Keine Notengebung in Kunst, Musik und Sport?

  • In kreativen Fächern kann man doch keine Noten geben.
    Meint auch der Thüringische Bildungsminister Helmut Holter - und bekommt Beifall.

    Bedenkenswert ist der Einwand des BDK-Fachverbandes für Kunstpädagogik.

    https://bdk-online.info/de/202…sministers-helmut-holter/

    Anmerkung: Die Einwände betreffen auch den Thread: Abschaffung von Noten generell.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Totaler Quatsch. Daran sieht man wieder, dass viele Menschen eine völlig falsche und veraltete Vorstellung davon haben was Musiker oder Künstler sein beinhaltet (Stichwort Genie-Begriff in der Kunst). Es steckt, genauso wie beim Sport, ganz viel Arbeit und Übung drin und viel weniger Genie oder Begabung als viele denken. Ganz davon abgesehen hat niemand in der Schule die Erwartungshaltung, dass SuS bereits gereifte, kreative Künstler sind, es geht z.B. in Kunst vielmehr darum den Umgang mit Bildern in unserer bildgeprägten Welt zu vermitteln und Einblicke /Erprobungen in Gestaltungsmittel- und Techniken sowie kunsthistorische Hintergründe zu ermöglichen. Das sollte den meisten SuS möglich sein zu leisten und kann dann genauso wie jedes andere Fach transparent und kriterienorientiert bewertet werden.

  • Totaler Quatsch. Daran sieht man wieder, dass viele Menschen eine völlig falsche und veraltete Vorstellung davon haben was Musiker oder Künstler sein beinhaltet

    Um das festzuhalten: Ich teile die Meinung des BDK-Fachverbandes - nicht die des KM.

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  • Ich finde den Artikel bzw. die Ansicht des BdK auch ok. Es sei denn, man möchte in der Schule (vielleicht bis zu einer bestimmten Klassenstufe) hauptsächlich die Freude an den verschiedenen Künsten und Sport, dann aber bitte auch in Mathe, Deutsch Fremdsprachen usw. fördern.


    Das wäre dann so wie Musikschule in der Freizeit eine ganz andere Art von Schule. Das Problem daran ist immer, dass die Dinge in der Freizeit freiwillig nach Neigung getan werden können, in der Schule geht’s nur im Gleichschritt.


    Also werden immer SuS Dinge tun müssen, für die sie gerade nicht motiviert sind.


    Zu glauben, daran könnte man in dem System etwas ändern, halte ich für extrem blauäugig. In allen Fächern kann man, so wie im Artikel beschrieben, Dinge erlernen und üben, auch wenn man nicht besonders begabt darin ist, und dann lassen sich Lernfortschritte auch bewerten.

    Allerdings hängen ja auch Lernfortschritte von Begabungen ab.


    Wer kommt eigentlich auf die Idee, dass man mit Noten nicht stets auch die Begabung mitbewertet? Mir ist kein einziges Fach bekannt, in dem man das tatsächlich heraushalten kann.

    Selbst wenn man versucht, nur die Dinge zu bewerten, die die SuS in der Schule dazu gelernt haben, so spielt bei diesem Lernen immer die Begabung eine ganz wesentliche Rolle.

    Ich selbst musste beispielsweise nie Vokabeln lernen, weil ich offenbar einfach so ein gutes Gedächtnis habe und auch so manches andere flog mir einfach zu.

    Dafür wurde ich stets mit guten Noten belohnt, während andere nicht so einen Erfolg hatten, obwohl sie schufteten. Noten sind in dieser Hinsicht fast immer ungerecht. Wenn man sie will, sollte man ehrlich damit umgehen und sich bewusst sein, was man da bewertet.

