Hohe Ansprüche junger Kolleginnen und Kollegen

  • Hallo zusammen,


    ich habe seit einigen Jahren weniger mit neu einsteigenden Kolleginnen und Kollegen zu tun, weil wir gut besetzt waren.

    Ich tausche mich aber mit vielen Kolleginnen und Kollegen an anderen Schulen aus und dort heißt es, dass gerade die neu einsteigenden Kolleginnen und Kollegen hohe Ansprüche an für sie günstige Stundenpläne sowie Einsatz in interessanten Klassen haben beziehungsweise auch den Unterricht alter Kollegen belehren. Zu meiner Zeit war es so, dass man sich als Neueinsteiger hinten anstellt und sich erst langsam die Meriten (besserer Stundenplan, gute Klassen) verdienen musste. Inwiefern tickt die „neue Generation“ anders?

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    Die neue Generation tickt insofern anders, als dass sie bestehende Hierarchien und Pfründe nicht als Gottgegeben hinnimmt. So gesehen hat dann die Erziehung zur Mündigkeit etwas bewirkt - weil diese Strukturen hinterfragt werden. Die Grenze zur Impertinenz ist hier sicherlich fließend und hängt davon ab, wie ruppig und lautstark man seine Interessen vertritt.

    Die "Studienratsmentalität" in einem Kollegium, das zehn oder fünfzehn Jahre lang im eigenen Saft gekocht bzw. gealtert ist, ohne dass jemand Neues eingestellt wurde, kenne ich noch zu gut aus eigener Erfahrung. Ich fand dieses Gutsherrengehabe ehrlich gesagt ziemlich daneben.


    Warum muss man sich einen guten Stundenplan oder den Einsatz in "interessanten Klassen" verdienen?


    Belehren ist natürlich so eine Sache - man ist neu, engagiert, möchte sich einbringen und meint, als junge(r) Wilde(r) könnte man nun die Welt verändern und den etablierten Kräften mal sagen, wo es lang geht. Das ist das Privileg der Jugend. Die "Erfahrung" (i.e. die erfahrenen KollegInnen) wird da metaphorisch sanft eine Hand auf die Schulter des/der jungen KollegIn legen und lediglich erwidern, dass weder alles schlecht ist, was die Alten machen noch alles besser ist, was die Jungen machen - und dass diese Dynamik auch schon vor zehn oder zwanzig Jahren so war.

  • Keine Ahnung, ob die "neue Generation" irgendwie anders "tickt". An meiner Schule wurde für alle Lehrkräfte schon immer versucht einen einigermaßen guten Stundenplan zu erstellen (das war damals, als ich anfing (2003) schon so und ist auch heute noch der Fall). Und es muss sich jede Lehrkraft drauf einstellen, mal in "guten" wie auch mal in schwächeren Klassen eingesetzt zu werden. Das hat aber nichts damit zu tun, ob es sich um neu einsteigende oder "altgediente" KuK handelt.

    Ich habe allerdings auch noch nicht erlebt, dass neu an meine Schule gekommene Lehrkräfte großartige Ansprüche gestellt haben. Wenn ich mir den Stundenplan unseres neuesten und jüngsten Kollegen in meiner Abteilung, der nach den Sommerferien zu uns kam (hat sein Ref in NRW gemacht und danach bereits zwei Jahre in HB und NDS an beruflichen Schulen gearbeitet) so anschaue, ist bei ihm vom Nievau her alles dabei: von der Berufseinstiegsklasse über zweijährige Berufsfachschule, Fachoberschule (dort ist er auch Klassenlehrer), Berufsschule bis zum Beruflichen Gymnasium. Er wurde teilweise eben da eingesetzt, wo Lehrkräfte aufgrund von u. a. Elternzeit fehlen. Einen ganz besonders tollen Stundenplan hat der junge Kollege ebenfalls nicht.

    Wie gesagt: Mein Stundenplan und mein Unterrichtseinsatz waren damals ähnlich; abgesehen davon, dass wir in meinem Einstiegsjahr noch kein BG an der Schule hatten.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Bolzbold mit dem guten Stundenplan meine ich bei einem guten Freund aus einem anderen Kollegium: Die haben auch Abendschule. Das ist für Jung wie Alt belastend, wenn man um 22 Uhr nach Hause kommt und um 6.30 Uhr wieder aus dem Haus fährt. Der Unterricht muss eben auch gemacht werden. Hier verwundert es, dass gerade frisch Eingestellte einen Einsatz alle 14 Tage verweigern.

