Diskussion über Kopftuch unter Schülern

  • Der Punkt ist doch die Rosinenpickerei.

    Den einen gesteht man eine Kopfbedeckung aus religiösen/weltanschaulichen Gründen zu, den anderen spricht man eine Religion/Weltanschauung, die eine Kopfbedeckung vorschreibt, ab.

    Und ja, ich schreibe hier bewußt auch Weltanschauung, weil wir im GG eben auch eine Weltanschauungsfreiheit garantiert haben.

    Wenn mir meine Weltanschauung gebietet, meine Platte mit 'nem Hut zu bedecken, dann will ich die genauso wahrnehmen können, wie das eben jene, die ihr Begehren mit religösen Anschauungen begründen.


    Und ja, man auch sagen es gehört sich nicht, in geschlossenen Räumen Kopfbedeckung zu tragen, quasi als Benimmregel. Aber dann gilt die eben auch für alle.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Wow, so viel Debatte und Feedback in so kurzer Zeit... Vielen Dank. Ich war mir erst selbst unsicher, ob ich da nicht zu viel darüber nachdenken, aber die rege Diskussion zeigt schon, wie vielschichtig das Thema ist.


    Tatsächlich ist an meiner Schulart die langfristige Vorbereitung der Jugendlichen auf die Berufswelt wichtig und wer mit Kapuze zum Bewerbungsgespräch erscheint, hat schlechte Karten. Dass beim hippen Startup der Chef mit Cap im Meeting sitzt, mag sein. Unsere Schüler orientieren sich meist aber in klassischere Ausbildungsberufe, wo die Personaler oft noch auf den Knigge pochen.


    Nicht nachvollziehbar ist mir der Rassismusvorwurf. Seit wann ist der Islam eine Rasse bzw. Ethnie? Es gibt Muslime von Indonesien über Russland bis nach Marokko.

  • Tatsächlich ist an meiner Schulart die langfristige Vorbereitung der Jugendlichen auf die Berufswelt wichtig und wer mit Kapuze zum Bewerbungsgespräch erscheint, hat schlechte Karten. Dass beim hippen Startup der Chef mit Cap im Meeting sitzt, mag sein. Unsere Schüler orientieren sich meist aber in klassischere Ausbildungsberufe, wo die Personaler oft noch auf den Knigge pochen.

    Aber das gelingt nicht mit einem Pauschalverbot für Kopfbedeckungen. Lieber besprechen, welche Außenwirkung man damit bei verschiedenen Menschen erzeugt, welche Konventionen in welchen Lebensbereichen vorherrschen können, dass es Unternehmenskulturen gibt, etc. als einfach zu sagen "Wir tragen keine Mütze, ihr sollt doch ’nen Job finden". Und dann halte ich es auch für vertretbar, wenn ein Schüler sagt, dass er die Kappe trotzdem aufbehält, weil ihm das in dem konkreten Fall wichtiger ist. Wie du das und wie ihr das an der Schule handhabt, kann natürlich von meiner Idealvorstellung abweichen, aber dass man sich damit Arbeit macht ist ja auch der Grund weshalb du hier schreibst.


    Rassismus muss sich nicht auf eine sogenannte Rasse oder Ethnie beziehen. Antimuslimischer Rassismus ist ein Problem in dieser Gesellschaft und das andere das ansprechen sollte zumindest nicht verwundern.

  • Die Bundeszentrale für politische Bildung zeigt auf, dass die Definition des Begriffes "Rassismus" nicht ganz eindeutig ist. Eine systematische Benachteiligung aufgrund von Glaubenszugehörigkeit vermag ich hierbei jedoch nicht herauszulesen. Eine Form von Diskriminierung ist es sicherlich, aber ich denke, dass der Begriff "Rassismus" hier nicht passend ist und "Sexismus" vermutlich auch nicht.


  • Wenn jemand / eine Frau entscheidet, ihrer Religiösität im Tragen einer Kopfbedeckung Ausdruck zu geben, ist es unglaublich übergriffig, es an der Stärke des Make-Ups zu messen und zu bewerten.

    Nun ja, ich dachte, Frauen tragen Kopftücher, um sich vor neugierigen Blicken der Männer zu schützen. Wenn ich nicht auffallen will, trage ich doch keine aufreizenden Kleider und schminke mich eher dezent. Daher geht das Kopftuch für mich schlecht mich bauchfreiem Top, Minirock und starker Schminke zusammen, bzw. nehme ich die religiöse Motivation nicht ganz ab. Die sind einfach stolz, mit ihrem Kopftuch zu ihrer Peer-Group zu gehören, aber von mir aus kann jeder auf dem Kopf tragen, was er will.

