Autoritätsprobleme

  • Hallo zusammen,


    ich bin echt mal wieder am verzweifeln ...


    Hatte heute früh Technikunterricht mit einer achten Klasse (HS). Ich komme also morgens in die Klasse -bzw. ich gehe vor die Klassentür - und kein Mensch ist da. Und was mach ich Idiot? Ich geh auch noch zum Rektor und frage ihn ob die Klasse denn heute nicht da ist. (Was der schon wieder gedacht haben muß ...) Der wußte davon jedenfalls nichts. Also bin ich erstmal ein paarmal durchs Schulhaus gelaufen um die Klasse zu suchen.


    So ungefähr 15 Minuten später kam mir dann der Hausmeister entgegen und meinte er hätte gesehen dass die Klasse sich bei der Sporthalle verdrückt hätte und inzwischen aber im Technikraum sei.


    Da bin ich dann natürlich gleich rein gegangen und habe nach dem Grund für das verspätete Kommen gefragt. Es kam natürlich keine Antwort. Innerlich war ich natürlich schon auf 180 - aber irgendwie hat mir in dem Moment die Energie gefehlt laut loszubrüllen. Bin also ganz ruhig geblieben und hab klar gestelllt, dass die ganze Stunde nachmittags nachgeholt wird. Scheint aber niemand wirklich geglaubt zu haben, es kamen nämlich keine großen Reaktionen. Keine Ahnung ob das ganze glaubhafter gewesen wäre wenn ich gleich losgeschrien hätte, ich denke aber ehrlichgesagt schon.


    Naja, jedenfalls hab ich dann versucht zum Unterricht überzugehen und habe den Schülern gesagt dass sie jetzt erstmal ihr Werkstück abholen sollen (praktischer Unterricht). Und was macht die Klasse? Alle bleiben einfach schweigend sitzen und nichts passiert. Hab meine Aufforderung dann dreimal wiederholt - und wieder ist nichts passiert. Dann hab ich einen einzelnen Schüler aufgefordert - das ging dann zum Glück. Aber beim zweiten hat das dann schon nicht mehr funktioniert. Weil es mir dann wirklich zu dumm wurde habe ich angedroht dann eben Theorie zu machen - das hat zum Glück gewirkt. Aber ich weiß echt nicht was ich gemacht hätte wenn es nicht so gewesen wäre.


    Zu der Klasse: Ich hatte sie bis jetzt erst zweimal - weil sie beim ersten Mal ganz nett und diszipliniert waren, habe ich darauf verzichtet ihnen gleich am Anfang "die Leviten zu lesen". (Bei einer anderen Klasse, bei denen schon in den ersten 10 Minuten lauter blöde Kommentare und Provokationen kamen, hab ich das gleich eine Doppelstunde lang gemacht - inzwischen denke ich, dass ich die Sache mit ihnen im Griff habe). Naja, bei der beschriebenen Achten hab ich das jedenfalls nicht gemacht und die erste Stunde ging wie gesagt alles gut. In der zweiten Stunde haben dann auch noch alle Schüler sehr motiviert gearbeitet - nur 2 Mädchen haben plötzlich angefangen die Arbeit zu verweigern, weil Technik angeblich "Männerarbeit" sei. Sie fingen dann wirklich an, im Unterricht mit ihrem Handy zu spielen und haben keinen Strich mehr getan. Ich hab sie sehr häufig ermahnt und ihnen auch gesagt, dass ihre Arbeit benotet wird - hat sie aber nicht besonders interessiert.


    Eigentlich wollte ich die beiden in der Stunde heute nocheinmal darauf ansprechen, nach den Gründen fragen und ihnen gegebenenfalls Referate anbieten - falls ihnen praktische Arbeit einfach nicht liegen sollte. Aber weil ich den starken Verdacht habe, dass eben jene beiden die Klasse erst zu dem heutigen Verhalten angezettelt haben, hatte ich heute ehrlichgesagt keine große Lust mehr, noch groß auf die beiden zuzugehen.


    Jedenfalls hab ich nach der Stunde mit dem Klassenlehrer gesprochen und ihm gesagt dass ich die Technik-Gruppe nächste Woche nachsitzen lasse. Er meinte in der Klasse brodelt es deshalb nun mehr oder weniger. Das ist es mir aber ehrlichgesagt wert.


    Was mich aber stört ist: Ständig wenn ich andere Lehrer in der Schule nach Maßnahmen frage - bekomme ich die Antwort dass ja alle mit mangelnder Disziplin zu kämpfen hätten und man aber auch nicht zu hart durchgreifen solle, weil zu harte Strafmaßnahmen mit der Zeit "abstumpfen" könnten. Aber was soll man denn dann tun?


