Schulleiter werden... Wer will das noch?

  • Hallo zusammen,


    immer wieder sprechen wir im Kollegium darüber, welche Vor- und Nachteile der "Aufstieg" zum Konrektor und Rektor bietet. Dabei hört man häufig Sätze wie "viel mehr Arbeit für nur wenig mehr Gehalt". So wirklich reißt sich keiner um die Stellen. An manchen Schulen hat man hier in Bayern offenbar auch Schwierigkeiten, jemanden zu finden, der diese Positionen einnehmen möchte.


    Ich selbst bin erst seit wenigen Jahren im Lehrerberuf, daher die Frage an euch: Habt ihr Ambitionen auf die Schulleiterlaufbahn? Warum (nicht)?

    Mein persönlicher Eindruck ist: Wenn 30 Mäuse an einem Stück Käse vorbeilaufen, bin ich nicht die 31. Maus, die reinbeißt. Da stimmt was nicht mit diesem Käse. :D

  • Hey,


    das hängt doch sehr von deinen Ambitionen ab - wenn du nicht mehr ganz soviel unterrichten magst und dich sehr im organisatorischen, Konflikt- und Teammanagement mit Hilfe der vorhandenen Ressourcen sowie in einer geschickten Steuerungsfunktion mit etwas Statusbewusstsein siehst, dann ist der Schritt garnicht so übel…


    Man sollte tunlichst vermeiden, einen finanziellen Aspekt in der aktiven Dienstzeit zu präferieren, denn der Unterschied A 13 zu A 14 ist nicht zwingend riesig, meist sind es je nach Stufe zwischen 130-180 Euro netto, zu A 15, was viele Koordinatoren oder stellvertretende Rektoren sind, dann so 400-450 Euro netto…die Arbeitszeit, die du dir dafür mehr auflastest und die Verantwortung müssen da das Gegengewicht in der Beurteilung bilden …hier im Forum schrieb mal jemand, man könne wohlmöglich gut bezahlt dann abends oder auf einen Sonntag in einer freien Firma entsprechend hinzuverdienen, bestimmt ist hier die investierte Zeit der Arbeit besser vergütet - aber wie gesagt, man sollte Leiter werden, weil man was verbessern will und auch Ideen und Konzepte hat - nur des Geldes wegen lohnt es nicht - oder anders ausgedrückt - es kann gut sein, dass jemand mit drei Kindern unter dir deutlich mehr hat, als du, aber weniger Verantwortung tragen muss, dazu wirst du auch noch viele Stunden unterrichten, während du gleichzeitig Rektor bist.


    In meinen Augen ist hier auch etwas das Statusbewusstsein bzw. das Streben hiernach gesunken oder man ist eben zufrieden mit dem, was man hat - kann man sich mehr kaufen / erfüllen/ oder die eigene Lebensqualität steigern von 3 oder 450 Euro mehr im Monat? Das muss man sich persönlich fragen und abwägen…


    Jeder muss seine Nische finden und dort gerne arbeiten - wenn es die Leitung ist, nur zu! Nur weil 30 Leute Nein sagen, bedeutet das nicht, dass es nicht genau das Richtige für dich sein kann…die Arbeit an sich musst du mögen und wollen!


    Ein weiterer Grund könnten auch Auswahlverfahren sein - da wird viel geprüft, hinterher Fortbildungen usw. , ggf klappt es nicht beim ersten Mal, viele Kandidaten sind auch vorab „ausgelesen“, was hier im Forum aber als „normal“ beurteilt wird, da die Schule sich ja ihre Kandidaten aussuchen sollte - da haben Externe schnell Nachteile - das sind immer zwei Seiten der Medaille …kann man so und so sehen …viele sagen dann auch, dass sie keine Ambitionen haben, sich fünf Jahre oder länger nebenbei ohne Vergütung anzudienen und Zusatzarbeit zu übernehmen, wenn nur vage klar ist, ob und welche Funktion überhaupt mal frei ist…

  • Am Gymnasium ist es für mich so...


    Ferienvertretung? Personalverantwortung? Der (zweit)letzte Depp?

