Lohnt sich Anstrengung als verbeamteter Lehrer?

  • In dem System stimmt einfach was nicht. Es gibt einfach keine bzw. nicht adäquate Anreize im Gegensatz zum Kerngeschäft Unterricht noch dauerhaft etwas drüberhinaus zu leisten.

    Die Arbeit, für die man bezahlt wird, ist nicht nur der Unterricht. Somit ist das Kerngeschäft auch nicht Unterricht, sondern aus meiner Sicht deutlich weiter.

  • Die Überschreitung von Arbeitszeiten ist von vielen Faktoren abhängig. Einen habt Ihr bislang außen vor gelassen, nämlich den Standorttyp der Schule. So können sich viele Gymnasialkollegen wahrscheinlich überhaupt nicht vorstellen, wie hoch der Zeitaufwand zur Fehlzeiten- erfassung der SuS sein kann. Gemeint ist zum einen die Eingabe der Daten in das PC System, wobei das hoffentlich zukünftig mit dem elektronischen Klassenbuch entfällt bzw. jeder Fachlehrer in seiner Stunde selbst vornimmt, sondern auch die Durchführung der daraus resultierenden Maßnahme. Wir haben in jeder Klasse SuS mit auffällig hohen Fehlzeiten. Das geht bis zu 150 Fehltagen im Jahr. Viele fehlen auch nur stundenweise. Es gibt auch genug Schüler die deswegen schon Sozialstunden leisten mussten, allerdings macht das die Sache auch nicht besser. Jemand der das in dieser Heftigkeit noch nicht mitgemacht hat, kann sich nicht vorstellen, dass alleine dafür fünf Stunden pro Woche drauf gehen.

    Kenn ich.😅 Arbeite an einer beruflichen Schule. Dort gibts von "ganz unten" (VABO) über Ausbildungen bis hin zu "ganz oben" (berufl. Gym) alles.

  • Die Arbeit, für die man bezahlt wird, ist nicht nur der Unterricht. Somit ist das Kerngeschäft auch nicht Unterricht, sondern aus meiner Sicht deutlich weiter.

    Stimmt! Und bedenke bitte auch, die zur Verfügung stehende Arbeitszeit ist ein großer Kuchen, da kann man ein paar große Stücke rausschneiden oder viele viele Kleine. Meine Oma nannte die dann Besuchersstückchen. Dieses Bild sollte mach auch vor Augen haben.:gruebel:

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Die Arbeit, für die man bezahlt wird, ist nicht nur der Unterricht. Somit ist das Kerngeschäft auch nicht Unterricht, sondern aus meiner Sicht deutlich weiter.

    Ja, aber ich werde nicht dafür bezahlt, im Vergleich zu Kollegen überproportional mehr an Arbeit zusätzlich zum Unterricht durchzuführen. Wenn dann muss die Mehrarbeit auch gleichverteilt sein.


    Es mag hier einen Unterschied zwischen theoretischem Anspruch und Praxis geben. Aber das Kerngeschäft, anhand dessen ich bewertet und gemessen werde ist nun mal der Unterricht! Wenn ich hier gut unterrichte, die Schüler (gut) durch Abi/Abschlussprüfung bringe und den Verwaltungskram als Klassenlehrer einigermaßen hinbekomme, kann mir erstmal keiner was. Wenn ich dagegen die Schüler nicht gut aufs Abi vorbereite oder mein Klassenbuch nicht führe, fällt das im Gegensatz dazu negativ auf mich zurück. Alles darüber hinaus ist Bonus.

  • Es mag hier einen Unterschied zwischen theoretischem Anspruch und Praxis geben. Aber das Kerngeschäft, anhand dessen ich bewertet und gemessen werde ist nun mal der Unterricht! Wenn ich hier gut unterrichte, die Schüler (gut) durch Abi/Abschlussprüfung bringe und den Verwaltungskram als Klassenlehrer einigermaßen hinbekomme, kann mir erstmal keiner was. Wenn ich dagegen die Schüler nicht gut aufs Abi vorbereite oder mein Klassenbuch nicht führe, fällt das im Gegensatz dazu negativ auf mich zurück. Alles darüber hinaus ist Bonus.

    Das ist nur deine Selbstbeurteilung. Die Fremdbeurteilung formell und informell enthält meines Erachtens maßgeblich weitere Kriterien.


    In unseren formellen Bewertungskriterien sind auch außerunterrichtliche oder über den Unterricht hinausreichende Aspekte enthalten. Kompetenzbereich „Unterrichten“, „Erziehen“, „Schule mitgestalten“ …


    „Mir kann keiner was“ ist mir generell als Grundhaltung suspekt.

