? Zwangsabordnungen NRW Sek II

  • Es gibt sehr unterschiedliche Herangehensweisen zum Lebensabschnitt "Studium". Diejenigen, die sich auf die rein vorgegebenen Veranstaltungen im Modulhandbuch halten, machen dies aus sehr unterschiedlichen Beweggründen: Entweder, sie haben nicht viel Geld, müssen daher nebenbei viel arbeiten, gleichzeitig das Studium in möglichst kurzer Zeit absolvieren und beschränken sich daher auf das Nötigste. Dann gibt es die Pragmatiker, die einfach möglichst schnell von A nach B kommen wollen - und da ist das Studium Mittel zum Zweck. Ein kleiner Teil hat vermutlich schlichtweg keine Lust, mehr als absolut nötig zu machen. Und dann gibt es natürlich diejenigen, die zwar merken, dass der Beruf das Richtige ist, das Studium ihnen aber einfach nicht liegt, weswegen sie irgendwie versuchen, einfach durchzukommen - auch wieder orientiert am Mindestmaß.

    Grundsätzlich ist es sicher immer von Vorteil, zusätzliches Professionswissen zu haben, insbesondere, wenn es nicht nur darum geht, die Arbeit möglichst qualitativ hochwertig zu verrichten, sondern im Idealfall darüber hinaus noch Interesse am neuen Wissenserwerb zu haben. Dabei frage ich mich, ob es Studienfächer gibt, in denen die Studenten eher bereit sind, zusätzliche Kurse zu wählen, als in anderen. Antimon : Wie sieht das denn im Bereich Chemie/andere Naturwissenschaften aus?

  • Wie sieht das denn im Bereich Chemie/andere Naturwissenschaften aus?

    Keine Ahnung. Ich habe selbst je eine Mathe- und eine Physik-Vorlesung mehr besucht als ich gemusst hätte, was mir bei der Anerkennung des 2. Fachs fürs Lehrdiplom zugute kam. Damals wusste ich ja aber nicht, dass das so sein würde. Ich habe auch Biochemie belegt, was damals in Heidelberg noch nicht obligatorisch war. Was andere so gemacht haben, hat mich nicht interessiert.

  • Es ist eine Tatsache, dass 6 Semester für 3 Naturwissenschaften an der PH keine Grundlagen für fachlich irgendwie adäquaten Unterricht an egal welcher Schulform sind. EXAKT so läuft es bei uns auch.

    Entschuldige bitte, falls ich das verwechseln sollte, aber ich meine mich an eine Diskussion vor einigen Jahren (als Silicium hier im Forum aktiv war) zu erinnern, als es um die Notwendigkeit einer wissenschaftlich fundierten Ausbildung von Grundschullehrkräften ging.

    Damals meintest du meiner Erinnerung nach sinngemäß, die 6 Semester Ausbildung (und wimre sagtest du, das an den PHen in der Schweiz sei eher eine Ausbildung als ein akademisches Studium) für Grundschulleute wären voll ausreichend, mehr brauche es dafür nicht, es würde ja in der Schweiz gut so laufen.

    Jetzt sagst du, die 6 Semester reichten an der PH im aktuellen System reichten nicht, "egal an welcher Schulform".

    Wie passt das zusammen?

    Das liegt aber nicht an der Lehre an sich, sondern daran, dass man bei so viel Pädagogik, Fachdidaktik, Psychologie und den diversen Praktika (plus Sprecherziehung) in drei Fachwissenschaften schlichtweg nicht genügend Zeit hatte, um zumindest im Rahmen der laut Studienordnung vorgesehen Kurse auch noch fachwissenschaftlich ausreichend vertieft arbeiten zu können.

    In der neuen PO ist es ja wieder auf zwei Fächer (in gleichem Umfang, meine ich?) reduziert, bei 10 Semestern Regelstudienzeit. Bei Sek. 1 habe ich - im Gegensatz zu Sopäd. und geringfügig GS - wenig Einblicke in die aktuellen Entwicklungen an den PHen, aber damit sollte doch wieder eine fundiertere fachliche Ausbildung möglich und angestrebt sein?