    Der Netto-Unterschied zwischen A14 und A15Z (Stv. Schulleiter) beträgt 380€ ... also tue ich mir wirklich die Mehrarbeit und Verantwortung dafür an, dass ich nur 88€ mehr pro Woche verdiene? Niemals.

  • Ich bin Lehrer geworden, weil ich Kinder / Jugendliche unterrichten wollte. Das will ich noch immer. Jede Stunde, die ich mit Verwaltung verbringe und nicht mit Unterricht ist nicht mein Ding ... von daher: Schulleiter - nein, danke. Ich hab mich sogar auch nicht für andere Funktionsstellen beworben, die weniger Unterricht und mehr Verwaltung o.ä. bedeuten würden.

  • a) Ich bin kein Masochist
    b) Ich bin kein Psychopath
    Zwei gute Gründe gegen die Tätigkeit als Schulleiter

    a) Manche Schulen brauchen dringend ein Update. Da ist Gestaltungspotential
    b) Wenn man sich selbst nicht "opfert", wird es eventuell ein Psychopath
    Zwei gute Gründe für die Tätigkeit

    Gehalt? Geschenkt. Als Schmerzensgeld viel zu wenig.

    «Wissen – das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es teilt.» (Marie von Ebner-Eschenbach)
    Meine Beiträge können Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe mich 2013/2014 aktiv und bewusst gegen eine solche Tätigkeit entschieden. Theoretisch hätte ich mich jetzt im Zuge der Suche nach einer Anschlussverwendung nach Rückkehr aus der Behörde auf eine A15Z bewerben können. Habe ich nicht, wollte ich nicht. Die Corona-Pandemie und die Belastung der Schulleitungen im Zuge dessen hat mich in meiner Entscheidung bestätigt. Gleichwohl: Ich habe noch knapp 20 Dienstjahre vor mir - da wäre theoretisch noch genug Zeit, in die Schulleitungsebene zu wechseln. So ich denn eines Tages wollen sollte.

  • Mein persönlicher Eindruck ist: Wenn 30 Mäuse an einem Stück Käse vorbeilaufen, bin ich nicht die 31. Maus, die reinbeißt. Da stimmt was nicht mit diesem Käse. :D

    Schon, aber irgendwie juckt es dir doch in den Fingern, stimmt's?

  • Ist im Hinblick auf die Pensionsbezüge sicherlich nicht die schlechteste Entscheidung - ich würde mir nur so lange Zeit damit lassen wie möglich, und dann am Ende noch ein paar Jahre die Zähne zusammen beißen. :D


    Leider muss man so eine Laufbahn wohl im Normalfall frühzeitig einschlagen. Wobei...wenn's wirklich keiner machen will, wer weiß?

  • Nein, der Stundenlohn ist mir viel zu gering. Die paar Kröten mehr kann ich mir nebenher verdienen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe das mal anhand konkreter Zahlen für NRW durchgerechnet.

    Aktuell: A15 Stufe 10.

    Stundenlohn bei angenommenen 164 Stunden Arbeit pro Monat: 40,20€ brutto, bei SK III 32,55€ netto.


    Fiktiv: A16 Stufe 11 (also theoretisch bei mir in zwei Jahren):
    Stundenlohn bei angenommenen 164 Stunden Arbeit pro Monat: 44,98€ brutto, bei SK III 36,39€ netto.


    Ein/e Schulleiter/in bekommt also gegenüber einem Fachkoordinator sage und schreibe nicht einmal vier Euro (!) netto mehr heraus - und das auch nur, wenn er/sie die wöchentliche Arbeitszeit einhält. Also im Grunde ist Schulleitung eine noch stärkere "Berufung" oder die Verführung der Macht - ansonsten ist das im Schuldienst DIE Selbstausbeutung vor dem Herrn.

  • Also im Grunde ist Schulleitung eine noch stärkere "Berufung" oder die Verführung der Macht - ansonsten ist das im Schuldienst DIE Selbstausbeutung vor dem Herrn.

