Könnte ich nicht zum Schuldienst zugelassen werden?

  • Hallo zusammen,


    Ich bin Lehramtsstudentin und mache mir derzeit ziemlich viele Gedanken wegen der gesundheitlichen Untersuchung, der man sich vor dem Referendariat unterziehen muss.

    Bis vor ca. 2 Jahren habe ich eine Psychotherapie aufgrund meiner Depressionen gemacht, die auch mehrere Jahre gedauert hat. Seitdem ich jedoch von Zuhause ausgezogen bin und auf eigenen Beinen stehen kann, geht es mir psychisch sehr viel besser und ich habe auch keine depressiven Symptome mehr. Die Eigenständigkeit im Studium und die Tatsache, dass ich endlich alleine wohnen kann haben mir so gut getan, dass ich sogar meine Antidepressiva absetzen konnte. Der Lehrerberuf ist ein Traum für mich und ich genieße meine Zeit in den Praktika sehr. Jedoch habe ich das Problem, dass ich vor einigen Jahren aufgrund einer akuten psychischen Krise, bei der eine Eigengefährdung eine Rolle gespielt hat, in eine psychiatrische (geschlossene) Klinik eingewiesen wurde. Das ist zwar bereits einige Jahre her, aber ich habe trotzdem Angst, dass ich deswegen bei der Gesundheitsprüfung beim Amtsarzt evtl. als nicht geeignet für den Lehrerberuf eingestuft werde. Zum Zeitpunkt des Besuches beim Amtsarzt dürfte dieses Ereignis etwa 7 Jahre her sein. Die Verbeamtung war für mich eigentlich kein allzu großes Thema, weil ich dachte, dass ich aufgrund meiner Diagnose und Therapie ohnehin nicht verbeamtet werde und habe mich eigentlich auch schon darauf eingestellt, als angestellte Lehrkraft zu arbeiten. Aber dass mein ganzes Studium, das ich zur Hälfte bereits fertig habe, völlig 'umsonst' war, würde mich wirklich sehr ärgern. Habt ihr Erfahrungen, weswegen jemand nicht zum Schuldienst bzw. zum Referendariat zugelassen wurde?


    Liebe Grüße, Anonym75.

  • Eine Verbeamtung dürfte ohne GdB bei der Hintergrundgeschichte zwar unwahrscheinlich sein, ich sehe aber nichts, was per se gegen eine Tätigkeit als Lehrkraft im Angestelltenverhältnis sprechen würde. Lass dich, wenn du dich irgendwann mit der Anmeldung zum Ref beschäftigst, von deiner örtlichen Schwerbehindertenvetretung (bei deiner Gewerkschaft oder deinem örtlichen PR oder auch deinem Schulamt) noch einmal beraten, um ggf. erforderliche Atteste deiner behandelnden Fachärzte zur Entlastung des Amtsarztbesuches vorbereiten zu können.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Das stimmt nicht, lieber CDL.

    Nach neuer Rechtsprechung steht nichts entgegen, wenn alles ausgeheilt ist.

    Nur das "komplett ausgeheilt" bei über mehrere Jahre behandlungsbedürftigen Depressionen, die medikamentös eingestellt werden mussten und mit akuter Selbstgefährdung einhergegangen sind zumindest statistisch gesehen seltener vorkommt als Rezidive. Wobei ich der TE von Herzen wünsche, dass sie tatsächlich vollständig genesen konnte. und dies dann auch einfach nachweisen kann zum Zeitpunkt des Amtsarztbesuches. 2 Jahre therapiefrei dürften aber noch verfrüht sein für so eine Aussage. :)

    Sollte es aber tatsächlich Rezidive geben, sollte die TE einen GdB beantragen. Der macht es etwas leichter mit so einer Diagnose im Schulalltag zu leben und kann am Ende auch die Basis für eine Verbeamtung sein, so der Schuldienst an sich nicht das potentiell krankmachende Element wäre.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Habt ihr Erfahrungen, weswegen jemand nicht zum Schuldienst bzw. zum Referendariat zugelassen wurde?

    Dass jemand aufgrund einer vergangenen Erkrankung nicht zum Ref zugelassen wurde hab ich noch nie gehört.


    Die Frage ist, ob es was mit dem Beamtenverhältnis wird und das kann keiner glaskugeln. Die Wahrscheinlichkeit ist höher als noch vor einigen Jahren aber versprechen kann dir niemand etwas, das entscheidet der Amtsarzt. Aber auch dagegen könnte man vorgehen. Ich würde darüber nachdenken, jetzt schon in eine Gewerkschaft einzutreten, falls du zu gegebener Zeit Unterstützung brauchen solltest.

  • Geh offensiv damit um. Lass dir vor der Untersuchung Bescheinigungen von Ärzten über deinen aktuellen, hoffentlich stabilen Zustand geben und drücke sie dem Amtsarzt gleich proaktiv in die Hand.

    Mach kein Geheimnis draus und steh dazu.


