...was sagen die NaWi-Kolleg*innen?
Mathe zu leicht? Ein Prof regt sich auf...
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Den Befund halte ich für zutreffend. Und mit Blick auf die Zukunft unseres Landes, welches eigentlich nur Know-How anzubieten hat, habe ich arge Bauchschmerzen damit, dass es anders als in vielen anderen Ländern hier noch immer salonfähig ist, darauf stolz zu sein, Mathe und Naturwissenschaften nicht zu können. Das im Übrigen auch durchaus offensiv von Lehrkräften vorgetragen...
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Aus Physik-Sicht habe ich das Gefühl, dass der vorgeschobene, angebliche, konstruierte Anwendungsbezug in Mathematik mehr kaputt macht als er hilft. Viele SuS können die mathematischen Grundfähigkeiten nicht und keine Anwendungsbezüge herstellen. Da könnte ich es mir sinnvoll vorstellen, den Fokus mehr auf die mathematischen Verfahren zu richten und die Anwendungsbezüge den anderen Disziplinen zu überlassen.
Vielleicht sehe ich das aus der Sicht eines Ingenieurs aber auch nicht richtig.
Der Vergleich mit Indien ist natürlich extrem. Das lässt sich etwas mit einem Musikstudium vergleichen, in dem man ja auch Fähigkeiten aus etwa zehn Jahren Privatunterricht mitbringen muss, um aufgenommen zu werden.
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Natürlich ist das Abitur und bei uns am BK die Fachhochschulreife zu leicht. Das nicht nur im Fach Mathematik.
Das ist aber politisch gewollt.
Wenn wir strengere Maßnahmen hätten, würden inkl. BKs nur wenige einen höheren Schulabschluss als mittlere Reife bekommen.
Allerdings bin ich der Meinung, dass nicht jeder Schüler mit Studierabsichten in allen Fächern gut sein muss. Ich finde die zweite Fremdsprache für einen MINT Interessierten genau unsinnig, wie vertiefende Mathematik für einen künftigen Mediziner oder Sozialarbeiter-/pädagoge.
Am BK sind zumindest bei uns maximal 1/3 der Schüler überhaupt für die jeweiligen Bildungsgänge geeignet. Jetzt, wo wir noch Flüchtlingsjugendliche haben, geht's mit dem Niveau noch weiter runter.
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Jetzt, wo wir noch Flüchtlingsjugendliche haben, geht's mit dem Niveau noch weiter runter.
Ich verstehe weiterhin nicht, warum die differenzierte Beschulung stets als Argument herangezogen wird, dass das Niveau zu senken sei.
Aber es wäre ein deutliches Argument dafür, dass man vor allem in der Hinsicht tätig werden müsste und die Beschulung der Flüchtlinge und derer, die benachteiligt sind, abgehängt werden oder keinen Schulabschluss erreichen, besser aufstellen muss.
Man sollte keine Eliteförderung (5000 von 400 000 ohnehin in Indien privilegierte Studierende) fordern, ohne in den Blick zu nehmen, wie die Bildung für die anderen gewährleistet wird.
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Gehe anhand deiner Aussage davon aus, dass du in dem Bereich nicht tätig bist.
Wenn jemand im IT Bereich die Fachhochschulreife oder das Abitur machen möchte, sollte dieser in der Lage sein, komplexe Zusammenhänge überhaupt erfassen zu können und auch die Fähigkeit besitzen, an einer Problemlösung zu arbeiten.
Diese Eigenschaften fehlen vielen Jugendliche - war früher auch nicht besser - um zum höheren Schulabschluss zu kommen.
Diese Leute sind vielleicht gute Handwerker oder Facharbeiter, nur heute will man diese Leute unbedingt zum höheren Schulabschluss bringen.
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Hm. Also ich habe mit einigen Doktoranden aus Indien zusammen an der Uni gearbeitet, sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz. Wir haben die belächelt und nicht rumgedreht. Zuverlässig unterirdisch schlecht ausgebildet. Das müsste sich in den letzten 10 Jahren schon krass geändert haben, dass ich das jetzt ernst nehmen könnte.
