Weg mit den Hausaufgaben ?!

  • Hallo ihr lieben,


    mhh...ein durchaus interessanter Gedanke, besonders im Hinblick auf die Gymnasien, an denen man als Schüler sowieso bis 16 Uhr rumturnt.


    Hier mal ein Video dazu, besonders die Stelle 04:00 min. bis 05:50 min. lassen mal aufhorchen:


    https://www.youtube.com/watch?v=RcPtFgp-xmU


    Ok, jetzt könnte man sagen es ist ja nur eine Studie (Die ich persönlich sehr interessant finde), dennoch kann man ja mal über dieses Thema nachdenken...:/

  • Bei mir gibt es nur sehr sehr selten Hausaufgaben. Da ich eigentlich immer mit Erwachsenen arbeite, bin ich nicht der Micromanager meiner Lerngruppe. Wer bei was noch eine Vertiefung oder Festigung braucht, kann ich doch gar nicht individuell beurteilen. Wenn man Aufgaben machen muss, die man schon kann oder überhaupt nicht kann, dann ist das einfach nur Zeitverschwendung.


    So haben sich Hausaufgaben auch immer für mich angefühlt. Entweder waren die total langweilig oder ich hatte es gar nicht verstanden und kam nicht zu Rande.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo ihr lieben,


    mhh...ein durchaus interessanter Gedanke, besonders im Hinblick auf die Gymnasien, an denen man als Schüler sowieso bis 16 Uhr rumturnt.

    Diese Aussage trifft in dieser Pauschalität nicht zu - gerade mit Blick auf G9 und die Sek I ist es zu einer spürbaren Entlastung im Nachmittagsbereich gekommen. Was die Sek II angeht, so bleibt es bei den 34 Wochenstunden, die natürlich auch mal Nachmittagsunterricht bedeuten, was sich aber aus der Blockung und den individuellen Stundenplänen der SchülerInnen ergibt. Mit Ausnahme von gebundenen Ganztagsschulen, an denen aber die Hausaufgaben, so sie denn gegeben werden, auch vor Ort erledigt werden, dürfte kaum ein Schüler regelmäßig bis 16 Uhr in der Schule herumturnen.

  • Ach ja, lese ich immer wieder. Meistens mit Argumenten, hier waren ja gar keine dabei. "Selbst der bayerische Elternverband" - was heißt selbst, gerade der natürlich. Magerer Hattie. Disclaimer: Ich mag Terra X nicht, habe Lesch zufällig zum ersten Mal letzte Woche dort gesehen und war arg enttäuscht.


    Wenn Ganztagsschule, dann keine Hausaufgaben. Wenn keine Ganztagssschule, dann schon. Ja, Halbtagsschule ist unfair, weil nicht die gleichen Arbeitsbedingungen zu Hause. Das Argument zählt.


    Es ist halt wieder mal von der Mathematik her gedacht: Von Deutsch und Englisch kenne ich das aus eigener Erfahrung und aus denen meiner Schüler und Schülerinnen nur sehr viel seltener, dass man vor einer Aufgabe sitzt und nicht weiß, was man überhaupt tun soll. Da sind die Aufgaben aber auch: Vokabeln lernen, Texte schreiben, Texte lesen.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Deshalb liebe ich gebundene Ganztagsschulen.

    Dort gibt es keine Hausaufgaben, sondern zusätzliche Übungsstunden mit Lehrer:innen und nicht mit Eltern, die teils nur bis zu bestimmten Jahrgangsstufen helfen können.

    Mit Hausaufgaben verstärkt man meines Erachtens lediglich den Faktor, dass Bildung vom Elternhaus abhängig ist.

  • Hallo!


    Gerade Kinder wissen aber oft nicht, ob sie es alleine können. Vielleicht haben sie im Unterricht die Aufgaben immer nur mit dem Sitznachbarn besprochen oder die Lösung an der Tafel verstanden und denken, sie können es. Da sind Hausaufgaben durchaus sinnvoll. Zumal die Schüler dann in der Halbtagsschule ja auch nicht mehr Wochenstunden in den einzelnen Fächern haben oder zusätzliche Übungsstunden.


