Tarifrunde eingeläutet

  • Ich steige mal ins "hätte könnte wäre" mit ein:

    Der Job, den ich früher hatte und der neben technischem Wissen eine hohe kommunikative Kompetenz erfordert hatte, einen solchen Job könnte ich wieder machen. Und auch bekommen: Xing schickt mir regelmäßig Jobangebote.


    Aber: Das will ich eigentlich gar nicht, weil mir mein Lehrer-Job zu viel Spaß macht. Und: während in den ersten Jobjahren meine Bezüge unter dem lagen, was ich als Ing bekam, ist derzeit durch die Erfahrungsstufen und die noch etliche Jahre laufenden Kinderzuschläge schon einiges an sehr sehr schlechten Abschlüssen nötig, um mein jetziges(!) Gehalt im Vergleich zur Industrie deutlich schlechter aussehen zu lassen. Und was die schlechten Abschlüsse angeht (ja ich weiß, bei uns gibt's keine Tarifabschlüsse): Da gibt's eben gewisse Haltelinien, an denen die Länder zwar herumschummeln können (Karniggel-Prämien), aber eben nicht vollends dran vorbeikommen (siehe Hessen, die zusätzlich zu den normalen Erhöhungen noch zwei Bonuserhöhungen eingebaut hatten).

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Aber: Das will ich eigentlich gar nicht, weil mir mein Lehrer-Job zu viel Spaß macht.

    Du ich auch nicht, aber wenn ich im öffentlichen Dienst in ein Angestelltenverhältnis zurück Fallen (auch bei gleichem Netto) würde (wie oben gefordert), dann sehe ich keinen Grund zubleiben. Ich würde mir dann ernsthaft die Fühler ausstrecken. Das ist alles hypothetisch, denn sowas wird meiner Einschätzung nach nicht passieren.

  • Und was wenn so ist?

    Gut, dann können wir das Beamtentum ja direkt abschaffen, wenn das Grundprinzip nicht mehr gilt.

    Es gibt Gründe für und gegen das Beamtentum. Das Grundprinzip ist aber doch, dass der Beamte versorgt wird. Sicherlich war es auch vor X Jahren so, dass Du dazu Frau und 2 Kinder gehörten. Aber das ist heute einfach nicht mehr die Lebensrealität. Es ist sicherlich auch für die öffentliche Hand kontraproduktiv, dass man als Lehrkraft mit heiraten und drei Kinder bekommen mehr Geld bekommen kann als wenn man nur Schulleiter oder ähnliches wird. Hier würde ich mir eine sanfte Modernisierung wünsche. Sofortige Abschaffung des Familienzuschlages und nach und nach auslaufen lassen bzw. reduzieren der Kinderzuschläge. Sinnvollerweise mit einer Erhöhung des Grundgehaltes. Ggf. auch mit einer Erhöhung des allgemeinen Kindergeldes wobei ich das Geld lieber in Kindergärten und Schulen stecken würde.

    Mir ist klar, dass das unter Beamten eine Minderheitsmeinung ist. Für mich ist es aber nicht nachvollziehbar, warum der Staat den Beamten mehr zahlen soll, wenn er mehr Kinder bekommt. Er soll den Beamten versorgen. Und diese Versorgung sollte so gut sein, dass der Beamte sich davon X Kinder leisten kann. Und die Person, die keine Kinder hat, hat halt Nachteile bei der Rente oder Pflegeversicherung.

  • Du ich auch nicht, aber wenn ich im öffentlichen Dienst in ein Angestelltenverhältnis zurück Fallen (auch bei gleichem Netto) würde (wie oben gefordert), dann sehe ich keinen Grund zubleiben. Ich würde mir dann ernsthaft die Fühler ausstrecken. Das ist alles hypothetisch, denn sowas wird meiner Einschätzung nach nicht passieren.

    Aber ehrlicherweise ist dann doch auch die Frage, ob Du dann den richtigen Job hast. Ich meine, wenn das Netto (und die Altersversorgung) gleich bliebe, warum sollte ich dann den Beruf wechseln?