  • Beide Extreme sind nicht in Ordnung, weder die Gerontokratie von früher, wo Kollegen der Meinung waren, irgendwelche Vorrechte zu genießen, nur weil sie seit 20 Jahren auf dem gleichen Lehrerzimmerplatz sitzen, noch die Haltung, dass alles bisherige schlecht ist und ersetzt werden muss.


    Tendenziell beobachte ich aber auch, dass sich die Einstellung neuer Kollegen verändert hat. Das ist auch kein Wunder. Das ist die erste Generation, die mit den Idealen der individuelle Selbstverwirklichung und Selbstoptimierung sowie der Social-Media-Selbstdarstellung "Hochglanz-Leben" aufgewachsen ist.


    Dass sich die "jungen" Kollegen ein Stück weit an den Alten abarbeiten, war hingegen immer schon so. Irgendwie ist das auch das Vorrecht der Jugend.

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    Bolzbold mit dem guten Stundenplan meine ich bei einem guten Freund aus einem anderen Kollegium: Die haben auch Abendschule. Das ist für Jung wie Alt belastend, wenn man um 22 Uhr nach Hause kommt und um 6.30 Uhr wieder aus dem Haus fährt. Der Unterricht muss eben auch gemacht werden. Hier verwundert es, dass gerade frisch Eingestellte einen Einsatz alle 14 Tage verweigern.

    Das ist arbeitsrechtlich auch eigentlich so nicht zulässig. Dass man das verweigert, kann ich verstehen. Vielleicht haben die "Alten" hier auch einfach keine Ahnung von ihren Rechten und haben zu lange zu vielem "Ja und Amen" gesagt?


    EDIT:

    Auch wenn es zulässig ist, wie wir ja jetzt wissen, kann man natürlich darüber streiten, ob und wie legitim es ist, sich hier zu weigern.

  • Das ist arbeitsrechtlich auch eigentlich so nicht zulässig.

    Bist du dir da sicher? Ich dachte, die vorgeschriebenen 11 Stunden Ruhezeit müssen zwischen dem Unterrichtsende an dem einen und dem Unterrichtsbeginn am Folgetag liegen. D. h. wenn jemand bspw. 1,5 Stunden Fahrtzeit vom/an den Schulort hat, ist das ihr/sein "persönliches Pech". Mal als Beispiel: Unterrichtsende an der Abendschule ist um 20:30, durch 1,5 Stunden Heimfahrt ist der Kollege aber erst um 22 Uhr zuhause; morgens muss er um 6:30 Uhr wieder aus dem Haus um pünktlich zu Unterrichtsbeginn um 8:15 Uhr wieder in der Schule zu sein. Die 11 Stunden Ruhezeit (zwischen 20:30 und 8:15 Uhr) wären damit aber trotzdem eingehalten, oder?

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    Bist du dir da sicher? Ich dachte, die vorgeschriebenen 11 Stunden Ruhezeit müssen zwischen dem Unterrichtsende an dem einen und dem Unterrichtsbeginn am Folgetag liegen. D. h. wenn jemand bspw. 1,5 Stunden Fahrtzeit vom/an den Schulort hat, ist das ihr/sein "persönliches Pech". Mal als Beispiel: Unterrichtsende an der Abendschule ist um 20:30, durch 1,5 Stunden Heimfahrt ist der Kollege aber erst um 22 Uhr zuhause; morgens muss er um 6:30 Uhr wieder aus dem Haus um pünktlich zu Unterrichtsbeginn um 8:15 Uhr wieder in der Schule zu sein. Die 11 Stunden Ruhezeit (zwischen 20:30 und 8:15 Uhr) wären damit aber trotzdem eingehalten, oder?

    Wenn Du es so rechnest, stimme ich Dir zu. Allerdings kratzt dieses Beispiel schon arg an der Lebensrealität, weil nun einmal nicht jeder so wohnt, dass er/sie innerhalb von wenigen Minuten zu Hause ist, damit die Ruhezeit auch eingehalten werden kann.

  • Die neue Generation tickt insofern anders, als dass sie bestehende Hierarchien und Pfründe nicht als Gottgegeben hinnimmt. So gesehen hat dann die Erziehung zur Mündigkeit etwas bewirkt - weil diese Strukturen hinterfragt werden.

