Sehr schwierig 3. Klasse - bitte Hilfe!

  • Ich hoffe hier auf ein paar Sichtweisen von außen und vielleicht auch hilfreiche Tipps...

    Ich habe gerade die Schule gewechselt und bin nun als Fachlehrerin mit Mathematik und Religion in einer 3. Klasse eingesetzt. Ich hatte nie Schwierigkeiten mit der Klassenführung oder damit, mich durchzusetzen und bin durch meine vorherige Arbeit an einer Brennpunktschule herausforderndes Verhalten aller Arten gewöhnt, muss ich dazu sagen.

    Aber diese 3. Klasse sprengt wirklich alles, was ich bisher erlebt habe :(


    Es ist kaum Unterricht möglich, da ca. die Hälfte bis 2/3 der Schüler auf Ansprache (bitten, auffordern, Belohnungen in Aussicht stellen, ermahnen, strenge Ansagen, Ankündigungen von Konsequenzen etc.) gar nicht reagiert. Sie unterhalten sich vom Platz aus oder laufen in der Klasse herum und drehen sich auf Ansprache nicht mal zur Lehrkraft um. Die totale Ignoranz.


    Es dauert unfassbar lange, durchzusetzen, dass wenigstens alle auf ihren Plätzen sitzen und dann ist meist kein Unterrichtsgespräch möglich, weil sich alle unterhalten oder herumschreien. Das ist auch in Einzelarbeitsphasen so, es wird nie ruhig, viele Kinder arbeiten gar nicht, stören, geben freche Antworten usw. Eine minimale Öffnung des Unterrichts hat zur Folge, dass alle über Tische und Bänke gehen, die Situation eskaliert dann völlig.


    Die bisherige Mathematiklehrerin und alle Fachlehrer (Sport, Musik) berichten das gleiche. Die Klasse ist inhaltlich sehr zurück, da kaum gearbeitet und ständig gestört wird und unglaublich viel Zeit dafür drauf geht, Ruhe herzustellen. Die Atmosphäre in der Klasse ist fürchterlich :( Davon abgesehen ist es so UNFASSBAR anstrengend.


    Dabei wird mir von der Klassenlehrkraft berichtet, dass viele Schüler sich durchaus besser verhalten können - sie wollen aber nicht. Das ist auch mein Eindruck. Es scheint sich in der Klasse eine ganz merkwürdige Dynamik entwickelt zu haben, die dazu geführt hat, dass bei sehr vielen Kindern gar keine Hemmschwelle mehr für störendes Verhalten vorhanden ist.


    Nun ist mein Problem nicht nur, dass es so unglaublich anstrengend ist, die Klasse zu unterrichten. Um die Situation zu verbessern, würde ich gerne einige Maßnahmen umsetzen.

    Einigen Kindern möchte ich gern ein Rückmeldeheftchen geben, in das ich nach jeder Stunde eintrage, wie das Verhalten in der Stunde war. Die Einträge sollen dann von den Eltern unterschrieben werden. Darauf basierend möchte ich gern ein Belohnungssystem einführen.


    Außerdem haben die Lehrkräfte der Parallelklassen angeboten, stundenweise Schüler aus der Klasse in ihren Klassen aufzunehmen, um den Rest der Klasse etwas zu entlasten und die Dynamik in der Klasse etwas aufzubrechen. Damit habe ich bisher gute Erfahrungen gemacht


    Ich würde also gerne einige Maßnahmen umsetzen, habe aber den Eindruck, dass die Klassenlehrkraft dem nicht so besonders aufgeschlossen gegenüber steht. Sie äußert sich sehr widersprüchlich zu der Klasse.

    Mal sagt sie, dass das Verhalten wirklich extrem schlimm ist, dann, dass es bei ihr im Unterricht eigentlich gut läuft, obwohl sie auch nur Einzelarbeit durchführen könne.


    Jetzt frage ich mich, inwiefern ich ohne die "Rückendeckung" der Klassenlehrkraft einige Maßnahmen soll/darf/kann? Ich möchte mich mit der Klassenlehrerin nicht überwerfen und mag sie auch gern. Einfach alles so weiterlaufen lassen ist aber definitiv auch keine Option. Den Zustand in der Klasse kann ich nervlich einfach nicht durchhalten :autsch:


    Was würdet ihr tun? Habt ihr Tipps? Wie kann ich weiter vorgehen?

