Geflüchtete Schüler aus der Ukraine

  • Andere Leute fliehen vor Krieg und Tod, und hier wird geklagt, dass man vielleicht ein paar Flüchtlingskinder an die Schule bekommt. Ja, dann stell ich eben einen Stuhl dazu, provisorisch. Das wird sich schon alles irgendwie machen lassen. Ich warte erstmal ab und sehe dann weiter.

    Ich beschwere mich nicht darüber, ich stelle den Stuhl dazu, schleppe den Tisch in den Klassenraum, bereite die Kinder der Klasse vor und begleite alle miteinander,

    ich bin relativ gut aufgestellt für DaZ und Alphabetisierung - nebenbei wohlgemerkt - und habe meine Fühler ausgestreckt, dieses Mal nach Materialien auf Ukrainisch, nach Übersetzer:innen, nach HIlfen...


    ... und dennoch beschwere ich mich laut und deutlich darüber,

    - dass das Land Reden schwingt, sich aber dann nicht wirklich um die Schulen kümmert - nicht einmal der Pflichtunterricht kann mit Lehrkräften besetzt werden.

    - dass es falsch ist, dass DaZ-Stunden, die wir mühsam beantragen und auch bewilligt bekommen, seit mehr als 10 Jahren immer in der Vertretung laden und nie ersetzt werden.

    - dass die Schüler:innen den Unterricht in Kleingruppen, der ihnen zustünde, nicht erhalten können.

    - dass die Alphabetisierung immer wieder nebenher erfolgen muss.


    Und nein, ich setze die Kinder nicht in den Flur und sage nicht, dass ich nicht zuständig sei,

    obwohl es vielleicht ein deutlicheres Zeichen wäre und sich dann endlich mal etwas bewegen würde - vielleicht, aber das würde ja Geld kosten, das man nicht ausgeben will.

  • Der Stuhl zusätzlich funktioniert nur bei wenigen Schülern. Wenn genug kommen, gibt es zusätzliche Klassen mit zusätzlichen Kollegen. Es gibt nämlich Klassenteiler und Deputatsstunden. Ja, ich habe auch immer wieder Bugstunden (dank Schweinegrippe waren es mal 5, aktuell 1).


    Und ja, es werden aktuell wieder pensionierte Lehrer gesucht, damit es reicht (und ich kenne mehrere, die das 2015 getan haben und auch jetzt bereit sind). Palim, deine Argumentation kann ich absolut nachvollziehen, ich stimme ihr zu, andere haben sich anders (für mich abstoßend) hier geäußert.


    Wir haben einen extrem hohen Ausländeranteil, meine Stadt muss ständig rumänische, bulgarische u.a. nicht-deutschsprechende Kinder integrieren. Es hat bisher immer gut geklappt, ich hoffe, dass dies auch dieses Mal sein wird

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Ich glaube, wir Lehrer beschweren uns über die Zustände, denn wir wüssten, wie es besser laufen könnte. Natürlich kann ich einen Stuhl dazu stellen, aber dann werde ich weder dem Kind noch der Klasse gerecht. Natürlich kann ich mich um das Flüchtlingskind mehr kümmern, das braucht es auch dringend, aber dann zwacke ich die Zeit von den andren Kindern ab, natürlich kann ich mich um Extra-ABs bemühen und meine DaZ-Kenntnisse rauskramen, aber zum Erklären muss ich wieder von den regulären Kindern die Zeit abzwacken.

    Und mit mehr Personal, mehr Platz, mehr Zeit könnte man so gut arbeiten, man könnte den Kindern gerechter werden, den Flüchtlings-, Migranten-, Hochbegabten-, MInderbegabten-, deprimierten-, ... Kindern. So macht man "Mängelverwaltung" und wird dem eigenen Anspruch einfach nicht gerecht.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Ich hatte heute einen (unseren) ersten Ukraine-Flüchtling im Unterricht sitzen. Wie sieht es denn mittlerweile bei Euch aus?

  • Unser Schüler hatte bereits früher wohl schon mal eine Weile in D gelebt und versteht einfache Sätze und kann diese auch schreiben (fehlerfrei!). Er antwortet auch in ganzen Sätzen. Ich habe mich ein wenig mit ihm unterhalten, der aktuelle Familienhintergrund ist traurig (Vater im Krieg, die Schwester ist Krankenschwester und "muss helfen").

