9-Euro-Ticket

  • Diese ganzen "Ich muss aber"-Geschichten sind ja schön und gut. Tatsächlich halte ich es für irrelevant, ob du (ja, du) ein Auto haben musst oder nicht. Die wichtigere Frage: Brauchen alle, die ein Auto haben, eines? Wenn das jemand glaubt, können wir uns gerne darüber unterhalten.

    Artet das nicht in Grundsatz-Diskussionen aus? Wer legt denn fest, ob man etwas braucht oder nicht? Da müssten wir uns ja erstmal über die Definition von "brauchen" unterhalten. Und anhand der bisherigen Beiträge vermute ich, dass die Sichtweisen diesbezüglich sehr weit auseinander liegen würden.


    In dem Thread wurde explizit und mehrfach nach den individuellen Lebenssituationen gefragt. Wenn du die einzelnen Geschichten für unwichtig erachtest, kannst du sie doch einfach beim Lesen überspringen.

  • Zitat Umweltbundesamt:

    "Der Wegevergleich zeigt, dass E-Bikes im Stadtverkehr bis zu einer Entfernung von etwa 7,5 Kilometern das schnellste Verkehrsmittel sind. Die Hälfte aller Autofahrten ist jedoch sogar kürzer als fünf Kilometer. Hieraus ergibt sich ein enormes Verlagerungspotenzial von Pkw-Fahrten auf das Fahrrad oder das E-Bike (siehe Abb. „Wegevergleich: von Tür zu Tür im Stadtverkehr“)."


    Hervorhebung durch mich. Krass... Also haben die meisten ein Auto für Urlaubsfahrten oder für längere Jobwege, fahren aber dann doch extrem viel Kurzstrecke, weil...? Dafür gibt es eigentlich keinen Grund außer Faulheit.


    Verletzungen, größere Einkäufe und Transporte, defektes Fahrrad, keine ÖPNV-Monatskarte usw.


    Versteh' mich nicht falsch, ich finde die Zahlen auch erschreckend, aber es gibt schon andere Gründe außer Faulheit.

  • In dem Thread wurde explizit und mehrfach nach den individuellen Lebenssituationen gefragt...

    Wo?


    Interessanter finde ich nach wie vor die Frage, wie jede*r von uns etwas für den ÖPNV-Ausbau, Fahrradfreundlichkeit usw. machen kann.


    Wahrscheinlich unterstützt man die PKW-Freundlichkeit noch, indem man beim ADAC einzahlt, nicht mit der Bahn in Urlaub fährt und eben dann doch das Auto nimmt, obwohl es eine Busstrecke gäbe, die aber halt nervt und 2,90 kostet.

  • Hm, glaubst du wirklich, dass jemand, die/der einen "dicken" SUV o. ä. als Statussymbol vor der Tür stehen hat, diesen nun stehenlassen wird, um mit dem 9-Euro-Ticket auf Busse und Bahnen umzusteigen?

    Vermutlich nicht unbedingt. Wenn überhaupt, kriegt man den einen oder anderen, der den ÖPNV bislang einfach nicht wirklich ausprobiert hat, und durch das 9-€-Ticket nun mal einen Anlass dazu bekommt. Tatsächlich glaube ich aber auch, dass der dauerhafte Effekt nicht riesig sein wird. Wahrscheinlich wäre es in der Tat besser gewesen, das Geld zum Ausbau des Angebots zu verwenden.

  • Wahrscheinlich unterstützt man die PKW-Freundlichkeit noch, indem man beim ADAC einzahlt, nicht mit der Bahn in Urlaub fährt und eben dann doch das Auto nimmt, obwohl es eine Busstrecke gäbe, die aber halt nervt und 2,90 kostet.

    Wo kommt das eigentlich her? Ist das deine Erfahrung in deinem Umfeld? Empfinde ich schon als aus der Luft gegriffene Mutmaßungen, die auch nicht unbedingt förderlich für einen sachlichen Austausch sind ?(

  • Wo genau gibt es den denn? Würde mich ernsthaft mal interessieren!

    (In den Städten, in denen ich bisher gewohnt habe (immerhin drei), war/ist der ÖPNV alles andere als "ausgezeichnet".)

    Nun ja, da muss man vermutlich erstmal diskutieren, was denn "ausgezeichnet" ist und wird vermutlich zu keinem Ergebnis kommen, da jeder andere Schwerpunkte setzt. Konkret spreche ich von Hannover, hier ist mir persönlich das Angebot gut genug.

  • Deine eigene Frage darf man wohl auch mit einem "Nein" beantworten.

    Okay, das ist wahr. Was ich meinte, war: diejenigen, die ganz ohne Auto/Motorrad auskommen. Wie macht ihr das?


