Arbeitszeiterfassung wird in Deutschland zur Pflicht

  • Diese Endlosdiskussion wird schon geführt, seit ich im Schuldienst bin, vermutlich auch schon 30 Jahre länger. Ich rechne nicht damit, dass sich grundsätzliche Rahmenbedingungen noch einmal ändern werden. Für uns in Niedersachsen war vor einigen Jahren Ein großer Erfolg, dass die Arbeitszeiterhöhung am Gymnasium gerichtlich kassiert wurde, weil es gezeigt hat, dass wir nicht restloser Willkür ausgeliefert sind.

    Darüber hinaus ist das System so, wie es ist und das finde ich auch nicht völlig verkehrt.

    Es ist möglich, sich im aktuellen System so zu arrangieren, dass man ordentliche Arbeit abliefert aber trotzdem auf vernünftige Arbeitszeiten kommt, dafür muss ich auch keine Exel Tabellen führen.

  • Im Sinne der Anonymität werde ich hier nicht alle Details der Regelungen an unserer Schule preisgeben.

    Kann dir aber sagen, dass mein Arbeitstag deutlich vor 8 Uhr beginnt und mein Arbeitstag zu ganz unterschiedlichen Zeiten endet. Genauso arbeite ich auch mal was am Samstag und habe in der Unterrichtsfreien Zeit Tage die ich zur Korrektur oder Unterrichtsvorbereitung nutze.

  • Kann dir aber sagen, dass mein Arbeitstag deutlich vor 8 Uhr beginnt und mein Arbeitstag zu ganz unterschiedlichen Zeiten endet.

    Es stimmt natürlich, dass man nicht um 8 Uhr beginnt, sondern wesentlich früher. Von daher würde es sich wahrscheinlich gar nicht bis abends ziehen.

  • Bei einer Anwesenheit 8:00-16:30 Uhr (inkl. vorgeschriebene gesetzliche Pause) fallen noch keine Überstunden an. Du müsstest also ca. 6,8h pro Woche rausarbeiten (bei 40 Schulwochen). Also entweder bleibste jeden Tag bis 18 Uhr in der Schule oder hast nen vollen Samstag (sonntags darfste nicht arbeiten). Das fänd ich schon happig.


    Ich schätze aber auch, dass sowas an vernünftigen Arbeitsplätzen in der Schule scheitern würde.

    Was wäre daran so schlimm? Das müssen doch fast alle anderen Berufstätigen auch. Wenn du nicht für die zusätzlichen Urlaubstage vorarbeiten möchtest, kannst du ja auch um 16.30 Uhr gehen (vollkommen normal) und dann in den Ferien (abzüglich deiner 30 Urlaubstage) zur Schule kommen. Du könntest z.B. versuchen, fast alle Korrekturen in die kleinen Ferien zu verlegen und in dieser Zeit dann entspannt Unterrichtsreihen planen und Orgakram erledigen etc.


    Bei einer vollen Stelle und mit 2 Korrekturfächern wäre ich aber eh nie um 16.30 fertig. Ich arbeite also sowieso noch weiter. Dann kann ich das auch in der Schule tun (bei vollwertigem Arbeitsplatz) und zu Hause meinen Feierabend genießen und die Schule ganz aus dem Kopf haben. Und die Miete für mein Arbeitszimmer spare ich auch noch.

  • Was wäre daran so schlimm?

    Bei entsprechenden Arbeitsplätzen fänd ich das gar nicht sooo schlecht. Kann mir aber vorstellen, dass für viele die fehlende Flexibilität nicht so geil wäre. Zumal es im Schulalltag immer mal stressige Arbeitsphasen (z.B. Prüfungszeiträume) gibt und ruhigere Zeiten. Das kann man mit festen Arbeitszeiten gar nicht so abdecken.

  • Ich kenne diese Diskussion auch schon ewig. Und eine (damalige) Aussage vom Ulmer Oberbürgermeister (damals für die Städte vorsitzend) fällt mir gerade ein.


    Sinngemäß


    "Wieso extra Arbeitsplätze/Räume? Es sind nachmittags genug Klassenzimmer frei. Es würden (je nach Größe des Kollegiums) wenige reichen. Papier und Schulbuch reicht."


