Klassenfahrten nach UK unter den derzeitigen Rahmenbedingungen

  • Wenn es nämlich schiefgeht, wird uns der Staatsanwalt immer unterstellen, dass wir nicht ausreichend medizinisch geschult sind, um die Lage beurteilen zu können und die grobe Fahrlässigkeit unsererseits bereits darin bestand der Annahme erlegen zu sein ein solches Kind ohne entsprechende medizinische Begleitung überhaupt unterrichten zu können.

    Das ist natürlich wieder mal eine Übertreibung. Die einzelne Lehrerin entscheidet das überhaupt nicht.

  • Die einzelne Lehrerin entscheidet das überhaupt nicht.

    Die einzelne Lehrerin sollte sich aber die Dienstanweisung holen in einem solchen Setting unterrichten zu müssen und den Dienstherren auf die Situation hingewiesen zu haben, um sich selber zu entlasten.

  • In letzter Konsequenz wäre das ohne entsprechend medizinisch geschulten Lernbegleiter angesagt, wie uns das Urteil nach der UK-Klassenfahrt lehrt.

    Nein, das stimmt schlicht nicht. Das Urteil lehrt uns, dass wir unseren Sorgfaltspflichten auch wirklich nachzukommen haben. Das bedeutet, sich aktiv über die uns anvertrauten Kinder zu informieren und im Bedarfsfall (z.B. bei auftretenden Symptomen) medizinisches Personal hinzuzuziehen. Dass selbst so banale Anforderungen einige hier noch immer zu überraschen scheinen, wundert mich stark.

  • Nein, das stimmt schlicht nicht. Das Urteil lehrt uns, dass wir unseren Sorgfaltspflichten auch wirklich nachzukommen haben. Das bedeutet, sich aktiv über die uns anvertrauten Kinder zu informieren und im Bedarfsfall (z.B. bei auftretenden Symptomen) medizinisches Personal hinzuzuziehen. Dass selbst so banale Anforderungen einige hier noch immer zu überraschen scheinen, wundert mich stark.

    Ich gebe dir für eben diese Situation recht. Wenn ich aber oben lese, dass es dabei im Zweifelsfall und je nach Situation nicht bleibt (also der Informationspflicht nachkommen und Hilfe holen), sondern eben das Checken von Blutwerten etc. mit dazu kommen, sehe ich meine Kompetenzen überschritten und würde tatsächlich so nicht fahren.


    Edit & off Topic: Ich fahre ja ohnehin nicht, weil wir immer noch kein Schulkonto haben, aber das ist ja ein anderes Thema 8)

  • Ja schon, aber wieviel soll sie rennen, damit der in adäquater Zeit runter geht?

    Ich war in der Schwangerschaft insulinpflichtig. Kenne mich daher ein bißchen aus.

    Das Kind hat ein Armimplantat und anscheinend kann man die Pumpe über das Handy steuern. Scheint aber noch nie nötig gewesen zu sein, außerdem würden das die Eltern machen. :weissnicht:

  • Und aus der Klassenfahrt ins UK lernen wir, dass dieses Verhalten genau falsch war. Wir haben in dem Moment die Garantenstellung, wir halten den Kopf dafür hin, wenn dem Kind etwas passiert.

    Vielleicht wurden die Lehrer nicht informiert aus Angst vor Ausschluss. Ich hätte mein Kind so nie fahren lassen, also ohne die Lehrkräfte nochmals explizit zu unterrichten und aufzuklären, egal ob sie eine Abfrage gemacht hätten oder nicht. Ist doch mein Kind.

  • Zum x-ten mal:

    Die Schule wusste seit Jahren Bescheid über die Erkrankung.

    Es ist lediglich vom Vater bei einem Elternabend nicht ein weiteres mal mündlich mitgeteilt worden.

  • Auf dem Elternabend war der Stiefvater. Ob der wusste, was die Eltern der Schule vor Jahren mitgeteilt haben? Vergewissert hat er sich jedenfalls nicht, obwohl er sich zumindest für diesen Anlass die Verantwortung für das Kind von der Mutter hat übertragen lassen und damit ebenfalls Garant war.


    Vor Jahren war das Management des Diabetes vermutlich für Emily und ihre Familie kein Problem. In der Pubertät sieht das aber anders aus. Tatsächlich haben die Handyprotokolle gezeigt, dass die Insulinpumpe seit Monaten immer wieder schlampig oder gar nicht angeschlossen war. Das war für die schnelle Eskalation entscheidend, weil Emily schon auf der nächtlichen Hinfahrt überzuckert war. Die Handyprotokolle können die Eltern einsehen, die Lehrer nicht. Der Vater wusste von Emilys gefährlicher Unzuverlässigkeit angeblich nichts, die Mutter und der Stiefvater haben jedenfalls nicht darauf hingewiesen.

    Ich hätte mein Kind so nie fahren lassen, also ohne die Lehrkräfte nochmals explizit zu unterrichten und aufzuklären, egal ob sie eine Abfrage gemacht hätten oder nicht. Ist doch mein Kind.

