Zweifel am Grundschullehramtsstudium - zu verklemmt/introvertiert?

  • Hallo :)

    ich studiere Grundschullehramt im 3 Semester und habe aktuell viele Zweifel ob ich überhaupt als Lehrerin geeignet bin. Ich mochte Kinder schon immer gerne und ich mag es Wissen zu vermitteln. Ich glaube gerade die Unterrichtsvorbereitung und Materialerstellung würde mir viel Spaß bereiten. Aber viel wichtiger in der GS ist doch der pädagogische Aspekt und die Erziehung der Kinder. Und das stelle ich mir schon herausfordernd vor.. Mein Hauptproblem ist aber glaube ich, dass ich introvertiert und ruhig bin. Also ich bin glaube ich eher nicht die Person, die eine ganze Klasse entertainen kann.. Und gerade in der Grundschule muss man ja auch vor und mit den Kindern singen und generell locker drauf sein. Ich glaube ich bin da etwas zu verklemmt…

    Würdet ihr mir deshalb abraten Lehrerin zu werden? Oder auf was kommt es wirklich an?


    Außerdem habe ich auch viel Respekt vor der Arbeit mit den Eltern. Das ist bestimmt anstrengend oder? Wie viel arbeitet man mit den Eltern wirklich zusammen?


    Ein 3-wöchiges Praktikum habe ich übrigens schon gemacht. Da war ich aber eher im Hintergrund und durfte nicht unterrichten..

  • Ganz allgemein: Es gibt nicht DEN/DIE Ideallehrer*in. Auch als zurückhaltende/introvertierte Person kannst du eine sehr gute Lehrkraft sein. Es ist eben nicht deine Aufgabe als Lehrkraft, die Klasse zu "entertainen". Mit dem Lauf der Zeit wird man meistens aber etwas lockerer und man nimmt ohnehin im Unterricht eine besondere Rolle ein (so wie ich im Unterricht bin, bin ich sicherlich im privaten Umfeld nicht drauf).


    Mal fern ab von der Theorie: Ist in deinem Studium kein Praktikum vorgesehen, in dem du unterrichtest/unterrichten musst?

    Probier dich einfach aus – hier kann dir niemand beantworten, ob das (Grundschul)lehramt zu dir passt oder nicht.

  • So ist es. Du wirst dir doch etwas dabei gedacht haben, als du angefangen hast, zu studieren. Dass Unterrichten dazu gehört, wird dir schon klar gewesen sein, oder?


    Einerseits ist es schlimm, sich ein Leben lang verbiegen zu müssen und deshalb muss man gut überlegen, auf welchen Beruf man sich einlässt. Andererseits wächst man mit seinen Aufgaben, und gerade was das Sprechen (oder Singen) vor Gruppen angeht, das kann man wirklich lernen. Auch das energische Auftreten und das Beraten von Eltern. Aber ob dir das leichtfallen wird - keine Ahnung. Anstrengend sind sowohl Kinder als auch Eltern, Leute sind überhaupt anstrengend, sobald man etwas von ihnen will.


    Introvertiert sein ist erst mal kein Hindernis. Mal abgesehen davon, dass es da natürlich Abstufungen gibt: Niemand hindert uns Lehrkräfte daran, nach dem Schultag die Tür hinter sich zu zu machen und seine Ruhe zu haben. Manche finden es tatsächlich erholsam, in ihrer Freizeit noch Sportgruppen zu leiten und Vereinen vorzusitzen. Für mich ist das nix, ich fände das gar schröcklich.


    Und ruhig sein ist schon gar kein Hindernis. Weder laut sein noch hektisch-nervös sein qualifiziert einen für den Lehrberuf. Im Gegenteil.


    Dieses "ruhig" sein wird introvertierten Menschen gern von außen zugeschrieben. Wer weiß eigentlich, was in mir vorgeht, wenn ich mal nichts sage? Dafür kann es alle nur erdenklichen Ursachen haben.