    Und jetzt haben wir sogar digitale Endgeräte erhalten. :pfeifen:

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

    • Offizieller Beitrag

    Was wäre daran so schlimm? Das müssen doch fast alle anderen Berufstätigen auch. Wenn du nicht für die zusätzlichen Urlaubstage vorarbeiten möchtest, kannst du ja auch um 16.30 Uhr gehen (vollkommen normal) und dann in den Ferien (abzüglich deiner 30 Urlaubstage) zur Schule kommen. Du könntest z.B. versuchen, fast alle Korrekturen in die kleinen Ferien zu verlegen und in dieser Zeit dann entspannt Unterrichtsreihen planen und Orgakram erledigen etc.

    und damit würdest du aber Minusstunden abbauen, denn dein Arbeitstag hat nicht nur 8 Stunden, sondern 8 Stunden und 12 Minuten ;)

  • Vor allem finde ich Arbeitszeit manchmal schwer messbar. Letztens im Auto ein Lied gehört und Zack war da eine Stunde zu in meinem Kopf. Wo und wann notiert man sich die 4 Minuten?

    Only Robinson Crusoe had everything done by Friday.

  • Ich führ seit diesem Schuljahr für mich per App ein zeitkonto.

    In der App kann ich verschiedene Kategorien festlegen und beschriften. Hab ich auch schon gemacht und wenn man das diszipliniert führt ist das auch objektiv.

    Als erweiterte Schulleitung zählt ich auch Gespräche mit Kollegen dazu. Dient meist zur Absprache bestimmter Probleme. Die letzten drei Wochen komm ich nun auf durchschnittlich 50h (Eine Woche 37, der Rest ü50). Da gehören auch solche Sachen wie Konzept schreiben dazu. Heut war ich Vertretung bei der elternkonferenz und bin vorher nicht mehr nach Hause. 12,5h kamen das zusammen, davon 20 Minuten echte Pause.


    Find es gut und hoffe das endlich auch mal Lehrer die Möglichkeit kriegen.

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Soll sich unsere Dienstherrin halt ein System überlegen, das ihr gefällt.

    Vor allem bitte auch ein System, bei dem jedes Lesen einer eMail dokumentiert wird, jede Schülermeldung bei Teams, die beantwortet werden will und jedes Schülerproblem, das es in der Pause zu lösen gilt. Ach und: Das Erfassen der Arbeitszeit, auch für diese 3 Minuten-Arbeiten ist natürlich auch wieder Arbeitszeit.


    Ich bin mal gespannt was dabei raus kommt. :pirat:

    Insb. wie es da dann mit Wochenend- und Nachtruhe aussieht und ob die arbeitsrechtlichen Pausenzeiten eingehalten werden.


    12,5h kamen das zusammen, davon 20 Minuten echte Pause.

    Und damit ist das, was Du machst, arbeitsrechtlich nicht zulässig und du müßtest nach maximal 10 Stunden den Griffel fallen lassen und nach Hause gehen, auch wenn da noch Eltern vor der Tür stehen. Nach 10 Stunden ist nämlich auch das maximal zulässige Überstundenmaß voll.

  • Hauptsache das endet für uns nicht wieder in blöder Verwaltungsarbeit.

    Bisher hat unser Dienstherr leider ja eher ein Händchen dafür die umständlichsten statt die pragmatischsten Lösungen zu wählen.

  • Vor allem finde ich Arbeitszeit manchmal schwer messbar. Letztens im Auto ein Lied gehört und Zack war da eine Stunde zu in meinem Kopf. Wo und wann notiert man sich die 4 Minuten?

    man könnte über eine geringfügige pauschale Stundenanzahl nachdenken, die jede Woche angerechnet wird, für genau so etwas... Oder die Mail die man vielleicht doch noch schnell zwischendurch schreibt.

    • Offizieller Beitrag

    Vor allem finde ich Arbeitszeit manchmal schwer messbar. Letztens im Auto ein Lied gehört und Zack war da eine Stunde zu in meinem Kopf. Wo und wann notiert man sich die 4 Minuten?

    Mit Verlaub, aber diese Aussage ist so unglaublich kleinlich und so typisch ist für uns Lehrkräfte.
    Jeder gedankliche Pups soll bitteschön als Arbeitszeit zählen und dann malt man sich auf der Basis dessen, was andere hier geschrieben haben, aus, dass man am Tag gefühlte Drölfzig Mal sich "einstempelt" und wieder "ausstempelt".


    Mit Ausnahme des reinen Unterrichts behaupte ich einmal, dass jede/r während der sonstigen noch abzuleistenden Arbeitszeit gedanklich auch einmal weit weg von der Arbeit ist. Muss man das dann gegenrechnen? Wollen wir eine solche Kleinlichkeit auch gegen uns angewandt wissen?