  • Die Bundeszentrale für politische Bildung zeigt auf, dass die Definition des Begriffes "Rassismus" nicht ganz eindeutig ist. Eine systematische Benachteiligung aufgrund von Glaubenszugehörigkeit vermag ich hierbei jedoch nicht herauszulesen. Eine Form von Diskriminierung ist es sicherlich, aber ich denke, dass der Begriff "Rassismus" hier nicht passend ist und "Sexismus" vermutlich auch nicht.

    Der Begriff Rassismus ist eben schwierig. Deshalb hat die bpb ja auch einen Beitrag zum antimuslimischen Rassismus.

    Nun ja, ich dachte, Frauen tragen Kopftücher, um sich vor neugierigen Blicken der Männer zu schützen. Wenn ich nicht auffallen will, trage ich doch keine aufreizenden Kleider und schminke mich eher dezent. Daher geht das Kopftuch für mich schlecht mich bauchfreiem Top, Minirock und starker Schminke zusammen, bzw. nehme ich die religiöse Motivation nicht ganz ab. Die sind einfach stolz, mit ihrem Kopftuch zu ihrer Peer-Group zu gehören, aber von mir aus kann jeder auf dem Kopf tragen, was er will.

    Das mag für einige Kopftuchträger so gelten, für andere gibt es andere Gründe. Ich würde mir aber nicht anmaßen, die Motivation zu hinterfragen. Wieso sollte mir das zustehen? Ich nehme es zur Kenntnis, aber erlaube mir daraus noch kein Urteil über Menschen, ihre Gottesfürchtigkeit, ihrer Ernsthaftigkeit im Glauben, etc.

  • Aber ich bin zugegeben nicht firm im Koran.

    Das Kopftuch bzw. ein Gebot, die Haare zu bedecken, finden sich meines Wissens nicht im Koran.


    Im Gegensatz zur Bibel:

    Zitat von 1. Korinther 11, 4-7

    Jeder Mann, der betet oder prophetisch redet und dabei sein Haupt bedeckt hat, entehrt sein Haupt. Jede Frau aber, die betet oder prophetisch redet und dabei ihr Haupt nicht verhüllt, entehrt ihr Haupt. Sie unterscheidet sich dann in keiner Weise von einer Geschorenen. Denn wenn eine Frau sich nicht verhüllt, soll sie sich doch gleich scheren lassen. Ist es aber für eine Frau eine Schande, sich die Haare abschneiden oder sich kahl scheren zu lassen, dann soll sie sich auch verhüllen. Der Mann darf sein Haupt nicht verhüllen, weil er Bild und Abglanz Gottes ist; die Frau aber ist der Abglanz des Mannes.

  • Das Kopftuch bzw. ein Gebot, die Haare zu bedecken, finden sich meines Wissens nicht im Koran.

    Ich bin im Koran ebenfalls nicht firm, allerdings wird die Verhüllung der Frau durchaus thematisiert, was ich bei meiner Recherche herausgefunden habe:

    O Prophet, sag deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen etwas von ihrem Überwurf über sich herunterziehen. Das ist eher geeignet, daß sie erkannt und so nicht belästigt werden. Und Allah ist Allvergebend und Barmherzig.

    • Offizieller Beitrag

    Irgendwie wollte ich den Fass von anderen Religionen aufmachen (Danke für die Ergänzung, Plattenspieler!), aber orthodoxe Jüdinnen decken sich auch das Haar / den Kopf in einigen Situationen. Die baptistischen Mütter haben auch immer eine Kopfbedeckung.
    Es scheint mir eher mit der Beziehung zum jeweiligen Gott zusammenzuhängen.

  • Natürlich, das gilt nicht für alle.


    Aber andersherum: Sind denn alle Muslima ohne Kopftuch ungläubig? Ich kenne einige, die kein Kopftuch tragen und die halte ich durchaus für gläubig.

    Natürlich, man kann mit und ohne Kopftuch gläubig sein. Daraus kann man aber nicht ableiten, dass man von einer Muslima erwarten kann, auf das Kopftuch zu verzichten. Diese Entscheidung ist wie jede religiöse Entscheidung hochindividuell.

  • Natürlich, man kann mit und ohne Kopftuch gläubig sein.

    Das musste wohl mal gesagt werden...

    ...

    Denn wenn eine Frau sich nicht verhüllt, soll sie sich doch gleich scheren lassen. Ist es aber für eine Frau eine Schande, sich die Haare abschneiden oder sich kahl scheren zu lassen, dann soll sie sich auch verhüllen. Der Mann darf sein Haupt nicht verhüllen, weil er Bild und Abglanz Gottes ist; die Frau aber ist der Abglanz des Mannes.


