Digitales Lernen in der Grundschule

  • Hallo zusammen,


    eine Freundin von mir ist Lehrerin in einer Grundschule. Diese Grundschule überlegt sich jetzt das Digitale Lernen in Form von Tablets mit entsprechenden Lern-Apps in der Schule zu integrieren.


    Ich persönlich bin der ganzen Sache ja gar nicht positiv gegenübergestellt, da ich denke das Schüler in der Grundschule noch ohne digitale Medien lernen sollten.


    Hier gibt es auch mehrere Aspekte die für mich dagegen sprechen. Zum Beispiel das die Schüler sowieso ständig einem Bildschirm (Fernseher, Handy der Eltern oder Tablet) ausgesetzt sind und dies nicht auch noch durch das Lernen verstärkt werden sollte. Außerdem finde ich es gerade in der Grundschule wichtig das die Eltern einen Überblick über den Lernstand der Kinder haben. Dies könnte durch das Lernen an den Tablets schwieriger zu überprüfen sein.


    Mich würden hier eure Meinungen und eure Gedanken zu dem Thema interessieren?


    Was haltet Ihr davon? Findet ihr das gut oder findet ihr das nicht gut?


    Viele Grüße


    Hottenbacher

  • dass die Schüler sowieso ständig einem Bildschirm (Fernseher, Handy der Eltern oder Tablet) ausgesetzt sind und dies nicht auch noch durch das Lernen verstärkt werden sollte.

    Naja, "ständig"....

    Das sind m.M.n. Vorurteile.

    Im Übrigen kommt es einfach auf das Maß an.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

    Einmal editiert, zuletzt von laleona () aus folgendem Grund: Weniger aggressiv

  • Ich glaube auch, dass es sehr davon abhängt wie man digital lernt.


    Mit dem Logineo-LMS und ähnlichen Lernsystemen kann man auch in der Primarstufe sehr schöne Unterrichtsreihen durchführen, bei denen nur Teile der Stunden digital sind und man die einzelnen Punkte des Medienperspektivrahmen gut abarbeiten kann.


    Ich denke die meisten Leute, die digitales Lernen in der Grundschule kritisieren haben einfach keine genaue Vorstellung davon, wie das sinnvoll aussieht und stellen sich Kinder vor, die den ganzen Tag vor Anton sitzen.

  • Der Einsatz von digitalen Medien in der Grundschule muss nicht zwingend heißen, dass die Kinder nur vor dem iPad oder gar Smartphone sitzen und dort bildhafte Rechenaufgaben lösen oder anderweitige spielerische Lernaufgaben bearbeiten. Die Medienpädagogik gibt für alle Fächer wirklich schöne Projekte, Unterrichtseinheiten und Co. her. So könnte man beispielsweise interaktive Bilderbuchgeschichten in den Deutschunterricht einbauen, mit der Klasse am Wandertag eine „Schnitzeljagd“ mittels QR-Codes durch die Stadt/das Dorf, in der sich die Schule befindet, machen, um auf diese Weise den Ort näher kennenzulernen und mehr über die Geschichte der Umgebung kennenzulernen. Das wären nur einige -meines Erachtens- schöne Ideen, bei denen man digitale Medien im schulischen Kontext (an der Grundschule) einsetzen könnte.

    Vielen Dank für die tollen Ideen, Laborhund! Ich werde mir diese im Hinterkopf behalten und dabei hoffen, dass ich diese auch mal mit meinen GrundSuS durchführen kann, sobald uns die entsprechenden Endgeräte zur Verfügung stehen.