    In unserem Seminar sind die Fachlehrer aus der Grundschule oder dem Gymnasium und leugnen teilweise, dass Schüler schwierig sein können - denn Schuld hat ja bekanntlich immer der Lehrer. Uns wurde auch geraten in der ersten Stunde erstmal ein recht freundliches Bild abzugeben und weniger streng zu sein - schön, das habe ich getan - und hier ist die Quittung ....


    Ehrlichgesagt sind mir die Reaktionen der Schüler ja auch ein absolutes Rätsel - es scheint so, als steige deren Motivation direkt proportional zu der Strenge und den Strafmaßnahmen. Lehrer, die an unserer Schule im Militärstil unterrichten, haben die wenigsten Probleme und werden ernstgenommen. Sobald ich aber versuche, zu den Schülern freundlich zu sein und mehr durchgehen lasse (z. B. Musikhören wärend praktischen Arbeiten) werde ich nicht mehr ernstgenommen. Irgendwie komme ich mit diesem Menschenbild nicht zurecht. Gibt es denn keinen anderen Weg?

  • Liebe Lolarena,


    ich kenne das Problem. *seufz* :rolleyes:


    Ich hatte im letzten Jahr eine sehr problematische Klasse, die ich jetzt zwar nicht mehr unterrichte, die mir aber zum Dank für meine Gutmütigkeit noch andere Gruppen dahingehend "impft", was man bei mir angeblich alles darf.


    Seit dem Ende meines Refs ist jetzt noch kein Dreivierteljahr vergangen und ich kann mittlerweile nur bestätigen, was mir meine Kollegen schon immer gesagt haben: Mit Liebsein kommt man bei den SuS meist nicht weit. Ich spreche jetzt (leider) von den SuS im Allgemeinen - bei einzelnen SuS kommt man damit nämlich sehr weit. Nur sind das dann meist sowieso diejenigen, die unter der ganzen Situation am meisten leiden müssen.


    Nach den Erfahrungen des letzten Jahres (die mich wirklich ziemlich zermürbt haben) bin ich nun absolut auf der Hut davor, meine Fehler zu wiederholen. Ich fordere nun konsequent Ruhe und die Einhaltung der anderen Regeln ein und handele so konsequent wie möglich, bleibe dabei aber freundlich und bestimmt.


    Meine persönliche Erfahrung ist in der Tat, dass der Ruf eines Lehrers, streng zu sein, Ruhe in die Klasse bringt. Es ist traurig, aber es gibt immer wieder Schüler, die die Gutmütigkeit und das Entgegenkommen eines Lehrers schamlos ausnutzen, was dann die Situation irgendwann zum Kippen bringt.


    Auch wenn es von 20 SuS nur 5 sind, die letztlich die Chance nutzen, dich nach Strich und Faden zu "verar......", wird oftmals irgendwann die ganze Gruppe mitangesteckt.


    Schwierig wird es vor allem dann, wenn man weniger streng ist als Kollegen und auch mal fünfe gerade sein lässt. Natürlich ist man dann beliebt, hat aber hintenrum den Ruf "mit der kann man alles machen", was sich dann irgendwann in massiven Disziplinproblemen niederschlägt.


    Sagen wir so: Die breite Masse der SuS ist vernünftig und fair und nutzt deine Schwächen nicht aus. Der Teil der SuS, der mangelnde Strenge nur als Schwäche empfindet und den du im Prinzip in fast jeder Gruppe sitzen hast, kann dir alles kaputtmachen. Und dann fangen die Netten an zu leiden, du bist der Buhmann, weil du plötzlich so streng bist und die Situation droht zu eskalieren.


    Eine frühere Kollegin hat mal gesagt: "Ich werde nicht dafür bezahlt, dass mich die SuS mögen." Diesen Spruch finde ich bedenkenswert. Natürlich will ich als Lehrerin, dass ich mit meinen SuS gut klarkomme und wir eine schöne Arbeitsatmosphäre haben und ich beliebt bin. Ich darf mich aber nicht davon abhängig machen, dass ich gemocht werde, sondern muss zuallererst sicherstellen, dass jede/r in meiner Gruppe die Chance hat etwas zu lernen. Notfalls auch durch Strenge und unpopuläre Maßnahmen. Den (vernünftigen) SuS (und das ist die Mehrzahl) ist nämlich wichtig, dass Ruhe herrscht und man in Ruhe lernen kann und dann bist du auch beliebt - versinkt die Klasse im Chaos, verlierst du deinen Beliebtheitsbonus nämlich sehr schnell.


