Maßnahmen zur Unterrichtsversorgung NRW (Grundschule und Sek I Schulen)

  • Ich spreche aber vom Seiteneinstieg, in NRW auch OBAS genannt. Ich sehe doch deutliche Unterschiede in der Öffnung dieses dauerhaften Zugangs zum Lehramt und zur temporären und grundsätzlich zeitlich befristeten Vertretungsstelle.

    Ohne Seiteneinstieg gebe es heute keine Berufsbildenden Schulen. Der Anteil im technischen Bereich liegt an unserem BK bei 90%.

    P.S.: wenn ich mal so an meine Unizeit und mein Ref zurückdenke, kann ich auch mit Fug und Recht sagen, dass die Uni-Zeit mir in der Schule nichts nützt. Das Ref schon. Ich habe die Hoffnung, dass es beim OBAS genauso ist. (Vielleicht könnten sich OBASler aufgrund ihrer Erfahrung da einmal zu äußern.)

    Ja, ich kann dazu wirklich etwas beitragen. Ich habe den Seiteneinstieg nach dem FH-Erlass gemacht. Heißt: Ich bin mit FH-Diplom an die Schule gekommen. Habe eine halbe Stelle unterrichtet und zeitgleich an der Uni nachstudiert (bei mir war es noch das Staatsexamen). Ich musste die Didaktik Staatsprüfung und eine Staatsprüfung in einem Fach machen. Das andere wurde mir sozusagen anerkannt. Anschließend OBAS = berufsbegleitendes Referendariat.

    Das echte Unterrichten habe ich dank meiner hervorragenden Fachleiterin und der Notwendigkeit, sich vertieft mit der Analyse der Lerngruppen, Wirkung von Methoden, handlungsorientiertem Unterricht .............. auseinanderzusetzen. Deswegen unterstütze ich weiterhin das System OBAS, auch wenn es ein bißchen stresstest ist und man sicher daran was ändern kann. Jedoch haben wir auch schon diverse KuK gehabt, die das nicht überstanden haben. Zum Glück, denn sie wären an der Schule nicht zurecht gekommen. Manch einer hat da erkannt, dass Schule doch ziemlich viel Arbeit ist und hat sich glücklicherweise dann daraus verabschiedet. So gesehen ist es evtl. doch ganz gut, dass das System so ist, wie es ist.

  • OBAS ist ein normales Ref mit deutlich mehr Deputat (daher auch die höhere Bezahlung), dazu kommt vorher ein halbes Jahr zusätzliches Seminar mit zusätzlichen 4 UBs (2 pro Fach) und ein Kurs zu Bildungswissenschaften mit anschließendem Kolloquium.

    Ich würde sagen, die Qualität hier steht und fällt in erster Linie mit dem Seminar. Bildungswissenschaften fand ich persönlich naja, ist halt ein Crashkurs und nach meiner >5 jährigen Tätigkeit in der Didaktik war da tatsächlich nichts Neues bei. Allerdings ist meine berufliche Tätigkeit/Vorbildung da ja auch eine Ausnahme.

    Es gibt nach den ersten zwei UBs in den ersten Monaten das sogenannte APG1, da kann man Leute, wenn man keine Perspektive sieht rausschmeißen. Nach einem Jahr nach dem APG2 ebenfalls nochmal. Und die ganz normale UPP muss man ja auch bestehen. Und nein die besteht man nicht einfach, weil Bedarf oder so. Kenne persönlich zwei Personen die das (zurecht) nicht geschafft haben.

    Das läuft doch hier in die falsche Richtung. Es gibt keinen Anlass, für die Seiteneinsteiger oder das OBAS-System in die Bresche zu springen. Also nicht wegen mir. Im Gegenteil, ich halte viele Kollegen, die auch in anderen Bereichen des Arbeitslebens bereits Erfahrungen gesammelt haben, häufig für eine Bereicherung. Neben der fachlichen Expertise hilft auch und gerade die etwas andere Perspektive auf unseren zum Jammern neigenden Berufsstand, Dinge gerade zu rücken. Mein Problem mit dem Seiteneinstieg liegt vor dem OBAS-Prozess.


    Wenn ich es richtig verstehe, sollen die Hürden, um als Seiteneinsteiger dann irgendwann über OBAS in das Lehramt wechseln zu können, noch einmal gelockert werden. Für das grundständige Lehramt, und das ist meine Referenz, gilt doch weiterhin das (erfolgreiche) Studium zweier Fächer plus Erziehungswissenschaften als obligatorisch. Zunächst erreicht man dort den bislang fürs Lehramt völlig unnützen Bachelor. Dann folgt ein paar Semester später das erste Staatsexamen/Master. Erst dann wird man zum Referendariat zugelassen. Ist das so noch richtig?