    Die Weisheit des Alters kann uns nicht ersetzen, was wir an Jugendtorheiten versäumt haben. (Bertrand Russell)

  • Zu künstlerischen Themen kann ich gerade (noch) nichts sagen, aber zu Sport habe ich eine Meinung. Da bin ich absolut für eine Abschaffung der Noten, und zwar aus zwei Gründen:


    1. Sportliche "Begabung" gibt es definitiv und das fängt schon mit dem Muskeltonus an, der bereits bei der U8 (eine Untersuchung im Kleinkindalter, ich habe eben extra nachgesehen) meines Kindes als nicht ausgeprägt vom Kinderarzt notiert wurde. Ich habe alles versucht, meinem Kind Bewegung schmackhaft zu machen, wir waren beim Kinderturnen, haben etliche Sportarten ausprobiert und einige auch über einen gewissen Zeitraum durchgezogen (in der Hoffnung, der Knoten würde noch platzen), haben den Garten seit Jahren voller Bewegungselemente wie Trampolin, Balancierstange, Turnstangen, ... Mein Kind hat null Interesse, es läuft nicht gern und klettert nicht gern und entsprechend entwickeln sich Muskeln auch nicht so stark wie bei Kindern, die von sich aus einfach ständig in Bewegung sind. Es hasst Mannschaftssportarten, weil es immer wieder vorkommt, dass es als eines der letzten Kinder in die Gruppe gewählt und angepöbelt wird, wenn es z.B. einen Ballverlust erleidet. Mittlerweile besucht mein Kind ein Gymnasium und liebt es dort - bis auf Sport, das absolute Hassfach.


    Damit komme ich zu Punkt 2, für mich besonders wichtig: meiner Meinung nach ist Sport ein wichtiges Fach, wenn es den Auftrag hat, Freude an einer möglichst lebenslangen Bewegung zu vermitteln. Würden Menschen mehr Sport machen, gäbe es einige Krankheiten deutlich seltener und so einige Menschen würden sich eher dabei auspowern, als auf "dumme Gedanken" zu kommen. Die individuelle und allgemeine Lebenszufriedenheit könnte steigen, diverse gesellschaftliche Probleme könnten sogar kleiner sein. Beispiel sind Mannschaftssportarten, die das Teamgefühl stärken oder Bewegung an der frischen Luft, die auf jeden Fall zum Wohlbefinden beiträgt. Bei meinem Kind sehe ich leider nicht, dass die Freude am Sport gefördert wird, ganz im Gegenteil. Es geht nur um Leistung und Druck und von individueller Förderung oder gar Differenzierung bekomme ich nichts mit. Das finde ich schade.


    Außerdem frage ich mich, wem eine Note in Sport etwas bringt. Meinem Kind nicht, sie versaut das ganze ansonsten hervorragende Zeugnis. Den geborenen "Spitzensportlern" beschert sie einen besseren Gesamtschnitt, das mag ein Vorteil sein. Aber diese Kinder benötigen keinen Antrieb durch eine Note, um Lust auf Sport zu haben, sie bewegen sich ohnehin und treiben Sport. Und für die Aufnahme eines Sportstudiums ist die Note auch nicht relevant, da es dafür extra Prüfungen gibt.

  • Das Fach Sport ist ein excellentes Beispiel dafür, wie Benotung NICHT erfolgen sollte.
    Notengebung muss sich immer an den Lehrinhalten und am Lehrplan, sowie dem damit verbundenen Kriterienkatalog orientieren.
    Wurden die Unterrichtsinhalte verstanden, erfasst und umgesetzt?
    Wir dürfen nur abprüfen und benoten, was wir vermittelt haben. Wir können keine Vokabeln abfragen, die Kinder beim England-Urlaub mit ihren Eltern gelernt haben, sondern nur die Vokabeln, die zum behandelten Kapitel gehören.
    Das ist das besondere Problem - und die Herausforderung der Notengebung in den Fächern Kunst, Sport und Musik. Dazu müssen Kriterienkataloge aus den Unterrichtsinhalten erstellt werden.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
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  • Also die Musiknote hat doch nichts mit Begabung zu tun, es wird ja nicht wirklich bewertet wie toll man singt oder Instrumente spielt. Musiktheorie kann man lernen und darauf basierten in meiner Schulzeit auch die meisten Überprüfungen in dem Fach. Man hat natürlich einen Vorteil durch eine musikalische Vorbildung, das hat mit Talent aber wenig zu tun.

