Sicherlich habt ihr von den "alarmierenden Befunden" an deutschen Grundschulen gehört:
Bildungsforscher sehen wegen der schlechten Deutsch- und Mathematik-Kompetenzen vieler Viertklässler und angesichts eines relevanten Anteils von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten dringenden Handlungsbedarf.
Ich bin auf folgenden Artikel im Focus gestoßen, verfasst von einem ehemaligen Lehrer. Der Autor behauptet, dass die "Selbstlernmethoden", die Abkehr vom gezielten Üben, der Fokus auf Individualität und die unzureichende frühkindliche Förderung ursächlich für die Defizite im deutschen Bildungssystem sind. Ich teile weitestgehend diese Ansichten und habe ebenfalls das Gefühl, dass insbesondere "Selbstlernkonzepte" für leistungsschwache und unorganisierte Kinder genau das Falsche sind, da sie dadurch überfordert werden oder sich eher dem Ganzen entziehen können.
All das, was angeblich gut sei für Kinder und Jugendliche aus einem bildungsfernen Milieu, hat sich im Schulalltag nicht als förderlich, sondern als schädlich erwiesen.
edit: Ergänzend hierzu: Es ist ja nicht so, dass "freie" Konzepte keinen Platz im System Schule haben sollten. Jedoch stellt sich mir die Frage, ob diese Zeit bei erheblichen Defiziten nicht sinnvoller genutzt werden kann und man erst zu solchen Systemen übergehen sollte, wenn SuS die nötige mentale Reife hierfür haben. Gerade in der Grundschule und in der Unterstufe scheint dies für mich nicht der Fall zu sein.
Der 2021 verstorbene Nestor der deutschen Didaktik Hermann Giesecke fällt ein kritisches Urteil: „Nahezu alles, was die moderne Schulpädagogik für fortschrittlich hält, benachteiligt die Kinder aus bildungsfernem Milieu (…) Gerade das sozial benachteiligte Kind bedarf, um sich aus diesem Status zu befreien, eines geradezu altmodischen, direkt angeleiteten, aber auch geduldigen und ermutigenden Unterrichts.“
Diese Kritik wird auch von vielen Lehrern geteilt. Sie kritisieren, dass die Selbstlernmethoden den Unterricht entpersonalisieren und ihn seiner wichtigsten Produktivkraft – der emotionalen Lehrer-Schüler-Beziehung – berauben.
Was denkt ihr?