  • Ich hatte heute einen (unseren) ersten Ukraine-Flüchtling im Unterricht sitzen. Wie sieht es denn mittlerweile bei Euch aus?

    Heute wurden glaube ich fünf angemeldet.
    Wir bekommen zwei Willkommensklassen mit je 12 Kindern an die Schule, Personal, Möbel, Räume, mein Gott, wer braucht das schon?!?


    Aber die zwei Jungs, die schon da sind, sind nett, machen den selben Blödsinn wie andere in ihrem Alter, aber spielen fast nur zusammen und benötigen dann eher wenig Deutsch, das ist nicht so günstig.

  • Ich hatte heute einen (unseren) ersten Ukraine-Flüchtling im Unterricht sitzen. Wie sieht es denn mittlerweile bei Euch aus?

    In ganz NDS sind Stand vorgestern mittlerweile ca. 800 ukrainische Kinder und Jugendliche an den Schulen angemeldet, davon allerdings nur sieben an BBS (https://www.mk.niedersachsen.d…ulen-gemeldet-209753.html). An unserer BBS ist bislang noch niemand angemeldet worden.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Bei unserer Schule "um die Ecke" sind zwei Sporthallen für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen vorbereitet worden. Es kann sich nur noch um wenige Tage handeln, bis diese die Vorzüge des sozialen Brennpunkts genießen dürfen. Sorry für den Zynismaus. Aber manchmal fragt man sich schon, warum nicht wenigstens in diesem Fall Leute mit Planungskompetenz das Sagen haben...

  • Bei uns sind die ersten 5 angekommen und 5 weitere kommen demnächst. Wir haben noch ein Willkommensklasse, die wir ein bisschen auffüllen können, andere kommen mit in die Klassen. Und dann gäbe es auch noch einen Raum, den wir für eine ukrainsiche Klasse bereitstellen könnten, wir haben aber niemanden, der sie unterrichten könnte....

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Wir haben keine Räume und keine Lehrer. Dazu derzeit gerade eine Menge an Schülerwechseln zu uns, viele vom Gymnasium zurück. Etliche Klassen mit 2 - 3 neuen Schülern. Warum die gerade jetzt so halb mitten im zweiten Halbjahr kommen, bleibt mir ein Rätsel. Aber gut. Wie es nun noch dazu mit weiteren ukrainischen Schülern aussieht und wie das geregelt werden soll - ich bin gespannt. Auch, wie die Gemeinden die Unterbringung regeln (und finanzieren) sollen. Aktuell sollen Lösungen der Politik kommen, bis jetzt werden die Gemeinden ja wohl eher allein gelassen. Die Wohncontainer aus der letzten Flüchtlingswelle, die bei uns in mehreren Dörfern standen (dies in NRW), sind vor nicht allzu langer Zeit abgebaut und an Privatiers abgegeben/verkauft worden.

  • Bei uns sind die ersten 5 angekommen und 5 weitere kommen demnächst. Wir haben noch ein Willkommensklasse, die wir ein bisschen auffüllen können, andere kommen mit in die Klassen. Und dann gäbe es auch noch einen Raum, den wir für eine ukrainsiche Klasse bereitstellen könnten, wir haben aber niemanden, der sie unterrichten könnte....

    Erstaunlicher Weise haben wir seit heute zwei neue Kolleginnen, die ab 4.4. die Willkommensklassen unterrichten können. Keine Ahnung, wo sie die hergezaubert haben.

    Nur Räume haben wir eigentlich nicht, gibts eben keine Teilungsräume sondern Teilung muss im Klassenraum gemacht werden, hat doch soviele Vorteile :autsch:


    Ach und Möbel gibts natürlich auch keine neuen, nunja, bauen wir uns welche selber. Bücher, naja, evtl. gibts dafür wenigestens etwas Geld, ist eher unwahrscheinlich, kaufen wir dann von den nur noch 60% des Geldes, die wir eigentlich bekommen sollten.


    Aber es wird sich alles finden, Schultaschen und Federtaschen haben die Eltern unserer Schüler schon gebracht, Sport zeug wurde heute auch innerhalb von wenigen Stunden inklusive Schuhen und allem gefunden, also man merkt, es findet sich alles.