  • Ja, aber ich werde nicht dafür bezahlt, im Vergleich zu Kollegen überproportional mehr an Arbeit zusätzlich zum Unterricht durchzuführen. Wenn dann muss die Mehrarbeit auch gleichverteilt sein.

    Ersteinmal bist du für deine Aufgaben verantwortlich.


    Und dabei rede ich nicht von „Mehrarbeit“, sondern von üblichen Aufgaben, die nicht Unterricht sind.

  • Die Überschreitung von Arbeitszeiten ist von vielen Faktoren abhängig. Einen habt Ihr bislang außen vor gelassen, nämlich den Standorttyp der Schule. So können sich viele Gymnasialkollegen wahrscheinlich überhaupt nicht vorstellen, wie hoch der Zeitaufwand zur Fehlzeiten- erfassung der SuS sein kann. Gemeint ist zum einen die Eingabe der Daten in das PC System, wobei das hoffentlich zukünftig mit dem elektronischen Klassenbuch entfällt bzw. jeder Fachlehrer in seiner Stunde selbst vornimmt, sondern auch die Durchführung der daraus resultierenden Maßnahme. Wir haben in jeder Klasse SuS mit auffällig hohen Fehlzeiten. Das geht bis zu 150 Fehltagen im Jahr. Viele fehlen auch nur stundenweise. Es gibt auch genug Schüler die deswegen schon Sozialstunden leisten mussten, allerdings macht das die Sache auch nicht besser. Jemand der das in dieser Heftigkeit noch nicht mitgemacht hat, kann sich nicht vorstellen, dass alleine dafür fünf Stunden pro Woche drauf gehen.

    Kommt wahrscheinlich deutlich auf die Schulart an, aber bei uns ist das, finde ich, ganz gut geregelt:

    Jede LK jeder Stunde kontrolliert zu Beginn die Anwesenheit und trägt, wenn nicht schon in einer Vorstunde geschehen, die Absenzen in einer App ein. Dort wird einem der eigene Stundenplan gezeigt und automatisch die entsprechenden Klassenlisten, das geht ratzfatz.

    Die Klassleitung hat die Absenzen der einzelnen Schüler im Blick, führt im Bedarfsfall Elterngespräche oder setzt sich mit der SL zur Verhängung einer Attestpflicht in Verbindung.

    Das funktioniert gut und ist mE ein recht schlanker Prozess.


    Zur Arbeitsverteilung generell:

    Ich fände es sinnvoll, ein allgemein verbindliches Modell zur besseren Austarierung von Belastungen im Kollegium zu haben.

    Vorschlag: Für jede Tätigkeit werden Punkte vergeben. Für eine fünfte Klasse im Fach Mathe bekommt man entsprechend weniger Punkte als für einen Abiturjahrgang Deutsch; für eine Physikklasse mit vielen Versuchsvorbereitungen weniger als für eine Reliklasse. Der IT-Betreuer bekommt eine entsprechende Punktzahl - ihr versteht das System.


    Klar: wie viele Punkte was "wert" ist, ist Aushandlungssache und diese würde mit Sicherheit nicht ohne blutige Schlachten vonstatten gehen.


    Aber es wäre doch mal ein Ansatz zu einer etwas gleicheren Zeitverteilung.


    (Ok, schimpft mich unrealistisch ^^)

  • Zur Arbeitsverteilung generell:

    Ich fände es sinnvoll, ein allgemein verbindliches Modell zur besseren Austarierung von Belastungen im Kollegium zu haben.

    Vorschlag: Für jede Tätigkeit werden Punkte vergeben. Für eine fünfte Klasse im Fach Mathe bekommt man entsprechend weniger Punkte als für einen Abiturjahrgang Deutsch; für eine Physikklasse mit vielen Versuchsvorbereitungen weniger als für eine Reliklasse. Der IT-Betreuer bekommt eine entsprechende Punktzahl - ihr versteht das System.

    [...]


    (Ok, schimpft mich unrealistisch ^^ )

    So unrealistisch ist das nicht. Funktioniert das Arbeitszeitmodell in Hamburg nicht so ähnlich?

  • Wieviel Arbeitszeit kann man denn für einen durchschnittlichen Kollegen im Jahresschnitt pro Unterrichtsstunde veranschlagen, inklusive Korrekturen? Ohne alles andere.


    45 min im Jahresmittel realistisch für 45 min Untericht?