  • Notengebung rein nach Talent sehe ich gerade in den künstlerischen Fächern als problematisch an. Leider ist das zu oft in diesen Fächern der Fall. Im Kern sollte wie in anderen Fächern die Beurteilung der Kenntnis von fachlichen Inhalten und Kompetenzen auf den bekannten Anforderungsniveaus stehen. Dann sehe ich erst einmal keinen Unterschied zwischen Sport, Geschichte oder Chemie.

  • Notengebung rein nach Talent sehe ich gerade in den künstlerischen Fächern als problematisch an. Leider ist das zu oft in diesen Fächern der Fall.

    Was ist das denn für ein seltsamer Diss? Damit sprichst du allen Kollegen dieser Fächer die Kompetenz ab kriteriengeleitet Noten zu vergeben.

    • Offizieller Beitrag

    Die Fächer Kunst, Musik und Sport suggerieren, dass es hier stärker um Begabung ginge als in anderen Fächern. Dabei ist es wie state_of_Trance schrieb, primär eine Sache der Vorbildung - und der damit oft einhergehenden Begeisterung oder dem Interesse für das jeweilige Fach.


    Dabei wird jedoch übersehen, dass Intelligenz und Auffassungsgabe (sic!) eben auch Formen von Begabung sind.


    Wir geben letztlich eine Leistungsnote und weniger eine "Anstrengungsnote". Letztere fließt dann (hoffentlich) durch unseren pädagogischen Spielraum mit in die Endnote ein.


    Als Musiklehrer verwehre ich mich ausdrücklich gegen die von Gymshark geäußerten Plattitüde. Musikunterricht ist so ausgerichtet, dass jede/r SchülerIn die Chance hat, durch Lernen und Leistung eine entsprechende (sehr) gute Note zu erreichen. Meine Erfahrungen sind zwar nur anekdotische Evidenz, basieren aber auf 15 Jahren Unterrichts- und Bewertungserfahrung.


    (Gleichwohl muss ich fairerweise einräumen, dass ich als Schüler damals im Sportunterricht tatsächlich die von Gymshark und anderen dargelegte Bewertungsmethode am eigenen Leib erfahren habe. Aber auch hier: Anekdotische Evidenz.)

  • Meine eigene anekdotische Evidenz ist diese: Erst als die schulische Quälerei in Musik, Sport und Kunst vorbei war, habe ich mich freiwillig mit Sport, Kunst (Photographie, Museen, entsprechende Literatur, Architektur) und Musik (Klavier und Gitarre) beschäftigt und tue das bis heute ;)

    Besonders in Musik habe ich mir selbst mehr beigebracht, als ich in 13 Jahren Schule gelernt hatte. :D


    Disclaimer: In Sport war es natürlich nicht ganz so krass. Da gab es auch manches, was Spaß gemacht hat auch ohne allzu großes Talent. Aber Turnen...

  • Meine eigene anekdotische Evidenz ist diese: Erst als die schulische Quälerei in Musik, Sport und Kunst vorbei war, habe ich mich freiwillig mit Sport, Kunst (Photographie, Museen, entsprechende Literatur, Architektur) und Musik (Klavier und Gitarre) beschäftigt und tue das bis heute ;)



    Besonders in Musik habe ich mir selbst mehr beigebracht, als ich in 13 Jahren Schule gelernt hatte. :D

    Gilt bei mir auch für Geschichte und Gemeinschaftskunde.


    Die Frage ist m.E. nicht, ob man für alle Fächer Bewertungskriterien finden kann, natürlich kann man. Die Frage ist, ob man immer noch glaubt, Noten wären das einzige, wofür Jugendliche etwas tun würden. Gerade in Sport, wo sich kein Mensch nachmittags auf den Hochsprung vorbereitet.


    Seltsamerweise erwartet man von allen anderen Menschen nach Schulaustritt nicht, dass sie ein Instrument spielen, ein Bild malen oder Joggen gehen, weil jemand anders dafür eine Note abgibt.


