Du bist hier der Historiker, ich will dir jetzt sicher nicht klugscheissen. Aber denkst du, man hätte den 2. WK durch mehr Verständnis und mehr Verhandeln verhindern können? Ich meine, das wurde versucht, mit bekannten Ergebnis. Ich sehe ferner nicht, dass die Situation in Bezug auf Russland mit dem sicherlich problematischen Verhalten der Alliierten gegenüber Deutschland nach dem 1. WK vergleichbar ist. Russland hat seine Zarenbombe zünden dürfen. Russland hatte 40 Jahre lang die Hand auf einem Teil Deutschlands. Mir ist das zu viel mimimi, die bekommen einfach den Hals nicht voll.
Wir haben damals wie heute eine vergleichbare Situation. Nur was wäre denn in einer westlichen europäischen Gesellschaftsordnung, die den Krieg bestenfalls zur Verteidigung des eigenen Lebens kennt, hier möglich gewesen?
Appeasement kam nicht infrage - siehe 1938.
Krieg kam nicht infrage - siehe beide Weltkriege und die Gefahr eines Atomkriegs.
Sanktionen erschienen als eine geeignete Maßnahme, die aber - ebenso wie ein aktiver Krieg - immer auch beide Bevölkerungen leiden lassen.
Hinzu kommt, dass gut darüber nachdenken sollte, ob man einer Nuklearmacht konventionell den Krieg erklärt.
Russland hatte 40 Jahre lang die Hand auf einem Teil Deutschlands. Russland hatte aber auch unter dem Angriffs- und Vernichtungskrieg der Deutschen unendlich zu leiden. So gesehen haben die Deutschen Glück gehabt, dass die Sowjets bei allen Verbrechen, die Sowjetsoldaten begangen haben, vergleichsweise "milde" waren. (Die 25 Mio. toten sowjetischen Soldaten und ZivilistInnen hätten dazu womöglich eine ganz andere Haltung...)
Die "Expansion" der UdSSR nach dem 2. WK beruhte auf den erwähnten Sicherheitsinteressen in Verbindung mit Expansionsdrang. Die USA waren hier so gesehen jedoch keinen Deut besser. Bereits 1946/47 stellten beide Seiten fest, dass es offenbar an den USA bzw. der UdSSR gewesen sei, in ihren Sphären jeweils ihr eigenes Gesellschaftsmodell zu installieren.
Auf die Gegenwart geblickt sehe ich auch nur eine Chance auf Frieden, wenn Russland den Krieg verliert. FALSS Russland den Krieg verliert. Waffen kann man ersetzen, Menschen hingegen nicht. Und Russland hat deutlich mehr Menschen zur Verfügung - und die werden damals wie heute erbarmungslos eingesetzt.
Mir stellt sich auch die Frage, wie denn eine Friedensordnung mit Russland aussehen soll. Das sehe ich extremst kritisch.
Würde sich Russland auf die Grenzen vor dem Krieg zurückziehen?
Wie würde ein solches Vertragswerk überhaupt aussehen können? (Reparationen? Aufarbeitung der Verbrechen, was geschieht mit den SeparatistInnen? )
Kann man einer wie auch immer gearteten zukünftigen russischen Regierung überhaupt vertrauen?
Aus meiner Sicht hat sich Russland eigentlich für jedwede Form der Zusammenarbeit nachhaltig disqualifiziert. Und dennoch wird man Russland wieder zurück in die Staatengemeinschaft führen müssen. Das wissen auch die RussInnen.