Was ich mich bei der Berichterstattung noch gefragt habe, ist ob es da eventuell eine Informationsfragmentierung gab. Also die betreuenden Lehrer auch deshalb falsch handelten, weil jeder einzelne nur ein kleines Bruchstück der Situation kannte und daher die Dramatik der Situation nicht erkannt wurde. Die Medienberichte sind da leider nicht differenziert genug.
Klassenfahrten nach UK unter den derzeitigen Rahmenbedingungen
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Was mich wundert: es werden immer nur die Behauptungen von Schülern aufgeführt, nirgends gesagt, was nachweislich während der Fahrt passiert ist. So nimmt der Leser immer an, dass die Behauptungen der Schüler den Tatsachen entsprechen. Wenn dem so wäre, hätte man das doch auch geschrieben. Mit scheinen hier absichtlich Informationen zurückgehalten zu werden. Sonst würde man doch ein Urteil aufgrund des Verhaltens auf der Fahrt fällen und nicht wegen der fehlenden schriftlichen Abfrage.
Ich kann mir beim besten Will nicht vorstellen, dass man drei Tage lang nicht nach einem kranken Schüler schaut. Und wenn das so war, dann gehört genau dieses Verhalten bestraft.
Kann der Fall erneut vor eine höhere
Instanz gehen?
Das Verhalten der Eltern würde ich so deuten: nichts von den gravierenden Problemen im Vorfeld gesagt, damit das Kind mitfahren kann. Dann die eigene Schuld im Prozess gegen die Lehrer verarbeiten…
Welche Schuld trägt die Schulleitung, die offenbar diese Fahrt genehmigt hat, mit einer doch erstaunlich dünnen Personaldecke für ein solches Ziel?
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Wenn die Schilderungen im Spiegel Artikel so richtig sind, gehören die betreuenden Lehrkräfte eigentlich wegen Totschlag durch Unterlassen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.
Ich kann mir beim besten Will nicht vorstellen, dass man drei Tage lang nicht nach einem kranken Schüler schaut. Und wenn das so war, dann gehört genau dieses Verhalten bestraft.
Ich kann mir das durchaus vorstellen. Manche Eltern glauben, eine Klassenfahrt wäre Urlaub für die begleitenden Lehrkräfte. Tragischer weise gibt es ganz vereinzelt Lehrkräfte, die das ebenfalls glauben.
Ich erinnere an einen bekannten Fall als Niedersachsen vor ein paar Jahren, bei dem sich zwei Lehrkräfte bei der Begleitung einer Klassenfahrt massiv betrunken haben, einer der beiden ist eine Treppe runter gefallen und hat sich ernsthaft verletzt, beide mussten während der Fahrt ausgetauscht werden.
Gerade weil ich zu den Lehrkräften gehöre, die Fahrten ernsthaft vorbereiten und durchführen und die wissen, welche Arbeit und Verantwortung das ist, fehlt mir jedes Verständnis für die "wird schon gut gehen" Fraktion.
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Mit scheinen hier absichtlich Informationen zurückgehalten zu werden.
Das glaube ich ehrlich gesagt nicht. Es ist auch klar, dass sich Angeklagte nicht in der Presse äußern. Als Lehrer darfst du das zumindest in meinem Bundesland auch nicht, zumindest bei allem was die Vertretung der Schule nach außen betrifft.
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Der Spiegel ist sicher nicht die Bild Zeitung und schießt aus billiger Effekthascherei gegen Lehrkräfte.
Natürlich ist die Berichterstattung geprägt von den Aussagen der Eltern und Schüler, aber ich gehe auch davon aus, dass der Spiegel die Plausibilität grundsätzlich schon geprüft hat, die Aussagen sind ja auch entsprechend vorsichtig formuliert. Aber auch wenn ich berücksichtige, dass in dem Artikel nicht alle Fakten stehen, ist für mich keine derartige Verfälschung denkbar, bei der die Lehrkräfte richtig gehandelt habe und der Sachverhalt hier völlig anders irreführend wird. Im übrigen deckt sich die Darstellung mit vielen anderen Berichten aus seriösen Medien.