    Ich würde dann einen auf Lokführergewerkschaft machen und erstmal streiken bis alle aktuellen Missstände beseitigt sind. Ohne Beamtentum hätte man doch deutlich mehr Möglichkeiten auf Missstände aufmerksam zu machen.

  • (auch bei gleichem Netto)

    Echt? Ok, das würd ich eher als Vorteil sehen: Streikrecht, kein Zwang zur PKV, Kündigen und an einer anderen Schule wieder anfangen...

    Also das Beamtentum sehe ich jetzt nicht als so vorteilhaft, dass mich das zum Bleiben animieren würde.

  • Aber das ist heute einfach nicht mehr die Lebensrealität.

    Doch das ist genau meine Lebensrealität. Weil das nicht mehr überall so ist spielt dabei keine Rolle.

    Aber ehrlicherweise ist dann doch auch die Frage, ob Du dann den richtigen Job hast. Ich meine, wenn das Netto (und die Altersversorgung) gleich bliebe, warum sollte ich dann den Beruf wechseln?

    Weil ich das so machen würde. Wieso stellt sich dann die Frage ob ich im richtigen Beruf bin? Weil ich mir auch was anderes vorstellen könnte?

  • Der jährliche Widerspruch gegen die Besoldung ist somit noch wichtiger, da so ein Affentanz kaum juristisch bestand haben sollte.

    Ist es eigentlich egal, welches Formular ich nehme, also kann ich auf meinen Widerspruch vom letzten Jahr einfach das Datum von diesem Jahr drauf schreiben?

  • Warum sollte es was anders sein? Ich hab das immer formlos gemacht.


    EDIT: Gleich mal direkt rausgesucht und ausgedruckt. Vor einem jähr hab ich das fast auf den gleichen Tag gemacht.

  • Doch das ist genau meine Lebensrealität. Weil das nicht mehr überall so ist spielt dabei keine Rolle.

    Eigentlich ist es doch genau andersrum. Deine individuelle Situation ist nicht relevant. Außerdem kannst Du sicherlich aus dem Lehrergehalt eine Familie gut versorgen. Warum muss man es erhöhen nur weil Du heiratest oder Kinder bekommst?


    Weil ich das so machen würde. Wieso stellt sich dann die Frage ob ich im richtigen Beruf bin? Weil ich mir auch was anderes vorstellen könnte?

    Was anderes vorstellen, können sich viele. Aber Du hast geschrieben, dass Du selbst bei gleichem netto den Beruf wechseln würdest, wenn Du nicht mehr verbeamtet wärest. Das lässt doch darauf schließen, dass Du in deinem Beruf eigentlich nicht so glücklich bist.

  • Es ist sicherlich auch für die öffentliche Hand kontraproduktiv, dass man als Lehrkraft mit heiraten und drei Kinder bekommen mehr Geld bekommen kann als wenn man nur Schulleiter oder ähnliches wird.

    Nein, ist es sicherlich nicht, denn überall heißt es, es gibt zu wenig Kinder, also muss man damit die Anzahl etwas erhöhen!


    Für mich ist es aber nicht nachvollziehbar, warum der Staat den Beamten mehr zahlen soll, wenn er mehr Kinder bekommt.

    Weil Kinder nunmal Geld kosten und man die braucht!

  • Warum sollte es was anders sein? Ich hab das immer formlos gemacht.


    EDIT: Gleich mal direkt rausgesucht und ausgedruckt. Vor einem jähr hab ich das fast auf den gleichen Tag gemacht.

    Ich hatte so einen vorgedruckten Widerspruch von Verdi, glaube ich. Den würde ich mit dem neuen Datum versehen und wieder abschicken.

    Verdi hat für 2024 auch kein neues Formular veröffentlicht.

  • Man kann über viele moralische oder gesellschaftliche Gründe diskutieren, Kinder zu fördern. Die würden aber für jeden anderen Arbeitgeber genau so gelten. Für Angestellte im öD gab es früher eine Kinderzulage, seit TVöD nicht mehr.

    Die Zuschläge für beamtete Lehrkräfte haben damit nichts zu tun, die beruhen ausschließlich auf dem Alimentationsprinzip.


