Konfliktbehaftete Lehrer-Schüler-Beziehung

  • Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen,


    zwischen mir und dem Schüler S kommt es häufig zu Konfliktsituationen, die meinen Arbeitsalltag exrem erschweren und auch mein Privatleben belasten. Mich würde interessieren, ob ihr ähnliche Situationen kennt und mir ein paar Tipps geben könnt, wie ich die Situation diplomatisch lösen kann.


    Was genau ist eigentlich los? Ich unterrichte aufgrund des hohen Krankenstandes an unserer Schule zwei Berufsschulklassen parallel in einem Lernfeld, das für mich selbst neu ist und in dem ich mich zugegebenermaßen nicht besonders kompetent fühle. Dabei unterlaufen mir regelmäßig Fehler. Ich begehe z. B. Datenschutzverletzungen, weil ich beim Wechsel von einer in die andere Klasse Klassenlisten liegen lasse, und formuliere in der Eile Aufgabenstellungen auch mal so, dass sie missverständlich wirken. Vor diesem Hintegrund versuche ich stets so zu bewerten, dass meine Fehler den SchülerInnen nicht zum Nachteil werden.


    Das Problem ist nun, dass S jeden Fehltritt protokoliert und der Schulleitung meldet. Die Schulleitung tut das, was sie tun muss, sie sucht das Gespräch mit mir. Bisher konnte ich diese Gespräche diplomatisch schlichten, überweigend deshalb, weil ich mich für meine Fehler entschuldigt habe, bei S und bei der Schulleitung.


    Nun nimmt die Sache überhand. Jede Aufgabenstellung wird von S hinterfragt und angezweifelt. Dabei geht es nicht mehr um die Sache, sondern nur noch darum, wer Recht hat. Es wird für mich immer schwerer, Inhalte didaktisch zu reduzieren, weil S in der didaktischen Reduktion nach fachlichen Fehlern sucht, die man sicherlich immer finden kann, wenn hochkomplexe Themen auf das Niveau von Berufsschülern runtergebrochen werden sollen. Ich habe das Gefühl, dass S ein Problem damit hat, dass ich jünger bin als er selbst. Ich möchte aber solche Äußerungen S gegenüber dringend vermeiden, da sie mir selbst unsachlich vorkommen und eventuell den Konflikt noch mehr schüren.


    Leider beobachte ich aber, dass meine Objektivität und Toleranz an ihre Grenzen geraten. Habt ihr Tipps für mich?

  • Würde ich mal genau so rückmelden: "S, ich habe das Gefühl, Sie haben ein Problem damit, dass ich jünger bin als Sie, kann das sein?"

  • Stalker? Vorsicht!

    Wir machen alle Fehler, reflektieren diese, wenn sie uns bewusst werden, korregieren sie und entwickeln Vermeidungsstrategien, werden aber selber nie perfekt.

    Ist da nun jemand, der aus welchem Grund mich diesbezüglich nicht aus den Augen lässt, wüsste ich mir kaum anders zu helfen, als proaktiv und offen das Gespräch mit der SL zu suchen mit dem Ziel eines Lerngruppenwechsels.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

    • Offizieller Beitrag

    Ich würde hier eine klare Grenze ziehen und dem Schüler sagen, dass Du Dir hier Rollenklarheit wünschst. Er hat seine Rolle und seine Aufgaben, Du hast Deine Rolle und Deine Aufgaben. Selbst wenn Lehrkräfte Fehler machen, gibt das SchülerInnen nicht das Recht, sich über diese zu erheben und sich daraus einen Sport zu machen, alle Fehler zu protokollieren oder diese gar vor Publikum öffentlichkeitswirksam zu diskutieren.

    Das ist eine Grenzverletzung des Schülers. Ich würde hier erst einmal das direkte Einzelgespräch suchen - sofern sich das Verhalten nicht ändert, muss die Schulleitung ins Boot.

  • Ich würde hier erst einmal das direkte Einzelgespräch suchen


    Könnte unter meiner Prämisse aber genau das Ziel des Studierenden sein. Das wäre dann auch nicht unproblematisch.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Mal eine andere Perspektive:

    Ein Schüler, der fachlich und inhaltlich dermaßen fit ist, dass er selbst die Lehrkraft regelmäßig fachlich verbessern kann (auch wenn es dieser an inhaltlicher Kompetenz "gefühlt fehlt" - wie du es geäußert hast)?!