    Tja, da kann man mal wieder sehen, was sich Religionen alles

    anmaßen

    .

  • Beim Pauluszitat geht es aber vorrangig um Frauen und Männer beim Gebet, nicht im Leben überhaupt. Darum gibt es in allen Konfessionen konservative Gruppen, bei denen Frauen im Gottesdienst den Kopf bedecken.

    Es könnte alles so einfach sein - ist es aber nicht.

  • state_of_Trance : Mit den Muslimen in meinem Bekanntenkreis unterhielt ich mich, jetzt wo du es sagst, noch nie über deren Glauben. Irgendwie spielte das nie bei uns eine Rolle, sondern eher die Interessengebiete, die uns verbanden. Intuitiv würde ich aber sagen, dass die Muslime in meinem Bekanntenkreis äußerlich eher westlich/liberal orientiert sind.

  • Das Kopftuch bzw. ein Gebot, die Haare zu bedecken, finden sich meines Wissens nicht im Koran.


    Im Gegensatz zur Bibel:

    Du weißt aber, dass die Briefe an bestimmte Personen mit bestimmten Problemen geschrieben wurden und nicht alles allzeit allgemein gültig sein sollte?


    Vor Ort gab es das Problem, dass nur Prostituierte etc. ihre Haare zeigte, deshalb der Brief von Paulus. Außenstehende sollten zum Glauben finden und sich nicht über Nebensächlichkeiten aufregen. Heute hat das Ansehen der Kopfbedeckung bei uns gewandelt.


    Paulus schrieb nämlich ebenfalls an die Korinther kurz vor deinem Zitat


    "DER ERSTE BRIEF DES PAULUS AN DIE KORINTHER (1.Kor 9,20-22)

    20Den Juden bin ich wie ein Jude geworden, damit ich die Juden gewinne. Denen, die unter dem Gesetz sind, bin ich wie einer unter dem Gesetz geworden – obwohl ich selbst nicht unter dem Gesetz bin –, damit ich die, die unter dem Gesetz sind, gewinne.

    21Denen, die ohne Gesetz sind, bin ich wie einer ohne Gesetz geworden – obwohl ich doch nicht ohne Gesetz bin vor Gott, sondern bin in dem Gesetz Christi –, damit ich die, die ohne Gesetz sind, gewinne.

    22Den Schwachen bin ich ein Schwacher geworden, damit ich die Schwachen gewinne. Ich bin allen alles geworden, damit ich auf alle Weise einige rette."


    Zeiten ändern sich und damit Äußerlichkeiten.


    Allgemein

    Dass man Aussagen nicht aus dem Zusammenhang reißen sollte, wenn man sie nicht in das Gegenteil verkehren will, sieht man auch hier im Forum. Regelmäßig wird von einigen bewusst ein Satz zitiert (und der Rest weggelassen), um den ursprünglichen Beitrag in anderem Licht darzustellen (höflich ausgedrückt), ich nenne dies weniger höflich Lüge.


    Kopftuch steht zwar nicht im Koran, es gibt aber zusätzliche Schriften und Auslegungen aus der Frühzeit, in denen es erwähnt wird. Mohammed soll in späteren Jahren sehr eifersüchtig gewesen sein und seine (zweite?) junge Frau abgeschirmt haben (seine erste älter war sehr selbstständig und hätte dem nie zugestimmt). Auch im Christentum kamen erst später Frauenfeindlichkeit auf (Folge der damaligen Zeit, heute löst dies das Gegenteil aus, stößt Menschen vom Glauben ab (und widerspricht dem Urglauben).


    Es gibt die schöne Überlieferung, dass bei der 1. Bibelübersetzung im 3. Jahrhundert unter den 12 Übersetzern 2 Frauen waren (Mutter und Tochter) zu einer Zeit, in der nur wenige Frauen gebildet waren. Vor ca. 50 Jahren wurde wieder einmal neu übersetzt, unter den ca. 300 Übersetzern war keine Frau. Ursprünglich war das Christentum sehr frauenfreundlich, die Unterdrückung kam wie bei den Muslimen erst später.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Ich würde übrigens Kopftuch etc. nie (an Gymnasien etc.) verbieten, weil sonst die Mädchen aus streng auslegenden Familien nach der 10. Klasse abgemeldet werden und kein Abitur machen dürfen. Dann schaden wir den Mädchen noch mehr. Nach dem Abitur sind sie erwachsen und können eher selbstständig entscheiden.


    Und ja, ich kenne auch Familien, in denen die muslimischen Eltern (auch Vater) unglücklich über die Entscheidung der Tochter sind, Kopftuch zu tragen. Dann sollen wir uns auch nicht einmischen.

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