  • Ich verstehe deine Punkte, sehe es aber dennoch ein bisschen anders.


    1. Es gibt auch in anderen Fächern Begabungen. Es gibt Kinder, die sich in Mathe schwer tun, anderen fällt es leicht. Keiner käme auf die Idee, die Mathenoten wegzulassen, damit mathematisch schwächere Kinder nicht demotiviert werden.


    2. Sportunterricht kann Freude an Bewegung vermitteln, das stimmt.

    Nun schreibst du selbst, dein Kind hat kein Interesse an Sport und das ist schon seit dem Baby- bzw. Kleinkindalter so. Naja, ist dann eben so. Denkst du wirklich, dass der Sportunterricht da einen Unterschied gemacht hätte, wenn es keine Noten gäbe? Das Problem mit Mannschaftssportarten bliebe ja bestehen.


    3. Wem eine Sportnote etwas bringt? Das beantwortest du selbst. Schüler*innen haben, finde ich, genauso ein Anrecht auf Würdigung ihrer sehr guten Leistung in Sport wie in Mathematik. Dein Kind hat überall gute Noten außer im Sport. Es gibt Kinder, die haben NUR im Sport eine gute Note. Und die willst du ihnen nehmen?

    2 Mal editiert, zuletzt von Kathie () aus folgendem Grund: Layout :-)

    • Offizieller Beitrag

    Ich kann nirtak auch grundsätzlich verstehen - aber möchte einmal seinen letzten Absatz abwandeln. Lasst uns mal "Sport" durch "Mathe" ersetzen.


    Außerdem frage ich mich, wem eine Note in Mathe etwas bringt. Meinem Kind nicht, sie versaut das ganze ansonsten hervorragende Zeugnis. Den geborenen "Mathebegabten" beschert sie einen besseren Gesamtschnitt, das mag ein Vorteil sein. Aber diese Kinder benötigen keinen Antrieb durch eine Note, um Lust auf Mathe zu haben, sie rechnen eh gerne.


    Bzgl. des "kommt zuletzt dran und wird beim Spielen gehänselt" - das ist doof. Aber daran ändert sich auch nichts, wenn es keine Sportnote mehr gäbe.

  • Ich sehe es ähnlich wie Kathie. Gerade in der Grundschule unterrichtet man viele Fächer. Da sieht man auch krasse Unterschiede in den Noten einzelner Schüler. Und es gibt viele Kinder, die in den kognitiven Fächern schlechter sind, aber doch in dem einen oder anderen" musischen" Fach (Kunst, Musik, Sport, Handarbeit, Werken) eine gute bis sehr gute Note haben und da ein positives Gefühl vermittelt bekommen. So lange wir ein leistungsorientiertes Notensystem haben, sollen auch die Leistungen in musischen Fächern - da kann man durch das Praktische einiges herausholen - gewertet werden.


    Auch anekdotisch: Ich habe meine Einser in Musik in der ganzen Schulzeit durchgezogen, das war neben einem anderen Einser-Fach das Fach, wo ich einen garantierten Erfolg hatte, was sich positiv auf meine insgesamte Motivation ausgewirkt hat. Es gab nämlich Fächer, da tat ich mich trotz hohem Arbeitseinsatz ziemlich schwer. Das Musikalische wurde in meinem Elternhaus sehr gefördert - aber ich glaube, dass auch eine gewisse Grundbegabung dazugehört. Mein Mann ist nicht besonders musikalisch und so sind es auch unsere Kinder, trotz versuchter Förderung meinerseits.

  • Außerdem frage ich mich, wem eine Note in Sport etwas bringt. Meinem Kind nicht, sie versaut das ganze ansonsten hervorragende Zeugnis.

    Ich kann deine Argumentation nicht nachvollziehen.


    1. Es gibt SuS, bei denen Sport die einzige gute Note bei einem sonst unterdurchschnittlichen Zeugnis darstellt. Gerade für diese finde ich auch Erfolgserlebnisse und zumindest eine gute Note wichtig.