    Das sind so meine eigenen schmerzhaft gemachten Erfahrungen. Ich denke, andere können sie in ähnlicher Form bestätigen.


    Was deine Klasse angeht, so würde ich das Nachsitzen auf jeden Fall durchziehen in der Hoffnung, dass es innerhalb der Klasse zu einem Selbstregulierungsprozess kommt. Vorsichtig sein musst du allerdings mit Kollektivstrafen, da diese nicht zulässig sind. Stimm dich in all deinen Schritten mit dem Klassenlehrer ab, das ist effektiver und du bist (gerade als Ref.) auf der sichereren Seite.


    Liebe Grüße,
    Carla-Emilia

  • Huhu Lolarena!


    Ich mußte zwar noch nicht unterrichten, habe aber eine 5. Hauptschulklasse in der Hausaufgabenbetreuung und kann nur zu gut nachfühlen, was Du gerade durchmachst.


    Am Anfang habe ich auch versucht nett zu sein und nicht zu schimpfen. Schnell haben sie mir dann aber auf der Nase herumgetanzt. Nachdem meine zweite Stunde mit ihnen ziemlich chaotisch war, bin ich dazu übergegangen auch mal zu motzen bzw. laut zu werden wenn sich zum Beispiel zwei Schüler im Unterricht mit schlimmen Schimpfworten beschimpfen oder gar damit drohen, aufeinander losgehen. Nun bin ich zwar bei einigen Schülern nicht mehr beliebt, aber dafür bekomme ich es jetzt hin, eine vernünftige Arbeitsatmosphäre zu schaffen.


    Eigentlich ist es traurig, daß man streng sein muß um respektiert zu werden, weil ich es eigentlich nicht sein möchte.
    Ist das eigentlich ein spezifisches Problem an Hauptschulen oder hat jemand an anderen Schulformen ähnliche Erfahrungen gemacht?

  • Hallo Lolarena,


    erstmal: Kopf hoch!



    Interessantes Seminar habt ihr da... uns wurde genau das Gegenteil gesagt. Und auch an der Schule hieß es: Erstmal hart durchgreifen, damit es nicht ausartet und die strengeren Strafen später nicht mehr nötig sind. ;)


    Insgesamt muss da, denke ich, jeder Lehrer seinen eigenen Weg finden. Es muss zur Lehrerpersönlichkeit passen und jeder Lehrer hat seine eigenen Toleranzgrenzen, was er den Schülern durchgehen lässt und was nicht. Von daher gibt es da natürlich kein Patentrezept, was bei jedem Lehrer klappt, denn was zu dem einen passt, wirkt bei dem anderen nur aufgesetzt.


    Ich persönlich hatte am Anfang auch diverse Autoritätsprobleme, weil ich einfach zu nett war und den Schülern zu viel durchgehen ließ. Inzwischen stelle ich deutliche Regeln auf und achte sehr konsequent auf deren Einhaltung. Und das ist das, was ich bei den Schülern als sehr wichtig empfunden habe: Klare Regeln und Konsequenz. Nichts ist schlimmer als eine Strafe anzukündigen, die dann nicht kommt obwohl das Verhalten weiter bestehen bleibt... klar, dass die Schüler einen danach nicht mehr ernst nehmen.


    Es ist wesentlich einfacher am Anfang konsequenter und strenger zu sein und nachher die Zügel etwas lockerer zu lassen als umgekehrt. Wenn die Schüler erstmal den Eindruck haben, dass sie alles machen können ist es sehr viel schwerer das zu ändern. Die Schüler testen am Anfang immer aus, wie weit sie gehen können und wenn du dann nicht irgendwann sagst: Bis hierher und nicht weiter, werden sie immer weiter gehen.


    Was auch ganz hilfreich und wichtig ist: Den Schülern erklären, warum du das so möchtest und eventuell - je nach Klasse - auch gemeinsam erarbeiten. Aber: Nicht immer wieder in endlose Diskussionen verwickeln lassen. Die Regeln stehen irgendwann und dann müssen sie sich auch dran halten und du musst es nicht noch 5 mal erklären, jedenfalls nicht in der Stunde, sondern - falls nötig - nach der Stunde. Sonst fangen die Schüler ewig die gleichen Diskussionen an, nur um nicht Unterricht machen zu müssen.


    Von daher würde ich dir empfehlen das Nachsitzen auf jeden Fall durchzuziehen, damit sie merken, dass du nicht alles mit dir machen lässt.