  • An meiner Grundschule haben wir leider noch nicht die entsprechenden Endgeräte zur Verfügung, mit welchen wir die SuS arbeiten / spielerisch lernen lassen könnten. Dennoch sehe ich es wie Laborhund, dass das Digitale Lernen eine prima Chance bereits für die Kleinen darstellt. Privat haben die meisten Familien ohnehin Endgeräte wie iPad, Smartphone, Fernseher etc., die vermutlich auch mal von den Kindern genutzt werden (dürfen). So wäre es m. M. n. schon sehr sinnvoll, den SuS gewisse Grundkompetenzen aus der Medienpädagogik zu vermitteln, die dann an der weiterführenden Schule ausgebaut werden (könnten). Ich kann mir gut vorstellen, dass sich schöne, kleine Einheiten im Unterricht einbauen ließen, in denen die Kinder beispielsweise mit dem iPad arbeiten könnten.

  • Ich hätte gerne mehr Zeit in der GS genau für solch eine Art Medienführerschein, gerade weil sich viele SuS ab Klasse 2, eher Klasse 3/4 im Internet tummeln und viel zu wenig darauf geschaut wird, was sie da machen.


    Davon abgesehen kann man heute am Tablet innerhalb der Klasse ähnliche Programme nutzen, die zuvor im PC-Raum nutzbar waren, um differenziert zu arbeiten. Mit mehr Endgeräten und stabilem WLAN könnte man die Förderung und Herausforderung in mehreren Fächern darüber unterstützen, auch im Hinblick auf Inklusion und DaZ.


    Lehrkräfte sehen Material und Medien und bei den meisten beginnt sofort ein Prozess des Abwägens der Möglichkeiten. Wenn es nichts bringt, liegen oder stehen die Geräte ungenutzt in der Ecke, weil man genug Alternativen zur Auswahl hat.

  • Hallo,

    soweit ich weiß, ist inzwischen in allen curricularen Vorgaben für die Grundschulen der Bundesländer digitales Lernen (in welcher Form auch immer) vorgeschrieben, sodass es ohnehin verpflichtend ist. Meiner Meinung nach eignen sich einige digitale Tools hervorragend zur Differenzierung, Diagnose und zum individuellen Lernen. Im Einzelfall können dadurch Chancenungleichheiten einzelner Schülerinnen und Schüler abgebaut werden. Dies geht auch aus dem Nationalen Bildungsbericht von 2020 (https://www.bildungsbericht.de…ldung-in-deutschland-2020) hervor.

  • An meiner Schule haben wir Ipads, WLan und digitale Tafeln. Man kann sich Klassensätze ausleihen, standardmäßig sind zwei Ipads im Klassenzimmer. Ich finde die digitalen Möglichkeiten eine tolle Bereicherung. Die SuS kennen einen Begriff nicht? Der wird nachgeschlagen und Bilder an der Tafel gezeigt. Ein digitales Spiel zur Auflockerung oder ein kleines Filmchen zur Erklärung? Kein Problem, geht ruckizucki. Gut, das war jetzt frontal.

    Die beiden Klassen-Ipads erhielten das ukrainische Kind und ein Inklusionskind für Differenzierungsaufgaben in der AntonApp bzw. gab ich bei Bedarf einem Kind, das etwas nachschlagen wollte (z.B. während der freien Arbeit). Einen der Klassensätze - die sehr begehrt waren - habe ich z.B. benutzt zum Recherchieren für die Referatsvorbereitungen über europäische Länder. Gerade für Sachkunde kann man die Ipads zur Informationsbeschaffung gut nutzen, auch in Deutsch zur Klärung von nicht verstandenen Begriffen.

    Die SuS erhielten ab und zu Hausaufgaben in der AntonApp (z.B. stellte ich da Englischvokabeln und die Lernwörter für die Klasse ein) und freiwillige Aufgaben in Antolin und Zahlenzorro.

    Ich hätte die Ipads mit Sicherheit noch mehr benutzt, wenn ich im vergangenen Schuljahr nicht so viel wegen Corona an Basisfertigkeiten hätte aufholen müssen. Z.B. kann man in Kunst eine Bildbearbeitung machen oder einen Trickfilm (z.B. in Englisch) erstellen lassen. Diesbezüglich habe ich schon Fortbildungen gemacht. Natürlich kann man auch mit Hilfe von Tablets differenzierte Aufgaben bearbeiten lassen und was noch andere weiter oben erwähnt haben. Tablets sind eine methodische Bereicherung. Es ist ein weiteres Medium, das Abwechslung bringt. Indem wir in der Schule Tablets bzw. Ipads sinnvoll nutzen, lernen die Schüler gleichzeitig richtig und gefahrlos im Internet zu recherchieren. Inzwischen gibt es viele grundschulgerechte Apps und Internetseiten. Ipads sollen übrigens sicherer sein, weil diese - wie es heißt - durch ein geschlossenes System geschützt sind.

