Richtung zu führen und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Zielorten ankommen.

  • Bei meinen ersten Unterrichtsbesuchen wurde ich sehr kritisiert. Das ist nicht ungewöhnlich. Nimm sachliche Anregungen auf und setze sie um, falls sie realistisch erscheinen.
    Ich setze zu vielen Themen differenzierte Lerntheken ein. Jedes Thema ist anders, da gibt es keine allgemeinen Hinweise.


    Gruß, Michi

  • Hallo Reffi25,


    ich habe gesehen, dass du auch in Baden-Württemberg im Ref. bist. Ich habe mit dir angefangen. An welchem Seminar bist du? Das ist total blöd, dass du niemand hast, dessen Unterricht du dir als Vorbild nehmen kannst. Bei mir ist es eher das Gegenteil. Meine Mentorin macht einen super Unterricht und ich kann sehr viel von ihr lernen.
    Man kann aber auch viel lernen, indem man vor einer Unterrichtsstunde in verschiedenen Materialien schnuppert. Dort gibt es meistens tausend (ein bißchen übertrieben) Möglichkeiten, wie man eine das spezielle Thema umsetzen kann.
    Gruß Pim

  • Hallo Reffi25,


    gibt es bei dir an der Schule vielleicht noch andere Referendare? Ich habe ab und zu bei anderen -auch fachfremden- Referendaren hospitiert und diese hospitieren lassen. Ebenso kann man ja vielleicht bei Unterrichtsbesuchen auf Anfrage mitgehen. Unsere Fachleiter haben so etwas zumeist unterstützt, wenn die anderen Reffis damit einverstanden waren. Das ist zwar recht zeitaufwändig, aber es kann sehr helfen. Und Material tauschen, tauschen, tauschen.
    Gerade mit deinen beiden Fächern müsste es doch eigentlich eine ganz gute Auswahl von möglichen Ausbildungslehrern geben. Vielleicht hast du nur noch nicht den oder die Richtige gefunden? Der Lehrer, den du beschreibst, scheint mir für eine vernünftige Ausbildung sowohl von Schülern als auch von Referendaren in der Tat wenig geeignet. Aber auch wenn man nicht den "Superlehrer" an der Schule hat, so kann man doch sicher irgendwas von fast allen Lehrern lernen (alles falsch machen wäre auch eine Kunst). Der eine hat eine gute Arbeitsmoral mit der Klasse entwickelt, der andere macht gute Arbeitsblätter, ...


    Ich hoffe, dass du einen weg findest, jinny

  • Hallo Reffi,
    der "Kollege" ist echt eine Zumutung! Du kannst aber auch von ihm etwas lernen, nämlich das, was du garantiert nienicht machen wirst als Lehrerin! Und da scheint es eine Menge zu geben... Ansonsten unterstütze ich den Hospitationstipp bei Ref-Kollegen, das bringt eine Menge! Im Seminar findest du hoffentlich jemanden mit gleicher Wellenlänge. Auch wenn er/sie an einer Schule im Nachbarort ist, lässt sich das gegenseitige Hospitieren sicher durchführen.
    Gruß und viel Erfolg!!
    venti :)

  • Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass man durch den eigenen Unterricht viel lernen kann, wenn man verschiedene Dinge ausprobiert und sich Rückmeldung von den Schülern holt.


    Laß Dich nicht unterkriegen!


    Dudel

    • Offizieller Beitrag

    Schülerfeeedback kann, da stimme ich Dudelhuhn zu - nicht nur bei ansonsten ungünstiger Ausbildungssituation - Gold wert sein! Damit würde ich auch immer arbeiten und mich ruhig trauen, die verschiedensten Dinge einfach mal auszuprobieren. Die Schüler werden dir, wenn du ihre Meinung wirklich offen einforderst und ihnen evtl. hilfreiche Kriterien an die Hand gibst (also nicht nur "Hat es Spaß gemacht?" sondern auch "Was ist hängen geblieben, wordurch, was häte ich gerne intensiver/anders beigebracht bekommen, welche Methoden hatten den größten Effekt, welches Material hat mir wobei geholfen?" etc.) durchaus konstruktive und ausbaufähige Hinweise geben, die sich im Lauf der Zeit zu einem sehr hilfreichen Bild runden. Und die Schüler wollen nach ihrer Meinung gefragt werden und schätzen das. Wer tut das nicht.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Hallo,
    danke erstmal für eure vielen und schnellen Antworten .
    Dass ich die Schüler um Rückmeldung bitten soll, halte ich für eine gute Idee, aber ich weiß nicht, ob sie mir bei meinen speziellen Problemen weiterhelfen. Vielleicht hätte ich die zuvor auch mal konkreter benennen sollen .
    Jedenfalls fehlt es mir wohl an hauptsächlich an Kenntnissen bezüglich: Öffnen von Unterricht, entdeckendes Lernen, Phasenübergänge, roter Faden, ... um mal ein paar Stichworte aufzuzählen.
    Ich weiß auch nicht genau, wie ich mit den Schüleräußerungen umgehen soll. Im Seminar wurde uns empfohlen, diese an die Tafel zu schreiben. Aber oftmals sind diese schlecht formulieret oder schlichtweg falsch.... sowas möchte ich dann natürlich auch nicht an die Tafel schreiben. Und wenn ich alles umformuliere und die Schüler ihre eigene Aussage nicht mehr erkennen, nützt das Ganze ja auch nichts.
    Meine Probleme beziehen sich hier hauptsächlich auf die Grundschule.
    Viele Grüße
    Reffi

    Der Lehrer hat die Aufgabe, eine Wandergruppe mit Spitzensportlern und Behinderten bei Nebel durch unwegsames Gelände in nordsüdliche Richtung zu führen und zwar so, dass alle bei bester Laune und möglichst gleichzeitig an drei verschiedenen Zielorten ankommen.