    Vielleicht kannst du dich auch mit dem Klassenlehrer mal unterhalten und versuchen mehr Informationen über die Klasse zu bekommen, insbesondere über die beiden Mädchen. Wenn sie sich weiter weigern solltest du auf jeden Fall mal mit ihnen alleine reden. Vielleicht kann der Klassenlehrer auch dabei sein?


    Für die Zukunft würde ich gezieltere Strafen versuchen und wirklich nur die Schüler nachsitzen lassen, die auch nicht arbeiten. Wenn du das vorher ankündigst kannst du eventuell viele Schüler zum arbeiten bekommen, weil sie einfach keine Lust darauf haben und damit hättest du schon viel gewonnen.


    Für die Leute, die die praktische Arbeit verweigern, habe ich immer extra Aufgaben in der Tasche. Sie müssen dann ja das, was die anderen praktisch machen anderweitig erarbeiten, also zum Beispiel einen Arbeitsablaufplan aufstellen, einen Aufsatz darüber schreibe, etc... das ganze dann natürlich einsammeln und benoten. Die meisten haben nach dem ersten Aufsatz keine Lust mehr und arbeiten dann lieber praktisch. Wenn sie auch den Aufsatz nicht schreiben wollen ist die Leistung für die Stunde praktisch 6 und das solltest du ihnen deutlich machen.


    Ach ja: Ich habe ganz schlechte Erfahrungen damit gemacht, mit Theorie zu drohen. Bei mir an der Schule ist das bei anderen Lehrern in dem Fach üblich... und wenn ich als LAA ankomme und im Hinblick auf die Unterrichtsbesuche Theorie machen muss sind meine Schüler immer ganz entsetzt, weil sie doch ganz lieb waren... :rolleyes:


    Wie sind denn die Regeln an eurer Schule mit Handys? Bei uns wäre das Handy direkt bei der Schulleitung gelandet, weil sie im Unterricht absolut nicht erlaubt sind und auch sonst an der Schule nicht...


    Wenn sie in der ersten Stunde nett und diszipliniert waren, hast du ja eigentlich was, auf das du zurückgreifen kannst... denn sie können ja offensichtlich wenn sie wollen...


    Shada

  • So ... inzwischen bin ich wieder etwas runtergekommen, seh die Sache zwar immer noch als mittlere Katastrophe, aber immerhin nüchterner.


    Was die Kollektivstrafe berifft - da trifft es wirklich keinen falschen, weil die Klasse ja auch geschlossen zu spät kam und sich wahrscheinlich schon vor der Schule oder am Tag davor abgesprochen haben muß. Genau dass ist es ja auch, was mich so schockiert. Okay, drei kamen eine halbe Stunde zu spät (komischerweise aber auch zusammen), aber dafür können die ja nun wirklich nicht beolohnt werden, auch wenn sie´s versucht haben darüber auch noch zu diskutieren. :rolleyes:


    Dass Theorie-Androhungen sich negativ auf die Schülermotivation auswirken, ist ein Punkt über den ich auf jeden Fall mal nachdenken werde. Es wundert mich ohnehin dass das das einzige war, was letztendlich gewirkt hat. Mir war garnicht so bewußt, wie negativ die Schüler sowas auffassen. Aber für Unterrichtsbesuche ist das natürlich ungünstig.


    Zu den Handies: die sind in unserer Schule natürlich auch verboten. Aber ich habe einmal den Fehler gemacht, zu versuchen das durchzusetzen. Die Folge war, das die Schüler sich plötzlich einen Spaß gemacht haben, mich von allen Seiten mit Handy-Sounds zuzudröhnen, und weil sie die alle in den Taschen hatten, konnte ich nicht erkennen, wer das alles war. Es dürften immer so fünf gleichzeitig gewesen sein. Und weil Schüler gemeinhin immer die besten Handies haben, die der Markt so her gibt, war das ganze wirklich so laut, dass Unterricht nicht mehr möglich war. Die Taschen konnte ich dann natürlich auch nicht alle durchsuchen (darf man das überhaupt?). Den Schülern hat´s eine Menge Spaß gemacht und mich die Nerven gekostet. Irgendwann hab ich dann mal ein Handy zu Gesicht bekommen und hab das dann auch gleich eingefordert. Und was hat daraufhin die Schülerin gemacht? Sie sagte einfach nein, woraufhin ich mir das Handy eigenhändig holen wollte. Daraufhin hat sie es sich schnell geschnappt und ist durch das Zimmer gerannt. Ich hab dann natürlcih keine Lust gehabt mit ihr Fangen zu spielen und die Sache auf sich beruhen lassen (was vermutlich auch ein Fehler war) ...

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