  • Die Flüchtlingswelle rollt - und wird auch an den Schulen ankommen.
    Als 2016 die Kinder aus Syrien kamen, gab es eine große Welle der Hilfsbereitschaft und es wurden zahlreiche Materialien für die sprachliche Integration der Ankommenden erstellt. Die Quellen für diese kostenfreien Materialien habe ich damals gesammelt - und weil es so viele waren, habe ich eine Website dazu erstellt.
    Momentan ergänze ich diese Listen durch Verweise auf Materialien für den Unterricht mit Menschen aus der Ukraine, die in verschiedenen FB-Gruppen gepostet werden.
    Es ist richtig, dass es in der Ukraine auch Unterricht in Deutsch gibt - wobei ich vermute, dass es sich eher um ein "Exotenfach" handelt. Heute habe ich Links zu PDF-Dateien für Lehrbücher erhalten, die ich hier in die Website eingepflegt habe:
    https://schulbibo.de/kostenlos…oks-zur-sprachfoerderung/

    Für die ersten Grundlagen und Wortschatzübungen können auch Bildwörterbücher hilfreich sein. Links dazu findet ihr hier:
    https://schulbibo.de/deutsch-lehren-lernen/wortschatz/

    Tipps für gute Quellen nehme ich gerne entgegen.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

  • Zitat

    Der Unterricht in der Ukraine sei „intensiver, vollzieht sich in kürzerer Zeit als in Deutschland und hat ebenso höhere Anforderungen“, betonte Tybinka.


    Das glaube ich sogar sofort. Jedenfalls wenn ich dabei an meine eigene Schulform denke.


    Zitat


    Zudem gab sie der Befürchtung Ausdruck, in den Intergrationsklassen könnte die nationale Identität Schaden nehmen. Die Ukraine sei mit ihrer „jahrtausendalten Geschichte“ und von ihrem Territorium her das größte Land Europas, komme aber in den deutschen Schulbüchern kaum vor.


    Oha. Da kommt ja noch einiges auf uns zu.

  • Und ich muss leider sagen, die Qualität der Berichterstattung, auch aus journalistischer Sicht, hat in den letzten Jahren deutlich nachgelassen (selbst bei den traditionell sehr seriösen Quellen).

    Eh ja, und da einen Beitrag oben zitierst du aus irgendwelchen Quellen irgendwelche Menschen und äußerst Befürchtungen (die ja von mir aus berechtigt sind) - also was jetzt?

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • ???

    Ich schreibe hier nicht als Journalist und auch nicht in einem journalistischen Medium. Ich äußere mich hier als Privatperson. Und die Zitate stammen aus den Links meines Vorschreibers (Tagesspiegel, Die Zeit, Die Welt. Das sind nicht irgendwelche Quellen.)

  • Die Forderung der ukrainischen Bildungsministerin finde ich,trotz der unsäglichen Situation aller Betroffenen, ziemlich Feist. Sie kann doch nicht allen Ernstes erwarten,dass wir ukrainischen Flüchtlinge anders behandeln, als alle sonstigen Kriegsflüchtlinge, die wir aufnehmen. Auch die Forderung nach Übrrnahme ukrainischer Lehrpläne geht gar nicht. Ich persönlich bin nicht davon überzeugt, dass der Aufenthalt nur kurzer Natur sein wird.

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Die Ukraine möchte keine Willkommensklassen.

    Das ist schön für die Ukraine. Seit wann bestimmen die, was in unserem Bildungssystem passiert?!?!


    Oha. Da kommt ja noch einiges auf uns zu.

    Nach dem Lesen deines Zitates habe ich mich echt gefragt: Wo sitzen die Rassisten?

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Wenn man bedenkt wie schlecht es schon einigen Schüler:innen aus Deutschland im Homeschooling während Corona ging, möchte ich mir nicht vorstellen, wie es ukrainischen Kindern und Jugendlichen geht, wenn sie nur online lernen sollen. Das bedeutet doch, dass sie jederzeit Zugriff auf die Nachrichten vom Kriegsgeschehen haben. Mit einer Eingliederung in eine Klasse bekommen sie zumindest wieder eine Struktur für den Tag und hoffentlich schnell Anschluss an Gleichaltrige.

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