    Ich kenne übrigens eine Grundschule, die Ganztag und Halbtag anbietet und die Hausaufgaben komplett abgeschafft hat. Die Kinder im Halbtag bekommen keine Hausaufgaben. Die Kinder im Ganztag auch nicht, aber sie haben am Nachmittag eine Lernzeit, in der sie zusätzliche Übungsaufgaben zum Unterricht erhalten.

    Für die Kinder im Halbtag bedeutet das jetzt tatsächlich, dass nur diejenigen zu Hause etwas machen, deren Eltern sich darum bemühen von anderen Eltern diese Übungsblätter zu bekommen.


    Ist zwar anekdotisch, aber da doch lieber Hausaufgaben für alle.


    LG DFU

  • Disclaimer: Ich mag Terra X nicht, habe Lesch zufällig zum ersten Mal letzte Woche dort gesehen und war arg enttäuscht.

    Vor welchem Hintergrund magst du denn Terra X nicht ? Vor dem Hintergrund, weil dir das Niveau nicht reicht? Oder vor dem Hintergrund, weil du einfach Lesch unsympathisch findest? ...Ich finde diesen Kanal gerade für diejenigen gut, die jetzt nicht studiert haben und sich nicht Jahrelang mit fachwissenschaftlichen Aufsätzen rumschlagen möchten. Kurzum: Lesch bringt selbst komplizierte Sache für nahezu jedermann verständlich rüber. Das dann evtl. wichtige Sachen unter den Tisch fallen, die im Detail für das komplette Verständnis wichtig sind, liegt wohl in der Natur der Sache, aber auch die "Nicht"-Akademiker haben ein Recht sich mit hoch komplexen Sachverhalten auseinander zusetzten...

  • >Die Kinder im Halbtag bekommen keine Hausaufgaben.


    Ich weiß, das ist Grundschule, aber am Gymnasium würde ich mich fragen: Schreiben die ihre Übungsaufsätze dann im Unterricht? Lesen die ihre Lektüren im Unterricht? Wenn ich das dann auch könnte, dann... dann würde das mir die Unterrichtsvorbereitung sehr erleichtern!

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Mit Hausaufgaben verstärkt man meines Erachtens lediglich den Faktor, dass Bildung vom Elternhaus abhängig ist.

    Das halte ich in dieser Pauschalität - quer über alle Fächer und Schulformen- für Quatsch.

    Gerade in dem den (Fremd-) Sprachen geht es, wie von Herrn Rau angesprochen, einfach darum Basics zu üben, wie Vokabeln zu lernen, wofür die Unterrichtszeit alleine nicht ausreichend wäre, Übungen zu neu gelernter Grammatik (damit man weiß, was man alleine schon kann und was noch nicht verstanden wurde, so dass man nachfragen kann) und natürlich das Schreiben von Texten. In Klasse 6/7 habe ich noch zu Beginn in Französisch die Situation, dass Eltern oder Geschwister beim Schreiben von Texten helfen. Das fällt jedes Mal auf, weil dann Vokabular und Grammatik verwendet werden, die die Hasen noch gar nicht kennen und der Satzbau komplexer wird. Ich erkläre denen dann, dass ich wirklich nur erwarte, dass sie die Worte und Grammatik verwenden, die sie schon kennen, diese aber üben sollen. Wenn sie dann hören, dass ich die entsprechend einfacheren Texte auch lobe trauen sich immer mehr SuS ihre Texte wirklich allein zu schreiben. Diese zusätzliche Übungszeit am Nachmittag ist unerlässlich, denn an der Realschule haben wir üblicherweise nur 2-3 Wochenstunden Französisch. Dennoch soll in der Theorie am Ende von Klasse 10 ein B1 erreicht werden (in der Praxis A2+ im best case).


    Auch in meinen anderen Fächern stellen Hausaufgaben lediglich eine Vertiefung dar (zusätzliche Fallbeispiele zum Kaufvertrag lösen beispielsweise, damit sie das wirklich verstehen oder eben sonst noch einmal nachfragen) oder ein Modell, dass wir eingeführt haben soll noch einmal abgeschrieben oder etwas recherchiert werden im Internet. Dafür braucht man keine Eltern als Helfer.