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Antimon hat ja schon mehrfach erwähnt, dass die Abiturientenquote in der Schweiz niedriger ist als in Deutschland. Würde man den Anspruch u.a. im Fach Mathematik ein Stück hochschrauben, würde sicherlich der Anteil an Abiturienten am Gesamtanteil sinken, aber man könnte eher sagen, dass diejenigen, die tatsächlich das Abitur bestehen, auch wirklich über Hochschulreife verfügen und das nicht nur auf Papier so steht.
Ich sehe die vielen Anwendungsaufgaben auch kritisch. Oft sind sie so kompliziert sprachlich formuliert, dass der mathematische Bezug in den Hintergrund gerät. Anwendungsbezug ist nicht unwichtig, gerade beim Umgang mit Größen sogar essentiell, aber es ist wichtig, dass zuerst die mathematische Theorie komplett verstanden wird und dann kann man über Anwendungsbezüge nachdenken. Der schönste Anwendungsbezug bringt aber am Ende nichts, wenn es am Dreisatz scheitert.
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Es geht doch um den verlinkten Artikel. Mein letzter Uni-Chef in Genf meinte mal, ee nimmt lieber 10 Deutsche und 5 Franzosen in die Gruppe als einen Inder. Das hatte mit Rassismus nüscht zu tun. Unser indischer Doktorand war sehr nett, er konnte einfach nichts.
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Mein Beitrag war jetzt etwas losgelöst von dem verlinkten Artikel zu verstehen.
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Losgelöst vom Artikel kannst du meine Antwort so verstehen, dass das akademische Ausbildungsniveau in Deutschland im internationalen Vergleich nicht so schlecht ist. Deutschland ist kein besonders attraktiver Forschungsstandort, deutsche Studierende werden im Ausland aber durchaus gerne gesehen. PISA Ergebnisse & Co sind das eine, die Realität in der Praxis sieht oftmals anders aus. Ich bin nun auch schon gute 10 Jahre raus aus der Uni aber wir wissen hier alle, dass das Bildungssystem unfassbar träge ist. Die erwähnten Inder sind heute ganz sicher nicht plötzlich so viel besser ausgebildet wie noch vor 10 Jahren. Ich habe viele Jahre mit Leuten aus der ganzen Welt zusammen gearbeitet, teils war ich in der Gruppe die einzige mit einem deutschen Pass. Ich kann dir gerne aufzählen, wer zuverlässig immer mithalten konnte und wer eher nicht. Gehen wir mal davon aus, dass Intelligenz normalverteiilt ist, liegt das wohl an der Ausbildung. Wir bekommen im August einen deutschen Lehrämtler an die Schule, ich kann ja dann Bescheid geben, was der so kann.
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...Deutschland ist kein besonders attraktiver Forschungsstandort, ...
Damit könnte zusammenhängen, dass nicht die leistungsstärksten Studierenden nach Deutschland kommen, die sehr guten Absolvent*innen aus Indien suchen sich wahrscheinlich die besten Unis weltweit aus.
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An der ETH in Zürich landen sie offenbar auch nicht.
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Würde man den Anspruch u.a. im Fach Mathematik ein Stück hochschrauben, würde sicherlich der Anteil an Abiturienten am Gesamtanteil sinken, aber man könnte eher sagen, dass diejenigen, die tatsächlich das Abitur bestehen, auch wirklich über Hochschulreife verfügen und das nicht nur auf Papier so steht.
Ich sehe die vielen Anwendungsaufgaben auch kritisch. Oft sind sie so kompliziert sprachlich formuliert, dass der mathematische Bezug in den Hintergrund gerät.
Du plädierst regelmäßig dafür, dass mehr gesiebt werden sollte und dann findest du es zu viel verlangt, dass ein Abiturient sinnentnehmend lesen kann, das geht für mich nicht zusammen.
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Ich verstehe gerade das Problem nicht.
