Boni für gute Lehrer - eine gute Lösung?

  • In Bayern gibt es regelmäßig unangekündigte Unterrichtsbesuche durch den Schulleiter. Jeweils im vier-Jahres-Turnus kommt muss er bei jeder Lehrkraft dreimal in den Unterricht kommen, dabei (am Gym) Unter-, Mittel- und Oberstufe besuchen und beide Fächer berücksichtigen. Am Ende der vier Jahre bekommt jede Lehrkraft eine benotete Regelbeurteilung (die natürlich nicht nur den Unterricht berücksichtigt, sondern die gesamte dienstliche Leistung) und der nächste Beurteilungszeitraum von vier Jahren geht los.

    Dafür gibt es in der Regel keine Anlassbeurteilung, wenn jemand sich bewirbt, da wird einfach die aktuelle Regelbeurteilung herangezogen. Und dadurch haben wir nach wie vor die Regelbeförderung auf A14.


    Also, rein logistisch ist das schon machbar. Ob es zu einer validen, aussagekräftigen Beurteilung der Arbeitsleistung führt, wage ich aus meinen bisherigen Erfahrungen im Prozess zu bezweifeln.

    Ich habe das einmal am Ende meiner Probezeit erlebt und 3 Wochen nicht geschlafen (in den 3 Wochen kam der SL zweimal in jedem Fach einmal und zwei Fachleiter (A15) von anderen Schulen pro Fach je einmal, insgesamt also 4 Besuche in 3 Wochen. Problem war dann, dass 3 der 4 Besuche in Übungsstunden stattfanden, die Stunde davor oder danach wäre phantastisch gewesen, einer von außen fing auch gleich an, dass war eine Übungsstunde (ja in Mathe gibt es die abundzu auch), zum Glück hatte ich wenigstens ein kleines neues Thema eingeführt. Gut, es hat trotzdem für eine gute Note gereicht.


    Zur Anlassbeurteilung A14 (es gibt in BW keine Regelbeförderung mehr) war das zum Glück abgeschafft. Ich durfte meine SL also zu einer Stunde einladen, ich war die einzige in dem Jahr, die es überhaupt versucht hat (es ist freiwillig, die meisten verzichten darauf). Dann muss es aber eine besondere Stunde sein, in der ich alles mögliche zeigen konnte und musste, zu der ich einen mehrseitigen Kommentar vorher abgeben musste (nach so vielen Jahren nach dem Referendariat auch ungewohnt). Aber ich konnte die restliche Zeit in Ruhe schlafen und war nicht ganz so aufgedreht. Alle 4 Jahre wäre für mich tatsächlich Horror.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Warum gibt es Lehrkräftemangel? (in den nächsten 10 - 15 Jahren wird erwartet, dass 45000 Stellen nicht besetzt werden können!)

    Weil der Job nach einer Weile immer noch so attraktiv, dass alle dorthin stürmen?

    Warum wird alles mögliche und unmögliche Lehrer?

    Weil die Besten der Besten eigentlich in den Schuldienst gehören, um der nachfolgenden Generation das Beste vom Besten angedeihen zu lassen.

    In hochmodernen Gebäuden mit immer möglichst aktuellen individuell zugeschnittenem Unterrichtsmaterial.


    Wieso sollte man sich als Bestdotierter aus der Hochschule kommend sich für die Schule entscheiden? Idealerweise, siehe oben.


    Wenn man sich aber die Arbeitsbedinungen anschaut, kann einem die Motivation sehr schnell vergehen.

    In Hessen gab es von der GEW eine Challenge "marode Schulbauten". Gebäude mit Tafeln aus den 60ern (Kreide), in die es hineinregnet, weil das Dach mangels Mitteln seit Jahren undicht ist, kann man im Sommer als Sauna nehmen, weil sie schlechter isoliert sind als jedes Wohnhaus.

    Die Landesvorsitzende der Hessen-GEW wurde in der heute-show auf die Schippe genommen, weil sie zu Coronabeginn forderte, dass die Schüler sich ihre Hände mit Seife waschen sollen.

    Wir haben Klassengrößen, da wundert es einen, dass man so schnell so viele Namen lernen kann. Von individieller Förderung reden ist angesicht der Klassengrößen und Unterrichtsstunden gar keine Rede mehr, wird aber gefordert.


    Boni für Lehrkräfte würde ich anders nennen: wöchentliche Motivationszahlung damit man unter den Bedingungen bereit ist, zu arbeiten.