  • Ich hatte bis zum Ref erhebliche Zweifel und große Angst, alle Praktika fand ich doof. Dann im Ref, nach 6 Monaten wusste ich "Das isses!".

    Glaube mir, das Entwicklungspotential ist enorm.

  • Man wächst hinein. Das Sprechen finde ich sehr wichtig. Gerade in Klasse 1 und 2 darf man nicht zu schnell sprechen oder nuscheln. Wenn man aufgeregt ist anfangs, passiert das schnell.

    Singen tun viele mit CDs.

    Die Eltern: Zuerst ist man jünger als sie, dann gleichalt, dann älter, dann noch älter. Es gibt nette und blöde. Wie überall. Solange du deine Arbeit tust, ist doch alles im Lot.

    • Offizieller Beitrag

    Introvertiert ... war ich immer. Als Kind. Als Jugendlicher. als Student.

    Inzwischen (während der Schulschließungen) saß ich im Büro vor der Kamera und die Kinder und Eltern haben mir beim Morgensingen zugeschaut. Und nicht nur unsere Kinder und Eltern. Ein Morgensingen hatte (warum auch immer) über 600 Zugriffe.


    Was ich damit sagen will: man wächst da rein und wächst auch mit seinen Aufgaben in der Schule.

    Und ganz im ernst: wenn man introvertiert bleibt ... ist das auch kein Problem. Die "Entertainer-Rolle" ist in der Grundschule okay, aber sie ist kein Muss. Oft genug ist es sogar von Vorteil, wenn man nicht entertaint, sondern in Ruhe mit den Kindern arbeitet.


    Also: alles gut.

  • Mach dir vielleicht auch bewusst, dass es um eine berufliche Rolle geht, die ein gewisses Maß an Extraversion erfordert, welches man aber gezielt im Rahmen dieser Rolle einsetzt und letztlich sich dafür auch antrainieren kann. Viele Lehrkräfte sind im privaten Bereich deutlich ruhiger und introvertierter, als sie im Berufsleben sind und sein müssen. Das ist also kein Widerspruch, nur etwas, was du dir für den Beruf antrainieren musst, wirst und kannst. Ich bin privat auch eher ruhig und zurückhaltend und möchte nicht im Mittelpunkt stehen. Beruflich habe ich genau damit dann aber kein Problem, weil es ja meine professionelle Aufgabe und Rolle ist/betrifft.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich bin privat auch eher ruhig und zurückhaltend und möchte nicht im Mittelpunkt stehen. Beruflich habe ich genau damit dann aber kein Problem, weil es ja meine professionelle Aufgabe und Rolle ist/betrifft.

    Geht mir genauso, wobei ich auch im Kollegium nicht gern im Mittelpunkt stehe. Vor Klassen macht mir das allerdings überhaupt nichts aus.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Man muss keine Rampensau sein, um Schüler zu begeistern.


    Interessanterweise beobachte ich übrigens, dass tendenziell ruhigere Kollegen auch eher ruhigere Klassen haben und umgekehrt.

    Eine gewisse Rückwirkung scheint es also zu geben. Beiden Schülerleistungen sehe ich keine erkennbaren Unterschiede.

  • Man muss keine Rampensau sein, um Schüler zu begeistern.

    Dem stimme ich absolut zu!

    Interessanterweise beobachte ich übrigens, dass tendenziell ruhigere Kollegen auch eher ruhigere Klassen haben und umgekehrt.

    Das allerdings kann ich nicht bestätigen. Bei uns hängt die Lautstärke/Ruhe in einer Klasse u. a. auch sehr stark von der Schülerklientel im jeweiligen Bildungsgang ab.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ich stand nie gerne im Mittelpunkt und hatte Respekt vor Eltern und best. Lehrerpersönlichkeiten. Was ich aber wusste, ich finde einen Draht zu Kindern und spreche sie an.


