Tarifrunde eingeläutet

  • Traurig aber wahr. Baden-Württemberg ist auch schon munter dabei mit dem neuen Direkteinstieg. Irgendein beliebiger Bachelor reicht fürs Grundschullehramt, für die Sek I zwar noch mit Master dafür reichen aber weniger als die Hälfte der Creditpoints eines grundständigen Sek I-Studium. Interessiert ja auch alles keinen, so lang noch heile Welt mit anständig ausgebildeten Fachlehrern am Gymnasium herrscht, juckt der Pöbel nicht. Man könnte nur noch Kotzen.

    Wo ist das Problem? Die Kollegen müssen ein modifiziertes, zweijähriges Referendariat abschließen und sind danach nicht besser oder schlechter für den Lehrerberuf ausgebildet, als Leute mit grundständigem Studium.

    In Hessen studieren L3er fachwissenschaftlich pro Fach im Umfang von zwei Semestern (64 CP) plus ca. ein Semester (24 CP) Didaktik. Mit einem fachwissenschaftlichen Bachelor erreicht man diesen Umfang bereits (minus Didaktik, aber das ist an der Uni so oder so realitätsfern und nichts, was man nicht sinnvoller in der Praxis lernt), mit einem fachwissenschaftlichen Master ist das fachliche Soll mehr als erfüllt.

    Im Sekundarbereich (Sek I und Sek II) sehe ich da überhaupt keine generellen Probleme.


    An Grundschulen ist das mit dem Direkteinstieg u.U. durchaus ein Problem. Da müsste man im Detail gucken, wie das umgesetzt wird.



    Und, nicht auf dich bezogen, ich weiß gerade nicht mehr, wo es stand: man braucht nicht mal selbst Abi, um Gymnasiallehrer werden zu können. Das dürfte zwar die Regel sein, geht aber auch ohne. Für Lehrer an beruflichen Schulen ist es sogar noch einfacher ohne Abitur.

  • Nicht ganz o.t.: Komisch bei der Diskussion um Studium und Lehrbefähigung ist, dass über Jahrzehnte die niedrigere Bezahlung von Grundschullehrkräften an der Länge des Studiums festgemacht wurde... Und wie ist es demnächst: Ohne Studium A10? ohne Abi A8? Wohl eher nicht.

  • Und wie ist es demnächst: Ohne Studium A10?

    Also unsere Werkstattlehrer, die mit einem Handwerks-Meisterbrief oder dem Staatlich geprüpften Techniker in der Tasche bei uns anfangen, bekommen A9 und steigen in der Regel auf A10 auf. Sie dürfen aber auch nur maximal 16 Schüler gleichzeitig unterrichten, weshalb für die einzelnen Stunden dann die Klassen immer geteilt werden müssen.

  • Wusste ich nicht, ich habe wenig Ahnung vom Berufskolleg. Machen die Werkstattlehrer ihre Arbeit am Berufskolleg denn hauptberuflich, oder ist es sozusagen ein Zweitjob neben dem eigentlichen Beruf?

  • Hauptberuflich. In RLP müssen sie auch mehr Stunden unterrichten als die Theorie-Lehrkräfte.

    Hier aber: A10 -> A11 und in einzelnen Fällen A12 (das ist dann eine LK, die andere FPler beraten soll). Theoretisch mit zwei Aufstiegsprüfungen kann eine Fachpraxis-LK ohne Fach-Abi/Abi/Studium am Ende StR oder StR' werden.


    PS: Manche haben aber eine praktische Tätigkeit nebenher.

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Machen die Werkstattlehrer ihre Arbeit am Berufskolleg denn hauptberuflich, oder ist es sozusagen ein Zweitjob neben dem eigentlichen Beruf?