    Nochmal das Beispiel von der Behörde:

    Es interessiert niemanden. Wenn ich meine Arbeit in der vorgegebenen Zeit erledige, fragt niemand danach, was ich wann wo wie im Detail gemacht habe. Natürlich könnte man auch in der Behörde während der Arbeitszeit theoretisch zwei Stunden auf der Toilette verbringen, Schwätzchen mit den KollegInnen halten, endlos im Internet surfen (es gab bei uns ein separates WLAN für private Zwecke) oder auch einfach nur am Schreibtisch Däumchen drehen, wenn gerade wirklich nichts Dringendes zu tun ist.


    All das geht auch bei uns Lehrkräften. Die Arbeitszeiterfassung wird kein individuelles 1984 Szenario sein.

    Ich bin so dreist zu behaupten, dass die Sorge vor der Praktikabilität eher vorgeschoben ist und einige Angst vor der neutralen Erfassung der Arbeitszeit haben - was sicherlich an der Sorge vor zu viel Überstunden liegt...

  • Ich bin so dreist zu behaupten, dass die Sorge vor der Praktikabilität eher vorgeschoben ist und einige Angst vor der neutralen Erfassung der Arbeitszeit haben - was sicherlich an der Sorge vor zu viel Überstunden liegt...

    Ich halte die Zeiterfassung wie oben beschrieben für unproblematisch (wenn die Dienstherrin nicht auf abstruse Ideen kommt).
    Aber die Konsequenzen aus der Zeiterfassung halte ich für die schulischen Leitung sowie die Schulämter etc. für höchstproblematisch.

    Meine Prognose ist, dass starke Ungleichgewichte in den Kollegien dokumentiert werden, so dass Arbeit umverteilt werden muss oder nicht mehr stattfinden kann.
    Prüfungsterminraster mit festen Abgabeterminen (bei uns z.B. Abiturkorrekturen) werden nicht haltbar sein oder die Korrekturen müssen anders organisiert werden (z.B. auf mehr Schultern verteilt), Rosinenpickerei im Kollegium (einer macht fünf Oberstufenkurse, andere keine), Klassenfahrten müssen anders gedacht werden, schulische Leitung muss anders gedacht werden, Elternkooperation, schulische Gremien, ...


    Wenn ich an meine Schulleitungsrunde denke, dann bräuchten wir mindestens eine Verdopplung der Leitungszeit.

    Also, wenn das kommt, dann ist die Dokumentation das kleinste Problem, aber meine Prognose ist, dass sich die KM mit Händen und Füßen dagegen wehren werden. Vermutlich bekommen sie dabei Unterstützung von vielen KuK, die Sorge haben, wer sie denn kontrolliert...

  • Würd ich mir keine Sorgen machen. Dann müsste man allen vernünftige Arbeitsplätze stellen. Wird nicht passieren.

    Eben. Wenn wir nur in der Schule arbeiteten, könnten wir den Laden zu machen. Es fehlen nämlich die Arbeitsplätze am Arbeitsplatz Schule.


    Egal, wie eine Regelung aussieht, Lehrerinnen selbst hebelten sie aus, indem sie unerfasst zu Hause weiter arbeiteten. Und diejenigen, die sich an die Regeln hielten, dürften sich anhören, dass sie nicht „ordentlich“ arbeiteten.


    Es hilft nur, dass sich jede um sich selbst kümmert.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Ich finde eine wie auch immer geartete Erfassung der Arbeitszeit wichtig. Die Schule, die ich gerade verlassen habe, konferiert sich dumm und dämlich. LKs immer bis 18 oder 19h, Fachkonferenzen dürfen erst abends beginnen, über die letzten Jahre kamen schleichend nicht nur häufigere Taktungen dazu, sondern auch komplett neue Konferenzanlässe. Tag der offenen Tür wird nicht mehr durch einen Ausgleichstag entlastet (die Vorbereitung des immer aufgeblaseneren Programms sowieso nicht), es gibt einen ebenfalls unentlasteten zusätzlichen Elternsprechtag für die jüngeren Jahrgangsstufen, plötzlich taucht verbindlich ein zusätzlicher Elternabend im Kalender auf, und ab nächstem Jahr gilt in der letzten Sommerferienwoche nicht mehr nur telefonische Rufbereitschaft. sondern es wird wohl irgendwas in Präsenz kommen. Ich finde hochgradig problematisch, wie einfach in Schulen über Zeit verfügt werden kann und zusätzliche Termine angesetzt werden können, die nirgends erfasst werden und mit dem Verweis auf Ausgleich in den Ferien als pauschal abgegolten gelten. Auch kann es nicht sein, dass es leider persönliches Pech ist,ob man eine "pflegeleichte" Klasse bekommt oder ständig Gespräche mit Eltern, Schulsozialarbeitern usw. anfallen.