  • Jetzt sagst du, die 6 Semester reichten an der PH im aktuellen System reichten nicht, "egal an welcher Schulform"

    Du erinnerst dich vollkommen korrekt, ich schrieb aber damals schon ich sei der Meinung ab der Sekundarstufe I brauche es mehr Fachlichkeit. Es ging also um die Schulstufe, nicht um die Schulform.

  • Ich habe als Schüler in Sport damals auch lauter 5er kassiert. Trotz spastischer Lähmung waren meine Eltern der Meinung, daß ich dort mitmachen und entsprechend die schlechten Noten ertragen müsse, so als Schule für das spätere Leben, in dem einem auch nichts geschenkt wird. Und ja, außerhalb des schulischen und behördlichen Umfelds hatten sie Recht. Entsprechend habe ich auch meine Schüler auf das spätere Leben mit all seinen Härten vorzubereiten.

    Ja, sicher. Und das machst du prima. Auf die Härte des Lebens vorbereiten können die Härtesten am Besten.


    Das Schöne an so einer Sichtweise ist, dass man an vielen Stellen nicht mehr so furchtbar ausdifferenzierte Argumente braucht. Schlechter Stundenplan? Das ist die Härte des Lebens, komm klar, du bist vorbereitet. Quereinsteigerin kriegt die Stelle? Das ist die Härte des Lebens, komm klar, du bist vorbereitet. Usw.

  • Das Problem lag hier glaube ich eher in der nicht haltbaren Ansicht, die Nachteilsausgleiche für Schülerinnen und Schüler mit Einschränkungen führten zu einer "massiven Übervorteilung" der anderen. Das finde ich für eine Lehrkraft sehr bedenklich und zeigt, wie wenig sich mit Nachteilsausgleichen oder Hilfen im Sinne eines Nachteilsausgleichs bislang auseinandergesetzt wurde.

  • Das Problem lag hier glaube ich eher in der nicht haltbaren Ansicht, die Nachteilsausgleiche für Schülerinnen und Schüler mit Einschränkungen führten zu einer "massiven Übervorteilung" der anderen. Das finde ich für eine Lehrkraft sehr bedenklich und zeigt, wie wenig sich mit Nachteilsausgleichen oder Hilfen im Sinne eines Nachteilsausgleichs bislang auseinandergesetzt wurde.

    Das kann ich nur bestätigen.


    Am 2.Weihnachtstag saßen wir bei meiner Schwiegermutter zusammen mit den Geschwistern meines Mannes und deren Anhang.

    Irgendwann kam irgendwer auf "Behinderte" *.

    Hier das Highlight der hitzigen Debatte:

    Man war der Meinung, dass diese Menschen sich Vorteile beschaffen und es ja mittlerweile wohl zum guten Ton gehöre einen Nachteilsausgleich haben zu wollen, das sei ja geradezu "in". Man forderte einen Nachteilsausgleich für alle, die keine Behinderung vorschieben könnten.

    Im Raum waren übrigens 3 LehrerInnen (eine war ich; eine von pensioniert, ein Grundschullehrer), eine Oberstaatsanwältin, ein Kriminalhauptkommissar und ein Ingenieur.

    Ich war sprachlos. Mir fiel einfach nichts ein.


    Mein Mann und ich und unser Kind sind dann gegangen als er merkte, dass mich das sehr mitgenommen hat. Die sehen mich so schnell nicht wieder.



    * Die Anführungszeichen habe ich bewusst gesetzt, da hier der Begriff negativ gemeint benutzt wurde.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Das hätte mich auch sprachlos gemacht.

    Wenn ich so etwas von meinen Schüler:innen hören würde, würde ich diesen eine eindeutige Ansage machen und auch die Klassenleitung einschalten (in de Hoffnung, dass diese dann ebenfalls mit mir an einem Strang zieht).

    Gut, dass ihr gegangen seid.

    Als Läuterung würde es vll. reichen, wenn diese Personen einfach mal einen Tag schauen, wie es ist, wenn man gehörlos oder blind ist oder sich in einem Rollstuhl bewegt ... und zwar wenn es nicht barrierefrei ist. So einen Nachteilsausgleich bekommt man ja auch nicht so leicht.