    Warum Leute ein Auto nutzen, das wissen wir, denke ich, alle. Was man dagegen tun kann ist doch die Frage. Und im Ausgangspost ging es darum, ob das 9€-Ticket etwas an unserem Mobilitätsverhalten ändert und wenn, wie oder warum nicht.


    Einigkeit scheint ja darin zu herrschen, dass der ÖPNV unattraktiv ist. Allein zu sagen, dass "die da oben mal was ändern müssten" bin ich gerade leid. Aber wenn es vielen Menschen (hier und anderswo) nur darum geht, Gründe zu finden, warum jemand für 2 km das Auto rausholen muss, dann ist das wohl leider so.

  • Okay, das ist wahr. Was ich meinte, war: diejenigen, die ganz ohne Auto/Motorrad auskommen. Wie macht ihr das?


    Warum Leute ein Auto nutzen, das wissen wir, denke ich, alle. Was man dagegen tun kann ist doch die Frage. Und im Ausgangspost ging es darum, ob das 9€-Ticket etwas an unserem Mobilitätsverhalten ändert und wenn, wie oder warum nicht.


    Einigkeit scheint ja darin zu herrschen, dass der ÖPNV unattraktiv ist. Allein zu sagen, dass "die da oben mal was ändern müssten" bin ich gerade leid. Aber wenn es vielen Menschen (hier und anderswo) nur darum geht, Gründe zu finden, warum jemand für 2 km das Auto rausholen muss, dann ist das wohl leider so.

    Dann hatte ich deine Frage anders verstanden. Im Übrigen auch die Intention hinter dem Ticket - ich bin davon ausgegangen, dass es eingeführt worden ist, um Menschen eine Alternative zu den hohen Benzinpreisen zu bieten. Ich denke nicht, dass jemand aus der Politik wirklich glaubt, dass man durch so eine Aktion effektiv Menschen vom Auto wegholen kann.


    Gegenfrage: Meinst du denn, dass du der/die Einzelne etwas am ÖPNV ändern kann?


    Ich persönlich habe mit dem Gedanken gespielt, ein Lastenrad mit E-Antrieb zu kaufen. Aber je nach Modell ist man da auch schnell bei 2.000-4.000 €. Umweltschutz schön und gut, aber bei solchen Beträgen überlegt man nicht nur zweimal, ob man nicht doch ein gebrauchtes Auto wählt.

  • Warum Leute ein Auto nutzen, das wissen wir, denke ich, alle. Was man dagegen tun kann ist doch die Frage.

    Teilweise aus eigener Erfahrung:

    1. Den Mobilitätsbericht lesen.

    2. Kurze Strecken zu Fuß gehen.

    3. Mittlere Strecken mit dem Rad fahren.

    4. Für längere Strecken ÖPNV oder CarSharing benutzen.
    Gibt es letzteres vor Ort nicht (im ländlichen Raum sind FreeFloating-Angebote Blödsinn, man muss sich also eine Station suchen), die Kommune so lange nerven, bis sie diesbezüglich aktiv wird oder selbst ein privates CarSharing organisieren. Da gibt es mehrere Anbieter und es ist nicht sehr kompliziert.

    5. Mitfahrgemeinschaften nutzen oder initiieren.

    6. Das kleinstmögliche Fahrzeug für den täglichen Bedarf verwenden und nicht das, das einem die meisten Optionen ermöglicht. Für die meisten Pendler, die nicht ÖPNV fahren können, genügt zum Beispiel ein Twike oder etwas vergleichbares. Wenn man etwas fitter ist, dann ist auch ein Velomobil etwas sehr feines.

    Das Hauptproblem für alternative Mobilität ist die Sichtbarkeit, wenn auf einer Fahrbahn Radfahrer sichtbar sind, dann trauen sich auch mehr. Critical Mass-Prinzip.

    Ebenso wenn erstmal eine Person zeigt, dass es vor Ort funktioniert, dann gibt es Nachahmer, die zumindest reduzieren oder ihr eigenes Mobilitätsverhalten hinterfragen. Dies verbessert dann wiederum mittelfristig das Angebot an CarSharing, das Angebot an gesellschaftlichen Möglichkeiten ohne Fahrzeug und langfristig hoffentlich auch den ÖPNV. Aber man darf sich nicht täuschen:

    Wenn man als Familie in einer ländlichen Kleinstadt autofrei lebt, dann ist man wie der Veganer auf dem Grillfest. Die alleinige Anwesenheit wird teilweise als Provokation und Start für eine Rechtfertigungsorgie genommen.