    Ob dieses oder das Beamtentum insgesamt noch zeitgemäß sind, kann man viel diskutieren. Das tut man ja seit Jahrzehnten auch. Dass beides trotzdem nicht abgeschafft wird, hat schon seine Gründe, denn eine gesetzeskonforme Alternative, die weder die Attraktivität des Berufes noch weiter senkt noch die Verfügbarkeit von Personal für den Dienstherren massiv behindert, gibt es schlich nicht.


    Wenn man das Berufsbeamtentum abschafft, könnte man in vielen Brennpunktschulen in NRW die Lichter ausknipsen oder man müsste halt sehr viel mehr Geld in die Hand nehmen, um die Arbeit dort wieder irgendwie attraktiv zu machen.

  • Nein, ist es sicherlich nicht, denn überall heißt es, es gibt zu wenig Kinder, also muss man damit die Anzahl etwas erhöhen!

    Aber diese müssen doch nicht nur von den Beamten gezeugt werden? Wenn wir die Anzahl der Kinder erhöhen wollen, könnten wir das Kindergeld allgemein erhöhen oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern oder in Bildung und Kindergärten investieren.


    Weil Kinder nunmal Geld kosten und man die braucht!

    Und? Kosten Kinder von angestellten Lehrkräften oder von Menschen in der Privatwirtschaft weniger Geld? Es geht doch darum, warum man bei Beamten das Gehalt erhöhen muss um die Mehrausgaben für die Kinder auszugleichen. Andere Berufsgruppen "zahlen" ihre Kinder doch auch aus dem Gehalt. Es ist doch nicht so, dass Beamte zu wenig verdienen, um eine Familie zu gründen. Aber warum bekommen Beamte mehr Geld wenn sie heiraten und nicht wenn sie ihr Leben anders gestalten. Was ist wenn ich mich nun für Umweltschutz einsetze oder meine kranken Eltern pflege? Wenn ich jahrelang zu meinen Eltern pendel, um sie zu pflegen bekomme ich keinen Cent. Wenn ich eine besondere Ernährung benötige, bekomme ich keinen Cent.

    Ich finde es vollkommen richtig Geld für die Kinder auszugeben. Aber das muss nicht ein Teil der Besoldung sein.


    Es ist für die öffentliche Hand alleine deswegen kontraproduktiv, weil damit Anreize in die falsche Richtung erzeugt. Schon zu meiner Studienzeit gab es das Argument, das sich das Lehramtsstudium besonders lohnt, wenn man heiraten und viele Kinder haben möchte. Für den Staat als Arbeitgeber ist es aber eher negativ. Ist natürlich normal. Aber das sich der Staat gerade für solche Gruppen interessant macht, ist auch nicht sinnvoll. Familienzuschläge, Kinderzuschläge streichen, Besoldung um 300 € brutto für alle erhöhen und dann allgemeine Maßnahmen ergreifen, um Familien mit Kindern zu stärken.

  • Außerdem kannst Du sicherlich aus dem Lehrergehalt eine Familie gut versorgen. Warum muss man es erhöhen nur weil Du heiratest oder Kinder bekommst?

    Ohne die Zuschläge wäre ich nicht gekommen, weil es eben sonst nicht reicht um mein vorheriges Einkommen zu kompensieren.


    Was anderes vorstellen, können sich viele. Aber Du hast geschrieben, dass Du selbst bei gleichem netto den Beruf wechseln würdest, wenn Du nicht mehr verbeamtet wärest. Das lässt doch darauf schließen, dass Du in deinem Beruf eigentlich nicht so glücklich bist.

    Weil ich auch gerne neue Herausforderungen habe. Ich bin aktuell ziemlich zufrieden, das liegt aber am Gesamtpaket. Wenn sich das ändert, ändert sich auch meine Zufriedenheit.


    Risk/Reward als Angestellter im öffentlichen Dienst passt für mich persönlich einfach nicht.

  • Die Zuschläge für beamtete Lehrkräfte haben damit nichts zu tun, die beruhen ausschließlich auf dem Alimentationsprinzip.