    Einmal editiert, zuletzt von Reffi25 ()

  • Es ist gut, Tafelanschrieb aus Schüleräußerungen zu entwickeln, das heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass alle Schüleräußerungen an die Tafel gehören. Günstig ist, wenn die Schüler in Schüler-Schüler Gespräch selbst einen Konsens zum von dir aufgeworfenen Problem entwickel (wobei du möglichst nur moderieren und dich sonst weitgehend zurückhalten solltest) und du dann die Sicherung durch eine Aufforderung wie "Ok, die wichtigen Dinge habt ihr alle gesagt, jetzt fasst das doch mal so zusammen, dass wir eine guten Merksatz haben" rauskitzelst. Wenn dann eine gute Zusammenfassung von den Schülern kommt, würde ich durchaus kleinere sprachliche Holprigkeiten in Kauf nehmen.


    Für gute Vorbilder musst du einfach erst mal ein paar Kollegen "durchhospitieren", das ist ganz normal. Selbst wenn ein Kollege tollen Unterricht macht, heißt das noch nicht, dass du das so übernehmen kannst, es muss auch immer zu deiner Persönlichkeit passen. Bei deinem speziellen Problem würde ich aber einfach mal deinen Fachleiter fragen, ob du nicht mal eine Stunde von ihm besuchen kannst, dann siehst du zumindest auf welcher didaktisch-methodischen Linie er liegt.


    Übrigens noch ein Tipp zu den Schülerrückmeldungen: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass - insbesondere bei jungen Schülern und wenn du ein gutes Verhältnis zur Klasse hast - bei sehr offenen Rückmeldungen oft viele Lobhudeleien kommen, die zwar ganz nett für's eigene Befinden sind, aber einen für die Unterrichtsplanung nicht wirklich weiterbringen. Man bekommt hilfreichere Antworten, wenn man das ganze entemotionalisiert, etwa mit der Aufforderung "Nenne eine Sache die dir gut gefallen hat und eine, die dir schlecht gefallen hat." Da hier explizit beides gefordert wird, fällt es den Schülern leichter auch schlechte Sachen zu nennen und davon lernt man am meisten.

  • Zitat

    Aber oftmals sind diese schlecht formulieret oder schlichtweg falsch.... sowas möchte ich dann natürlich auch nicht an die Tafel schreiben.


    Nein! Mach das auch nicht. Nicht einfach alles anpinnen. Am Ende prägen sie es sich noch falsch ein....Hör auf Deinen Bauch und laß es.


    Wenn ich Dich richtig verstanden habe, bist Du im ersten Ausbildungshalbjahr. Ich bin am Ende des dritten und die Unterrichtsgesprächel, bei denen ich das Gefühl habe, dass sie super gelaufen sind, sind meistens die, bei denen ich gar nichts sage. Ich verliere immer noch den Faden, reize das Diskussionpotential nicht aus und und und


    Ich kenn mich auch leider im Primarbereich so gar nicht aus.


    Aber was ich Dir sagen wollte: es ist so schwer...Verlang doch nicht gleich so viel von Dir (hab ich natürlich auch getan). Mach es lieber Stück für Stück. Nimm Dir morgen vor, besonders auf den roten Faden zu achten. Nächste Woche übst Du dann mal, Dich auf Schülermeldunen rückzubeziehen, die Kinder miteinander ins Gespräch zu bringen. Irgendwann läuft es besser, glaub mir.


    LG,
    Dudel

  • Hallo Reffi,
    kann mich den Leuten nur anschließen. Hospitiere bei REferendaren oder jungen, engagierten Lehrern! Oft ist es nur eine Kleinigkeit, die ich aus einer Hospitationsstunde mitnehme, aber diese Kleinigkeit behält manchmal fest verankert imHinterköpfchen...
    Ich habe da auch viel fachfremd hospitiert, weil mein Mentor lediglich einen Medienfetisch hat und alles andere ist -seiner Aussage nach- sowieso immer toll bei mir :rolleyes: Ich bekäme gerne mal konstruktive Kritik!


    Eigenverantwortlichen Unterricht hatte ich von Beginn an, das ist in Berlin so üblich.
    Der Sprung ins kalte Wasser ist mitunter hart, aber dabei kann man seinen eigenen Stil entwickeln, Sachen ausprobieren (ohne sich jedes Mal rechtfertigen zu müssen)...Also keine Angst davor, sieh es als Chance und freu dich drauf!

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