    Mich erinnert das doch sehr an die Worte des Glaukon an Sokrates, wie Platon sie in seiner "Politeia" formuliert:


    Zitat

    Also heraus damit, und falls es etwas plump ausfällt, so glaube, Sokrates, dass nicht ich rede, sondern die, die die Ungerechtigkeit mehr preisen als die Gerechtigkeit. Sie werden denn sagen, dass der so genannte Gerechte unter diesen Umständen gegeißelt, gefoltert, gebunden werden wird, dass ihm die Augen ausgebrannt werden, und dass er zuletzt nach allen Misshandlungen gekreuzigt werden und einsehen wird, dass nun gerecht nicht sein, sondern scheinen muss. Das Wort des Aischylos würde also viel richtiger auf den Ungerechten angewendet. Denn in Wahrheit werden sie sagen, dass der Ungerechte, sofern er etwas treibt, das mit der Wahrheit zusammenhängt, und nicht nach dem Scheine lebt, nicht ungerecht erscheine, sondern sein wolle.

    Daraus folgert, dass nach SL-Ämtern die streben, die ungerecht sein WOLLEN.


    Das halte ich persönlich für eine unzulässige Verallgemeinerung, wobei meine Erfahrungen allerdings meiner Hoffnung entgegen stehen.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)


  • Aber verhält sich das im Hinblick auf die Höhe der Pensionsleistungen in ähnlichem Verhältnis? Denn ich habe schon ein paar Mal mitbekommen, dass Personen gegen Ende ihrer Laufbahn solche Stellen angetreten haben, und ging deshalb bisher immer davon aus, dass dies im Hinblick auf ihre Altersversorgung Sinn mache - mag mich da aber irren bzw. war nur eine Vermutung meinerseits.


    Wobei in deinem Fall natürlich schon ein ziemlich hohes Niveau erreicht ist. Mit geht es eher um Fälle wie A13 zu A14/A15.

  • Zum Thema Psychopathen in Leitungsfunktionen:
    https://www.zeit.de/karriere/b…-psychologe-jens-hoffmann

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  • Genau! Und deshalb müssen Leute wie ich dahin, nur für mich selber ist der Zug abgefahren.

    (Ich war aber auch einer jener Schisser, die den entscheidenden Sprung ans Kreuz nie wagten.)

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Ich war Konrektorin und bin jetzt Rektorin einer Grundschule. Man kann beides nicht miteinander vergleichen.

    Als Konrektorin unterrichtet man noch ziemlich viel (an unserer Schule in Niedersachsen 23 Stunden, der Rektor hingegen nur 12). Als Konrektor ist man für die Pläne zuständig, das ist ein Saisongeschäft. Wenn das Halbjahr läuft, ist es ziemlich ruhig. Man muss nicht vorrangig Schulentwicklung betreiben oder die Schule nach außen vertreten oder Personal führen oder mit der Behörde kommunizieren oder die Schulöffentlichkeit informieren. Das fällt eher in den Rektorenbereich. Also eine ganz andere Arbeit.

    Der Aufstieg lohnt sich eigentlich nur, wenn man Bock hat, die Schule nach seinen Vorstellungen voranzubringen. Das Tolle an Schulleitung ist die Eigenverantwortlichkeit. Man kann nach seinen Vorstellungen gestalten, führen, leiten, organisieren, planen. Als Konrektorin geht das nicht, weil der Rektor entscheidet, wie es läuft. Das möchte ich nicht mehr missen, weshalb ich immer lieber Rektorin als Konrektorin sein möchte.

    Wenn man aber auf administrative Arbeiten wie Budgetverwaltung, Personalführung, Verhandlung mit Behörden, Schulträger und außerschulischen Partnern, Schriftverkehr usw. keine Lust hat, also im Grunde nicht so gern am Schreibtisch und Computer sitzt, sollte man die Finger vom Rektorenamt lassen. Mein beruflicher Alltag besteht zu 80% aus Verwaltung und zu 20% aus Unterricht. Beim Konrektorenamt ist das Verhältnis eher 40 % Verwaltung / 60 % Unterricht (ungefähr).


    Ich persönlich finde das Konrektorenamt unattraktiver. Meine Stellvertreterin hingegen sieht das genau anders herum.


    Klar sein muss aber jedem Konrektor, dass er von heute auf morgen Rektor sein kann und sein muss.