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Ich auch nicht. Ich bin voll und ganz bei SwinginPhone In der Mathe geht's erst mal um Mathe und ich hätte als Naturwissenschaftlerin gerne, dass meine SuS einfach mal rechnen können. Natürlich geht's auch in Mathe um "sinnentnehmendes Lesen", man muss ja mit der Fachsprache umgehen können. Fachsprache, Mathe. Nicht Deutsch, Gedichtinterpretation. Leicht überspitzt ausgedrückt natürlich.
Im Gegensatz zu Deutschland *ist* die Schweiz eben ein international hoch angesehener Forschungsstandort. Die beiden Eidgenössisch Technischen Hochschulen in Zürich und Lausanne rangieren immer unter den Top 10 bzw. Top 20 im internationalen Uni-Vergleich*. Ja, tatsächlich ist das so, dass die viel zu hohe deutsche Abiquote uns hier ein Stück weit die Preise kaputt macht, wenn man das so ausdrücken will. Es hat in Zürich einfach wahnsinnig viele deutsche Doktoranden und es ist nun mal eine Tatsache, dass ein schweizer Maturand besser ausgebildet ist als ein deutscher Abiturient. Aber wie ich oben schon schrieb: Wenn ein Gruppenleiter an der Uni oder an der ETH Bewerbungen für offene Stellen anschaut, dann wird er in der Regel lieber den Deutschen als den Inder oder den Chinesen nehmen. Schweizer gibt's viel zu wenige, eigentlich würde er aber lieber einen solchen nehmen. Der Gruppenleiter weiss, dass der Deutsche wahrscheinlich etwas schlechter aufgestellt ist, der entscheidende Punkt ist aber, beim Deutschen kann man sich einigermassen drauf verlassen, was der mitbringt. Das ist unter anderem bei Indern und Chinesen eben ein riesen Problem, da gibt es ein paar wenige, die an irgendeiner Elite-Uni abgeschlossen haben und dann sicher super toll ausgebildet sind. Nr. 2, 3 und 4 auf der Bewerberliste sind aber irgendwie sowas wie Master of Agricultural Sciences (das ist kein Witz, den ich mir gerade ausdenke ...), den sie an einem Ort erworben haben, den man erst mal bei GoogleMaps suchen gehen muss und von dem nicht anzunehmen ist, dass dort eine besonders angesehene Uni ausbildet.
Ja, wir können gerne drüber diskutieren, dass das deutsche Abi-Niveau nicht gut ist, dem stimme ich sicherlich zu. Mit einem System, in dem man überhaupt nur auf eine adäquate Ausbildung hoffen darf, wenn die Eltern qua Geburt besser gestellt sind und es sich leisten können, sollten wir da aber jetzt echt nicht vergleichen. Wurde ja weiter oben auch schon mal geschrieben. Auch bezüglich der Chancengerechtigkeit ist in Deutschland sicherlich einiges zu verbessern, aber gerade das Beispiel Indien zeigt - es ginge auch noch erheblich schlechter. Und man muss soweit gar nicht in die Ferne schweifen um Systeme zu finden, die eindeutig schlechter ausbilden als das deutsche. In Europa haben wir traditionell ein ziemlich ausgeprägtes Nord-Süd-Gefälle, was das betrifft. Vor den Spaniern musste man sich an der Uni in der Chemie immer regelrecht fürchten und ich habe mir von einer jungen Kollegin an der Schule sagen lassen, dass sich daran nicht viel geändert hat.
*Edit: An dieser Stelle einfach mal der Hinweis darauf, dass dort JEDER studieren kann, der die allgemeine Hochschulreife erworben hat. Es gibt für Inländer absolut keine weiteren Auflagen, kein weiteres Bewerbungsverfahren, es reicht einfach die Matura mit einer 4.0 bestanden. Abschlüsse aus dem benachbarten Ausland werden problemlos anerkannt. DAS ist weltweit wirklich einzigartig, die ETH Zürich und die EPFL sind KEINE Elite-Einrichtungen!