    Erst alle Arbeitbedingungen auf den neuesten Stand bringen. Die sonstigen Dienstpflichten auslagern und die Experten ihren Job machen lassen. Es redet ja mittlerweile einem jeder rein, weil alle mindesten 9 - 13 Jahre Schule hinter sich haben und darum genau wissen, wie es läuft.


    Ohne die o.g. Verbesserung werden die Länder mit Sicherheit den Lehrkräftmangel nur mit noch mehr Ungelernten stopfen und sich danach vor die Kamera stellen und sich selbst loben.


    Was, außer der Verbeamtung reizt denn dann wirklich am Job?


    Nicht falsch verstehen, ich bin seit bald 20 Jahren Lehrer und mir gefällt das Kerngeschäft (Unterricht) immer noch! Ich bin mit Herzblut Lehrer! (Auch wenn man es lesen kann 8))

  • Dann "gewinnt" vermutlich der Lehrer, der die besseren Noten verteilt.

    Da traue ich der Jugend definitiv mehr zu. Und den Kolleg*innen auch


    "Was machst du, wenn dieser Lehrer dann 60 SuS unterrichten muss, weil die Schüler es so wollen und du ein anderen Lehrer hast, der nur ein(e) Schüler*in unterrichtet?"


    Naja, wie wahrscheinlich ist das? Es gibt ja nicht nur Extreme. Außerdem belegt man viele Fächer, natürlich kann man nicht sagen, "ich mache dieses Jahr nur Sport bei unserem Lehrer Dr. Specht" oder so.


    Ich könnte mir auch vorstellen, diese starken Konflikte, die es manchmal zwischen Lehrkräften und Eltern gibt, würden sich entspannen, wenn sich Eltern nicht so 'ausgeliefert' fühlen würden.

    • Offizieller Beitrag

    Boni nach Leistung kann nur ein Besoldungssparmodell sein, weil man theoretisch zumindest in Kauf nehmen müsste, dass überdurchschnittlich viele Lehrkräfte sich ins Zeug legen bzw. ihre Leistung angesichts der Aufgabenvielfalt ohnehin "gut" ist. Dann müsste man mehr Geld ausgeben als womöglich geplant. Und spätestens dann würden diese Boni an absurde Bedingungen geknüpft werden und darüber hinaus gedeckelt werden.

    In Berlin gibt (gab?) es ja schon diese dienstlichen Beurteilungen mit den Endnoten A, B, C, D und E.

    Angeblich sollte das mal auf sowas hinauslaufen.

    Umsetzung:

    A gab es nicht, dann wäre man besser als die Schulaufsicht.

    E gab es nicht, dann wäre man ungeeignet.

    B gibt es nur, wenn man Multiplikatorin ist und bezirksweite Fortbildungen hält oder so.

    Der Durchschnitt einer Schule hat C zu sein.

    Mein Chef versuchte mich auf C- zu bewerten mit "Sie müssen sich auch noch verbessern können." Er musste dann Gründe finden. Zum Beispiel hatten die Kinder am Anfang des Schultages ihre Mitteilungshefte auf meinem Schreibtisch abgelegt. Ein voller Schreibtisch entsprach dann in einem Teilbereich dem "D".

    Während unserer Teamsitzungen haben meist 2 Kolleginnen gemeinsam ausgerechnet, wie lange sie es noch bis zur Rente haben. Unsere Teamleiterin hat einfach die Sitzung geführt und das ignoriert. Jede Woche. Ich habe einmal gesagt, dass ich leider nicht 2 Gesprächen gleichzeitig zuhören kann. Daraufhin hat sich eine Kollegin beim Chef beschwert. Das fand 2 Jahre vor der Beurteilung statt und war dann in der Teamfähigkeit für mich das "D-".

    Ferner hatte ich in Mathematik keine Hörbeispiele eingesetzt, was Grundlage dafür war, dass die Sechstklässler in Englisch so schlecht im Hörverstehen waren, auch deshalb gab es irgendwo "D".

    Ich habe sehr genau nachgefragt, wie es zu diesen Bewertungen kommt und meinem Chef meinen Job als Klassenleiterin und meine Fächer erklärt. Er hat dann die Gesamtbewertung auf "C" geändert. Ich war damals wirklich noch viel engagierter und perfektionistischer als heute.


    Wisst ihr, was das zur Folge hatte?