    Ich habe mich während des Studiums etwas "therapiert", indem ich täglich eine Stunde vor Unibeginn in die Schule gegangen bin, in der ich Praktikum gemacht hatte und ich habe mich an die "Schulluft im Lehrerzimmer" und in den Klassenzimmern gewöhnt. Dabei habe ich viel mitbekommen und mir abgeguckt.

    Ich habe Jugendarbeit im kirchlichen Umfeld gemacht - da konnte ich lernen mich durchzusetzen (ohne Notenzwang) und die Eltern traten mir respektvoll entgegen, weil ich ja ehrenamtlich arbeitete. Ich habe aber auch gelernt, Dinge anzusprechen und mit älteren Jugendlichen zusammenzuarbeiten und mit der Zeit wurde ich "Macherin".


    Auch heute bin ich in best. Situationen nach über 25 Jahren noch aufgeregt, aber ich habe meinen Weg gefunden und mittlerweile genieße ich es sogar ein bisschen, den Entertainer zu spielen. Ich habe aber viel härter als viele andere Kollegen gearbeitet, um meine Unsicherheit mit Fachwissen auszubügeln.Und es ist für mich der richtige Job....., ich weiß noch, vor dem ersten Elternabend habe ich 14 Tage nicht gut geschlafen..


    Will sagen, du scheinst ja noch am Anfang deines Weges zu sein. Probiere dich in Räumen aus.Ist der Druck, die Belastung nach dem Ref immer noch zu schlimm - du kannst ja auch in Verlagen anfangen zu arbeiten oder in Nachhilfeinstituten o.ä. , du wirst schon deinen Weg finden,,,,,,,


    Nur Mut!

    Flippi

  • Ein Problem bleibt aber, dass es ganz generell immer wieder Menschen geben, die erst nach dem Referendariat merken, dass sie nicht für den Schuldienst geeignet sind. Ich habe gerade so einen Fall im Bekanntenkreis erlebt. Das ist echt doof.


    Irgendwo in Süddeutschland gibt es eine Uni, die den Lehramtsstunden im Vorfeld einen Test anbietet und dann eine Empfehlung ausspricht.


    Ansonsten würde ich immer dazu raten noch freiwillige Praktika zu machen oder in die Jugendarbeit einzusteigen. Vielleicht hilft es einem einfach weitere Erfahrungen zu sammeln.

  • An der Uni Hildesheim geht man seit 20 Jahren ab dem 1. Semester in die Schulen, mit GHR300 gibt es innerhalb des Studiums eine längere Phase einschließlich Unterricht.


    Der Tipp, es in der Schule selbst über Praktika o.a. versuchen, ist aber gut.

    Alternativ empfehle ich jüngeren Praktikant:innen immer Kinder- oder Jugendarbeit, da kann man vieles finden.

  • Ich muss heute ausnahmslos Tom123 zustimmen.


    Es gibt auch Menschen die als Lehrer nicht glücklich werden bzw. die für den Beruf schier nicht geeignet sind.


    Natürlich muss nicht jeder eine "Rampensau" sein, aber es gibt einfach Menschen da läuft es nicht.

  • Ein Problem bleibt aber, dass es ganz generell immer wieder Menschen geben, die erst nach dem Referendariat merken, dass sie nicht für den Schuldienst geeignet sind. Ich habe gerade so einen Fall im Bekanntenkreis erlebt. Das ist echt doof.

    Noch schlimmer ist, wenn sie es nicht merken. So einen Fall haben wir im Kollegium.

  • Noch schlimmer ist, wenn sie es nicht merken. So einen Fall haben wir im Kollegium.

    Leider haben -glaube ich- ganz viele solche Fälle schon im Kollegium kennengelernt. Das ist für beide Seiten nicht schön. Die betroffene Person wird dabei auch nicht glücklich, hat aber oft nur wenig Alternativen. Dann wird da schnell ein Augen zu und durch draus, weil das Geld ja stimmt.