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Ich verstehe gerade das Problem nicht.
Man kann Anwendungsbezug aus verschiedenen Gründen kritisieren, deine Kritik war, dass die SuS nicht in der Lage seien, die Texte zu verstehen. Das ergibt keinen Sinn, wenn man findet, dass zu viele SuS durchs Abi gelotst werden. Wenn du der Meinung bist, dass weniger Leute das Abitur schaffen sollten, macht es doch keinen Sinn, Schwierigkeiten wegzunehmen, hier: Text/Sachbezug.
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Das ist doch keine "Schwierigkeit" sondern einfach nur überflüssiges Bla, das vom Thema ablenkt. Du wirst wohl kaum eine MINT-Lehrperson finden, die das anders sieht. Der "Sachbezug" ist in der Mathe oft so konstruiert, dass er einfach nur noch lächerlich ist. Ich lasse im Schwerpunktfach Chemie gerade die Energie- und Kohlendioxidbilanz der Fischer-Tropsch-Synthese rechnen, *das* wäre ein Beispiel für sinnvollen Sachbezug. Wir könnten das Ergebnis dann an Herrn Wissing in Berlin weiterleiten.
Wenn sich ein solcher Sachbezug aber nicht ergibt, sind meine Aufgabenstellungen auch in Chemie und Physik äusserst kurz gefasst und in klarer und prägnanter Fachsprache auf den Punkt gebracht. 3 mol A reagieren mit 2 mol B zu 1 mol C und 2 mol D - zeichne das zugehörige Stoffmengen-Zeit-Diagramm, Halbwertszeit ist unter den gegebenen Bedingungen ne halbe Stunde. Bei deutschen Abi-Aufgaben gehört zu einer solchen Aufgabe häufig noch ne halbe Seite einleitender Text darüber, was D nicht für ein unglaublich toller Stoff ist, welche Eigenschaften der hat, wozu man ihn weiterverarbeiten kann, wer ihn zuerst entdeckt hat, etc. blabla. Es geht um das verdammte Stoffmengen-Zeit-Diagramm, frag einfach danach.
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Ja, was soll man dazu noch sagen, natürlich ist das Niveau im Abitur Mathe in NRW unterirdisch.
Es wurden immer mehr Fachinhalte gestrichten für die Pseudo-Sachzusammenhänge. Wie von Antimon richtig beschrieben, kenne ich keinen Mathekollegen, der mit dem aktuellen Zustand des Abiturs glücklich wäre und wir haben alle Bauchschmerzen die Schüler in ein naturwissenschaftliches Studium zu entlassen.
Das Zentralabitur nimmt einem aber auch die Möglichkeit wirklich ernsthaft dagegen vorzugehen, denn die vorherrschenden Aufgabenformate und die Bedienung der Hilsmittel müssen dringend und ausführlich eingeübt werden. Das Abitur ist fachlich einfach, aber so verklausuliert, dass es trotzdem nicht "de facto" leicht ist eine gute Note zu bekommen.
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Es ging in Gymsharks Beitrag um die komplizierte sprachliche Formulierung, die man den Kindern nicht zumuten könne, nicht darum, ob der Anwendungsbezug stimmig ist.
Das Zentralabitur nimmt einem aber auch die Möglichkeit wirklich ernsthaft dagegen vorzugehen, denn die vorherrschenden Aufgabenformate und die Bedienung der Hilsmittel müssen dringend und ausführlich eingeübt werden. Das Abitur ist fachlich einfach, aber so verklausuliert, dass es trotzdem nicht "de facto" leicht ist eine gute Note zu bekommen.
Das ist interessant, weil bislang das Zentralabitur eher als Garant pro 'höheres Niveau' galt. Zum einen, da es dafür sorgte, dass nicht jede Schule ihre SuS auf bestimmte Aufgaben hin trainierte und zum anderen, bei schwächeren SuS entsprechend das Anspruchsniveau nicht nach unten anzupassen. Deswegen wurde es ja in immer mehr Bundesländern eingeführt.
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