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Ich glaube, dass dort so ziemlich alles schief gelaufen ist, was in dem fall schief laufen konnte (wenn ich es richtig durchschaue):
Vorab:
- - es wurde nicht in den Unterlagen zur Klasse nachgeschaut, was die Kinder für Krankheiten hatten
- vielleicht stand da auch gar nichts
- - es wurde nicht schriftlich vor der Fahrt abgefragt, was für Krankheiten (wie Diabetis) die Kinder haben
- wie der WDR heute sagte: die Regelung dazu ist schwammig, aber nach 20 Jahren Erfahrung als Begleiter im Ferienlager ist mir der entsprechende "Seuchenzettel" bei der Elterninfo eine Routinebfrage
- Es wirkt fast so, als ob die Klasse mit Lehrpersonen unterwegs war, die sie nicht kennen. (Gab es dazu Infos?) Als Klassenlehrerin oder vertraute Lehrerin dürfte Diabetes bei einer Schülerin wohl bekannt sein.
- Die ELTERN haben die Lehrer scheinbar auch nicht schriftlich informiert.
- Bei allem Respekt vor den trauernden Eltern, aber wenn ich ein Kind mit Diabetes hätte, würde da mein nicht vorhandenes Helikopter-Eltern-Gen einsetzen und ICH hätte den Lehrern eine schriftliche Info inkl. Telefonnummer etc. mitgegeben.
Auf der Fahrt:
- Das man auf einer Klassenfahrt (wie auch in der Schule) Bauchschmerzen auch erst einmal weniger beachtet, ist fast normal. Vielleicht nciht gut, aber normal. Aber wenn das Kind schon länger Bauchschmerzen hat, müsste man reagieren.
- Man lässt ein Kind aber nicht "tagelang" mit Bauchschmerzen kämpfen und reagiert nicht. Auch unabhängig von der Vorerkrankung müssten da die Alarmglocken schrillen.
- Der zitierte Anruf der Eltern - oberste Prämisse für die Eltern sollte sein: wenn sie während der Fahrt irgendwas von der Fahrt hören und das klären wollen, melden sie sich bei den Lehrern. Entweder direkt (wenn eine Nummer bekannt ist ... Erreichbarkeit der Lehrperson sollte bei einer Klassenfahrt zwingend gegeben sein) oder in der oben von K_19 geschilderten Telefon-Situation: Anruf bei der Tochter, Frage: sind die Lehrer in der Nähe, holt sie mir mal ans Telefon, damit ein Erwachsener vor Ort ist. Danke.
- Die Reaktion der Lehrer aufgrund des Anrufs: der erste "man hat mir auf die Füße getreten"- Impuls des Lehrpersonals ist schon denkbar. Aber dafür ist man Profi, nimmt das Telefon, meldet sich, sagt "Bin vor Ort bei Ihrer Tochter, gibt es irgendwas, was ich wissen muss". ... So sollte es sein, dass das im Stress einer Klassenfahrt mal nicht so ist, ist nachvollziehbar aber nicht richtig.
Quintessenz für mich: es ist definitv richtig, dass die Lehrer die rechtliche Verantwortung haben. Sie haben (im Stress) eine Menge falsch gemacht.
Aber wenn ich höre, dass der Vater sinngemäß der Presse sagt "viel kann ich nicht tun, aber evtl. ändert sich in Zukunft was, damit das nicht wieder passiert" ... fände ich ein wenig Einsicht in das eigene Fehlverhalten sinnvoll. Denn auch wenn der Hauptfehler bei den Lehrern liegt, man hätte den Tod des Mädchens an vielen Stellen durch einen besseren Informationsaustausch und Kommunikation verhindern können. Nicht nur als anwesender Lehrer.
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P.S.: im WDR 2 sagten sie übrigens heute morgen im Radio, dass "der Fall in vielen Lehrerforen in Deutschland diskutiert würde." Hallo, WDR 2.
- - es wurde nicht in den Unterlagen zur Klasse nachgeschaut, was die Kinder für Krankheiten hatten
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Die Spiegeldarstellung ist ziemlich deckungsgleich mit dem , was mir damals aus erster Hand erzählt wurde. Ein Nachbar von uns war damals Teilnehmer und einer der Schüler, der das Mädchen betreut hat.
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Nachtrag: ich musste bei den Berichten zu der Klassenfahrt an eine Dokumentations-Serie denken, die ich mal gesehen habe. Da ging es um große technische Katastrophen und Unfälle (wie z.B. das ICE-Unglück in Eschede) und auch um die Frage: "Wo hätte man es verhindert können - wo liegt die Ursache für die Katastrophe.)
Quintessenz in fast jeder dieser Folgen: Katastrophen haben nicht einen Auslöser, sondern sind oft die Folge einer Ansammlung von Fehlern / Zufällen / Ursachen. Jeder einzelne dieser Fehler / Zufälle / Ursachen hätte nicht zur Katastrophe geführt ... die Katastrophe entstand durch die Kumulation von allen Fehlern / Zufällen / Ursachen, auch wenn einzelne Teile mehr Auswirkungen haben, als andere.