    Wenn ich es recht verstanden habe, können Seiteneinsteiger nunmehr mit einem Bachelor in nur einem Fach den Weg ins Lehramt nehmen. Nehmen wir an, ich wäre begeisterter Musiker und hätte das bis zum Bachelor studiert. Danach war die Luft raus. Dennoch eröffnet sich mir die Möglichkeit über OBAS ins Lehramt zu wechseln. Damit wäre ich, eingedenk der gesparten Studienzeit, trotz des längeren Referendariats (um ein halbes Jahr?) der OBAS-Leute früher als ordentliche Lehrkraft fertig und an der Schule, als der Studienkollege. Derjenige Studienkollege, der sich für zwei Fächer entschieden hat (was im späteren Berufsalltag vielleicht auch nachteilig sein wird), die o.g. Ochsentour macht und im Ref. auch noch deutlich weniger verdient (auch hier sollen ja die BDU Stunden aufgestockt werden). Habe ich das so richtig erfasst?

    Von wegen Schuft, ein Zyniker ist ein enttäuschter Idealist!

  • Bachelor als Voraussetzung für den Seiteneinstieg ist doch ein Witz. Da kommen irgendwelche nebulös Ausgebildete an die Schulen und die grundständig ausgebildeten Leute, die man vor 10 Jahren durchs Ref gequält hat und die nur mit Top-Note nach Jahren mit mies bezahlten Aushilfsverträgen genommen wurden, finden sich dann schulartfremd 49 km von ihrem Wohnort wieder? Fühlt ihr euch nicht verarscht?

  • Bachelor als Voraussetzung für den Seiteneinstieg ist doch ein Witz. Da kommen irgendwelche nebulös Ausgebildete an die Schulen und die grundständig ausgebildeten Leute, die man vor 10 Jahren durchs Ref gequält hat und die nur mit Top-Note nach Jahren mit mies bezahlten Aushilfsverträgen genommen wurden, finden sich dann schulartfremd 49 km von ihrem Wohnort wieder? Fühlt ihr euch nicht verarscht?

    Nun ja, aber so ist der Schweinezyklus. Nun gibts eben Bewerbermangel. Das ist in der Industrie nicht anders.

    • Offizieller Beitrag

    Was mich total stört, ist auch dass Gym-Leute (oder "Magister") mit einem (!) Schulfach an die Grundschule gehen können.
    Und was mich total ärgert: dass genau die ganzen Mädels, die ich jede Woche an der Uni mit Englisch/Erziehungswissenschaft sehe, die schon 3 Praktika an der Grundschule gemacht haben, aber noch nie in der Sek1, geschweige denn Sek2, mir auch offen darlegen, dass sie zwar Gym/Ges studieren, es aber "offen halten" wollen (mit EW!!!), dann tatsächlich jetzt in genau den Korridor reinkommen könnten (der - seien wir mal ehrlich - eh verlängert wird!).
    Die meisten dieser Mädels studieren Gym/Ges, weil sie kein Mathe belegen wollten. Einige sagen auch, dass sie am NC gescheitert sind, aber Mathe ist der Hauptgrund (zum Teil habe ich auch welche gesehen, die an Mathe gescheitert sind, und jetzt Gym/Ges studieren, aber es sind Ausnahmen), und E/EW ist schon cooler und einfacher als E/D.

    Was ist es - trotz Lehrermangels!! - für ein Signal?
    und wie soll ich mir deren Unterricht vorstellen? (und die Belastung für die grundständigen KuK, die nebenbei ab jetzt nur noch in 1/2 unterrichten dürfen / können.)

    • Offizieller Beitrag

    Nun ja, aber so ist der Schweinezyklus. Nun gibts eben Bewerbermangel. Das ist in der Industrie nicht anders.

    und vor 10-14 Jahren mussten die Grundschulleute neben / trotz C1-Englischzertifikat, Sport/Schwimm/Kanuschein und passender katholischer Taufe 6-12 Monate auf eine Einstellung warten..

  • Es gab am BK auch schon Zeiten, da wurden Leute ohne jegliche Ausbildung einfach direkt vor die Klasse gestellt. Ich hatte KuK, die das berichtet haben. Diese sind mittlerweile in Pension. Aber auch zu dieser Zeit gab kaum Lehrer, also hat man jeden mit annähernd passender Ausbildung einfach direkt da hingestellt.