  • Ich arbeite sehr gerne als Abteilungsleiter nun schon 17 Jahre lang in der Schulleitung einer beruflichen Schule. "Normaler" Lehrer war ich nur knapp 5 Jahre lang.


    Was man nicht vergessen darf ist, dass zumindest die Schulleitung an meiner Schule am Wochenende kaum arbeitet und auch am Abend zu Hause sehr selten noch etwas zu tun ist. Die Trennung zwischen Arbeit und Freizeit fand ich als Lehrer mit vollem Deputat viel schwerer zu ziehen. Dafür bin ich von ca. 70 Lehrkräften vermutlich derjenige, der durchschnittlich die meisten Stunden pro Woche in der Schule verbringt.


    Was ich aber sehr genieße ist mein Büro, in dem ich auch alle Vor- und Nachbereitungen für den Unterricht erledige. Ich habe zu Hause keinerlei schulischen Unterlagen mehr und korrigiere alles an der Schule. Meine Ordner und Bücher sind in meinem Büro und es ist schon sehr komfortable, vom dort aus in den Unterricht zu gehen.Auch wenn ich mal etwas vergessen habe oder unerwartet brauche, kann ich es problemlos dort holen. Drei Jahre lang hatte ich von meinem Büro aus sogar einen direkten Zugang zum Klassenzimmer und konnte wie ein Pfarrer aus der Sakristei durch eine Tür vorne direkt vor die Klasse treten :victory: Habe ich aber selten genutzt....


    Klar ist die Position auch mit Stress und Konflikten verbunden und strengt manchmal so an, dass ich mich erschöpft und ausgelaugt fühle. Mit einer Lehrkraft ohne Leitungsstelle zu tauschen, könnte ich mir aber trotzdem nicht vorstellen.

  • Der Umfang des noch zu leistenden Unterrichts fällt ja auch je nach Schulform, Schulgröße und Bundesland sehr unterschiedlich aus.


    Bei uns, Stadtteilschule in Hamburg (in etwa vergleichbar mit Gesamtschule mit Oberstufe G9 anderswo), 1 Standort, rund 1100 SuS von Jg. 5 bis 13:


    SL unterrichtet noch 4 Std.

    Stv. 6 Std.

    alle 4 AL auch nur je 8 Std.


    Schulentwicklung und die ganze inhaltlich-konzeptionelle Arbeit empfinde ich auch als das eigentlich Interessante. Und das machen vor allem SL und die Didaktische Leitung, die in HH gleichberechtigte Abteilungsleitung A15 ist. Die anderen AL verantworten jeweils eine Stufe und haben schon einen deutlich höheren Anteil an Tagesgeschäft bis hin zu so Unerquicklichem wie Ordnungsmaßnahmenkonferenzen, haben aber auch ihre jeweiligen inhaltlichen Arbeitsfelder. Der Stv. ist fast nur mit Orga und Administrativem beschäftigt und kommt kaum zu inhaltlicher Arbeit.

  • Bestätigung zu Krabat: Klare Trennung als DL zwischen Arbeit und Freizeit möglich. Die Arbeit findet nunmehr fast ausschließlich in der Schule statt. Ausnahmen höchstens mal besondere Korrekturen. Ist aber selten. Ich bin als DL zwar länger in der Schule, etwa täglich von vor 8 Uhr bis halb fünf. Aber dafür lasse ich dann auch alles hinter mir, wenn ich vor das Schultor trete.


    Und als Didaktische Leitung habe ich eh den Premiumjob im Leitungsteam (mein rein subjektives Empfinden). Viel Inhaltliches, viel Konzeptionelles, aber ohne die Gesamtverantwortung, ohne die Abendtermine, ohne die Behördentermine der SL. Kurzum, ich möchte mit niemandem tauschen.


    Zwar bedaure ich, weniger zu unterrichten als früher, denn das bereitet mir nach wie vor sehr große Freude. Aber dafür mache ich ja das ganze andere Spannende und steuere die Schule mit in gute Fahrwasser. Ideale Mischung. Und mit A15 sehr gut bezahlt.

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