So ist es auch hier, aus meiner Sicht. (Vielleicht versteht ihr, was ich meine.)
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Hat jemand in Erfahrung bringen können, wie did Strafen ausfielen? Überall dort, wo ich jetzt gelesen habe, hieß es nur 23.400 und 7.200 Euro, aber das Strafmaß fand ich nirgends.
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Es wundert mich, dass die Eltern anscheinend erst am dritten Tag erfahren haben, wie schlecht es dem Kind geht. Normalerweise melden sich die Kinder doch schon am 1. Tag, um zu berichten, dass sie gut angekommen sind usw. Es kann natürlich sein, dass Handys abgegeben werden mussten. Aber wenn ich eine 13jährige Diabetikerin auf so eine Fahrt mitgehen ließe, würde ich als Mutter vmtl. vereinbaren, dass sie sich einmal täglich kurz meldet, bzw. hätte ich ich sie selbst schon längst angerufen.
Nach meiner Einschätzung liegt den Eltern so viel an der Verurteilung der Lehrer, damit diese als die Schuldigen und Verantwortlichen in der Sache dastehen und sie selbst damit reingewaschen sind.
Das soll nicht heißen, dass ich denke, die Lehrerinnen hätten alles richtig gemacht. Nein, haben sie nicht. Wenn man über 3 Tage nicht ernster nimmt, dass es einer Schülerin schlecht geht, ist das fahrlässig.
Wie schon jemand schrieb: Auch
wenn die Lehrkräfte die Erkrankung der Schülerin nicht kannten oder auch bei einer Schülerin ohne Vorerkrankung, hätte es ein Notfall sein können, bei dem man zeitnah handeln muss.
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Hat jemand in Erfahrung bringen können, wie did Strafen ausfielen? Überall dort, wo ich jetzt gelesen habe, hieß es nur 23.400 und 7.200 Euro, aber das Strafmaß fand ich nirgends.
180 Tagessätze steht in der SZ
Das Urteil lautet "fahrlässige Tötung durch Unterlassen", das bedeutet doch, dass es eben doch vorrangig um das Verhalten während der Fahrt ging und nicht nur um das fehlende schriftliche Einholen von Erkrankungen, oder? Wahrscheinlich erfährt man in der Presse auch aus Gründen des Schutzes der Beteiligten nicht alles.
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Wir haben über diesen Fall tatsächlich heute auch in der Schule gesprochen. Auch wir finden es mehr als merkwürdig, dass die beiden begleitenden Lehrkräfte nichts von der Krankheit des Mädchens wussten. Ohne die Lehrerinnen in Schutz nehmen zu wollen, wirkt es ja fast schon ein wenig so, als ob die Eltern vorsätzlich die Krankheit nicht genannt haben, vielleicht auch in der Sorge, dass die Tochter, die Klassenfahrt ohne eine entsprechende Begleitung nicht hätte antreten dürfen. Natürlich sind das alles nur Spekulationen. Aber komisch ist es alle mal. Wenn ich ein Diabetes krankes Kind hätte, wüsste ich aber, dass ich die Lehrer persönlich noch einmal darüber informiert hätte, auch über die Medikamente, hätte ich informiert. Dass Lehrer sich tatsächlich drei Tage lang nicht um eine kranke Schülerin kümmern, ist für mich tatsächlich nicht nachvollziehbar. gut ich bin in der Grundschule da sind wir tatsächlich immer sofort vor Ort, wenn die Kinder auch nur kleinste Wehwehchen nennen. Im Endeffekt ist es jetzt schrecklich für alle. Ein so jung verlorenes Leben zwei Lehrkräfte, die mit dem Tod des Mädchens für alle Zeit gestraft sind. Es ist einfach ganz fürchterlich und ich schließe mich Frosch an , ich denke auch, dass da ganz viele Dinge zusammengekommen sind, damit dieses Unglück so passieren konnte.
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180 Tagessätze steht in der SZ
Danke. Dann haben also doch beide Lehrerinnen die gleiche Strafe erhalten.
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Welche Schuld trägt die Schulleitung, die offenbar diese Fahrt genehmigt hat, mit einer doch erstaunlich dünnen Personaldecke für ein solches Ziel?