    Selbst meine Schüler:innen sind da reflektierter

  • Bei uns gibt es häufig Nachteilsausgleich (ich habe aktuell mehrere Schüler). Bis jetzt gab es weder bei Kollegen noch Schülern Probleme. Alle akzeptieren es, wenn z. B. Schülern mehr Zeit für Klassenarbeiten eingeräumt wird (und dadurch z. B. eine zusätzliche Aufsicht organisiert werden muss). Vielleicht gibt es bei uns deshalb so wenig Diskussion, weil es häufig vorkommt, weil es transparent ist? (Mitschüler kennen die Probleme der Betroffenen auch.)

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Vielleicht gibt es bei uns deshalb so wenig Diskussion, weil es häufig vorkommt, weil es transparent ist? (Mitschüler kennen die Probleme der Betroffenen auch.)

    Vielleicht ... oder ihr habt genau wie wir eine tolle Schüler:innenschaft und ein tolles Kollegium.

    Die Frage ist v.a.: Wie äußert sich der Grundschullehrer, den Ruhe kennt, in der Schule. Äußert er seine Meinung auch in der Schule und wenn er Schüler:innen mit Nachteilsausgleich hat: Lässt er es die Schüler:innen spüren? Wenn ja möchte ich nicht in der Haut der Schüler:innen stecken.

    Aber selbst wenn es "nur" seine private Meinung ist (schlimm genug): Er (der Polizist, der Staatsanwalt sowie der pensionierte Lehrer) sollten sich auch darauf besinnen, was unsere Pflichten als Beamtinnen und Beamte ist. Wenn das der Dienstherr wüsste, können diese Personen ganz schnell ein Diszilinarverfahren bekommen (wäre gut so!). Wenn sie schon diese Meinung vertreten, sollen sie wenigstens die Klappe halten!

  • Das ist bei uns genauso. Unsere Schüler:innen kennen sich bei der ZP 10 mindestens 6 Jahre, beim Abi mehrheitlich seit 9 Jahren. Da ist dann schon klar, dass eine Schülerin mit einer Tetraspastik Klausurzeitverlängerung bekommt/auf einem Laptop schreiben darf/die Klausur jemandem diktieren darf und dass Klogänge zur Prüfungszeit hinzukommen. Ebenso gilt das für andere Behinderungen/chronische Erkrankungen/temporäre Probleme nach einem Unfall (Schreibhand in Gips). Das ist alles eine Frage der Transparenz und natürlich der Empathie, die man eigentlich auch als Jugendlicher besitzt.

    Es könnte alles so einfach sein - ist es aber nicht.

  • Wer würde jetzt unter dieser Überschrift eine Grundsatzdiskussion über Nachteilsausgleiche für SuS vermuten🤣🤷🙈

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Wer würde jetzt unter dieser Überschrift eine Grundsatzdiskussion über Nachteilsausgleiche für SuS vermuten🤣🤷🙈

    Der Kreis schließt sich, wenn Kolleg:in A in der Schule (oder privat) laut verlauten lässt, dass sie/ er sich sehr kritisch gegenüber Nachteilsausgleichen äußert. Wenn die Schulleitung dann Wind davon bekommt und sie diejenige oder denjenigen ohnehin in die Wüste schicken möchte, hat die SL einen Grund gefunden und kann sie/ ihn zwangsabordnen ... dann aber bitte schön weit weg, in einen sozialen Brennpunkt und an eine Schule mit Schüler:innen die herausfordernd sind.

  • Die Frage ist v.a.: Wie äußert sich der Grundschullehrer, den Ruhe kennt, in der Schule. Äußert er seine Meinung auch in der Schule und wenn er Schüler:innen mit Nachteilsausgleich hat: Lässt er es die Schüler:innen spüren? Wenn ja möchte ich nicht in der Haut der Schüler:innen stecken.

    Aber selbst wenn es "nur" seine private Meinung ist (schlimm genug): Er (der Polizist, der Staatsanwalt sowie der pensionierte Lehrer) sollten sich auch darauf besinnen, was unsere Pflichten als Beamtinnen und Beamte ist.