    Dass einige Probleme hausgemacht sind, ist mir auch klar. Ich bin auch nicht dafür, das ganze abzuwerten, indem man jeden vor die Klasse stellt. Davon ist sicher nicht jeder geeignet. Jedoch hatten wir alle schlechte Lehrer in unseren Zeiten. Ist mMn oft besser, als nichts. Und so manch einer lernt sein Handwerkszeug im Laufe der Jahre dann doch ganz gut.

  • Nun ja, aber so ist der Schweinezyklus. Nun gibts eben Bewerbermangel. Das ist in der Industrie nicht anders.

    In der Industrie darf der Typ mit dem BA in Industriedesign jetzt die Design-Linie für BMW vorgeben? Ick wunder mer über jar nüscht mehr.


    PS. Wir haben auch Ärztemangel. Ich möchte sehen, wie kulant der "Endverbraucher" auf eine Absenkung der Zugangsvoraussetzungen zur Facharztweiterbildung reagiert. "Nach dem Physikum aufgehört, aber hey es ist gerade Mangel. So, das sind die 5 Normalstationen, dort ist die Intensivstation und die Notaufnahme kennen Sie ja schon. Nein, Sie sind hier allein. Angenehmen Nachtdienst!"

  • Es gab schon immer Schlupflöcher. Beispielsweise war es in RLP so, dass wer kein Mathe auf Uni Niveau konnte nach Landau gegangen ist, da hat es dann geklappt. Oder man hat eine schwierige Vorlesung bei einem ganz bestimmten Professor besucht, der immer strikt nach Gedächtnisprotokollen geprüft hat.


    Die Kollegen, die jetzt in ihren 50ern sind erlebten eine Zeit des totalen Einstellungsstops. Eine Kollegin ist damals ins Ausland gegangen, ein anderer mit Mathe und Physik jahrelang an eine Realschule, um überhaupt eine Beamtenstelle zu haben. Dieser Kollege hegt jetzt trotzdem keinen Groll mir gegenüber, der sich mit gleicher Ausbildung die Stelle aussuchen konnte.

  • In der Industrie darf der Typ mit dem BA in Industriedesign jetzt die Design-Linie für BMW vorgeben? Ick wunder mer über jar nüscht mehr.

    Wenn seine Kompetenzen dafür ausreichen? Ja!

    Meine Freundin (Industriekauffrau) ist Einkaufsleiterin in einem großen Konzern.


    Leute, als würde der Schein von der Uni die Leute zu besseren Lehrern machen. Seid doch mal ehrlich zu Euch, was das Studium inhaltlich für die Praxis gebracht hat! Ich jedenfalls kann nun Fließkurven bei Umformvorgängen von Metallen bestimmen. Und Tensorrechnung für FEM hab ich auch mal gemacht. Brauche ich täglich - nicht!

    • Offizieller Beitrag

    aber Sissy, du ziehst schon einen Unterschied zwischen BK und Grundschulen, oder? Die didaktische Basis wird da gelegt, die Freude am Lernen zu erhalten, usw.. Wieviel "Mathe ist doof, ich kann's eh nicht" kann erspart bleiben, wenn ein gutes Verständnis durch gute didaktische Grundlagen geschaffen werden kann? (Nein, Seiteneinsteiger*innen sind nicht per se schlechter, aber das selbe Land kann doch nicht die Fächerwahlfreiheit einschränken (Deutsch UND Mathe Pflicht, plus Drittfach) und jetzt Leute zulassen, die gegebenenfalls "nur" ein beliebiges Fach der Grundschule nachweisen können. Das ist soviel Aufwand, das nachzuholen, daran wird doch das System (und unsere Kinder) scheitern.
    Es gibt Tage, an denen ich doch froh bin, keine Kinder zu haben. Ich würde von diesem Wissen durchdrehen.

  • aber Sissy, du ziehst schon einen Unterschied zwischen BK und Grundschulen, oder? Die didaktische Basis wird da gelegt, die Freude am Lernen zu erhalten, usw.. Wieviel "Mathe ist doof, ich kann's eh nicht" kann erspart bleiben, wenn ein gutes Verständnis durch gute didaktische Grundlagen geschaffen werden kann? (Nein, Seiteneinsteiger*innen sind nicht per se schlechter, aber das selbe Land kann doch nicht die Fächerwahlfreiheit einschränken (Deutsch UND Mathe Pflicht, plus Drittfach) und jetzt Leute zulassen, die gegebenenfalls "nur" ein beliebiges Fach der Grundschule nachweisen können. Das ist soviel Aufwand, das nachzuholen, daran wird doch das System (und unsere Kinder) scheitern.
    Es gibt Tage, an denen ich doch froh bin, keine Kinder zu haben. Ich würde von diesem Wissen durchdrehen.