    So etwas habe ich noch nie beobachtet. Weder in meiner eigenen Schulzeit, noch auf den Schulen an denen ich gearbeitet habe.

    Kleiner Wehrmutstropfen: Ich habe in der SEK 1 aber auch eine etwas andere Perspektive. Mag sein, dass Berufsschüler da etwas anders sind.


    Nun nimmt die Sache überhand. Jede Aufgabenstellung wird von S hinterfragt und angezweifelt.

    Das würde ich mir auch nicht länger bieten lassen. Das kostet im Alltag zu viel Energie und Nerven. Außerdem leidet dann auch deine Autorität und Glaubwürdigkeit bei den anderen Lernenden. Wie es einige Vorredner schon sagten:

    1. Gespräch zwischen dir und dem Schüler (ggf. mit neutraler Person zusätzlich)

    2. Sollte das Gespräch nicht fruchten -> (Androhung) Erziehungsmaßnahmen

    3. SL mit ins Boot

  • Es gibt so rechthaberische Typen (achso Schüler), wenn die dann auch noch älter sind, als man selbst.... das ist eine bescheidene Situation, auch bei dem Schülergespräch würde ich mich unwohl fühlen.

    Kannst du dem Schulleiter nicht sagen, dass du gerne bei dem hohen Krankenstand aushilfst, aber lieber in einem anderen Fach/bei anderen Lerngruppen?

  • Ich würde mich auch nicht dazu “zwingen” lassen mich bei dem Schüler für eventuell Fehler zu entschuldigen. Bei der SL? Ggf aber sicher nicht beim einem Schüler der so eine Hexenjagd verursacht und immer wieder zu Cheffe rennt.

    Wie du schon sagst: du springst ein. Das würde ich der Schulleitung auch so sagen. ggf gibt’s ja einen Fachkollegen der mit dir mal einen Unterrichtsentwurf durchsprechen kann. Wenn besagter Schüler dann wieder Fehler finden will, kannst du ihm ruhig sagen, dass das alles so seine Richtigkeit hat und sobald er in dem nach nur noch Bestnoten erzielen würde und zu jeder Frage die perfekte Lehrbuchantwort parat hat, dann darf er gerne nochmal nach dem Unterricht was sagen. Wenn nicht, dann hat seine Kritik erstmal Sendepause (klar Kritik von Schülern ist, wenn gerechtfertigt und ordentlich vorgetragen, nicht zu verbieten. In dem konkreten Fall würde ich aber so vorgehen).


    Mein nächster Vorschlag wäre wohl zu unpädagogisch


    Seht mir bitte die direkten Worte nach, ich sitze gerade im Wartezimmer von meinem Zahnarzt :|

    Holy Moses met the Pharaoh

    Yeah, he tried to set him straight

    Looked him in the eye,

    "Let my people go!"

    Holy Moses on the mountain

    High above the golden calf

    Went to get the Ten Commandments

    Yeah, he's just gonna break 'em in half!

  • Dein Wort in Gottes Ohr!


    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Also raus damit! :)

    Hätte sonst einfach vorgeschlagen ein schweres Thema rauszusuchen (am besten mit Hilfe eines Fachkollegen) und den Schüler dies als Referat halten zu lassen. Und dann aber gaaaaanz genau auf jeden kleinen Fehler zu achten und das schön vor der Klasse breitzutreten.


    …. Aber das sollte man natürlich als Lehrkraft nicht machen, wenn man nicht danach bei Cheffe antanzen will.

    (Also es ist wahrscheinlich klar dass dieser Vorschlag NICHT ernst gemeint ist 😂😂😂)


    Dein Wort in Gottes Ohr!


    Ziehen musste er zum Glück nichts :engel: Aber dennoch ist mein Kiefer schön betäubt :autsch:

    Holy Moses met the Pharaoh

    Yeah, he tried to set him straight

    Looked him in the eye,

    "Let my people go!"

    Holy Moses on the mountain

    High above the golden calf

    Went to get the Ten Commandments

    Yeah, he's just gonna break 'em in half!

