Mit eigenen Fehlern umgehen

  • So mache ich das auch, ich habe es auch bildlich, räumlich vor Augen.

    Mein Gymkind rechnet wirklich Minus und ich kann es überhaupt nicht verstehen, ist doch viel schwieriger. Nein, findet es. Komische Kinder!

    Mein Töchterlein macht*s grad bei Textaufgaben mit Brüchen so. Sie findet eigene Lösungswege. Gleichzeitig ist sie aber irritiert, dass der Lehrer andere Wege als Lösung vorstellt.

  • Mein Töchterlein macht*s grad bei Textaufgaben mit Brüchen so. Sie findet eigene Lösungswege. Gleichzeitig ist sie aber irritiert, dass der Lehrer andere Wege als Lösung vorstellt.

    Lehrer sind doof.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Schrift transportiert Information. Das funktioniert nur so lange sie auch für andere lesbar ist. O_o

    Lesbar ist nicht dasselbe wie schön.

    Ich bin sicher, dass dir das auch klar ist.

  • Mein Gymkind rechnet wirklich Minus und ich kann es überhaupt nicht verstehen, ist doch viel schwieriger

    Gefühlt, eben. Ich bin jetzt bewusst einige Beispiele im Kopf durchgegangen, ich subtrahiere immer scheibchenweise erst die Zehner und dann den Rest. Gefühlt total logisch. 8)

  • Und wieso?


    Ich finde es wichtig, dass man versteht, dass wenn Media Markt die "Mehrwertsteuer erlässt" man nicht 19% weniger bezahlt. Aber die genannte Rechnung ohne Taschenrechner zu machen ist doch völlig Banane.

    Das ist keine mathematische Fragestellung sondern eine kaufmännische. Brutto und Netto sind kaufmännische Definitionen, der Mathe ist es egal, wie du da die 100 % festlegst. Du gestehst damit ein, dass dir der mathematische Algorithmus, aka Rechenweg, wurscht ist. Das finde ich als Naturwissenschaftlerin fatal.

  • Ich würde mich dann gerne mit der physikalischen bzw chemischen Plausibilität des Ergebnisses weiter beschäftigen. Erst dann bekommt die Zahl für mich überhaupt eine konkrete Bedeutung.

    Wenn das passiert, dann ist es gut. Das tut es aber häufig nicht. Da wird wild irgendwas gerechnet und sich mit dem offensichtlich falschen Ergebnis zufriedengegeben, weil man ja genau das gemacht hat, was vorgegeben ist und das Ergebnis deshalb richtig sein muss. Lehrer hat keine Zeit, dagegen zu arbeiten. Top. Hauptsache irgendwas auswendig gelernt.

  • Nee, Lehrer hat keine Zeit, weil Schüler am Algorithmus scheitert. Meine Schüler sind zu Beginn immer ganz erstaunt, dass ich für ein falsches Ergebnis in der richtigen Grössenordnung nicht mal Punkte inner Prüfung abziehe. Ob sich nun 50 g Kochsalz in nem Liter Wasser gelöst haben oder 60 g, ist mir wumpe. Ich weine ein ganz kleines bisschen, wenn es 700 kg (doppelt unterstrichen!) sind.

  • Die Diskussion ist müßig, es gibt Mathedidaktik für den Primarbereich, natürlich ist die nicht dieselbe wie vor 30 Jahren und auch nicht dieselbe wie die für Englisch oder sonst ein Fach. Das kann man doof finden, aber weiß es deswegen halt trotzdem nicht besser.

  • Es geht ja kaum um die Didaktik, sondern um Rechenwege Erwachsener, selbst Mathe-Lehrende.

    Ich finde es spannend, gerade weil es zeigt, dass es nicht den einen Weg gibt und auch gar nicht bei allen nach ähnlicher Didaktik gleiches verfängt.


    Wer erinnert sich an etwas aus dem eigenen Ma-Unterricht in der GS und kann darauf Rechenwege zurückführen?

  • Was mich auch interessiert:

    Muss es das eine Verfahren sein oder könnt ihr damit leben, dass das Verfahren anders aussieht, wenn das Ergebnis stimmt?

    Müssen Ukrainer:innen umlernen oder schreiben sie ihren Weg auf andere nachvollziehbare Weise auf?

    Ab wann ist der Rechenweg bei einfacheren Aufgaben nicht mehr im Fokus?

  • Was mich auch interessiert:

    Muss es das eine Verfahren sein oder könnt ihr damit leben, dass das Verfahren anders aussieht, wenn das Ergebnis stimmt?

    Müssen Ukrainer:innen umlernen oder schreiben sie ihren Weg auf andere nachvollziehbare Weise auf?

    Ab wann ist der Rechenweg bei einfacheren Aufgaben nicht mehr im Fokus?

    Die Ukrainerin in meiner kleinen Sprachfördergruppe schreibt bereits bei drei Summanden (schriftliches Addieren) erstmal zwei Summanden auf. Unterm dem Strich notiert sie deren Summe und darunter den dritten Summanden.

    Finde ich völlig OK, obwohl wir es den Kindern so nicht zeigen.


