Es gab doch die Diskussion, ob desertierende Russen Asyl bekommen sollen, so wie andere vor dem Regime Geflohene. Wie hättet ihr als Innenminister*in das behandelt?
Ich halte es grundsätzlich für richtig, "echten" Deserteuren hier Asyl zu gewähren, in der Realität gibt es dieses Problem bei uns aber kaum. Eingezogen wurden vorrangig Männer aus ärmlichen Verhältnissen in den östlichen, ländlichen Gebieten Russlands. Viele davon haben sich bei Verwandten versteckt um der Einberufung zu entgehen oder sind bestenfalls mit dem Auto über die nächst beste Grenze gefahren. Nach Deutschland sind überhaupt nur eine geringe Zahl Russen gekommen. Die großen, medial stark beachteten Fluchtbewegungen waren in die Türkei, nach Georgien oder über die finnische Grenze und da gab es nicht wenige, die sich dann direkt eine Eigentumswohnung in Tiflis oder Istanbul gekauft haben (also schon große Geldsummen im Ausland hatten, denn Mitnehmen ist da auch nicht so einfach). Ein Großteil dieser "Flüchtenden" hatte nicht Angst um ihr Leben, sondern um ihren Lebensstandard.
Und nein, solche Flüchtlinge muss man nicht aufnehmen. Also Asyl ja, aber nur wenn jemand wirklich einen Einberufungsbescheid vorlegen kann oder auf andere Art glaubhaft macht, dass er wirklich vor einem drohenden Krigseinsatz geflohen ist und nicht nur vor der allgemeinen Situation in Russland.