    Ja, der Unterschied ist natürlich da. Ich bin schon froh, dass meine Kinder durch die Grundschule durch sind. Ich verstehe auch den Unmut, aber dass im Moment alles ausfällt, kann doch auch nicht gut sein. Dass man langfristig an allem möglichen arbeiten muss, um den Beruf attraktiver zu machen, sehe ich natürlich auch so. Geht aber nicht mal eben. Das ist das Problem, dass die Regierung jetzt Sachen einstielen muss, für die sich die nachfolgende Regierung womöglich die Lorbeeren einheimst.

  • aber Sissy, du ziehst schon einen Unterschied zwischen BK und Grundschulen, oder? Die didaktische Basis wird da gelegt, die Freude am Lernen zu erhalten, usw.. Wieviel "Mathe ist doof, ich kann's eh nicht" kann erspart bleiben, wenn ein gutes Verständnis durch gute didaktische Grundlagen geschaffen werden kann? (Nein, Seiteneinsteiger*innen sind nicht per se schlechter, aber das selbe Land kann doch nicht die Fächerwahlfreiheit einschränken (Deutsch UND Mathe Pflicht, plus Drittfach) und jetzt Leute zulassen, die gegebenenfalls "nur" ein beliebiges Fach der Grundschule nachweisen können. Das ist soviel Aufwand, das nachzuholen, daran wird doch das System (und unsere Kinder) scheitern.
    Es gibt Tage, an denen ich doch froh bin, keine Kinder zu haben. Ich würde von diesem Wissen durchdrehen.

    Das ist zumindest an meiner Schule schon länger Realität. Wir haben einen studierten Musiker und eine Künstlerin als Quereinsteiger. Beide haben nicht Mal eine pädagogische Einführung und sind jetzt Klassenlehrer. Beiden gemein ist, dass sie sich sehr gut verkaufen können und überzeugt davon sind, alles zu können. Ich habe beide im Unterricht erlebt und denke, ein paar Fortbildungen könnten nicht schaden. Aber unsere SL ist von den Fähigkeiten überzeugt und die Eltern unserer Schüler sind in weiten Teilen so bildungsfern, dass ihnen nicht auffällt, das bestimmte Bereiche suboptimal laufen. Solange die Noten stimmen, beschwert sich niemand.

    • Offizieller Beitrag

    Ilse2: aber sie sind (noch?) befristet, oder? (nicht, dass ich Menschen gönne, befristet und angestellt zu sein, während andere entfristet verbeamtet werden, aber ich naive habe immer die Hoffnung, dass befristete Arbeitsverhältnisse dazu führen, dass Menschen sich im Hinblick auf ihre Entfristung weiterqualifizieren / fortbilden.

  • Ilse2: aber sie sind (noch?) befristet, oder? (nicht, dass ich Menschen gönne, befristet und angestellt zu sein, während andere entfristet verbeamtet werden, aber ich naive habe immer die Hoffnung, dass befristete Arbeitsverhältnisse dazu führen, dass Menschen sich im Hinblick auf ihre Entfristung weiterqualifizieren / fortbilden.

    Nein, beide sind entfristet, aber angestellt und nicht verbeamtet.

  • Dafür werden sie auch miserabel bezahlt. Ich sehe jetzt wirklich das Problem geschweige den Neid nicht.

    Neid ist nicht das Problem, sondern eher die Qualität des Unterrichts, der meiner Meinung nach besonders da, wo es die größten Herausforderungen bei der Schülerschaft gibt, eigentlich aufgrund der langfristigen Perspektive besonders gut sein sollte.

  • darf ich fragen: durch PE (immerhin, wäre für mich "okay", ich vertraue darauf, dass die Maßstäbe in Ordnung waren...) oder durch Klage?

    Weder noch. Unsere Schulleitung findet unsere Quereinsteiger besonders großartig und hat sich da sehr für eingesetzt.

    Und, bitte nicht falsch verstehen, beide sind nette Menschen, denen ich in Musik und Kunst sicher nicht das Wasser reichen kann. Aber die Grundlagen des mathematischen Verstehens und den Schriftspracherwerb bringt man nicht einfach nach Gefühl bei.

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