    Bei mir hats in zwei Bundesländern mit der Verbeamtung, obwohl mir auch viele gesagt hatten bei meiner Vorgeschichte wird's eher schwer.

  • Theoretisch gibt es übrigens auch für das Tarifbeschäftigtenverhältnis eine Gesundheitsprüfung, die sogar härter sein kann als diejenige im Beamtenverhältnis (weil der Betroffene weniger Rechte hat). Wie gesagt, theoretisch.....(in Berlin war die sehr weitreichende Form ein Zankapfel zwischen Senatsverwaltung und Beschäftigtenvertretungen, sie wird dort aber nicht konsequent umgesetzt)


    Von daher ist der Threadtitel nicht ganz verfehlt, aber im Wesentlichen geht es nicht darum, ob Du zum Lehrerberuf zugelassen wirst, sondern ob Du dann in ein Beamtenverhältnis übernommen wirst.


    Und wenn die Sachen soweit zurückliegen.......zudem kannst du als Tarifbeschäftigter ohne Angabe eines Grundes in der halbjährigen Probezeit umstandslos gekündigt werden (das ist viel, viel einfacher als bei einem Beamter auf Probe) und auch danach....(im Vergleich zu einem Lebenszeitbeamten). Der Arbeitgeber geht also nur ein (im Vergleich zum Beamten) relativ geringeres Risiko ein.


    Eine Gesundheitsprüfung vor dem Referendariat nehmen übrigens die meisten Bundesländer nicht vor....(bzw. behandeln das sehr großzügig).

  • Dann würde ich lieber auf den Lehrerberuf verzichten. Nichts macht depressiver als die gleiche Arbeit wie die Kollegen für deutlich weniger Geld zu verrichten. Das wäre die Realität im Angestelltenverhältnis.

    • Offizieller Beitrag

    Das Referendariat ist Teil der Ausbildung - das wird man Dir nicht verwehren (können).


    state_of_Trance hat allerdings mit seiner Anmerkung nicht ganz unrecht. Hinzu kommt natürlich noch der Aspekt, dass der Beruf psychisch sehr belastend ist und die Frage bleibt, inwieweit Du mit der Diagnose und der Therapie mittlerweile so stabil bist - und vor allem bleibst! - dass Du das Referendariat und im Anschluss die volle Stelle "überlebst".


    Das Referendariat ist eine sehr stressige, sehr belastende Zeit mit Phasen des Ausgeliefertseins und der Abhängigkeit von KollegInnen, Fachleitungen und Schulleitung. Die augenscheinlich psychisch gesunden LehramtsanwärterInnen an meiner Schule berichten immer wieder, wie belastend die Situation für sie ist.


    Der Wille, LehrerIn zu werden, ist das eine. Die psychische und physische und mentale Konstitution ist aber letztlich das Entscheidende. Diese müssen vorhanden sein, ansonsten ist der Beruf nicht zu schaffen.

  • Hallo zusammen, vielen Dank für Eure aufschlussreichen und ehrlichen Antworten.

    Würde es Sinn machen, nach dem Studium eine Pause für ein oder zwei Jahre zu machen, bevor ich mit dem Referendariat anfange und damit zum Amtsarzt gehe? Dann wären diese Ereignisse ja noch länger her. Stehen die Chancen dann besser, oder müssen das immer diese 5 oder 10 Jahre sein?

  • Das kann ich nicht sagen; prinzipiell finde ich solche Pausen aber eher ungünstig. Aber bist du denn wirklich sicher, dass du in deinem Bundesland schon vor dem Referendariat zur amtsärztlichen Untersuchung musst? In NDS bspw. ist das nicht der Fall.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo zusammen, vielen Dank für Eure aufschlussreichen und ehrlichen Antworten.

    Würde es Sinn machen, nach dem Studium eine Pause für ein oder zwei Jahre zu machen, bevor ich mit dem Referendariat anfange und damit zum Amtsarzt gehe? Dann wären diese Ereignisse ja noch länger her. Stehen die Chancen dann besser, oder müssen das immer diese 5 oder 10 Jahre sein?

    Ich glaube, dass Du die eigentliche Problematik nicht erfasst hast. Es geht nicht darum, wie lange die Therapie her ist - das mag für eine Dienstunfähigkeitsversicherung von Belang sein. Es geht darum, ob Du vor dem Hintergrund Deiner Vorbelastung und Deiner psychischen und physischen Disposition dazu in der Lage bist, den Beruf dauerhaft auszuüben. Diese Frage (und eine entsprechende Antwort darauf, die nur Du selbst und ggf. Experten Dir geben können) halte ich für viel entscheidender, weil sie die nächsten 30 bis 40 Jahre betrifft bzw. betreffen kann.

  • Ja, klar ist das die Verbeamtung auf Widerruf. NDS ist aber eines der Bundesländer, wo man nur einmal - und zwar nach dem Ref. (zur Verbeamtung auf Probe) - zum Amtsarzt/zur Amtsärztin muss. Da scheint dein BL aber wohl nicht dazuzugehören; schade :( .

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

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