    Das beobachte ich auch, finde es gar nicht so schlecht.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

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    Tendenziell beobachte ich aber auch, dass sich die Einstellung neuer Kollegen verändert hat. Das ist auch kein Wunder. Das ist die erste Generation, die mit den Idealen der individuelle Selbstverwirklichung und Selbstoptimierung sowie der Social-Media-Selbstdarstellung "Hochglanz-Leben" aufgewachsen ist.

    DAS ist allerdings eine Entwicklung, der ich so gar nichts abgewinnen kann - und mit diesen KollegInnen tue ich mich in der Tat schwer. Das ist sowas von nicht meine Welt. Ich könnte mir aber vorstellen, dass die "Alten" von vor 20 Jahren auch mit meiner Generation Probleme hatten - und sei es nur, weil wir eben Computer bedienen konnten und sie nicht...

  • Bolzbold: War ja auch nur ein Beispiel ;) ! An meiner Schule gibt es keinen Abendunterricht (m. E. gibt es in NDS überhaupt nur wenige BBSn mit Abendunterricht) und ich weiß nicht so genau, bis wann der i. d. R. an den BKs in NRW dauert.

    An meiner Ausbildungsschule gibt es eine Fachschule Betriebswirtschaft in Teilzeitform, wo die SuS dreimal die Woche Abendunterricht bis 21:30 Uhr haben. Da haben die dort eingesetzten Lehrkräfte aber am nächsten Tag erst später Unterricht oder ganz frei. Und darauf würde ich - ehrlich gesagt - auch bestehen, da gebe ich dir vollkommen recht!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

    • Offizieller Beitrag

    Zumindest sagt er immer, dass das auch für Beamte gilt. Aber meines Wissens gab es da vor einigen Jahren schon eine Diskussion, aus der u.a. hervorging, dass die Regelung für Beamte nicht (automatisch) umgesetzt wurde. *such*

  • Die Gutsherrenart, über die man sich als junge Kollegin geärgert hat, setzt sich fort, wenn man 20 Jahre auf Besserung wartet und dann auch an der Reihe sein möchte.


    Dass die junge Generation stärker auf Work-Life-Ballance achtet, fällt mir auch auf, andererseits waren die Aufgaben vor 30 Jahren in der Schule auch nicht so wie heute und an sich ist die deutliche Abgrenzung gesund und sollte dazu führen, dass es Dienstvereinbarungen kommt, die die besseren Bedingungen für alle festschreiben.

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube, dass dem nicht so ist (wurde hier im Forum schon mehrfach diskutiert). Da kennt sich aber der User plattyplus besonders gut aus.

    SGV Inhalt : Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (Arbeitszeitverordnung - AZVO) | RECHT.NRW.DE vgl. § 5


    Was lernen wir daraus? Diese Arbeitszeitverordnung hat eigentlich die passenden Regelungen - nur gilt diese Regelung ausdrücklich nicht für uns Lehrkräfte.

    Das ist natürlich so gewollt. Denn würde man die geltenden Arbeitszeitregelungen auf unsere Tätigkeit übertragen, kämen wir spätestens bei den Klassenfahrten an natürliche Grenzen. Es ist auch deshalb so gewollt, weil der Unterrichtsbetrieb Vorrang hat - da sehen die Regelungen dann vor, dass man auf die arbeitszeitrechtlichen Belange der Belegschaft keine Rücksicht nehmen muss. Nur so funktionieren der Betrieb.

    • Offizieller Beitrag

    Aber da die Lehrkräfte in $1 explizit ausgeschlossen werden, gilt der $5 ja auch nicht für sie.

    (Wobei es schon irritierend ist, dass man die Vollzugsbeamten auch in beiden Paragraphen explizit erwähnt. Einmal als Ausschluss, einmal als Ausnahme. )


    Kl. Gr. Frosch


    P.S.1: am Handy habe ich kein Paragraph-Symbol. Nutze mal das Dollarzeichen. Das ist ähnlich

    P.S.2: und das "gilt nicht für Lehrer" war damals in dem Thread auch die Quintessenz. Nicht das "gilt nicht für Beamte." Jetzt erinnere ich mich wieder.

  • Bolzbold: Die Verordnung gilt explizit nicht für Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen. Bei angestellten Lehrkräften gelten aus dem Arbeitszeitgesetz aber ganz normal die Ruhephasen des Arbeitsschutzrechts. Eine analoge Regelung für verbeamtete Lehrkräfte besteht nicht

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