    2. Es gibt SuS, bei denen die Note in Mathematik oder Französisch oder sonst etwas "das ganze ansonsten hervorragende Zeugnis [versaut]". Vermutlich sogar mehr als bei Sport. Also keine Noten mehr in Mathematik und Französisch?


    3. Es ist auch ein Lernziel, sich selbst realistisch einzuschätzen und mit Schwächen umgehen zu können.

    meiner Meinung nach ist Sport ein wichtiges Fach, wenn es den Auftrag hat, Freude an einer möglichst lebenslangen Bewegung zu vermitteln [...]

    Gerade deshalb ist eine Aussetzung der Benotung ein kontraproduktives Signal. Denn nichts signalisierte SuS und Eltern mehr, dass das Fach nicht so wichtig ist, wie wenn es jetzt plötzlich das einzige ohne Benotung wäre.

    Bei meinem Kind sehe ich leider nicht, dass die Freude am Sport gefördert wird, ganz im Gegenteil. Es geht nur um Leistung und Druck und von individueller Förderung oder gar Differenzierung bekomme ich nichts mit. Das finde ich schade.

    Das tut mir leid, und ich glaube dir das auch, aber das ist natürlich anekdotisch. Ich kenne viele SuS, die, obwohl sie nicht die sportlichsten sind, mit großer Begeisterung am Sportunterricht teilnehmen (natürlich auch anekdotisch).

    Und dieses Argument kann man wie große Teile deines Beitrages auch auf alle Fächer übertragen. Im Mathematikunterricht geht es oft leider auch nur um Leistung und Druck und wenig um individuelle Förderung oder Differenzierung.


    Edit: Ich sehe gerade erst nach dem Absenden, dass Kathie , kleiner gruener frosch und Caro07 alle schon ähnlich geantwortet haben.

  • Was ist das denn für ein seltsamer Diss? Damit sprichst du allen Kollegen dieser Fächer die Kompetenz ab kriteriengeleitet Noten zu vergeben.

    Das war so nicht gemeint, sollte es so herüberkommen, entschuldige ich mich an der Stelle.

    Es ging um einen Teil der Kollegen, den es so in jedem Fach gibt, mir subjektiv höher in den im Threadtitel genannten Fächern vorkommt.

  • Die Diskussion um die Abschaffung der Notengebung in den genannten drei Fächern gab es immer wieder. aber ich sehe es ebenso wie der Verband, dass dann die Akzeptanz der Fächer (weiter) schwindet. Gerade als Fachlehrer in Musik und Kunst hat man es besonders schwer, oft werden diese Stunden zusammen mit Religion an die Randstunden gelegt. So zumindest meine Erfahrungen in Musik - in meinen jüngeren Lehrerjahren habe ich einmal eine Zeitlang Musik in der Hauptschule unterrichtet. Sport musste ich einmal am Nachmittag bei einer völlig unmotivierten Mädchengruppe in der Pubertät unterrichten. Da der Sport mit einer anderen, damals erfahrenen Lehrerin geteilt war, musste ich abwechselnd Bodenturnen (da hatten die Mädchen Null Bock) und Volleyball/Basketball unterrichten. Letzteres ging etwas besser. Da ich eine von drei Sportstunden in dieser Gruppe unterrichtete, war mein Noteneinfluss gering.


    In der Grundschule habe ich in Sport, obwohl es meine eigene Klasse war, immer Schwierigkeiten gehabt, die genauen Lernfortschritte zu dokumentieren und mir zu merken. Das ist einfach eine Überforderung, wenn da die Gesamtklasse von 26 Schülern und mehr herumspringt und man die Sicherheitsbedingungen überwachen muss und sich auf den Unterricht konzentriert. Ich habe dann meistens nach einer Lerneinheit pro Disziplin Noten gemacht und einzelne Schüler oder Gruppen von Schülern etwas vormachen lassen. Da hat man schon gesehen - der eine war besser im Ballspiel (da war die Mitgliedschaft im Verein der Vorteil), aber dann evtl. nicht ganz so gut bei irgendwelchen Sprüngen. Insgesamt rundum sportlich sehr gute Schüler waren dann vielleicht nicht ganz so teamfähig bei Gemeinschaftsspielen. Dennoch haben sich dann letztendlich doch etwas differenzierte Noten herauskristallisiert, allerdings konnte man bei nicht so bewegungsaffinen Schülern die Anstrengungsbereitschaft erkennen. Sport ist in der Grundschule grundsätzlich beliebt, auch bei nicht so sportlichen Kindern.


