Mathe zu leicht? Ein Prof regt sich auf...

  • Das Zentralabitur galt noch nie als Garant für "Niveau" sondern für die Vergleichbarkeit der Abschlüsse. Natürlich trainieren alle Lehrpersonen ihre SuS auf das Format der Abschlussprüfungen, das war immer schon so und es ist vollkommen logisch. Ich habe im Juni mündliche Abschlussprüfungen. Meine SuS wissen ziemlich genau, was ich sie fragen werde: Das, was wir die letzten 4 Jahre im Unterricht gemacht haben.

  • Es wurden immer mehr Fachinhalte gestrichten für die Pseudo-Sachzusammenhänge. Wie von Antimon richtig beschrieben, kenne ich keinen Mathekollegen, der mit dem aktuellen Zustand des Abiturs glücklich wäre und wir haben alle Bauchschmerzen die Schüler in ein naturwissenschaftliches Studium zu entlassen.


    Das Zentralabitur nimmt einem aber auch die Möglichkeit wirklich ernsthaft dagegen vorzugehen, denn die vorherrschenden Aufgabenformate und die Bedienung der Hilsmittel müssen dringend und ausführlich eingeübt werden. Das Abitur ist fachlich einfach, aber so verklausuliert, dass es trotzdem nicht "de facto" leicht ist eine gute Note zu bekommen.

    Ich denke nicht, dass das Problem vornehmlich in der Art der Aufgabenstellung liegt und die Rückkehr zu zusammenhangslosem Trainieren von Kalkülen auf einmal zu deutlich leistungsfähigeren Schülern im Bereich der Mathematik führt. Wenn ich sehe, dass selbst Schüler der E-Phase regelmäßig an so einfachen Dingen wie der Bestimmung der Steigung einer linearen Funktion oder dem Ausklammern von Termen scheitern, dann liegt das Problem eher bereits bei Basics des Grundverständnisses.

  • Das Zentralabitur galt noch nie als Garant für "Niveau" sondern für die Vergleichbarkeit der Abschlüsse.

    Sicher? Die Länder, die immer schon Zentralabi hatten, waren immer die Vorzeigeländer. Ich meine, in den anderen wurde es eingeführt, nachdem die PISA-Ergebnisse so miserabel waren.

  • Ich weiss. Das ist die Meinung der Politik, mit der Realität hat die nichts zu tun. Wir Bayern sind halt immet schon gut in dem, worauf wir trainiert werden, der Rest hat sich der Strategie dann angepasst. In Wahrheit ist es die Übertrittsquote mit der die Leistung am stärksten korreliert. Alle wissen das, ist aber nicht sexy.


    Edit: Du weisst ja, wann die PISA-Tests durchgeführt werden, das passiert in Klasse 9. Überleg dir einfach, wie da der Zusammenhang mit den zentralen Abschlussprüfungen sein soll. Früh übt sich, was ein gut dressiertes Äffchen werden will! Könnte man jetzt ganz bösartig behaupten.*


    Seph Dein Beitrag ist in sich widersprüchlich. Die Basics fehlen, weil sie nicht adäquat geübt werden.


    *Ich provoziere gerade nur ein bisschen, man darf da gerne anderer Meinung sein.

  • Das Zentralabitur nimmt einem aber auch die Möglichkeit wirklich ernsthaft dagegen vorzugehen, denn die vorherrschenden Aufgabenformate und die Bedienung der Hilsmittel müssen dringend und ausführlich eingeübt werden. Das Abitur ist fachlich einfach, aber so verklausuliert, dass es trotzdem nicht "de facto" leicht ist eine gute Note zu bekommen.

    Die Bedienung der Hilfsmittel ist wirklich ein Problem, da zeitaufwendig. Alle Themen unterrichten wir daher doppelt, einmal mit und einmal ohne GTR/CAS, weil es ja zum einen den hilfsmittelfreien Teil gibt, zum anderen den hilfsmittelgestützten Teil. Mit Hilfsmittel geht es aber nicht in die Tiefe, nur die Zahlenwerte ändern sich (ein paar längere Dezimalzahlen...), um den Anschein von Realitätsnähe zu machen. Statt 150 Melonen trägt Herr Huber nun eben 149,15 Melonen zum Auto. Ein besseres Verständnis erhalten die Schüler:innen jedoch dadurch nicht.


    À+

  • Das Abitur ist fachlich einfach, aber so verklausuliert, dass es trotzdem nicht "de facto" leicht ist eine gute Note zu bekommen.

    Das ist eben wirklich ärgerlich wenn man als Lehrperson merkt, die scheitern jetzt nicht an der Mathe sondern an der schlechten Aufgabenstellung. Und man fragt sich, was wird da eigentlich abgeprüft. Aber es ist doch so, dass die Prüfungsvorschläge von aktiven Lehrpersonen kommen, nicht? Ich verstehe nicht, warum das am Ende dann offensichtlich doch so viele mittragen, sonst wär's ja nicht so.