    Die machen das hauptberuflich und unterrichten die Schüler dabei in den Werkstätten. Allein schon wegen der Aufsicht an den Dreh- und Fräsmaschinen geht das nicht mit mehr als 16 Schülern. Dabei unterrichten diese Kollegen 30 Stunden/Woche, haben dafür aber zumindest bei uns keine Klassenlehreraufgaben und müssen auch keine Klassenarbeiten erstellen bzw. korrigieren. Sie benoten die fertigen Werkstücke, die die Schüler anfertigen.


    In den Elektro-Werkstätten bauen die Schüler dort z.B. Wechsel- und Kreuzschaltungen fürs Treppenlicht auf, schließen Drehstrommotore an und machen wirklich praktisch die komplette Gebäudeverkabelung.


    Entsprechend sind dort überall Werkzeuge im Einsatz, die mitunter auch schwere und tödliche Verletzungen verursachen können, weswegen wir an dieser Stelle enorme Probleme mit der Inklusion haben.

  • ... und sie dürfen eigentlich nur fachpraktischen U halten, in der Realität werden sie aber durchaus in der Berufsschule eingesetzt und nicht nur in der Berufsvorbereitung (BVJ) oder in der Berufsfachschule (BF1).


    PS:

    BVJ: SuS ohne HS-Abschluss, die diesen bei uns erwerben können bzw. für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden.

    BF1: SuS mit HS-Abschluss, die für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden und bei guten Leistungen in die BF2 kommen (Ziel: RS-Abschluss)

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Ich schrieb es zwar schon mal, aber in NDS erhalten diese Fachpraxislehrkräfte (noch) A9 und unterrichten in Berufseinstiegs- und Berufsfachschulklassen (dass eine Fachpraxislehrkraft in der Berufsschule eingesetzt wird, habe ich noch nicht mitbekommen; an den mir bekannten BBSn ist das jedenfalls nicht so). Ihre Unterrichtsverpflichtung liegt bei 27,5 Stunden (zum Vergleich: bei den Theorielehrkräften sind es 24,5 Stunden).

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ich stelle mal eine Frage, hoffe sie ist noch nicht gestellt worden, Dr. Google konnte leider nicht helfen.

    Unser derzeitiger Tarifvertrag (NRW) ist bis zum 30.9. gültig, wann beginnen denn die Verhandlungen über den neuen Vertrag? Gibt es da überhaupt schon ein Termin?

  • ^ realistisch ist, dass wir in den Ländern relativ zügig im Spätsommer/Herbst einen neuen Tarifvertrag bekommen, der sich an den Kommunen orientiert. Bzw. dann auf die Beamten/innen übertragen. *Blick in die Glaskugel*


    Ihr könnt mich gerne im Herbst als Prophet zitieren :D


    edit: Und zur Erinnerung noch mal die Übersicht über die letzte Erhöhung

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • ^ realistisch ist, dass wir in den Ländern relativ zügig im Spätsommer/Herbst einen neuen Tarifvertrag bekommen, der sich an den Kommunen orientiert. Bzw. dann auf die Beamten/innen übertragen. *Blick in die Glaskugel*


    Ihr könnt mich gerne im Herbst als Prophet zitieren :D


    edit: Und zur Erinnerung noch mal die Übersicht über die letzte Erhöhung

    Ja, so wie fast jedes Mal, insbesondere seit der Lehrermangel immer größer wird.

    Jedenfalls in fast allen Ländern. :)

  • ^ realistisch ist, dass wir in den Ländern relativ zügig im Spätsommer/Herbst einen neuen Tarifvertrag bekommen, der sich an den Kommunen orientiert. Bzw. dann auf die Beamten/innen übertragen. *Blick in die Glaskugel*


    Ihr könnt mich gerne im Herbst als Prophet zitieren :D


    edit: Und zur Erinnerung noch mal die Übersicht über die letzte Erhöhung

    Das hege ich Zweifel. Oder anders: Man wird versuchen, das Ergebnis von Verdi für den Bund und die Kommunen auf die Länder zu übertragen. Das könnte bei der Unfähigkeit der Arbeitnehmervertreter auch gelingen. Allerdings stehen davor noch die Zustimmung der Verdi-Mitglieder und faktisch ja auch nochmal die Verhandlungen auf Länderebene (und erneute Mitgliederbefragung).