    Aber genau das ist doch gerade die Frage, die sich momentan stellt: Ist eine Versorgung des Ehepartners im Sinne des Alimentationsprinzips noch zeitgemäß/angemessen.

    Dafür gibt es sicherlich viele Argumente. Aber die Aussage, dass man heute nicht mehr davon ausgehen kann, dass eine Partnerin nicht mehr arbeitet und versorgt werden muss, ist für mich nachvollziehbar.

    Wenn ich es richtig weiß, erhält man doch beispielsweise in Niedersachsen bei verheirateten Beamten trotzdem zu mindestens 1 mal Familienzuschlag. Das ist doch nicht mehr nachvollziehbar. Wenn wir vom Alimentationsprinzip ausgehen, würden doch die Lebenshaltungskosten bei einem Doppelverdienerhaushalt eher geringer als bei einem Single ausfallen.

  • Aber diese müssen doch nicht nur von den Beamten gezeugt werden?

    Nein, aber nur da kann ich es als Land beeinflussen (denn außerhalb des Tarifvertrags darf ich es ja nicht mehr bezuschussen und der sieht es im Gegensatz zu früher eben nicht mehr vor).


    Wenn wir die Anzahl der Kinder erhöhen wollen, könnten wir das Kindergeld allgemein erhöhen oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern oder in Bildung und Kindergärten investieren.

    Das würde vermutlich zuviel Geld kosten. Und vor allem hätten dann die Lehrer keinen Grund mehr in den öffentlichen Dienst zu gehen und somit hätte man noch weniger Lehrkräfte.


    Kosten Kinder von angestellten Lehrkräften oder von Menschen in der Privatwirtschaft weniger Geld?

    Natürlich und genau deshalb versucht man das ja auch z.T. zu bezuschussen, nur ist das im öD nicht mehr möglich.


    Andere Berufsgruppen "zahlen" ihre Kinder doch auch aus dem Gehalt.

    Die bekommen eben auch oft Zuschüsse von den AG dazu, wie übernommene Kitakosten o.ä.


    Für den Staat als Arbeitgeber ist es aber eher negativ.

    Wieso sollte es das sein?!?

  • Aber genau das ist doch gerade die Frage, die sich momentan stellt: Ist eine Versorgung des Ehepartners im Sinne des Alimentationsprinzips noch zeitgemäß/angemessen.

    Dafür gibt es sicherlich viele Argumente. Aber die Aussage, dass man heute nicht mehr davon ausgehen kann, dass eine Partnerin nicht mehr arbeitet und versorgt werden muss, ist für mich nachvollziehbar.

    Wenn ich es richtig weiß, erhält man doch beispielsweise in Niedersachsen bei verheirateten Beamten trotzdem zu mindestens 1 mal Familienzuschlag. Das ist doch nicht mehr nachvollziehbar. Wenn wir vom Alimentationsprinzip ausgehen, würden doch die Lebenshaltungskosten bei einem Doppelverdienerhaushalt eher geringer als bei einem Single ausfallen.

    Manchmal kann man eben doch die Frösche fragen wenn man den Sumpf trockenlegen will...

    Ich bin immer wieder erstaunt, wie man so gegen die eigenen Interessen argumentieren kann.

  • Manchmal kann man eben doch die Frösche fragen wenn man den Sumpf trockenlegen will...

    Ich bin immer wieder erstaunt, wie man so gegen die eigenen Interessen argumentieren kann.

    Naja, wahrscheinlich hast Du nur überlesen, dass ich vorgeschlagen habe im Gegenzug die Besoldung für alle zu erhöhen?

  • Eine Reform wäre schon mal angebracht, um das ganze System nachzujustieren. So richtig dramatisch ist das allerdings vor allem bei den niedrigen Besoldungsgruppen der Nichtlehrer.


    Ich würde mich jetzt allerdings nicht am Ehezuschlag aufhängen. Der ist eh eher symbolisch. Oder kennt ihr eine Frau/einen Mann den man für 160€ mitversorgen kann? 8)

Werbung