    Ich denke, es geht nicht um die Erfassung von 4 Minuten dienstlichen Gedanken, sondern ich würde schon die Erfassung der klar und recht einfach erfassbaren Zusatztermine als Fortschritt empfinden. Und beim häuslichen Rest ließen sich problemlos die gleichen Erfassungsmechanismen anwenden, wie es Millionen Leute im Homeoffice tun.

  • Vor allem finde ich Arbeitszeit manchmal schwer messbar. Letztens im Auto ein Lied gehört und Zack war da eine Stunde zu in meinem Kopf. Wo und wann notiert man sich die 4 Minuten?

    Während der Fahrt. „Hey, Siri/Ok, Google/Jarvis/Mother/Computer, notiere bitte vier Minuten Unterrichtsplanung.“

  • Danke. Ich selbst halte es in oben beschriebenen Fällen so: Lied hören zähle ich selbstverständlich nicht.


    Das 10-Minuten-Gespräch während der Autofahrt mit meiner Kollegin über ein Schülerproblem / die Planung der Projektwoche / sonstigen Absprachen jedoch schon. In der Zeit kann ich ja z.B.nicht mein privates Hörbuch hören oder mit Freunden /meinem Mann telefonieren etc. Das Lied hingegen hätte ich ja sowieso gehört.


    Ich glaube, man darf jetzt auch nicht unter die Korinthenkacker gehen. Auch in anderen Jobs gibt es sowohl "tätigkeitsfremde Aktivitäten" während der Arbeitszeit als auch mit dem Job verbundene Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit.


    Was ist z.B. wenn ich meinen Schreibtisch aufräume und darunter jetzt 3 private Zettel sind, die ich eben noch schnell abhefte? Ist natürlich trotzdem Gesamtarbeitszeit. Wenn der AG mir einen vernünftigen Arbeitsplatz in der Schule einrichten würde, würde dieses Problem ja gar nicht erst entstehen.


    Umgekehrt habe ich schon so oft Schulsachen weggeräumt - eigentlich ständig - um irgendetwas Anderes erledigen zu können, was ich nie zähle. Das gleicht sich schon aus.

  • Während der Fahrt. „Hey, Siri/Ok, Google/Jarvis/Mother/Computer, notiere bitte vier Minuten Unterrichtsplanung.“

    Ist das dein Ernst? Sensible Daten wie die eigene Arbeitszeit und deren Verteilung an solche Datenkraken zu geben?

  • Ich finde eine wie auch immer geartete Erfassung der Arbeitszeit wichtig. Die Schule, die ich gerade verlassen habe, konferiert sich dumm und dämlich. LKs immer bis 18 oder 19h, Fachkonferenzen dürfen erst abends beginnen, über die letzten Jahre kamen schleichend nicht nur häufigere Taktungen dazu, sondern auch komplett neue Konferenzanlässe. Tag der offenen Tür wird nicht mehr durch einen Ausgleichstag entlastet (die Vorbereitung des immer aufgeblaseneren Programms sowieso nicht), es gibt einen ebenfalls unentlasteten zusätzlichen Elternsprechtag für die jüngeren Jahrgangsstufen, plötzlich taucht verbindlich ein zusätzlicher Elternabend im Kalender auf, und ab nächstem Jahr gilt in der letzten Sommerferienwoche nicht mehr nur telefonische Rufbereitschaft. sondern es wird wohl irgendwas in Präsenz kommen. Ich finde hochgradig problematisch, wie einfach in Schulen über Zeit verfügt werden kann und zusätzliche Termine angesetzt werden können, die nirgends erfasst werden und mit dem Verweis auf Ausgleich in den Ferien als pauschal abgegolten gelten. Auch kann es nicht sein, dass es leider persönliches Pech ist,ob man eine "pflegeleichte" Klasse bekommt oder ständig Gespräche mit Eltern, Schulsozialarbeitern usw. anfallen.


    Ich denke, es geht nicht um die Erfassung von 4 Minuten dienstlichen Gedanken, sondern ich würde schon die Erfassung der klar und recht einfach erfassbaren Zusatztermine als Fortschritt empfinden. Und beim häuslichen Rest ließen sich problemlos die gleichen Erfassungsmechanismen anwenden, wie es Millionen Leute im Homeoffice tun.

    Dann würde man wahrscheinlich auch feststellen, dass es für Teilzeitkräfte nicht möglich ist, an allen dieser Veranstaltungen im vollen Umfang teilzunehmen, ohne die Arbeitszeit erheblich zu überschreiten. Es reicht eben nicht aus, nur die Unterrichtsstunden zu kürzen.

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