    Ich könnte mir vorstellen, dass Verdi und Co im Nachgang zu den Verhandlungen im Bund bzgl. der Mitgliederzahlen richtig bluten werden. Je nachdem, wie gut die Mitglieder rechnen können.


    Bei den Beamten dürfte es dann nochmal anders ausgehen. Einmalzahlungen und Sockelbeträge vereinbaren sich ganz schlecht mit Alimentationsprinzip und Abstandsgebot. Spätestens die Gerichte werden das dann wieder korrigieren.

    Von wegen Schuft, ein Zyniker ist ein enttäuschter Idealist!

  • Mal eben das Wort “Lehrer” bei Google eingegeben und auf News geklickt - das macht ja alles richtig Lust Lehrer zu werden :skeptisch: Manchmal meint man fast, dass der Beruf “unattraktiver” wird, je mehr Geld man bekommt :gruebel:

  • Das hege ich Zweifel. Oder anders: Man wird versuchen, das Ergebnis von Verdi für den Bund und die Kommunen auf die Länder zu übertragen. Das könnte bei der Unfähigkeit der Arbeitnehmervertreter auch gelingen. Allerdings stehen davor noch die Zustimmung der Verdi-Mitglieder und faktisch ja auch nochmal die Verhandlungen auf Länderebene (und erneute Mitgliederbefragung).


    Ich könnte mir vorstellen, dass Verdi und Co im Nachgang zu den Verhandlungen im Bund bzgl. der Mitgliederzahlen richtig bluten werden. Je nachdem, wie gut die Mitglieder rechnen können.


    Bei den Beamten dürfte es dann nochmal anders ausgehen. Einmalzahlungen und Sockelbeträge vereinbaren sich ganz schlecht mit Alimentationsprinzip und Abstandsgebot. Spätestens die Gerichte werden das dann wieder korrigieren.

    Einmalzahlungen hatten wir ja schon in der letzten Bezügeerhöhung, die halte ich schon für realistisch. Sockelbeträge werden wirklich spannend, da diese eventuell zu einer späteren Verschiebung in den höheren Gruppen führen können.


    Die ca. 8% auf zwei Jahre, die in den Kommunen erreicht wurden (ja, in niedrigeren Stufen das Doppelte) halte ich für realistisch für uns in den Ländern. Das bedeutet eben Reallohneinbußen (21 und 22 lag die Inflation über den Erhöhungen, 23 wird sie bei dieser Erhöhung auch wohl höher sein).

    Tim Finnegan liv’d in Walkin Street
    A gentle Irishman mighty odd.

  • Finnegans Wake


    Reallohneinbußen in dieser Größenordnung lassen sich am unteren Ende der Beamtenbesoldung mit dem Alimentationsprinzip, das ja ohnehin gefühlt jährlich durch Gerichte durchgesetzt werden muss, nicht vereinbaren. Und dann greift das Abstandsgebot.


    Inzwischen kommen wir auch in Regionen, wo das bewährte Prinzip, Beamte aus der untersten Besoldungsstufen einfach in die nächsthöhere Besoldungsstufe zu hieven (um Besoldungsanpassungen über das gesamte Spektrum zu vermeiden) nicht mehr wirklich kostengünstig und vermittelbar ist. Inzwischen ist man bei A5 angelangt, die man so in A6er verwandeln müsste.


    Irgendwann kollidiert das Ganze dann noch mit der Amtsangemessenheit. Spätestens wenn die Angehörigen des einfachen Dienstes (A5 und A6) flugs per Besoldung im selben Boot wie die technischen Dienste (A7 bis A9) landen.

    Von wegen Schuft, ein Zyniker ist ein enttäuschter Idealist!