  • Leider haben -glaube ich- ganz viele solche Fälle schon im Kollegium kennengelernt.

    Nicht, dass ich wüsste. Diejenigen, die sich als "als Lehrkraft komplett ungeeignet" herausgestellt haben, sind alle spätestens im Referendariat gescheitert.


    Ein Problem bleibt aber, dass es ganz generell immer wieder Menschen geben, die erst nach dem Referendariat merken, dass sie nicht für den Schuldienst geeignet sind. Ich habe gerade so einen Fall im Bekanntenkreis erlebt. Das ist echt doof.

    In dem Fall wundert es mich, wie diese Person denn überhaupt durchs Ref gekommen ist. Besteht an Lehrkräften für deren Schulform solch ein großer Bedarf, dass alle Augen zugedrückt und die Refis allesamt "durchgewinkt" werden? Oder ist es nur die Person selber, die meint als Lehrkraft ungeeignet zu sein, obwohl sie von anderen (insbesondere den ehemaligen Fachleiter*innen) nicht so wahrgenommen wird?

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • In dem Fall wundert es mich, wie diese Person denn überhaupt durchs Ref gekommen ist. Besteht an Lehrkräften für deren Schulform solch ein großer Bedarf, dass alle Augen zugedrückt und die Refis allesamt "durchgewinkt" werden? Oder ist es nur die Person selber, die meint als Lehrkraft ungeeignet zu sein, obwohl sie von anderen (insbesondere den ehemaligen Fachleiter*innen) nicht so wahrgenommen wird?

    Also ich kenne einen Fall, wo jemand irgendwann zusammengebrochen ist, weil er es einfach nicht mehr schafft. Seitdem ist der Person immer mal wieder krank und immer mal wieder da. Aber völlig ungeeignet.

    Ich denke schon, dass man sich auch durchs Referendariat einigermaßen "mogeln" kann. Die Stunden bereitet man ausführlich vor, testet sie ausgiebig. Die Entwürfen kommen oft von jemand anderen. Wenn es dann richtig los geht und man auf einmal 20+ Stunden alleine planen und durchführen muss, sieht es dann anders aus.


    Die Bewertung durch andere ist manchmal auch ein Problem. Es gibt leider auch immer wieder Schulleiter, die auch Refs durchwinken, weil man sie ja nicht im Ref raustesten will. Und leider gibt es auch manchmal FS-Leiter, die selber einfach keine Ahnung haben. Ich habe das mit umgekehrten Vorzeichen im Ref erlebt.


    Zum Bedarf: Ich kenne eine Geschichte aus dem Emsland. Eine Gym-Anwärterin hat so schlecht abgeschlossen, dass sie kein Angebot an einem Gymnasium bekommen hat. Da sie unbedingt in den Schuldienst wollte, hat sie sich auf eine Stelle an einer Förderschule beworben. Dort wurde sie nachrangig genommen, da es keine Bewerber gab. Von Sonderpädagogik hat sie wohl keine Ahnung. Da muss sie sich jetzt reinarbeiten. Ob das klappt oder nicht, wird man abwarten. Aber in der Praxis bekommt doch inzwischen jeder eine Stelle. Selbst ohne Ref sind die Chancen gut.

  • Die Stunden bereitet man ausführlich vor, testet sie ausgiebig. Die Entwürfen kommen oft von jemand anderen.

    Ersteres ja, aber weder was das "ausgiebige Testen" oder Entwürfe-anderer-Nutzen angeht: Ist mir nicht bewusst, dass das so gehandhabt wird. Zum ausführlichen Ausprobieren ist doch im Ref gar keine Zeit und bei den Entwürfen muss man doch i. d. R. bestätigen, dass man sie selbst erstellt hat, oder? Da würde ich nicht riskieren wollen, dass mir Plagiat vorgeworfen wird.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

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