  • Findet ihr das gut oder findet ihr das nicht gut?

    Ich finde es gut (und deine Gegenargumente wenig überzeugend). Begründungen wurden oben schon jede Menge geliefert. Die Medienkompetenz der Kinder sollte m. E. so früh wie möglich geschult werden!

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Wir in NRW müssen lt. neuem Lehrplan digitale Unterrichtsinhalte einführen - von daher lohnt sich ein Lamentieren gar nicht.

    Die einzige Frage, die sich mir stellt, wie arbeite ich es zeitlich ein?

    flippi

  • Eigentlich kann man damit ohne Probleme im 1. SJ starten.

    Am einfachsten geht es mit Adobe spark ( heißt das mittlerweile anders?).

    Dort können kleine Bücher erstellt werden.

    Da kann man direkt mit der Buchstabeneinführung starten.

    Z.B..Buchstaben A..Laufe durch die Schule/ Schulhof und fotografiere alle Gegenstände die mit A beginnen...etc. dann hat man am Ende ein ABC Buch.

    Es gibt so viele Möglichkeiten und die meisten Kinder finden es super.

    Wir werden in diesem Jahr mit "Programmierungen" starten. Kleine Roboter sollen gebaut werden und dann programmiert werden. Wir haben uns Material ausgesucht dass verschiedene Differenzierungen direkt anbietet..vom " nur" bauen, bis zu selbst scratch basiert programmieren.

    Meine Kollegin und ich sollen damit quartalsweise " durch die Klassen ziehen".

    Startet ab erst im 2. Halbjahr.

    Muss mich erst selbst noch einarbeiten.

  • Ideen habe ich auch genug. Mein Problem ist nur, dass es auch im SU in den neuen Richtlinien so viele Anforderungen gibt - zudem noch den Bereich Verbraucherschutz...., das ich ein Zeitproblem habe.

  • Dann nutze ich die Gelegenheit doch mal, für meinen ersten Beitrag hier im Forum:

    Ich bin Lehrer für Sonderpädagogik, unterrichte aber an einer Grundschule im Gemeinsamen Lernen. Ich war schon zu zahlreichen Schulen abgeordnet und kenne den Einsatz neuer Medien daher auch praktisch von unterschiedlichen Schulen:


    Die Fragestellung, was man vom Lernen am Tablet hält ist sehr undifferenziert. Man kann hier grob drei Richtungen unterscheiden. Für jede Zielgruppe und jeden Einsatzzweck kann man also auch durchaus unterschiedlich zum Medieneinsatz stehen:

    Ein riesiger Block umfasst die Medienkompetenz mit den Hauptrichtungen: Technik verstehen (z.B. Programmieren) und Technik anwenden (z.B. Schreiben, Präsentieren). Hier will ich gar nicht erst auf alle Möglichkeiten und deren Wichtigkeit eingehen, denn NRW hat hier einen gut ausgearbeiteten Medienkompetenzrahmen, in dem man all diese Punkte gut nachlesen kann und eine gut gefüllte Webseite zum Thema: https://medienkompetenzrahmen.nrw. Die Frage, ob man das gut findet (das tue ich!), stellt sich gar nicht erst. Die Inhalte sind Vorgabe und sollten schon lange in die Medienkonzepte der Schulen Eingang gefunden haben, sonst wird es bei den meisten Schulträgern zu Recht auch schwierig mit den Fördergeldern.