  • Bei uns in BW längst passiert. Wurden alle nach A7 gehievt nur um den oberen Besoldungsgruppen eine amtsangemessene Besoldung zu verwehren.

    Man darf sich da auch nicht täuschen…die Mehrheit der Landesbeamten sitzt nicht bei A7–A10 in Amtsstuben oder Polizeirevieren sondern mit A12 und A13 in Lehrerzimmern.

    Ich setze große Hoffnungen in die Musterklage des Deutschen Richterbundes auf amtsangemessene Alimentation die in Baden–Württemberg eingereicht wurde.

  • Gibts noch irgendwelche News hierzu ? Die Beamtenübertragung im Bund ist ja noch sehr offen wie es scheint.

  • Meine Güte, die Gewerkschaftsmitglieder haben doch noch nicht mal zugestimmt.....(was Formsache sein wird, aber....)


    Übertragung wird wieder etliche Monate dauern, spannend wird werden, ob im Beamtenbereich der Tarifabschluss stark aufgebessert wird....(wegen amtsangemessener Besoldung und so...)


    Wegen den Mindestbeträgen wird er nicht genau übertragen werden können....(das ist schon eine gute Möglichkeit, über den Tarifvertrag hinausgehende Verbesserungen für Beamte zu machen - man behauptet dann trotzdem einfach, es handele sich um eine Übertragung)


    Im TVL-Länderbereich sind ja schon erste Aufstockungen des kommenden (!!) Tarifabschlusses in Hessen und Thüringen vorab nur für Beamte vorgenommen worden, da werden sicherlich etliche Bundesländer folgen (dann nach Tarifabschluss) - spannend wir das beim Bund und den Kommunen gehandhabt werden wird.


    Die Thüringer Finanzministerin hat sich ja schon mehrfach (bedauernd) dahin gehend geäußert, dass die faktische Bedeutung/Bindungskraft der Tarifverhandlungen für den Beamtenbereich kaum mehr vorhanden ist - naja, sie werden künftig lediglich Basiserhöhungen sein, die dann für Beamte aufgestockt werden (Stichwort Lohnabstand zwischen Besoldungsgruppen, amtsangemessene Besoldung)

  • Übertragung wird wieder etliche Monate dauern, spannend wird werden, ob im Beamtenbereich der Tarifabschluss stark aufgebessert wird....(wegen amtsangemessener Besoldung und so...)

    Meiner Meinung nach völlig utopisch, wie ist es vermittelbar, dass Beamte, die eh schon bessergestellt sind als ihre Angestellten Kolleginnen und Kollegen relativ und absolut gesehen noch mehr bekommen?


    Die Medien haben in den letzten Wochen brav das Narrativ eines starken Tarifergebnisses im TVöD verbreitet, "der Bürger" wird wohl kaum ein "noch besseres" Ergebnis für die faulen Beamten dulden.

    (Das entspricht nicht meiner Meinung aber ich befürchte, dass es so kommen wird)

  • Meiner Meinung nach völlig utopisch, wie ist es vermittelbar, dass Beamte, die eh schon bessergestellt sind als ihre Angestellten Kolleginnen und Kollegen relativ und absolut gesehen noch mehr bekommen?


    Die Medien haben in den letzten Wochen brav das Narrativ eines starken Tarifergebnisses im TVöD verbreitet, "der Bürger" wird wohl kaum ein "noch besseres" Ergebnis für die faulen Beamten dulden.

    (Das entspricht nicht meiner Meinung aber ich befürchte, dass es so kommen wird)

    Da bin ich mir nicht wirklich so sicher; der Lehrermangel wird sicherlich dazu führen, dass zumindest in Teilen auch speziell hierauf geachtet werden wird. Jedenfalls in Bayern und NRW sieht es deutlich eher so aus, als wenn aktuell Beamte massiv an Wertigkeit gewinnen - wieso auch immer.

Werbung