Problemorientierter/konstruktivistischer Unterricht

  • Hallo,

    ich werden ab dem nächsten Schuljahr eine Stunde Politik/Gesellschaftslehre fachfremd unterrichten und sitze derzeit an der Unterrichtsplanung. Ich möchte mit den SuS mit dem Thema soziale Gerechtigkeit beginnen. Meistens beginne ich mit den SuS damit, dass wir eine große Leitfrage für die Stunde entwickeln wie: "Was ist der Sinn von Arbeit?" und dann verschiedene weitere Fragen wie:

    "Brauche ich eine Arbeit um glücklich zu sein?"

    "Gibt es Alternativen zum Arbeitsmodell?"

    "Muss eine Arbeit immer Geld einbringen?"


    Das klappt in der Regel auch immer ganz gut. Ich wollte aber mal in die Runde fragen, ob ihr vielleicht weitere Ideen habt, wie sich so ein Unterricht konstruktivistisch aufbauen lässt, außer eigene Fragen zu entwickeln.


    Würde mich über Vorschläge freuen :)


    Beste Grüße

    PaddelCore

  • Problemorientierung erfordert zunächst ja einen kognitiven Konflikt, den ein Thema hervorruft. Dieser kognitive Konflikt kann in verschiedener Weise aufgeworfen werden, das wäre also die erste Stellschraube, über die die du Variation in deine Planung bringen kannst. Eine weitere Variation kann sich dadurch ergeben, dass du Fragen, die ihr zu Beginn einer Einheit gemeinsam gefunden und festgelegt habt (plus weitere, die du ergänzend für sinnvoll erachtest und einbringst) dann in den Folgestunden als Leitfragen der jeweiligen Stunden heranzieht. Die Bearbeitung dieser Leitfragen kann dann in verschiedener Weise erfolgen (eher lehrer- oder eher schülerzentriert, klassisch problemorientiert oder vielleicht auch eine andere Orientierung, um auch weitere Methodenvarianz zu ermöglichen,...).


    Gagel schlägt ganz grundlegend einen 5-Schritt vor in der Problemorientierung:

    1. Worin besteht das Problem?

    2. Wie ist das Problem entstanden?

    3. Wessen Interessen werden durch das Problem berührt?

    4. Welche Lösungen des Problems sind denkbar/möglich?

    5. Welche Bedeutung haben die Lösungen für...?


    Sibylle Reinhard schlägt allerdings einen ergänzenden 6.Schritt vor, um eigene Zugänge der Lerner zum Problem und deren Stellungnahmen mit zu berücksichtigen. Für den Schritt der Problemdefinition schlägt sie deshalb die Arbeit in Kleingruppen vor. Die sechste Phase ist dann die eigene Stellungnahme der Lerner zum Thema. Auch das wäre eine Möglichkeit, deinen bisherigen Einstieg zu variieren.


    Nimm dir etwas Zeit, dich in die Fachdidaktik einzulesen. Problemorientierung ist wichtig, aber nicht die einzige didaktische Perspektive die dein Unterricht umfassen darf/sollte. Falls du Literaturhinweise zur Politikdidaktik benötigst melde dich gerne, dann nenne ich dir ein paar hilfreiche Titel aus meinem Bücherschrank.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Hi,

    vielen Dank für deine Antwort. Würde mich über ein paar Literaturtipps sehr freuen. Dann würde ich mich nachher mal in die Bücherei aufmachen :)

  • Bin gerade im Garten und mein Bücherschrank 10min Autofahrt weg. Auf jeden Fall aber hat Sibylle Reinhard eine Fachdidaktik Politik veröffentlicht (genauen Titel findest du online oder sagt man dir um Buchladen/der Bücherei ), aus der ich auch Gagels 5-Schritt abgeschrieben habe. Ich melde mich gerne heute Abend noch einmal mit mehr. Vielleicht hat z. B. chilipaprika bis dahin aber auch noch gute Hinweise.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • So, ich hab dich nicht vergessen, hatte nur meine normale Brille im Garten vergessen und saß abends mit Sonnebrille bei mir rum. :D Hier also einige Hinweise aus meinem Bücherschrank:


    - Sibylle Reinhardt, Politikdidaktik, Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II

    - Wolfgang Sander (Hrsg.), Handbuch politische Bildung

    - Thomas Goll (Hrsg.), Politikdidaktische Basis- und Fachkonzepte

    - Autorengruppe Fachdidaktik, Was ist gute politische Bildung? Leitfaden für den sozialwissenschaftlichen Unterricht


    Ergänzend halte ich für sehr gut:

    - Kerstin Pohl (Hrsg.), Positionen der politischen Bildung 2

    - Stefan Müller-Mathis/Alexander Wohnig (Hrsg.), Wie Schulbücher Rollen formen- Konstruktionen der ungleichen Partizipation in Schulbüchern


    Hilfreich können auch verschiedene Bände der Reihe "Basiswissen Politische Bildung" sein. Herausgeber sind Dirk Lange bzw. Volker Reinhardt.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Wenn du darüber hinaus im Schuljahresverlauf Hinweise benötigen solltest zu bestimmten Themenkomplexen, um diese aus politikwissenschaftlicher Perspektive vorbereiten zu können, melde dich gerne. Ich habe einen sehr reichhaltig bestückten Bücherschrank einerseits und bin andererseits ja auch nicht die einzige Politikwissenschaftlerin hier im Forum, die dir weiterhelfen kann mit Hinweisen. Ich finde es auf jeden Fall toll, dass du nachfragst, dazulernen möchtest und nicht einfach nur machst. :top:

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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