    Ein zweiter Baustein, der Im Medienkompetenzrahmen keine Erwähnung findet ist der Computerunterstützte Unterricht (CUU). Hier geht es darum, unterrichtliche Inhalte über neue Medien zu vermitteln.

    Auch hier bin ich ein großer Freund des Einsatzes der Technik. Man muss aber sehr gut darauf achten, was in welchem Kontext und zu welchem Zweck eingesetzt wird. Viele der so genannten "Lernprogramm" haben einen ganz großen Haken: Die Qualität der Rückmeldung ist leider oft sehr schlecht und beschränkt sich auf ein "falsch! Versuche es noch einmal". Bestenfalls wird dann nach einer Anzahl von Fehlerversuchen die richtige Lösung eingeblendet und zur nächsten Aufgabe übergegangen. Bevor jetzt alle Computerfeinde jubeln, dass sie doch schon immer gewusst haben, wie schlecht die Lernprogramme sind: Die meisten kopierten Arbeitsblätter sind noch schlechter und können selbst "richtig oder falsch" nicht zurückmelden. Beim Computer besteht das besondere Ärgernis nur darin, dass diese eigentlich zu so viel mehr imstande wären. Dennoch bietet der CUU auch mit diesen einfachen Lernprogrammen ohne vernünftige Rückmeldung (z.B. das beliebte Anton) zwei erhebliche Vorteile gegenüber Papier:
    Vorteil 1: Motivation und Ausdauer sind bei vielen Schülern enorm viel größer als beim Arbeiten auf Papier. Entsprechend steigt auch die effektive Arbeitszeit /Übungsanzahl pro Zeit enorm an. Das trifft nicht nur auf nett gemachte Lernprogramme zu. Selbst wenn man ein Arbeitsblatt inhaltlich unverändert einfach nur abscannt und das Kind auf dem Ipad mit Stift bearbeiten lässt, kann man die enorm gestiegene Motivation gut beobachten. Und anders als man meinen könnte, ist das auch keine Eintagsfliege. Ich warte immer auf den Tag, an dem es nachlässt. Aber ich warte schon seit Jahren.


    Vorteil 2: Gerade bei den kleinen kennt man es, dass sie oft gar keine echten Fragen haben, sondern nur die Richtigkeit der Aufgabe bestätigt haben wollen. Für diesen Zweck reichen diese einfachen Richtig/Falsch-Meldungen aus. Dadurch kann man sich Zeit in der Unterrichtsstunde freischaufeln, in der man sich dann mit den Kindern zusammensetzen kann, die wirklich Hilfe benötigen. Ein Vorteil, der in heutigen sehr heterogenen Lerngruppen sehr wichtig ist.

    Aber auch die Nachteile sollen nicht verschwiegen werden. Es bleibt immer noch ein Computer, der nicht individuell genug auf jeden Schüler eingehen kann. Nur bedingt geeignet sind die CUU-Programme für den Grundschulbereich daher meiner Meinung nach dafür, neue Inhalte zu vermitteln. Sie sind eher geeignet, schon bekannte Inhalte weiter zu festigen und zu üben.


    Ein zweiter Nachteil vieler Lernmöglichkeiten gerade am Tablet liegt darin, dass Tablets von Haus aus nicht als Mehrbenutzersysteme ausgelegt sind und daher vielen Programme eigentlich erst richtig sinnvoll bei einer 1-zu-1-Ausstattung nutzbar sind.


    Was ich jedoch schade finde ist (und jetzt mache ich mich mal so richtig unbeliebt): Die meiste Kritik am Einsatz von Tablets oder Computern im Unterricht auch in der Grundschule wirkt mehr als ein verzweifelter Abwehrversuch, sich als Lehrer nicht damit auseinandersetzen zu müssen. Denn hauptsächlich höre pauschale Medienkritik immer wieder von denen, die augenscheinlich selbst große Defizite in der Medienkompetenz haben und die auch einen OHP noch für ein neues Medium halten. Von denen die sich selber gut auskennen, kommt meist nur differenzierte Kritik an bestimmten Aspekten.

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