    Die erwähnten Personen sind in der Öffentlichkeit sehr tolerant. Aber nicht in den eigenen 4 Wänden.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

    • Offizieller Beitrag

    Der Kreis schließt sich, wenn Kolleg:in A in der Schule (oder privat) laut verlauten lässt, dass sie/ er sich sehr kritisch gegenüber Nachteilsausgleichen äußert. Wenn die Schulleitung dann Wind davon bekommt und sie diejenige oder denjenigen ohnehin in die Wüste schicken möchte, hat die SL einen Grund gefunden und kann sie/ ihn zwangsabordnen ... dann aber bitte schön weit weg, in einen sozialen Brennpunkt und an eine Schule mit Schüler:innen die herausfordernd sind.

    Du meinst in etwa, wie der Kollege, der es nicht einsieht, die SuS da abzuholen, wo sie stehen, wenn sie nach Bildungsunterbrechung wieder anfangen, tagsüber oder abends die Schulbank zu drücken, viel fehlen und Schwierigkeiten haben? Du meinst, wenn eine SL davon Wind bekommen würde, dass besagter Kollege in der (halben) Öffentlichkeit laut posaunt, dass es ihm doch egal sein könne, wenn die Schule durch strikte Handhabung und entsprechende Abschulungen mit einer sinkenden Schüler:innenzahl konfrontiert sei und womöglich Personalmaßnahmen entstünden?

    ... ein interessanter, sich schließender Kreis ...

  • Na da freut sich aber der neue SL über soviel engagierte Unterstützung. Was das für die SuS bedeutet, mag ich mir nicht ausmalen und für den abgeordneten Kollegen wird das dann die selbsterfüllende Prophezeiung einer Abordnung ins Burn Out

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

    • Offizieller Beitrag

    Natürlich sollte sowas nie zum Nachteil der aufnehmenden Schule / Institution sein, aber WENN (und das ist leider die Schraubenstelle) man die Wahl hat, wen man ziehen lässt, weil man zuviel Personal hat, ist natürlich klar, dass man nicht KOlleg*innen nimmt, die alle tun, um die Schule zu retten. Ob die Maßstäbe bei jedem unterschiedlich sind (einige SL stehen mehr auf öffentlichkeitswirksame Projekte als auf effizienten UNterricht im Hintergrund (was sich auch nicht ausschließen muss), einiges an Engagement kann von jedem X-beliebigen gemacht werden, usw...)

    Dass ich aber als Mensch als Teil eines ganzen Systems bin, muss ich im ganzen Leben berücksichtigen, nicht nur im Beruf.

    Unabhängig davon finde ich 1) Versetzungen und Abordnungen durchaus ein sehr heikles Thema, 2) eine solche Abordnung über das studierte Lehramt hinweg eine Katastrophe und 3) in dem konkreten Fall fällt es mir schwer zu glauben, dass sowas Bestand haben kann. Ich hätte sowas von einigem an Widerspruch geschrieben und bezweifle sehr, dass ich die Stelle antreten würde. Es wäre bei mir der Schritt zur Kündigung, um mich selbst vorm (100% programmierten) Burnout zu schützen.

  • Ja, es ist wohl schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.😘

    Deshalb möchte ich mich jetzt auch noch mal dazu äußern.

    Ich bin ja nun Mathelehrer, vorwiegend in der SEK II.

    Ich habe immer mal gesagt, wenn ich eine 1.Klasse in Mathe hätte, wäre ich Weihnachten mit dem Lehrplan durch. (Und sicherlich ohne Erfolg.)

    Klar, manches hat man mal gehört, oder bei den eigenen Kindern mit erlebt: Zahlen mit dem Finger auf den Rücken des Nachbarn schreiben, draußen Zahlen mit Sand....

    Meine Cousine ist Grundschullehrerin, auch mit Kunsterziehung.

    Was sie so berichtet....wir nehmen die grüne Farbe, zeigt alle die grüne Farbe, nun nehmen wir den breiten Pinsel, zeigt den breiten Pinsel....

    Ich wüsste das alles gar nicht. Und in der FÖ schon lange nicht.

    Das wäre den jeweiligen Kindern gegenüber auch unfair.

    LG und ein schönes Neues Jahr.

  • Mathefreund Auch du beschreibst nur, was du noch lernen müsstest. Meinen Schülerinnen erkläre ich häufig, dass sie „kann ich nicht“ sagen, wenn sie eigentlich „kann ich noch nicht” meinen.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    2 Mal editiert, zuletzt von O. Meier ()

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