Welche Schuld trägt das Ministerium, das uns in solche Haftungsfallen hinein treibt? Wo ist der Schulminister, der sich vor seine Leute stellt und der Bevölkerung klipp und klar sagt, dass bei der aktuellen Personalsituation und bei so überbordenden Haftungsanforderungen Klassenfahrten in Zukunft nicht mehr durchführbar sind und er einen entsprechenden Erlass verfasst, der Klassenfahrten generell untersagt, so dass auch meuternde Eltern den Lehrer nicht mehr in der Schulkonferenz eine solche Fahrt abnötigen können?
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Wie heißt es so schön: lasst uns das Kind mit dem Bade ausschütten.
DAS sollte nicht die Konsequenz aus der Situation sein. Was du persönlich daraus machst, ist dir aber überlassen.
kl. gr. frosch
P.S.: eine Schuld des Ministeriums sehe ich nicht. Auch wenn du sie dir hier gerade konstruierst.
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Welche Schuld trägt das Ministerium, das uns in solche Haftungsfallen hinein treibt? Wo ist der Schulminister, der sich vor seine Leute stellt und der Bevölkerung klipp und klar sagt, dass bei der aktuellen Personalsituation und bei so überbordenden Haftungsanforderungen Klassenfahrten in Zukunft nicht mehr durchführbar sind und er einen entsprechenden Erlass verfasst, der Klassenfahrten generell untersagt, so dass auch meuternde Eltern den Lehrer nicht mehr in der Schulkonferenz eine solche Fahrt abnötigen können?
So ein Schmarrn. Von der Pflicht zur Hilfeleistung und dazu, wenigstens ein Mal am Tag nach deinen Schülern zu sehen (bei unter 16-jährigen gern auch mehrmals! ), kann dich nicht mal der liebe Gott entbinden.
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Welche Schuld trägt das Ministerium, das uns in solche Haftungsfallen hinein treibt? Wo ist der Schulminister, der sich vor seine Leute stellt und der Bevölkerung klipp und klar sagt, dass bei der aktuellen Personalsituation und bei so überbordenden Haftungsanforderungen Klassenfahrten in Zukunft nicht mehr durchführbar sind und er einen entsprechenden Erlass verfasst, der Klassenfahrten generell untersagt, so dass auch meuternde Eltern den Lehrer nicht mehr in der Schulkonferenz eine solche Fahrt abnötigen können?
Das ist doch wirklich Quatsch. Hier liegt überhaupt keine Haftungs"falle" vor. Bereits ein geringes Mindestmaß an Sorgfalt durch die Lehrkräfte hätte hier zu einem ganz anderen Ausgang geführt! Deine Schlussfolgerung, die beteiligten Lehrkräfte wären hier an "überbordenden Haftungsanforderungen" gescheitert, ist eine deutliche Verdrehung der Tatsachen!
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@Zauberwald: Hast du denn dein Problem in diesem Thread gut lösen können?
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Natürlich sind Klassenfahrten unter vernünftigen Bedingungen und Risiken durchführbar und 95% der KuK kriegen das auch hin. Das ist genau das, was mir an der Diskussion missfällt: Man überhöht diesen Fall aus falscher Solidarität derartig, dass die Grenze zwischen denjenigen, die ihren Job ordentlich machen und denjenigen, wo es dort Defizite gibt, verwischt.
Wer einen Freifahrtsschein erwartet, die uns von jeder Verantwortung für Fehler in unserem Beruf entbindet, hat sich für den falschen entschieden. Lehrkräfte sind relativ gut bezahlte Akademiker und haften für grobe Fehler genau so, wie Ärzte, Juristen oder Ingenieure.
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@Zauberwald: Hast du denn dein Problem in diesem Thread gut lösen können?
Es ist sehr kompliziert. Die Schulbegleitung soll mit, darf aber nur maximal 10 Stunden täglich arbeiten und nicht übernachten. Ihre Kosten werden auch nur zu einem kleinen Teil von der Stadt übernommen. Wer den Rest zahlt, ist unklar. Die Eltern gehen nicht mit, verstehen meine Sorge nicht. Es gibt aber jetzt ein Notfallmedikament, das ich geben darf. Habe aber keine Einweisung und Anleitung dafür. Nicht mal einen Beipackzettel. Die habe ich vom behandelnden Arzt eingefordert, höre aber nichts. Der Mitarbeiter des Jugendamts, der die Schülerin bzgl. der Inklusion betreut ist der Meinung, dass die Eltern sich einbringen sollen. Die wollen aber nicht. Wir sind noch zu keinem Ergebnis gekommen, aber wir arbeiten daran. Ich werde auf alle Fälle nach den Ferien nochmals alle Beteiligten anschreiben, bzw. einen runden Tisch einberufen.
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