    Definitiv. Dass die Eltern das bei einer Dreizehnjährigen, die es ersichtlich nicht alleine hinkriegt, nicht getan haben, ist schon wirklich speziell.

  • Zum x-ten mal:

    Die Schule wusste seit Jahren Bescheid über die Erkrankung.

    Es ist lediglich vom Vater bei einem Elternabend nicht ein weiteres mal mündlich mitgeteilt worden.

    Mich erstaunt auch, dass die Mitschüler die Lehrkräfte nicht auf den Diabetes hingewiesen haben, das haben ja sogar meine Förderschüler gemacht, als meine Schülerin diesen hohen Zucker hatte.


    Wie weiter oben schon jemand schrieb, liegt hier wirklich eine unglückselige Verkettung von schlechten Zufällen, kleineren Unterlassungen und Missverständnissen vor.

    So etwas passiert. Auch wenn es nicht passieren darf.

  • Zum x-ten mal:

    Die Schule wusste seit Jahren Bescheid über die Erkrankung.

    Es ist lediglich vom Vater bei einem Elternabend nicht ein weiteres mal mündlich mitgeteilt worden.

    Die Schule...seit Jahren. Es gibt doch einen ständigen Wechsel von Kollegen. Meinst du, alle neuen werden laufend informiert? Waren ja auch anscheinend mehrere Klassen zusammengewürfelt.

  • Genau so ist es. Ich komme in meinen FMS-Klassen immer erst aufs 2. Jahr dazu, dann startet der Berufsfeldunterricht. Dass die Lea ADHS und der Tim Epilepsie hat, darüber ist das Klassenteam irgendwann im 1. Jahr mal informiert worden. Und dann geht vergessen, dass im 2. Jahr halt noch mal 3 neue Lehrpersonen dazu kommen und im 3. Jahr noch mal ein paar neue Lehrpersonen im Wahlpflichtbereich. Mir gehen echt Leute auf den Sack, die so tun, als müsste man das dann einfach alles riechen können und es sei ja sicher unmöglich und das Verschulden der einzelnen Lehrperson, dass sie dies, das und jenes nicht weiss. In der Klugscheisserei sonnt man sich so lange, bis es einen selber halt mal trifft. Das ist der Moment, in dem ich meine Häme solchen Leuten gegenüber dann schon nicht mehr ganz zurückhalten kann.


    Ich persönlich finde das Urteil nach wie vor zweifelhaft. Die zwei Kolleginnen haben schon nicht korrekt gehandelt aber in der Summe scheint mir eine Verurteilung auf fahrlässige Tötung nicht angemessen.

  • Ich habe null Ahnung von der rechtlichen Seite. Aber warum sind nicht die Eltern ebenfalls angeklagt? Sie haben ihre Tochter mitfahren lassen, obwohl sie wussten, dass das Kind nicht zuverlässig mit der Krankheit umgeht. Sie hätten doch nicht nur mitteilen müssen, dass das Kind Diabetes hat, sondern auch den Umstand, dass die Werte und der Umgang mit der Pumpe ständig kontrolliert werden müssen, weil es das Kind nicht kann! Dazu hätte es mindestens einer von den Eltern genau unterwiesenen Lehrkraft bedurft.


    Außerdem haben die Eltern die Werte bei Abfahrt selbst nicht kontrolliert, sonst wären diese ja auf den Hinfahrt nicht schon so schlecht gewesen.


    Für mich gehören die Eltern genau so auf die Anklagebank wie sie Lehrer. Letzten hätte ich aber vor allem zum Vorwurf gemacht, dass sie das Kind zu lange alleine gelassen haben bzw. die Betreuung den Mitschülern überlassen haben. Da zeigt sich mal wieder, wie gefährlich es ist eine Fahrt mit der üblichen, dünnen Personaldecke durchzuführen.

  • Ich verstehe nicht, dass hier immer wieder darauf herumgeritten wird, dass die Lehrerinnen nicht wussten, dass das Mädchen Diabetis hatte.


    Der Aspekt ist sicher ein beidseitiges Versäumnis der Eltern und der Lehrerinnen. Die einen haben nicht proaktiv informiert, die anderen nicht gefragt.


    Aber was ändert das an dem Fakt, dass für ein offensichtlich ernsthaft krankes Kind so lange keine medizinische Hilfe gerufen wurde? Ich muss doch nicht verstehen, warum es einem Kind schlecht geht, um einen Notruf abzusetzen.

  • Ich verstehe nicht, dass hier immer wieder darauf herumgeritten wird, dass die Lehrerinnen nicht wussten, dass das Mädchen Diabetis hatte.

    Weil die Lehrerinnen genau dafür verurteilt wurden.


    Aber was ändert das an dem Fakt, dass für ein offensichtlich ernsthaft krankes Kind so lange keine medizinische Hilfe gerufen wurde?