    Ich kann mich bis heute an den Wutausbruch meiner Biolehrerin am Gymnasium erinnern. Bayern hat ja immer und ewig schon dieses Zentralabitur, als Schüler besorgt man sich einfach den Stark-Abitrainer und löst zur Vorbereitung die Aufgaben der letzten 10 Jahre. Irgendwann muss dann offenbar mal ein Jahrgang kommen, bei dem ALLES anders ist und 1999 hat es eben den Bio Leistungskurs erwischt. Die Aufgabenstellung zur Evolutionsbiologie war so scheisse, dass sie eigentlich nicht lösbar war. Ich hatte mit 10 Punkten immer noch die beste Klausur im Kurs, davor hatte ich aber sowas wie 13 oder 14 Punkte im Zeugnis. Fairerweise muss ich dazuschreiben, dass der Mathe LK es in diesem Jahrgang besonders leicht hatte ^^

  • Wenn ich sehe, dass selbst Schüler der E-Phase regelmäßig an so einfachen Dingen wie der Bestimmung der Steigung einer linearen Funktion oder dem Ausklammern von Termen scheitern, dann liegt das Problem eher bereits bei Basics des Grundverständnisses.

    Das ist richtig, immer mehr Hilfsmittel und pseudo Anwendungsaufgaben helfen da aber auch nicht wirklich.

  • Seph Dein Beitrag ist in sich widersprüchlich. Die Basics fehlen, weil sie nicht adäquat geübt werden.

    Nein. Es ist gerade nicht so, dass die von mir angeführten Beispiele nicht hinreichend lange und oft auch auf abstrakter Ebene im Unterricht thematisiert und mit zig Übungen unterfüttert würden. Das angesprochene Problem entsteht nicht erst dadurch, dass auch Sachbezüge in den Unterricht eingeflochten werden.


    Das ist richtig, immer mehr Hilfsmittel und pseudo Anwendungsaufgaben helfen da aber auch nicht wirklich.

    Das mag stimmen, aber das Weglassen davon scheint für sich auch noch nicht zu helfen...

  • Hast du denn eine gute Lösung? Das Rumdoktoren bei fehlenden Grundfertigkeiten ist ja besonders in Grundkursen eine absolute Qual. Ich kann reihenweise Aufgaben nicht verwenden, weil ich genau weiß, was alles nicht funktioniert. Das sind dann so "Probleme" wie binomische Formeln, ausklammern, "-1" richtig in eine ganzrationale Funktion einsetzen, Gleichungen umstellen,... Das Fass ist endlos :(

  • Ich kann reihenweise Aufgaben nicht verwenden, weil ich genau weiß, was alles nicht funktioniert. Das sind dann so "Probleme" wie binomische Formeln, ausklammern, "-1" richtig in eine ganzrationale Funktion einsetzen, Gleichungen umstellen,... Das Fass ist endlos :(

    Same here. Ich verwende die Aufgaben trotzdem.

  • Same here. Ich verwende die Aufgaben trotzdem.

    Ja klar verwendet man die trotzdem. Die Preisfrage ist doch, wie du mit den damit verbundenen Problemen konstruktiv umgehst. Oder wird das mit einem Schulterzucken einfach weggelächelt?

  • Die Preisfrage ist doch, wie du mit den damit verbundenen Problemen konstruktiv umgehst.

    Dafür gibt's 'nen Preis. Ich fände die Frage interessanter, wie die Lernenden damit umgehen. Und, ja, da läuft's doch meist auf Schulterzucken und Weglächeln hinaus.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Prof. Krötz hat mit einem neuen Video nachgelegt. Sehr interessant und zugleich ernüchternd.


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    Seine Internetseite ist ebenfalls sehr interessant:


    https://sites.google.com/view/…-krotz/schule-und-bildung

  • @alpha ich musste direkt an dich denken bei diesem Thema. Ein Blick auf deine Homepage verrät ja, was vor wenigen Jahrzehnten noch in der Schule möglich war.


    Da fragt man sich schon, was heutzutage falsch läuft.

  • Da fragt man sich schon, was heutzutage falsch läuft.

    Vielleicht auch etwas zuviel Geheule von Lehrern? Sorry, aber wenn man sich die DDR zurückwünscht, läuft was schief. Macht doch zu Schuljahresbeginn eine Übersicht, was man aus den Vorjahren können muss und gebt das als ersten Test raus. Ist ja jeder Lehrkraft unbenommen, mehr Auswendiglernen zu lassen, wenn sie den Anwendungsbezug für den Untergang des Abendlandes hält.


    Ich ging bislang davon aus, dass SuS etwas erst verstehen sollten, bevor sie es dann auswendig lernen. Dass das immer an Beispielen aus dem Alltag erfolgen sollte, meine ich nicht. Aber dass der Transfer am Ende gelingen sollte, ist doch eigentlich schon erwartbar?

  • Vielleicht auch etwas zuviel Geheule von Lehrern? Sorry, aber wenn man sich die DDR zurückwünscht, läuft was schief. Macht doch zu Schuljahresbeginn eine Übersicht, was man aus den Vorjahren können muss und gebt das als ersten Test raus. Ist ja jeder Lehrkraft unbenommen, mehr Auswendiglernen zu lassen, wenn sie den Anwendungsbezug für den Untergang des Abendlandes hält.

    Eine Übersicht was man können muss, dann ein Test dazu und fertig? Ich glaube nicht, dass du die Realtität in solchen Klassen richtig einschätzt.

    Hier beklagen KuK, dass den SuS Jahre(!) an Inhalten fehlen. Diese KuK unterrichten an BKs und WBKs, die zum Teil ihre SuS innerhalb von effektiv 1,5 Jahren zur Fachhochschulreife führen sollen. Ich frage mich mitlerweile wie das in Zukunft noch funktionieren soll, ohne mehr als 80% der SuS einer Klasse zu ignorieren..

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