    In Musik muss man sich nicht auf die Theorie beschränken um eine "gerechte" Note zu finden. Auch da ist es etwas "ungerecht", denn die, die ein Instrument spielen, tun sich wesentlich leichter mit der Musiktheorie, sprich Notenlehre und überhaupt mit dem Notenlesen und den dazugehörigen theoretischen Hintergründen, auch was den Aufbau der Melodieführung betrifft. Wenn man reine Musikgeschichte und Komponistenbilder, auswendig gelernte Musikstile abhört, dann ist das eine kognitive Leistung, bildet aber den Musikunterricht nur halb ab. Referate sind für jeden machbar.

    Musik ist aber auch ein praktisches Fach. Man kann in der Grundschule praktische Elemente, die jeder leisten kann und die zum Musikunterricht dazugehören, benoten. Ich habe gerne einmal Rhythmen eingeübt und diese abgehört. (Hier konnte man schon unterschiedliche rhythmische Begabungen sehen, aber ganz schlecht ist nach einer gewissen Übung niemand, im Gegensatz zu kognitiven Arbeiten.) Oder ich habe Schüler zu Musik kreativ tanzen lassen und dies benotet. Einzeln vorsingen habe ich in der Grundschule nie etwas lassen - mit der Zeit merkt man, wer stimmlich ziemlich sicher ist. In meinen früheren Jahren in der Hauptschule habe ich die Schüler wählen lassen, was sie als "Kür" machen wollen, um eine praktische Note zu erhalten: einen kleinen Text mit Orff gestalten, etwas vorsingen oder auf dem eigenen Instrument etwas vorspielen. Eigenes Instrument oder vorsingen wären heute wahrscheinlich umstritten.

  • Diese Liste (pdf) mit 10 Bewertungskriterien (Grundschule) für den Kunstunterricht ist mittlerweile 20 Jahre alt. Im Grunde sind die Kriterien für alle Gestaltungsaufgaben gültig, wobei die Schwerpunktsetzung je nach Thema natürlich unterschiedlich ist.

    Die Idee, einzelne Fächer (hier die musischen) von der Notengebung auszunehmen, halte ich für völlig unsinnig - solange überhaupt Schulnoten vergeben werden. Als Kind/Jugendlicher fand ich den Sportunterricht auch nicht prickelnd... Aber dass sich auch dort - wie in allen anderen Fächern - eine Begabung aud die Noten auswirkt, fand und finde ich okay und nicht diskriminierend. Natürlich darf das nicht stärkstes Kriterium sein, und als Lehrkraft muss man sich das immer wieder vor Augen halten.


    Das folgende Zitat aus der oben verlinkten Stellungnahme finde ich durchaus interessant:

    Notengebung ist eine hoheitliche Aufgabe und begründet somit auch den Beamtenstatus von Kunstlehrer*innen. Sollte diese Aufgabe nicht mehr bestehen, kann Kunstunterricht auch von Quer- und Seiteneinsteiger*innen mit wesentlich geringerer Entlohnung durchgeführt werden und damit den Lehrkräftemangel verschleiern. Hier macht sich Thüringens Bildungsmister Holter mehr Gedanken über Kürzungspotenziale zur Sanierung seines Haushalts als über eine zukunftsfähige und ganzheitliche Bildung seiner Landeskinder.

    Ernstgemeinte Frage: Dürfen in Thüringen angestellte, nicht verbeamtete Lehrkräfte keine Noten geben?

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