    Genau dafür wurden sie eben nicht verurteilt.

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    Ich verstehe nicht, dass hier immer wieder darauf herumgeritten wird, dass die Lehrerinnen nicht wussten, dass das Mädchen Diabetis hatte.


    Der Aspekt ist sicher ein beidseitiges Versäumnis der Eltern und der Lehrerinnen. Die einen haben nicht proaktiv informiert, die anderen nicht gefragt.


    Aber was ändert das an dem Fakt, dass für ein offensichtlich ernsthaft krankes Kind so lange keine medizinische Hilfe gerufen wurde? Ich muss doch nicht verstehen, warum es einem Kind schlecht geht, um einen Notruf abzusetzen

    Weil IMHO das endgültige Gerichtsurteil nicht aufgrund der unterlassenen Hilfeleistung während der Fahrt , sondern aufgrund der fehlenden Abfrage erfolgt ist.


    Sprich: es wird nicht nur hier darauf herumgeritten wurde.

  • Weil IMHO das endgültige Gerichtsurteil nicht aufgrund der unterlassenen Hilfeleistung während der Fahrt , sondern aufgrund der fehlenden Abfrage erfolgt ist.

    Genauer gesagt wurde eine Kausalkette von der fehlenden Abfrage über die unterlassene Hilfeleistung bis hin zur Todesursache festgestellt. Insofern wurden die Lehrerinnen eben nicht lediglich wegen fehlender Abfrage verurteilt, sondern weil diese in Verbindung mit der dadurch unterlassenen Hilfe vor Ort kausal zum Tod des Mädchens führte. Eine rechtzeitige Hinzuziehung medizinischen Personals hätte diese Kausalkette nachweislich unterbrechen können.


    Die Schlussfolgerung für uns Lehrkräfte muss also heißen, dass neben der aktiven Einholung von Informationen über die uns anvertrauten Kinder (nicht erst zu Klassenfahrten, sondern auch im normalen Schulsetting) bei erkennbaren ernsten Symptomen lieber einmal zu viel ärztliches Personal eingeschaltet werden sollte. Dafür müssen wir auch nicht besonders geschult sein, müssen keine Krankheiten diagnostizieren oder behandeln können, sondern einfach etwas gesunden Menschenverstand und Umsicht walten lassen.

  • Genauer gesagt wurde eine Kausalkette von der fehlenden Abfrage über die unterlassene Hilfeleistung bis hin zur Todesursache festgestellt. I

    Genau diese Kausalkette sehe ich halt nicht. Auch mit Kenntnis der Vorerkrankung wären die Lehrerinnen schließlich nicht dafür verantwortlich gewesen sicherzustellen, dass das Mädchen seine Medikamente korrekt einnimmt.


    Aber wenn dann ein Kind ernsthafte Krankheitssymptome zeigt - und das war hier zweifellos der Fall - ist unverzüglich ein Arzt zu rufen. Ob vorerkrankt oder nicht, ist bei einem bereits eingetretenen Notfall doch irrelevant. Dass dies über einen langen Zeitraum hinweg unterblieben ist, ja, die Lehrerinnen sogar trotz Kenntnis der Probleme offenbar über Stunden hinweg unerreichbar waren, ist für mich unbegreiflich. Entsprechend ist die Verurteilung zu Recht erfolgt (- wenn auch aus meiner Sicht aus dem falschen Grund).


    Die unterlassene Hilfeleistung hat den Tod des Kindes verursacht, nicht die Unkenntnis der bestehenden Grunderkrankung.

  • Vielleicht liegt es daran: In allen Artikeln stand sinngemäß, dass der Vater/ Mitschüler behauptet hätten, dass die Lehrer nicht nach den Kindern schauten. Kein Artikel sagte, dass dem nachweislich so war. Zumindest soweit ich die Berichterstattung gelesen habe. Wenn nun die Verurteilung über das doch dem gesunden Menschenverstand nach offensichtliche vielleicht gar nicht möglich war (weil nicht nachweisbar), dann hat man vielleicht juristisch den Umweg genommen über Kausalketten.

  • Die unterlassene Hilfeleistung hat den Tod des Kindes verursacht, nicht die Unkenntnis der bestehenden Grunderkrankung.

    Da bin ich bei dir und deshalb betone ich hier ja immer wieder, dass genau dieses Hinzuziehen von ärztlichem Personal bei Erkennen der Symptome uns Lehrkräfte auch vor vergleichbaren Situationen bewahrt und damit noch immer Unterricht und außerschulische Situationen hinreichend rechtssicher bewältigt werden können.


    Der Weg über die Kausalkette wurde aus Gründen der Beweisbarkeit gewählt. Insbesondere konnten die Lehrerinnen sich damit nicht mehr darauf zurückziehen, die Symptome schlicht nicht erkannt zu haben. Und auch hier: um zu erkennen, dass eine offensichtlich stark geschwächte Schülerin ärztliche Hilfe braucht, bedarf es keiner besonderen Ausbildung.

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