    Ich bin mir erstmal ein hübsches Kleidungsstück kaufen gegangen. Danach habe ich die Beine hochgelegt, Fernsehen geguckt und den nächsten Unterricht als Schwellendidaktik durchgeführt. Ich habe mir damals vorgenommen, meine Leistungen der Bewertung anzugleichen. (Ich war nicht die einzige.)

    Es ist mir nie ganz gelungen, aber letztlich würde eine derartige Bewertungskultur zur Folge haben, dass weniger Lehrkräfte engagiert arbeiten. Kann und will sich die Politik das leisten, ist die Frage.

  • ..., aber letztlich würde eine derartige Bewertungskultur zur Folge haben, dass weniger Lehrkräfte engagiert arbeiten. Kann und will sich die Politik das leisten, ist die Frage.

    Ich habe meine erste Beurteilung nach ungefähr 12 Dienstjahren bekommen. Jahre, in denen ich sehr engagiert und motiviert versucht habe, kleine Projekte in die Schule zu holen, kostenlos für dies und das zu sorgen und in fachfremdem Unterricht Bemerkenswertes auf die Beine zu stellen.


    Hier ist es ein Punktesystem und dasselbe in grün. Also alle Punkte kriegt man nur, wenn der Schulleiter einen zum Nachfolger machen will. Keinen Punkt bekommt man nicht, denn dann wäre man ungeeignet und das hätte ja wohl dem Schulleiter auffallen müssen, sieht ja so aus als mache der nix, um seinem Schützling zu helfen, besser zu werden. Bleibt der mittlere Bereich für alle. Zusatzaufgaben werden nicht berücksichtigt, ist doch normal, muss ja irgendwer machen.


    Und auch mir ist die Lust vergangen, mehr Einsatz zu zeigen als nötig. Kann doch der machen, der Schulleiter werden und die volle Punktzahl haben will.


    Ich denke übrigens, dass Noten auf Kinder einen ähnlichen Effekt haben.

  • Da traue ich der Jugend definitiv mehr zu. Und den Kolleg*innen auch


    "Was machst du, wenn dieser Lehrer dann 60 SuS unterrichten muss, weil die Schüler es so wollen und du ein anderen Lehrer hast, der nur ein(e) Schüler*in unterrichtet?"


    Naja, wie wahrscheinlich ist das? Es gibt ja nicht nur Extreme. Außerdem belegt man viele Fächer, natürlich kann man nicht sagen, "ich mache dieses Jahr nur Sport bei unserem Lehrer Dr. Specht" oder so.

    Wenn ich an meine Unizeit denke. Dort waren die Hörsääle bei Prof X, der bekanntermaßen leichter bewertet übervoll, während der parallel unterrichtende dozent (selbes Modul) da keine 20 Studenten drinnen sitzen hatte (keine Über/untertreibung!).


    Von daher denke ich dass es garnicht so unwarscheinlich ist, dass dieses Bild sich auch mit der Zeit in Schulen abzeichnen würde.

  • Ich war 2019 einmal auf einem Workshop am Niederrhein. Dort präsentierte eine chinesische Firma ihren Klassenraum, eingesetzt wird der in Shanghai. Es sind Drucksensoren auf den Stühlen der Schüler installiert, zwei Kameras bewachen jeden Schüler. Die SL-Note ergibt sich auf Aufmerksamkeitsrate der Augen, Wippen auf dem Stuhl, Anzahl der Handzeichen. Es wird ein Mittel der SL-Noten per künstlicher Intelligenz gebildet und wenn es hier einen Aufbau der Leistung gibt, gibt es für den Lehrer Bonus, sonst Grundgehalt. Ist bei uns aber völlig utopisch

    Ich bin ja selten der "Feuer und Schwefel"-Typ als Datenschutzbeauftragter... Aber da wäre es dann soweit.

  • Die Jugendverbände eigentlich aller Parteien wimmeln von radikalem Gedankengut - da wird häufig einfach mal vorgeprescht. Ich gebe deshalb generell nicht viel darauf, was irgendein Jugendverband fordert - das hat mit der Realität (auch der politischen der Mutterpartei) idR nicht besonders viel gemein.


    Wie hier schon erwähnt wurde, sehe ich auch nicht, nach welchen Kriterien das ablaufen sollte. Aber vielleicht fällt H. Meyer ja was ein (also inklusive Messinstrument).

Werbung