    Etwas verzweifelte Grüße, Ruby

  • Mit der Klassenlehrkraft einen Termin ausmachen, richtig zusammensetzen (nicht nur zwischen Tür und Angel) und ganz klar kommunizieren.

    -> So definitiv nicht.

    -> Was ist sie bereit mitzutragen?

    -> Was darfst du, ohne, dass sie mitmacht?

    Und dann durchziehen.


    Schau, dass du dich nicht mit ihr überwirfst, aber mache auch deutlich, dass du dir das garantiert kein zweites Halbjahr gibst. So würde ich sagen.


    Edit: natürlich kann man die Klassenlehrperson auch fragen, wie es ihrgeht, was bei ihr immer geholfen hat usw. Es sollte nicht zu schroff klingen, aber eben deutlich.

  • Fühle total mit dir. Bin aktuell in einer ähnlichen Situation.


    Wichtig: Sprich mit der Klassenleitung. Nach Möglichkeit unbedingt die Sitzordnung ändern (keine Gruppentische), im Zweifel Tische so an die Wand, dass die Kinder mit dem Gesicht zur Wand sitzen. Möglichst viele Dinge einschränken, was Ablenkung oder Unterhaltungsmöglichkeiten angeht.

  • Bin da ganz bei TeachSmart. Ich habe heute den Klassenclown, der seine Sitznachbarn und die restliche Klasse ablenkt, nach einmaliger Ermahnung für den Rest des Tages an einen Einzeltisch direkt beim Pult gesetzt. Hat wunderbar geklappt.

    Habt ihr kein Belohnungssystem? Wir haben die "Wettertafel", das genau wie das "Ampel"-System funktioniert, bei dem die SuS bei gutem Verhalten hochwandern können (wenn sie oft auf "Sonne" waren, bekommen sie eine Belohnung) und bei schlechtem Verhalten runterwandern. Wenn sie am Ende des Tages auf "Blitz" stehen, müssen sie die rote Karte abschreiben und von den Eltern unterschreiben lassen. Das zieht ganz gut.

    Dass die Klasse nicht auf Ermahnungen reagiert, klingt danach, als würden sie keinerlei Konsequenzen fürchten. Vermutlich, weil bisher kaum ernsthafte Konsequenzen durchgesetzt wurden und sie dementsprechend gelernt haben, dass es eh egal ist, wie sie sich verhalten.

    Mein Tipp: Ein System wie die Wettertafel einführen, noch mal die Regeln besprechen und ganz konsequent die SuS runtersetzen, wenn es nicht so läuft wie abgesprochen. Sobald sie sich eine gewisse Zeit an die Regeln halten, kannst du sie ja auch wieder hochsetzen. Mach ihnen klar, dass sie die Wahl haben, ordentlich beim Unterricht mitzumachen oder alleine eine Strafaufgabe zu machen.
    Wenn sie immer noch nicht reagieren und schon innerhalb von 10 Minuten auf "Blitz" stehen, gibst du einfach sofort die rote Karte, ziehst die SuS aus dem Unterricht raus und machst mit den anderen Kindern Unterricht. Die rote Karte sollte so umfangreich sein, dass sie wirklich keine Lust haben, sie noch mal abschreiben zu müssen. Die Eltern sollten über so ein Verhalten natürlich auch informiert werden.

  • Das erinnert mich stark an meine letzte Schule, allerdings waren die SuS nicht 3, sondern 7. und 8. Klasse. Furchtbar!


    Zitat


    Einigen Kindern möchte ich gern ein Rückmeldeheftchen geben, in das ich nach jeder Stunde eintrage, wie das Verhalten in der Stunde war. Die Einträge sollen dann von den Eltern unterschrieben werden.


    Das würde ich unbedingt VORHER mit den Eltern absprechen. Dann den Kindern vor dem ersten Eintrag mitteilen, dass man das mit den Eltern besprochen hat. Das nimmt einiges an Gegenwind aus den Segeln - bei den Kindern wie auch bei den Eltern (...)