    Bei meinem 5ern schließlich, die es aus der Grundschule noch stärker kennen, dass Eltern geholfen haben, die dann z. B. den Text in Ethik aber schon nicht mehr sprachlich erfassen können, habe ich eine klare Regel ausgegeben: Wer HA nicht (selbst) machen konnte, weil sie nicht verstanden wurden, schreibt die Aufgabenstellung ab und darunter schreiben die Eltern mir mit Unterschrift, dass ihr Kind die HA nicht verstanden hat und deshalb nicht bearbeiten konnte. Seitdem ist die Quote der HA, die an fehlendem Verständnis gescheitert wären erheblich runtergegangen. Zusätzlich können die SuS sowohl Klassenkameraden, als auch mich über Teams anschreiben und nachfragen bei Problemen. Auch das hilft, damit SuS, die z. B. gerade erst Deutsch lernen dennoch ihre HA zuverlässig erledigen, weil sie mich eben erreichen bei Problemen am Nachmittag. Wer tatsächlich HA nicht machen konnte, weil sie tatsächlich nicht verstanden wurden wird also von mir erstens darauf hingewiesen, dass ich über Teams erreichbar bin bei Problemen und bekommt zweitens erklärt, was noch nicht verstanden wurde und wir üben das noch einmal kurz in der Stunde, ehe es über eine HA erneut selbstständig geübt werden soll.

    Die wenigsten meiner SuS haben Eltern, die ab Klasse 7 überhaupt noch helfen könnten bei HA. Meine HA erfordern aber auch keine Elternhilfe, sondern eigene Anstrengungsbereitschaft, Fleiß und die Anwendung bekannter Lösungsstrategien- und sei es die Nachfrage über Teams, bei der man dann gleich noch lernt präzise nachzufragen, weil "ich habe alles nicht verstanden" nur sehr selten stimmt.


    Neben dem Erfordernis bestimmte Lerninhalte individuell auswendig zu lernen, zu üben oder anzuwenden, um herauszufinden, wo man tatsächlich steht und was man tatsächlich bereits kann und was nicht (diesbezüglich gibt es teilweise nämlich große Diskrepanzen, wie vor allem Reaktionen auf mündliche Noten zeigen), sehe ich insofern Hausaufgaben auch als eine Übung hin zu mehr Selbständigkeit, Selbstorganisation und der Übernahme von Verantwortung für den eigenen Lernprozess, sprich einen Teilbaustein auf dem Weg zur Müdigkeit, die z. B. s3g4 dann von seinen erwachsenen Lernern zurecht erwarten darf.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL () aus folgendem Grund: Tippfehler

  • Andererseits kriege ich schon gelegentlich mit, dass Hausaufgaben gestellt werden, die von der Hilfe der Eltern ausgehen, oder so unklar sind, dass die SuS wirklich ratlos sind. Es gibt also durchaus schlecht gestellte Aufgaben. (Vielleicht dann doch mehr, als man meint? Denn es glaubt ja niemand, selbst schlechte zu stellen.) Das heißt, ich wünschte mir etwas mehr Nachdenken bei manchen Lehrkräften.


    Eine meiner aktuellen Klassen klagt übrigens am meisten über Hausaufgaben in Kunst. Weil da so viel zu machen sei und so kurzfristig. (Und überhaupt, ungerechte Benotung, das Fach.)

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

    • Offizieller Beitrag

    das ist übrigens meiner Meinung nach DAS Problem der "hausaufgabenfreien Ganztagsschule". Es funktioniert nie im Leben für die Fremdsprachen und Lesefächer.
    Dass 10 Minuten jeden Tag Vokabellernen viel effektiver sind als die eine Doppelstunde Lernzeit in der Woche, ist einleuchtend. und da die SuS in der Doppelstunde auch nur 10 Minuten Vokabel lernen, dann ...
    Wenn ich wieder in die Schule komme, werde ich glaube ich Phase 6 "verpflichten" (oder zumindest flächendeckend mit Hilfe der Fachschaft einsetzen können. Schließlich haben ja die Kleinen alle ein iPad.). Da kann man jeden Tag 5 Minuten üben (und es werden mehr) und hat die Vokabeln hoffentlich gelernt.
    (noch besser: ich lerne Programmieren und baue mir ein Duolingo passend zum Lehrwerk. Ich bezweifle zwar, dass die Kids die Geduld des ewigen Patterndrills haben, aber cool wäre es. Wer kann der Versuchung widerstehen, die kleine Eule springen zu sehen? Wenn DAS kein Anreiz für Hausaufgabenmachen ist)

  • First of all: Ich kann Lesch in seiner selbstgefälligen Art als deutscher Universalgelehrter nicht ab, Schuster bleib bei deinem Leisten!


