Nur digitaler Unterricht ist guter Unterricht?

  • Aber es bleibt ein Indizienbeweis, kein Nachweis.

    Jupp, das ist eben wirklich ein Punkt, der vermutlich auch juristisch geklärt werden muss wenn's um einen Plagiatsnachweis geht. Wir haben gerade jetzt in einem Jahrgang unserer FMS-Klassen selbständige Schülerarbeiten zur Korrektur bekommen denen in einigen Fällen wohl ganz klar anzusehen war, dass einzelne Textpassagen mit Hilfe von KI verfasst wurden. Ich weiss ehrlich gesagt nicht, wie die betroffenen KuK schlussendlich damit umgegangen sind. Ich habe das Thema mit meinen beiden Schülerinnen einfach während des Arbeitsprozesses schon besprochen und einer der beiden sogar vorgeschlagen, sie soll das Tool doch für sich nutzen, sie ist Legasthenikerin. Hat sie schlussendlich nicht gemacht. Aber für die Bewertung wäre es kein Problem gewesen, da die Sprache nur eines von 14 Bewertungskriterien ist und dass man inhaltlich nicht viel auf ChatGTP geben kann, sieht man ja an meinen Beispielen oben.

  • Klar, das ist die andere Baustelle. Man kann es nicht nachweisen, dass es nicht von dem Schüler stammt. Das wird uns noch Kopfzerbrechen bereiten. "Das ist zu gut, das kann nicht von dir sein."


    Wobei auch heute ja schon abgeschrieben und zusammenkopiert wird und wir es nicht immer merken. Wenn die Rechtschreibfehler fehlen, werde ich misstrauisch.

  • Ich hatte den Fall jetzt bei uns bei einem Praktikumsbericht. Ich kontne dem Schüler allerdings innerhalb weniger Minuten anhand von einer paar thematischen Fragen nachweisen, dass er am Verfassen des Berichts wenn überhaupt nur marginal beteiligt war. Hat es letztendlich auch zugegeben und wurde so von der SL akzeptiert.

  • Daher werden wir wahrscheinlich der Facharbeit eine Präsentation und ein Kolloquium anschließen müssen.

    Das machen wir sowieso. Erste Stimmen werden aber schon laut, die die mündliche Präsentation höher gewichten wollen. Ich denke aber, da wird man zwischen experimentellen Arbeiten im MINT-Bereich, gestalterischen Arbeiten und reinen Literaturarbeiten differenzieren müssen. Ganz so einfach wird das alles nicht zu entscheiden sein. Aber ja, wer als Lehrperson meint, das ginge ihn alles nicht an, der liegt halt kreuzfalsch.

  • Sind zwar nicht meine Fächer, aber die Texte oben sind inhaltlich durchaus gut geschrieben, da kann man nichts dagegen sagen.

    Es sind jetzt sehr typische Aufgabenstellungen, zu denen es bereits zuvor diverse Musterlösungen online wie offline gab. Dennoch ist es ohne Zweifel leichter für Schüler geworden. Es gab ähnliche Aufgabenstellungen auch schon vor 10, 20 oder 50 Jahren, aber die Hilfsmittel waren deutlich begrenzter.

    Ich traue KI grundsätzlich sehr viel zu und bin daher nicht überrascht, dass das Chatprogramm diese Texte produzieren konnte.

    Onlinerecherche ist einfacher und schwerer zugleich geworden, da es online viele nützliche Daten gibt, aber natürlich ist auch viel Mist und Fake News dabei.

    Dennoch würde ich den meisten Jugendlichen zutrauen, sich solche Texte ohne großen Aufwand ergoogeln zu können. Wären das meine Fächer, würde ich aber wollen, dass sie selbst Ahnung von Woyzeck oder der deutschen Geschichte des 19. Jahrhunderts haben. Ich will dann nicht die Musterlösung hören, sondern bewusst ihre Sicht der Dinge mit all den inhaltlich-argumentativen Wacklern, die zum (jungen) Menschsein dazugehören.

    Das macht für mich auch irgendwo Kompetenzorientierung aus.

  • Dennoch würde ich den meisten Jugendlichen zutrauen, sich solche Texte ohne großen Aufwand ergoogeln zu können.

    Ich glaube, du verstehst den Unterschied zwischen KI und "ergoogeln" wirklich nicht?! "Ergoogelt" lässt sich mit der entsprechenden Software als Plagiat erkennen, ein Text, den ChatGTP verfasst hat aber nicht. Der schreibt dir nicht "die Musterlösung", er schreibt eben jedes mal einen individuellen Text der so kein zweites mal bei Tante Google zu finden ist.

  • Das war wir beim ersten Mal, als ich von ChatGPT hörte, zwar noch nicht zu 100% bewusst, aber inzwischen ist mir das auch klar geworden. Auf gut Deutsch: Du gibst die Woyzeckfrage im Programm ein, ich auch, und wir erhalten zwei unterschiedliche Texte.

    Das ist dennoch einfach, wenn nicht gar langweilig.

    Wäre mein Fach Deutsch, möchte ich ja wissen, was Lisa, Yusuf oder Devin zu Woyzeck zu sagen haben - und nicht, was ChatGPT ihnen dazu ausspuckt.