  • Wieviel Arbeitszeit kann man denn für einen durchschnittlichen Kollegen im Jahresschnitt pro Unterrichtsstunde veranschlagen, inklusive Korrekturen? Ohne alles andere.


    45 min im Jahresmittel realistisch für 45 min Untericht?

    Während meiner Tätigkeit für das Schulamt galt folgendes Verhältnis:
    1 UE Reduzierung im Deputat = 1,74 Zeitstunden , die erbracht werden müssen.
    Bei 27 UE ergeben sich daraus nach "höchstoffizieller Rechnung" knapp 47 Zeitstunden pro Woche.
    Für diese Rechnung werden eine Regelarbeitszeit der Beamten von 42 Zeitstunden/Woche und 30 Tage Urlaub zu Grunde gelegt.
    Soweit eigentlich nachvollziehbar.

    Spannend - und belastend - wurde diese Rechnung jedoch, als ich mit 12 UE abgeordnet war.
    Da waren 15 UE an der Schule abzuleisten und 20,9 Zeitstunden im Schulamt - wobei die gesamte Belastung als Klassenlehrer mit Elterngesprächen und Konferenzen blieb. Zudem gab es wegen planerischer Probleme nicht 3 Tage á 5 UE, sondern dazwischen noch "Freistunden" für Vertretungsunterricht und 40 Kilometer Distanz one way.
    Ich habe dann vom Narrenschiff abgemustert.

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  • Ich kenne als Richtwert, die Verteilung 40% Unterricht, 40% unterrichtsnahe Tätigkeiten (Vorbereitung, Nachbereitung, Korrekturen) und 20% Sonstiges. Das wäre dann 45 min unterrichtsnahe Tätigkeiten für 45 Minuten Unterricht. Bei mir kommt das ungefähr hin. Und damit ist für mich der Unterricht schon mein Kerngeschäft.


    Wenn man eine Aufgabe mit Entlastungsstunden hat, verschiebt sich das natürlich. Und besonders gute / effiziente Kollegen schaffen die unterrichtsnahen Tätigkeiten in weniger Zeit und haben mehr Arbeitszeit für sonstige Tätigkeiten übrig und können sich stärker in Arbeitsgruppen einbringen. Teilzeitkräfte, die bei Klassenlehreraufgaben und Konferenzen nicht entlastet werden, haben dafür weniger Arbeitszeit für Schulentwicklung oder ähnliches übrig.



    Und wer im Jahresschnitt für die unterrichtsnahen Tätigkeiten deutlich mehr Zeit aufwenden muss als für den Unterricht, sollte seine Arbeitsweise überdenken. Vielleicht gibt es noch Möglichkeiten effizienter zu werden.

    Vielleicht hat man aber auch zwei Korrekturfächer und damit einfach weniger freie Kapazitäten für Sonstiges als andere.

  • Zur Arbeitsverteilung generell:

    Ich fände es sinnvoll, ein allgemein verbindliches Modell zur besseren Austarierung von Belastungen im Kollegium zu haben.

    Vorschlag: Für jede Tätigkeit werden Punkte vergeben. Für eine fünfte Klasse im Fach Mathe bekommt man entsprechend weniger Punkte als für einen Abiturjahrgang Deutsch; für eine Physikklasse mit vielen Versuchsvorbereitungen weniger als für eine Reliklasse. Der IT-Betreuer bekommt eine entsprechende Punktzahl - ihr versteht das System.

    Bei uns verteilen wir die verschiedenen Aufgaben genauso. Dies ist im Zuge der Erstellung des Teilzeitkonzepts entstanden. Dies ist das erste Jahr, bisher sind alle zufrieden und auch KuK, die sich gerne raushalten, haben jetzt Aufgaben übernommen. Es scheint gerechter zu sein, ob es tatsächlich so ist, werden wir zum Ende des Schuljahres evaluieren. Interessant ist vor allem, ob die Punkte, die den verschiedenen Tätigkeiten zugewiesen wurden, letztendlich auch der tatsächlichen Belastung entsprachen.

  • Während meiner Tätigkeit für das Schulamt galt folgendes Verhältnis:
    1 UE Reduzierung im Deputat = 1,74 Zeitstunden , die erbracht werden müssen.
    Bei 27 UE ergeben sich daraus nach "höchstoffizieller Rechnung" knapp 47 Zeitstunden pro Woche.
    Für diese Rechnung werden eine Regelarbeitszeit der Beamten von 42 Zeitstunden/Woche und 30 Tage Urlaub zu Grunde gelegt.