    Ich nutze Hausaugaben (in Mathematik und Physik), wenn relativ stumpf etwas geübt werden soll. Dabei entsteht aber das Problem, dass die SuS, die die Übung wirklich bräuchten, sie i.d.R. nicht erledigen, während andere, die sie nicht bräuchten, ihre Zeit damit verschwenden.

    Außerdem spart man kaum Zeit, wenn man die Hausaufgaben intensiv bespricht. Tut man das nicht, kann mans auch lassen.


    Insgesamt gebe ich daher sehr selten Hausaufgaben auf. Es gibt zudem keine Konsequenzen, wenn sie nicht erledigt werden. Ich frage lediglich zu Beginn des Vergleichs, wer "beichten" muss und notiere mir das. Auf die Liste schaue ich aber nur, wenn dann panische Eltern zu mir kommen, "was man denn tun könnte wegen der Noten".


    Gute Erfahrungen habe ich mit flipped Classroom (vgl. Christian Spannagel) in der Oberstufe gemacht. Beispielsweise Kurvendiskussion, ich habe ein ca. 45 minütiges Video erstellt, wie das händisch bzw. mit CAS geht, mit Kapitelmarken und kleinen Arbeitsaufträgen zwischendrin.


    Das sollen die SuS zuhause schauen und "durcharbeiten". Im Unterricht erkläre ich dazu nichts bzw. nur auf Nachfrage. Wir starten direkt mit einer sehr ausgedehnten Übungsphase mit Aufgaben und Musterlösungen, d.h. die ganze Übungsphase kann in der Schule unter meiner Betreuung stattfinden.


    Einziger Nachteil: Die Erstellung dieser Videos ist maximal zeitaufwändig, war also nur in der Phase geschlossener Schulen möglich. Und naja es bietet sich nur bei größeren Algorithmen o.Ä. an.

  • Ich habe mir den Film angesehen und kann aus Sicht einer Grundschullehrerin und auch Grundschul-Elternsicht alles nur so unterschreiben. Die Hattie-Studie ist da ja auch eindeutig. Und wie viel mehr Frieden würde es in den Familien geben (und Zeit für schöne Sachen!), wenn es keine / nicht so viele / individuelle Hausaufgaben gäbe.


    An meiner Schule (Grundschule) handhaben wir es deshalb so, dass es tägliche Hausaufgabe ist, zu lesen und kopfzurechnen. Klar, so kann man das an weiterführenden Schulen nicht einfach umsetzen. Zumindest das Lernen von Vokabeln muss zu Hause geschehen, weil am Schulvormittag dafür einfach keine Zeit ist.


    Aber mal echt, muss man Hausaufgaben in die Nebenfächern aufgeben? Am Ende ist es doch am wichtigsten, dass die Schulabgänger sicher im Lesen, Schreiben, Rechnen sind. Wenn sie sich für eines der Nebenfächer besonders interessieren und in diesem Bereich auch eine Berufslaufbahn einschlagen wollen, sind sie doch ohnehin intrinsisch motiviert und merken sich deshalb viel aus dem Unterricht. Ansonsten ist es einfach wichtig, dass man weiß, wie und wo man etwas herausfinden kann, wenn man etwas wissen möchte.


    Ich glaube, es wäre allen schon geholfen, wenn Lehrer Hausaufgaben nicht übermäßig wichtig nehmen würde. Denn das sind sie nicht.

  • Die Hattie-Studie ist da ja auch eindeutig. Und wie viel mehr Frieden würde es in den Familien geben (und Zeit für schöne Sachen!), wenn es keine / nicht so viele / individuelle Hausaufgaben gäbe.

    Und wie viel Zeit erst wäre, wenn die Eltern nicht arbeiten müssten und die Kids auch vormittags frei hätten! So isses aber nunmal nicht...^^


    Bester Garant für freie Nachmittage zumindest in der weiterführenden Schule ist eine effektive Zeitnutzung am Vormittag. Kein Handydaddeln im Unterricht, absolute Minimalanforderung ist immer eine vollständige Mitschrift.

    Wenn ich mir anschaue, wie manche ihre Zeit vertrödeln, kann ich über deren Beschwerden nur müde lächeln.