    Hast Du denn mit Eltern schon über das Verhalten ihrer Kinder gesprochen? Zumindest bezüglich der 3 - 4 größten Baustellen?


    Zitat


    Außerdem haben die Lehrkräfte der Parallelklassen angeboten, stundenweise Schüler aus der Klasse in ihren Klassen aufzunehmen


    Immerhin. Das ist schon ganz viel wert, und leider absolut nicht selbstverständlich. Ich erlebe häufig sogar das Gegenteil: "Ich hänge mich da als Klassenlehrer nicht mit rein, da musst Du alleine durch, sonst verlierst Du noch mehr an Ansehen in der Klasse." Dieses Einzelkämpfertum ist leider streckenweise (je nach Schulform? Region?) weit verbreitet. Dabei wäre eine Teamarbeit in solchen Situationen total wichtig und auch zielführend.


    Gibt es einen Trainingsraum o.ä., wodurch Schüler bei massiv störendem Verhalten aus dem Unterricht genommen werden können? Man kann kaum bei 25 oder mehr Schülern gleichzeitig an allen Baustellen arbeiten, da ist ja kaum möglich.

  • Catania: Ich habe bereits 3 Elternteile angerufen. Ca. 6 werde ich noch anrufen, da das Verhalten wirklich gar nicht geht! Ich rede wirklich auch nicht von gelegentlichem Reinrufen in den Unterricht, sondern permanentem Reden, Schreien, Geräusche machen usw. Manche Kinder spreche ich in einer Stunde bis zu 40 Mal (!) auf das gleiche Verhalten an.

    Selbstverständlich werde ich das Rückmeldeheftchen vorher mit den Eltern besprechen. Einen Trainingsraum gibt es nicht, nicht mal Gruppenräume. Doppelbesetzungen gibt es nur theoretisch in 2 Stunden in der Woche. Praktisch wird die aber immer für Vertretung abgezogen.

  • Wie viele Schüler sind es denn? Und wie viel Platz/freie Tische hast du? Bist du jeden Tag drin? Welche Stunden sind es? ist danach die Klassenlehrkraft nochmal drin? Ist danach eine Pause?

    Was hier fast immer zieht, v.a. bei den Kleinen: Bei soundso viel Strichen/Weingeischtern/... bist du in der Pause mit mir im Klassenzimmer und arbeitest nach (Achtung, nie mehr als 2 Schüler gleichzeitig, besser nur immer einer). Oder sitzt heute spontan nach (falls ihr nicht auf Schulbusse angewiesen seid). Oder sitzt am xy nach. Besser ist natürlich immer gleich. Geht auch: Zeit stoppen, in der es laut ist, dann die Zeit in der Pause nacharbeiten. Die, die nie stören, dürfen raus.

    Ansonsten: siehe karuna.

    Konsequenzen kann es auch durch die Klassenlehrkraft geben, sollte es sogar.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • laleona: Das Nacharbeiten in der Pause habe ich auch schon durchgezogen. Sehr viel hat es bei dem Schüler allerdings nicht bewirkt. In der nächsten Stunde hat er wieder gestört und leider hatte ich da nicht die Möglichkeit, ihn in der Pause arbeiten zu lassen. So grundsätzlich versuche ich aber, das Nacharbeiten weiter durchzuziehen.

    Ein Problem ist der Platz in der Klasse. Es sind 24 Schüler, von denen der Großteil eigentlich einen Einzelplatz bräuchte. Der Raum ist dafür aber leider zu klein.

  • Ärgerlich, wenn er weiter stört... aber bleib dran. So sehen die anderen Schüler, dass du konsequent bleibst.

    Ja, sprich mit der Klassenlehrkraft!

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Manche Kinder spreche ich in einer Stunde bis zu 40 Mal (!) auf das gleiche Verhalten an.

    Also jede Minute einmal, ohne Konsequenz. Dass das nicht funktionieren kann, ist dir nach Brennpunkterfahrung doch selbst klar. Ich bin fast geneigt zu sagen, vergiss den Klassenlehrer und mach dein Ding, da ist ja Hopfen und Malz verloren. Und schreibt viel, das beruhigt die Gemüter.

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