  • Diese ganzen "Ich muss aber"-Geschichten sind ja schön und gut. Tatsächlich halte ich es für irrelevant, ob du (ja, du) ein Auto haben musst oder nicht. Die wichtigere Frage: Brauchen alle, die ein Auto haben, eines? Wenn das jemand glaubt, können wir uns gerne darüber unterhalten.

    Tja, genau so ist es: Man zieht aufs Land und kriegt Kinder und dann braucht man unbedingt ein Auto oder zwei.


    Und weil das so viele Leute machen und auch die in der Stadt tausend Gründe haben (der Arzt wohnt in der Nachbarstadt, das Kind muss zum Ballett), haben wir genau die Probleme, die wir eben haben.


    Ich sehe immer die dicken SUVs, mit denen Kinder am Behindertenparkplatz rausgelassen werden, weil man ihnen zweieinhalb Meter sparen muss, die sie bis zum Eingang vom Schwimmbad brauchen. Zufahrt ist eigentlich für Nichtbehinderte gesperrt, aber hey: Geht ja gerade nicht anders. Pure Bequemlichkeit und Ignoranz.


    Ginge schon, und ich habe meine Kinder niemals mit irgendwelchen fadenscheinigen Gründen im Halteverbot aussteigen lassen. In die Grundschule sind beide Kinder grundsätzlich unmotorisiert gebracht worden oder selbst gelaufen. Manche Leute fahren nach wie vor mit dem Geländewagen zum Bäcker. Und wenn ich mich in der Siedlung umschaue, sehe ich viele Leute mit mehr Autos, als sie überhaupt bedienen können. Und das bei besten Bedingungen, was den ÖPNV angeht.


    Bevor ich das Pedelec erwarb, war ich neidisch auf die Kollegen, die mit dem Rad zur Schule fahren konnten. Ich bin im Studium nur Rad gefahren und danach auch viel, aber wo ich jetzt wohne, ist es zu steil, um das täglich zu machen. Jetzt bin ich sehr glücklich: Frische Luft, Bewegung und keine Einparkmanöver. Perfekt. Regenausrüstung ist wenn nötig an Bord, nur wenn es glatt ist, ist es mir zu gefährlich.


    Es ist sehr unbequem und "dem Bürger" sagt es keine Regierung gern, aber es zeichnet sich immer mehr ab, dass wir über die Anzahl Hunde, Kinder, Autos und Schnitzel reden müssen, die wir so haben bzw. konsumieren.


    Ich nehme mich nicht aus und verurteile niemanden, aber ein bisserl über den Tellerrand hinaussehen täte manchmal nicht schaden.

  • ein Twike oder

    Dort:


    Als erstes und einziges Fahrzeug kombiniert das TWIKE den Elektromotor mit einem Pedalantrieb.“


    Aus welchem Universum das Ding auch immer kommen mag, Strommofas (aka Pedelecs) sind dort noch nicht erfunden.



    Und weiter:


    Die Muskelkraft wird direkt in Bewegungsenergie umgesetzt.“


    Wahrlich, auf die Idee ist auch noch keiner gekommen.


  • Das Hauptproblem für alternative Mobilität ist die Sichtbarkeit, wenn auf einer Fahrbahn Radfahrer sichtbar sind, dann trauen sich auch mehr.

    Für Sichtbarkeit auf der Fahrbahn, muss man als erstes mal auf die Fahrbahn. Wer sich immer auf Randstreifen und im Rinnstein ’rumdrückt, wird sicher nicht wahrgenommen. Das ist nicht nur wenig öffentlichkeitswirksam, sondern auch gefährlich.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    Einmal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Dort:


    Als erstes und einziges Fahrzeug kombiniert das TWIKE den Elektromotor mit einem Pedalantrieb.“


    Aus welchem Universum das Ding auch immer kommen mag, Strommofas (aka Pedelecs) sind dort noch nicht erfunden.

    Als das erfunden wurde (1991), waren "Strommofas" auf deutschen Straßen tatsächlich noch Zukunftsmusik.

    Edit: Der Punkt oben war aber nicht, ob deren Marketingkampagne gelungen ist oder nicht, sondern dass man bei automobiler Notwendigkeit auch bloß 500 kg statt 2000 kg durch die Gegend gondeln kann.

  • Für Sichtbarkeit auf der Fahrbahn, muss man als erstes mal auf die Fahrbahn.

    Sichtbarkeit allein hilft oft auch nicht. In meinem Viertel gibt es z.B. diesen Radfahrschutzstreifen und Zweiräder dürfen nicht überholt werden (kennt man woanders überhaupt dieses Schild?). Nützt auch nichts... Es wird immer überholt, und wenn Radfahrer "zu weit" links auf ihrem Schutzstreifen fahren, versucht man sie weg zu hupen.

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