  • Kann es sein, dass Du von einer kleinen Gruppe Schüler auf viele schließt? Nicht jeder, dem der Schulstoff schwerfällt, hat im Unterricht gedaddelt.


    Und was ist das für ein Vergleich, dass Eltern nicht mehr arbeiten gehen? Ich verstehe den Zusammenhang nicht. Kinder arbeiten vormittags auch (ja, Schule ist Arbeit!) und brauchen am Nachmittag einen Ausgleich. Ich sage nichts gegen Hausaufgaben, die das Kind individuell gut selbstständig erledigen kann und die wirklich sinnvoll sind, weil sie neu Gelerntes festigen. (Und die im Zeitrahmen des Hausaufgabenerlasses geschafft werden.) Aber Hausaufgaben, die Kinder und deren Familien zur Verzweiflung bringen, sind eben nicht sinnvoll.

  • Am Ende ist es doch am wichtigsten, dass die Schulabgänger sicher im Lesen, Schreiben, Rechnen sind.

    Das deckt sich nicht mit dem Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen, an das ich gebunden bin. (Und dessen Ansicht dazu ich teile.)

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

    • Offizieller Beitrag

    Ich weiß z.B. von meinen Chemie-Kolleg*innen, dass man in Chemie in der Oberstufe kaum eine Chance hat, wenn man die Mittelstufe verschlafen hat. Dürfen wir SuS die Chancen verbauen, indem wir sagen, dass nur die intrisisch motivierten SuS und diejenigen mit Eltern im Rücken (und selbst die gucken vornehmlich auf die Noten und die Pflichten) überhaupt bestimmte Fächer nach der Pubertät wählen können?

    Und nein: Bildung ist nicht nur Lesen, Schreiben, Rechnen.

  • Ich finde Hausaufgaben meistens sehr sinnvoll. Wiederholungsübungen können bestimmte Inhalte festigten, Erweiterungsaufgaben zu eigenem Denken anregen. Auch die Eigenorganisation der SuS ist impliziter Teil der HA, sie müssen entscheiden wann und wo sie sie erledigen.


    Und selbstverständlich kommt es auch vor, dass SuS eine Aufgabe nicht verstanden haben. Welch besseres Feedback könnte ich also für die Weiterführung meines Unterrichts erhalten, als dieses Defizit aufzugreifen und zu beheben? Oder eben meinen SuS aufzuzeigen wo sie gravierende Defizite haben, die sie durch zukünftiges Eigenengagement nicht beheben könne?


    In jüngeren Klassen ist es sicherlich sehr stark vom Elternhaus abhängig und diskutabel.

  • Wer bei was noch eine Vertiefung oder Festigung braucht, kann ich doch gar nicht individuell beurteilen.

    Echt, müsst ihr das bei Großen nicht regelmäßig überprüfen und rückmelden?


    Ich würde mir bei meinen Kindern mehr Hausaufgaben wünschen, allerdings nur welche, die Strategien festigen. Keine Plakate kleben, kein Zirkus. Regelmäßig Vokabeln aufgeben und Kontrolle derselben. Erklären, wie man effektiv übt. Nutzen von Hausaufgabenheften einfordern. Nicht immer alles voraussetzen. 'Müsste die Grundschule gemacht haben', 'müssten sie schon können' 'müssten die Eltern...' so ein Blödsinn, einfach machen und überprüfen, auch wenn einige sich verweigern.

  • (...)

    Aber mal echt, muss man Hausaufgaben in die Nebenfächern aufgeben? (...)

    Ja


    Beispiele habe ich ja bereits genannt. Lebenspraktische Dinge, wie z.B. das Grundprinzip des Zustandekommens von Kaufverträgen benötigen alle SuS später, ergo müssen das auch alle ausreichend durchdringen und üben. Auch situativ angemessenes Argumentieren fällt ohne ausreichende Übung in verschiedenen Fachwissenschaften vielen meiner SuS schwer, die sich zwar gut "durchlavieren" können, aber eben erst noch lernen müssen,wie man sich angemessen schriftsprachlich ausdrückt (und nein, dafür ist weder alleine der Deutschunterricht zuständig, noch würde die Präsenzlernzeit dafür ausreichen), welche verschiedenen sprachlichen Register sie beachten müssen, welche Argumentationsstile auch in einer Email an den künftigen Chef angemessen sein könnten, etc.