  • Es ist eine schnöde Tatsache, dass du bei einer solchen Anfrage nicht erkennen kannst, ob Yusuf oder ChatGPT den Text geschrieben hat. Selbst wenn du aufgrund "typischer" Phrasen den Verdacht hast, kannst du es nicht beweisen und das müsstest du um dem Schüler ein Plagiat vorwerfen zu können. Willkommen in der Realität. ChatGPT schreibt dir auch problemlos einen Aufsatz über das Leben eines Frosches im Teich auf Französisch und er schreibt ihn jedes mal anders wenn Lisa, Yusuf oder Devin die Anfrage schicken. Gewonnen hast du als Lehrperson, wenn Dario ihn fragt unter welchen Bedingungen die Knallgasreaktion endergon wird, von Chemie hat ChatGPT eben immer noch keine Ahnung ;)

  • Wie gesagt, ich unterschätze KI nicht. Ich weiß, dass all das und viel mehr möglich ist. Es gibt erste Ansätze auf YouTube, Lieder so zu modifizieren, dass sie klingen als würde Künstler A ein Lied von Künstler B covern. Alles noch etwas laienhaft und natürlich eher zum Spaß, mir ist aber bewusst, dass man diese Stimmennachbildung durchaus auch zu politischen Propagandazwecken nutzen könnte.

    Zurück zu den Kids: Ob das Realität ist, darum geht es mir nicht. Mir ist wichtig, dass die Jugendlichen eine eigene, inhaltlich fundierte Meinung zu etwas haben. Wenn ich sie frage und nur ein Schulterzucken kommt, bringt es mir nix, wenn sie mir dann einen Tag später die abgedruckte Musterlösung vorlegen, aber selbst keinen Plan von dem Geschriebenen haben. Ich vermute, das siehst du in Bezug auf die Inhalte deiner Fächer auch so.

  • Unser Problem an der Förderschule ist nicht die KI, dafür umso mehr die Ausstattung. Wenn ich einen ganz altmodischen Film gucken will, schleppe ich mehr Equipment rum als früher und da jede Komponente ein Problem haben kann, funktioniert am Ende noch seltener irgendwas. Von den verschiedenen Dateiformaten und unzuverlässigem Internetzugang mal ganz abgesehen. Seid ihr ausgestattet?

  • Unser Problem an der Förderschule ist nicht die KI, dafür umso mehr die Ausstattung. Wenn ich einen ganz altmodischen Film gucken will, schleppe ich mehr Equipment rum als früher und da jede Komponente ein Problem haben kann, funktioniert am Ende noch seltener irgendwas. Von den verschiedenen Dateiformaten und unzuverlässigem Internetzugang mal ganz abgesehen. Seid ihr ausgestattet?

    Das ist schade. Ich werfe entweder den Lehrer-PC am Pult an oder meinen eigenen Dienstlaptop (drahtlos verbunden mit Beamer). Oder ich gebe einen Link raus. Jeder Schüler hat einen PC vor sich stehen. Zugegeben: Das erfordert das Berufsbild, das ich unterrichte, aber Beamer, Dokumentenkamera und Dienstlaptop sind in allen Räumen vorhanden und funktionieren auch. Auch das WLAN ist super (für Schüler, wie für Lehrer).

  • ChatGPT spielt in etwa in einer Liga mit der Erfindung des Internet. Letzteres hat die Welt bereits verändert, ersteres wird sie ziemlich sicher verändern.

    Ob es ChatGPT ansich ist weiß ich nicht. Ich bin ansich kein größer Fan von dem gesamten Modell dazu. Ich hätte lieber eine opensourcelösung, mit einer AI die ich selbst hosten kann.


    Das Prinzip ansich ist aber mit dem Internet vergleichbar, da hast du recht.

  • Das war wir beim ersten Mal, als ich von ChatGPT hörte, zwar noch nicht zu 100% bewusst, aber inzwischen ist mir das auch klar geworden. Auf gut Deutsch: Du gibst die Woyzeckfrage im Programm ein, ich auch, und wir erhalten zwei unterschiedliche Texte.

    Das ist dennoch einfach, wenn nicht gar langweilig.

    Wäre mein Fach Deutsch, möchte ich ja wissen, was Lisa, Yusuf oder Devin zu Woyzeck zu sagen haben - und nicht, was ChatGPT ihnen dazu ausspuckt.

    Also musst du dir einen Weg suchen, wie du auch herausfindest was diese Personen dazu denken. Mit einer schriftlichen Ausarbeitung findest du das nämlich nicht mehr zwangläufig heraus.

  • Also musst du dir einen Weg suchen, wie du auch herausfindest was diese Personen dazu denken. Mit einer schriftlichen Ausarbeitung findest du das nämlich nicht mehr zwangläufig heraus.

    Eben. Bestimmte Leistungsbewertungelemente fallen also weg. Letztendlich lässt man aber die Schulen und Kolleginnen wieder allein. Da darf jede für sich selbst wurschteln.

  • Eben. Bestimmte Leistungsbewertungelemente fallen also weg. Letztendlich lässt man aber die Schulen und Kolleginnen wieder allein. Da darf jede für sich selbst wurschteln.

    Aber es wird in den entsprechenden Gremien doch schon diskutiert, die Bezirksregierungen werden entsprechende Vorgaben machen und die Verlage stellen schon jetzt Materialien bereit.

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