    Wir haben leider keine Kinder, die schriftliches Subtrahieren, Malnehmen oder Teilen bereits in der Ukraine gelernt hätten … mit den halbschriftlichen Rechenverfahren fremdeln sie etwas. Sie rechnen ziemlich viel und ziemlich sicher im Kopf. Da erwarte ich jetzt schon, dass sie mir auch mal Rechenwege aufschreiben und auch mal überschlagen, obwohl sie das Überschlagen gerne weglassen und mir gleich das Ergebnis sagen möchten.


    Meiner Erfahrung nach werden in der Ukraine schon früher schwierige Aufgaben gerechnet, einige Kinder bekommen wohl in der Grundschule schon die Potenzschreibweise vermittelt. Dafür fehlt das Entdeckende, Reflektierende dort wohl so ziemlich.

  • Was mich auch interessiert:

    Muss es das eine Verfahren sein oder könnt ihr damit leben, dass das Verfahren anders aussieht, wenn das Ergebnis stimmt?

    Natürlich gibt es (zumindest bei mir) volle Punkte , wenn das Ergebnis stimmt nur anders gerechnet wurde.

  • Was mich auch interessiert:

    Muss es das eine Verfahren sein oder könnt ihr damit leben, dass das Verfahren anders aussieht, wenn das Ergebnis stimmt?

    Klar. Ein Schüler multipliziert mit dem Malkreuz. Seine Eltern sind italienischer und griechischer Abstammung. Ich meine auch schon türkische Kinder gehabt zu haben, die lieber so multiplizierten, von daher denke ich, dass es in anderen Ländern gebräuchlicher ist als bei uns. Ich habe es meinen anderen Schülern auch als Alternative gezeigt, aber es wurde sonst von niemandem angenommen.

  • Was mich auch interessiert:

    Muss es das eine Verfahren sein oder könnt ihr damit leben, dass das Verfahren anders aussieht, wenn das Ergebnis stimmt?

    Müssen Ukrainer:innen umlernen oder schreiben sie ihren Weg auf andere nachvollziehbare Weise auf?

    Ab wann ist der Rechenweg bei einfacheren Aufgaben nicht mehr im Fokus?

    Meine oben erwähnten exemplarischen 700 kg Kochsalz in 1 Liter Wasser rühren daher, dass SuS nicht in der Lage sind Gleichungssysteme richtig umzustellen. Auf gar keine Weise, sonst käme ja ein richtiges Ergebnis raus. Weil sie in der Mittelstufe z. B. "lernen" Dreiecke zu malen wenn es um eine simple Beziehung zwischen drei physikalischen Grössen geht. Das hat mit Didaktik nichts zu tun und ist auch kein "Verfahren", das ist Hokuspokus. Es ist auch kein anderes Verfahren, wenn jemand mit einem Zwischenschritt rechnet oder zwei Rechenoperationen vertauscht. Die Mathe dahinter bleibt exakt die gleiche. Der Rechenweg an sich ist *immer* im Fokus, ich will wissen, wie der Schüler zum Ergebnis kam. Und... Ich unterrichte gar keine Mathe. Ich muss mich einfach mit jeder Notation, die von SuS so gewählt wird, irgendwie auseinandersetzen und nachvollziehen ob sie in sich stimmig ist. Vor allem in Physik habe ich einfach das Problem, dass ich auf das Werkzeug Mathe zwingend angewiesen bin und mit meinen Fachinhalten nicht mehr weiter komme, wenn Jugendliche die "Sprache" nicht verstehen. Sprache trifft es eben sehr gut. Wenn ich da jedes Mal erst drüber nachdenken muss, wie jetzt die Verben konjugiert werden und der Satzbau funktioniert, komme ich nie zum Sprechen. Das muss auf einem gewissen Niveau einfach funktionieren. Mathe ist als Anwendung in den Naturwissenschaften an der Schule meistens ziemlich primitiv. Da ist einfach keine Zeit und kein Platz für grosses Rumphilosophieren. Es geht ja eben gar nicht um Mathe an sich.

  • Ein Schüler multipliziert mit dem Malkreuz

    Genau sowas verbuche ich unter Hokuspokus. Wenn das Kreuz oder das T oder das Dreieck fehlt, verstehen diese SuS überhaupt nicht mehr, was sie eigentlich tun. In der weiterführenden Schule werden den Zahlen in den Naturwissenschaften Bedeutungen zugeordnet und die Jugendlichen erkennen nicht, an welchem Ort in egal welchem Hokuspokus-Schema die jeweilige Zahl einzufügen ist. Wenn ich z. B. eine Verhältnisrechnung notiere, wähle ich ein x als Platzhalter für den Wert, den ich ausrechnen will. Meine Jugendlichen finden im ersten Jahr am Gymnasium immer, sie hätten das aber nicht so kompliziert gelernt. Sie malen eben Ts und Dreiecke. Ausrechnen kann's dann keiner, was ich von ihnen will, weder mit dem T, noch mit dem Dreieck, noch mit dem x. Es fehlt meist komplett das Verständnis für die Rechenoperation. Ich bereite aber auf ein Hochschulstudium vor, das ist mein Lehrauftrag. Und an der ETH werden nun mal keine Dreiecke und Ts und Kreuze gemalt, egal was irgend ein schlauer Primarschuldidaktiker sich so ausgedacht hat.

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