    Was diese Argumentation deinerseits anbelangt:


    Zitat

    Am Ende ist es doch am wichtigsten, dass die Schulabgänger sicher im Lesen, Schreiben, Rechnen sind. Wenn sie sich für eines der Nebenfächer besonders interessieren und in diesem Bereich auch eine Berufslaufbahn einschlagen wollen, sind sie doch ohnehin intrinsisch motiviert und merken sich deshalb viel aus dem Unterricht. Ansonsten ist es einfach wichtig, dass man weiß, wie und wo man etwas herausfinden kann, wenn man etwas wissen möchte. (...)

    ... halte ich es für reichlich verklärt zu vermuten, dass SuS in der Sek.I prinzipiell bereits derart klar wüssten, was sie später beruflich machen wollen, um sich dann bewusst zu machen, welche Unterrichtsfächer entsprechend besonders vertieft gelernt werden sollten, was sie dann noch- als Krönung des Ganzen- selbstredend intrinsisch motiviert schaffen.

    Ich habe nicht den Eindruck, dass du bereits besonders viel Umgang mit Pubertieren hattest, andernfalls wäre dir klar, dass sowohl Berufsorientierung in der Realität anders abläuft, als auch die Selbstkonsequenz, sich in der Folge zumindest in einigen Fächern stärker einzubringen auch noch in Klassenstufe 9/10 bei einigen SuS eher die Ausnahme, als die Regel ist und von manchen auch niemals erfolgt ohne regelmäßige "Tritte in den Allerwertesten". Wenn sie dann wissen, was sie beruflich machen wollen, ja, dann kann man zumindest ein paar der Hasen darüber motivieren, den Hintern ausreichend hochzubekommen- nicht alle. Und oftmals wissen sie das auch am Ende der Realschule noch nicht, weshalb sehr viele meiner 9er und 10er als Ziel angeben "erst einmal weiter Schule" machen zu wollen. Je größer aber die Lücken aus der Sek.I sind, desto schwerer wird es manches Berufsziel, dass man erst spät für sich entdeckt, noch zu erreichen. Insbesondere, wenn für den spät entdeckten Traumberuf ein Abitur erforderlich ist, rächen sich die Lücken aus der Sek.I unter Umständen deutlich. Hausaufgaben sind natürlich kein Garant, dass derartige Lücken nicht entstehen, aber ein unerlässlicher, zusätzlicher Übungsraum, um eben auch herauszufinden, was man noch nicht weiß und wozu man nachfragen muss, sind sie allemal.

    Ich arbeite in einigen meiner Nebenfächer deshalb u.a. mit Lerntagebüchern. Darin sollen die SuS -fragengeleitet- die Unterrichtsstunde zuhause noch einmal reflektieren und u.a. festhalten, was sie noch gerne hätten wissen wollen zum Thema, was sie gelernt haben oder auch, was sie noch nicht verstanden haben. Auch die müssen dann aber eben zuhause angefertigt werden.


    Wo was steht zu lernen erfordert auch eine eigene, tiefere Auseinandersetzung über ein reines Absitzen von Unterrichtszeit in der Schule hinaus. Ich habe aktuell in Wirtschaft 9er in der Projektarbeit, die- Corona sei Dank- in den letzten zwei Schuljahren kaum klassische Referate hatten, keine GFS hatten und die plötzlich eine Präsentation und Dokumentation erstellen sollen, die ihre halbe Jahresnote ausmacht und bei der auch schon der Arbeitsprozess Teil der Benotung ist. Denen fällt es teilweise unglaublich schwer, sich vernünftig zu organisieren. Meine Nachfrage, welche Schulbücher anderer Fächer sie noch als Recherchehilfe gerne hätten hat mir exakt eine Gruppe beantworten können, alle anderen gehen davon aus, dass das allwissende Internet schon ausreichend wäre, waren dann aber doch nicht undankbar, dass ich dennoch einige weitere Fächer vorsorglich mitgebracht und als Materialschrank zur Verfügung gestellt habe, nachdem ihnen dann doch aufgefallen ist, dass Schulbücher netterweise Themen sinnvoll vorstrukturieren, zugrundliegende Fachkonzepte erklären, etc.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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