Ausgangsschriften und lernbeeinträchtigte Kinder

  • Also mal abgesehen davon, dass ich gerade überhaupt gar keine Zeit für 1,5 Stunden Interview habe (ich schreibe Zeugnisse....): Wie möchstest du mit diesem Vorgehen deine Fragestellung beantwortet bekommen?

    Normalerweise unterrichtet man ja eine Schreibschrift und kann gar nicht vergleichen. In Berlin ist die SAS z.B. fest vorgegeben (obwohl...Grundschrift ginge auch), insofern könnte ich nur dazu etwas sagen und dann auch nur zu den Lernbeeinträchtigungen, die ich zufällig erlebt habe. Und meine Erfahrung kann ich kurz zusammenfassen: es gibt zig Varianten von Lernbeeinträchtigungen und es ist alles möglich: Kinder, die trotzdem keine Probleme mit der Schreibschrift haben (oder sie sogar besser bewältigen als die Druckschrift) und andere die es tatsächlich gar nicht lernen und alles dazwischen. Und es gibt zig Gründe warum die dann Schwierigkeiten haben, die ich aber als Lehrer gar nicht immer alle erkennen.

    Und dann gibt es auch Kinder die sonst keine Lernbeeinträchtigungen zeigen und mit der Schreibschrift trotzdem Schwierigkeiten haben. Ob das alles mit einer anderen Schreibschrift besser oder schlechter wäre? Keine Ahnung.

    Tendentiell gibt es meiner bisherigen Erfahrung nach mehr Probleme bei Kindern mit LRS, aber das ist wirklich das Einzige, was ich an Regelmäßigkeiten feststellen kann. Dafür braucht es aber kein langes Interview.

    Ich befürchte einfach: du investiert unfassbar viel Zeit in aufwändige Interviews um am Ende ein recht willkürliches Sammelsurium an Einzelerfahrungen zu haben, die dir bei deiner Fragestellung nicht wirklich weiterhelfen.

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

    Einmal editiert, zuletzt von icke ()

  • Hallo icke ,

    erstmal vielen Dank, dass du dich mit dem Thema so beschäftigt hast. Ich bemühe mich, auf all deine Anmerkungen einzugehen!

    Zunächst nochmal kurz zum gedachten Ablauf: Das Ganze hab ich mir bislang nicht als Einzelinterviews, sondern eher in Kleingruppenform vorgestellt. Die 1,5h waren eher als maximaler Zeitrahmen gedacht, falls wirklich super viel erzählt wird, ich rechne aber eher so mit 45 min. Außerdem werde ich versuchen, das Gespräch bisschen zu moderieren und mir Leitfragen überlegen, sodass sich niemand ohne Erzählanlass irgendetwas aus der Nase ziehen muss :)

    Wenn eine teilnehmende Lehrkraft bisher nur eine Schrift unterrichtet hat, sei es aufgrund der Ländervorgaben oder Vorgaben der Schule, sehe ich das nicht als Hindernis an, da hier ja trotzdem davon berichtet werden kann, womit Kinder bei dieser Schrift konkret Schwierigkeiten hatten, wie man hier u.U. interveniert hat etc. Die Schriften untereinander zu vergleichen, soll nicht eure Aufgabe sein, damit beschäftige ich mich jetzt gerade im Theorieteil und das werde ich auch ganz am Ende unter Einbezug der Erzählungen nochmal tun. Möglicherweise melden sich aber auch Lehrkräfte, die schon verschiedene Schriften unterrichtet haben und gern von Vergleichen berichten wollen, das wäre natürlich auch toll, ist aber kein Einschlusskriterium.

    Was du an Erfahrungen hier bereits beschrieben hast, finde ich super interessant. Dass man viele Schwierigkeiten in ihrer Ursache nicht begründen kann, ist klar und darum soll es auch weniger gehen - eher um die Erscheinungsform der Schwierigkeiten und wie darauf reagiert wird.

    Vielen Dank auf jeden Fall für die Äußerung deiner Bedenken - vielleicht konnte bisschen was nochmal klargestellt werden. Ich fänd es ganz toll, wenn der Sache eine Chance gegeben wird :)

    Dass du die Zeit gerade nicht hast, ist sehr schade, aber natürlich absolut verständlich!

  • ... kennt ihr möglicherweise noch andere Foren, in denen ich mich nach Teilnehmenden umhören kann?

  • Verschiedene Schriften (Schreib-) hat ja nur jemand unterrichtet, der schon ziemlich lange im Geschäft ist oder einen Bundeslandwechsel durch hat als unterrichtende Lehrkraft. Davon wird es nicht allzuviele geben. In By gibt es die VA so ca. seit 2000. Ich hab nur die mal versucht beizubringen.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Na ja, hier können die Schulen entscheiden (zwischen LA und VA) (in Bayern zwischen VA und SAS, soweit ich das auf die Schnelle bei Google sehe, auch wenn ich das seltsam finde?). Theoretisch kann auch jemand mit 2 Jahren Berufserfahrung schon zwei verschiedene Ausgangsschriften unterrichtet haben.