    Das bedeutet aber nur, dass zu 45 Minuten Unterricht eine weitere Arbeitsstunde gehört. Das sagt aber nichts darüber aus, wie diese mit unterrichtsnahen Tätigkeiten oder mit unterrichtsfernen Tätigkeiten / Sonstiges gefüllt gehört.

  • Das ist nur deine Selbstbeurteilung. Die Fremdbeurteilung formell und informell enthält meines Erachtens maßgeblich weitere Kriterien.


    In unseren formellen Bewertungskriterien sind auch außerunterrichtliche oder über den Unterricht hinausreichende Aspekte enthalten. Kompetenzbereich „Unterrichten“, „Erziehen“, „Schule mitgestalten“ …

    Genau das meinte ich doch mit dem Unterschied theoretischer Anspruch und Praxis:

    Was passiert denn konkret, wenn der Unterricht "optimal" läuft, es keinerlei Beschwerden oder gar gute Feedbacks von Schülern oder Eltern für den Lehrer gibt - er im Block "Unterricht und alles was dazu gehört" gut bis sehr gut bewertet wird. Und er meinetwegen im Punkt "Schule mitgestalten" unterdurchschnittlich abschließt?


    Und umgekehrt jemand der die Schule mitgestaltet wie kein Anderer und gleichzeitig seine Schüler nicht gut aufs Abi vorbereitet - vielleicht sogar ganze Themengebiete nicht mit ihnen behandelt. Das fällt dann auf und die Schüler/Eltern laufen Sturm. Hab das schon bei Kollegen so erlebt.


    Es ist ja nicht so, dass alle im Kollegium Über-Lehrer sind, welche im Unterricht Top sind und gleichzeitig alles für die Schule und Schulleitung zusätzlich tun. Genausowenig sind alle Kollegen Menschen, die nichtmal ihren Unterricht richtig gebacken bekommen. Das Gros der Kollegen bewegt sich im Spektrum irgendwo dazwischen. Und genau das ist ja der Platz an dem ich mich sehe.


    Ich sage ja nicht, dass ich nie mehr tun werde als unterrichten. Aber die Zeiten, in denen ich zB in den Schulferien mehr in der Schule war als die Schulleitung sind einfach vorbei!! Und genau das meinte ich mit "Leistung lohnt sich nicht" bezogen auf mein bald ehemaliges Zusatzamt.

  • Wenn du alle deine Aufgaben so gut wie du kannst erfüllst, ist doch alles in Ordnung.

    Es klang nur zwischendurch nach: "Ich mach nur das Mindeste und ignoriere die sonstigen Aufgaben außerhalb des Kernunterrichts." Das triggert natürlich etwas. Zum Glück war das offensichtlich ein Missverständnis.

  • Das alles lief im Bürojob immer mit. Warum? Neben den Phasen des konzentrierten Arbeitens brauchte es auch immer wieder einen geistigen Schritt zur Seite, um wieder weiterarbeiten zu können. Bei meinem Industriejob war das also mit drin in der "Arbeitszeit".

    ;)

    Bei meinem Bürojob nannte sich das Pause und musste im System auch so erfasst werden.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

  • Du hast jeden Gang zur Kaffeemaschine erfasst, jeden Plausch am Kopierer, jede privat geschriebene Email?

    Also ich nicht...

    Ich weiß nicht, was ihr so für Jobs hattet und wie eure Arbeitsplatzbeschreibung war. Bei mir war es tatsächlich so, dass ich es an den meisten Tagen gar nicht geschafft habe eine Pflichtpause einzuhalten. Diese wurde mir vom System dennoch abgezogen. Essen hab ich am PC nebenbei gemacht oder auch gar nicht. Manchmal hab ich es nichtmal geschafft auf Klo zu gehen... Klar konnte ich mein Handy neben den PC legen und bei Notfall (Schule ruft an wegen Kind krank o ä.-vielleicht 1-2x im Jahr der Fall) dran gehen. Das geht aber auch bei einer Lehrkraft. Ebenso kann eine LK am Kopierer ein Schwätzchen halten. Bei mir gab es nicht viel zu kopieren, insofern auch keinen Anlass für Gespräche am Kopierer. Es gab keine Menschen in der Küche, die darauf gewartet haben ein Schwätzchen anzufangen. Privat gesprochen hab ich am Tag maximal 15 Minuten, meistens bevor ich mich ins System eingeloggt oder nachdem ich mich ausgeloggt habe. Das schafft pro Tag locker auch jede Lehrkraft.

    Wer Fehler findet darf sie behalten und sich freuen! :victory:

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