  • Warum soll es ein Interview sein und kein Fragebogen?

    Ein Fragebogen ist ja ziemlich begrenzt, was flexibles Eingehen auf Erzählungen und sowas angeht. Und im Gespräch kann man denke ich auch etwas lockerer "drauf los erzählen", bei Fragebögen überlegt man sich ja erst tausend Mal wie man die Dinge richtig ausdrückt :D Die Methode, die ich grade im Blick habe, nennt sich offiziell "Gruppendiskussion", aber ich möchte es eigentlich nicht als Diskussion gestalten, sondern eher als Austauschrunde, bei der ich Fragen und Erzählungsanregungen in den Raum stelle und man Aussagen der anderen aufgreifen und sich dazu positionieren kann usw. ...

  • Sonst beschweren sich immer alle über Fragebögen, hier wird er empfohlen 8)


    Ingandersson , vielleicht kannst du in Schulen in deiner Nähe fragen? Ich bin für meine Examensarbeit zu Schulen hingefahren, um qualitative Interviews zu führen, das waren Schulen mit einem besonderen Konzept.


    Ich würde die Frage aber auch noch mehr einschränken oder verändern. Ich habe SuS mit Lernförderbedarf, die motorisch keine Probleme und ein super Schriftbild haben und andere, die gar nicht richtig schreiben lernen, weil sie intellektuell 'zu schwach' sind. Alle lernten dieselbe Schriftart. Allerdings bin ich in der Sek I und daher kein passender Ansprechpartner. Ich wollte nur sagen, dass persönliche Ansprache einfacher ist. Wenn sich Leute von der Uni mit einem Anliegen an die SL wenden, findet sich immer jemand im Kollegium, der mitmacht.

  • Danke @Der Pirol für deine Hinweise! Deute ich das richtig, dass du meinst, die Fragestellung derart einzuschränken, dass nicht mehr von "Kindern mit Lernbeeinträchtigungen" gesprochen wird, sondern konkret von Kindern mit Schwierigkeiten beim Schreibenlernen? Mein Gedanke war eben, jegliche Art von Schwierigkeiten und möglichen Ursachen abzudecken, wofür der Dachbegriff Lernbeeinträchtigungen meiner Meinung nach am besten geeignet ist. Am Ende sollen ja gerade solche Phänomene, wie du sie beschrieben hast, thematisiert werden. Und falls am Ende herauskommt, dass die Wahl der Schriftart gar nicht so entscheidend ist, ist das ja auch ein Ergebnis... 😁

    Zu Lehrern aus meiner Umgebung: Ich brauche halt am besten Lehrkräfte aus verschiedenen Bundesländern, weil ich nun aus Sachsen komme, wo die SAS verbindlich vorgeschrieben ist. Natürlich werden Lehrkräfte hier auch einbezogen, aber LK aus Bundesländern mit weniger engen Vorgaben könnten hier vielleicht nochmal ganz andere Sachen berichten...

    Danke auf jeden Fall für deine Antwort und Tipps!

  • Deute ich das richtig, dass du meinst, die Fragestellung derart einzuschränken, dass nicht mehr von "Kindern mit Lernbeeinträchtigungen" gesprochen wird, sondern konkret von Kindern mit Schwierigkeiten beim Schreibenlernen?

    Weiß ich nicht so recht, weil mir nicht ganz klar ist, was du rausfinden möchtest. Ich sehe es wie icke:


    Und meine Erfahrung kann ich kurz zusammenfassen: es gibt zig Varianten von Lernbeeinträchtigungen und es ist alles möglich: Kinder, die trotzdem keine Probleme mit der Schreibschrift haben (oder sie sogar besser bewältigen als die Druckschrift) und andere die es tatsächlich gar nicht lernen und alles dazwischen. Und es gibt zig Gründe warum die dann Schwierigkeiten haben, die ich aber als Lehrer gar nicht immer alle erkennen.

    Und dann gibt es auch Kinder die sonst keine Lernbeeinträchtigungen zeigen und mit der Schreibschrift trotzdem Schwierigkeiten haben.

    Genau so erlebe ich es auch.


    Vielleicht wäre konkreter: Vor- und Nachteile der SAS bei Kindern mit diagnostizierter LRS. Dazu könntest du in sächsische LRS-Klassen fahren und dir konkrete Fragen überlegen, die du den Lehrkräften stellen möchtest.


    Aber nur so spontan, keine Ahnung, ob es das trifft, was du wissen möchtest.

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