  • Für mich liest sich das irgendwie nach stressbedingter Überlastung. Dass ein Schüler die Lehrperson inhaltlich (!) ständig verbessern kann, das gibt es nicht, da schliesse ich mich Marhei81 an. Das würde bedeuten, dass die Lehrperson für die zu unterrichtenden Inhalte nicht ausgebildet ist und die Unterrichtslektionen auch nicht vorbereitet. Wenn ich es richtig verstehe, geht es hier aber eher um formelle Fehler. Ich finde, da müsste die SL eigentlich der Fürsorgepflicht nachkommen und das Arbeitspensum der Lehrperson reduzieren sofern dieses deutlich höher ist als vertraglich vereinbart. Bezüglich der rechtlichen Bedingungen hierfür kann ich natürlich nichts schreiben.


    Hätte sonst einfach vorgeschlagen ein schweres Thema rauszusuchen (am besten mit Hilfe eines Fachkollegen) und den Schüler dies als Referat halten zu lassen. Und dann aber gaaaaanz genau auf jeden kleinen Fehler zu achten und das schön vor der Klasse breitzutreten.

    Davon würde ich im geschilderten Fall ganz dringend abraten (selbst wenn es nicht ernst gemeint ist), mich beschleicht das Gefühl, dass das grausam nach hinten losgehen würde. Sowas kann man allenfalls abziehen, falls man selbst zu einem Thema absolutes Expertenwissen hat.

  • Davon würde ich im geschilderten Fall ganz dringend abraten (selbst wenn es nicht ernst gemeint ist), mich beschleicht das Gefühl, dass das grausam nach hinten losgehen würde. Sowas kann man allenfalls abziehen, falls man selbst zu einem Thema absolutes Expertenwissen hat.

    Da stimme ich dir zu. Deshalb direkt der disclaimer dass man das nicht machen sollte. Nachher legt der Schüler das noch als Mobbing oder Gott weiß was aus….

    Fachfremd ist das auch immer so eine Sache… mein Kollege hat das aber mal mit einem Schüler veranstaltet, der sich ähnlich aufgespielt hat. Der Schüler sollte damals in der 9. Klasse ein mathematisch und physikalisch exaktes Referat über die Schrödingergleichung halten. Hat natürlich nicht geklappt. Der Plan meines Kollegen ist aufgegangen und der Schüler hat sich danach zurückgenommen und sich auch für sein Verhalten entschuldigt.


    Aber wie erwähnt: nicht zum Nachahmen geeignet

    Holy Moses met the Pharaoh

    Yeah, he tried to set him straight

    Looked him in the eye,

    "Let my people go!"

    Holy Moses on the mountain

    High above the golden calf

    Went to get the Ten Commandments

    Yeah, he's just gonna break 'em in half!

  • Ich würde dem Schüler bei nächster Gelegenheit mitteilen, dass er offenbar für deine Aufgaben besser qualifiziert ist, und ihn auffordern, den Unterricht auf der Stelle für dich zu übernehmen.

    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

  • Ich bin zwar an der Grundschule und der Berufsschule ziemlich fern, aber ich versuche es mal trotzdem in Ergänzung zu den anderen Vorschlägen (Gespräch mit Schüler, Schulleitung), vielleicht kannst du etwas damit anfangen:


    Für mich wäre die große Überschrift in meinem Verhalten: Wie strahle ich Souveranität bzw. Sicherheit aus? Was muss ich dafür tun? Was sollte ich vermeiden? Die Ausstrahlung von Sicherheit hilft überall - sowohl vor Schülern, vor Vorgesetzten und vor Eltern.
    Ich würde versuchen, so weit es zeitlich geht, gut vorbereitet zu sein. Da stahlt man schon mehr Sicherheit aus, da die Stoffunsicherheit wegfällt. Man kann sich fachwissenschaftlich in Themengebiete reinlesen.

    Also, dass man mal eine Klassenliste liegen lässt, kann jedem passieren. Das mit dem Datenschutz kommt mir eher vor, wie der Schüler etwas suchen würde.

    Man sollte sich genau überlegen, für was und wie man sich bei Schülern "entschuldigt", denn zu viel kann auch als Zeichen der Schwäche ausgelegt werden. Ich sage auch einmal: "Ihr habt recht, habe ich übersehen." (was auch wirklich stimmt...)

    Hat der Schüler fachlich wirklich recht oder kann man das anders sehen? Man kann da ja auch etwas schwammig nichtssagend auf so etwas reagieren und dann nochmals nachlesen, wenn man im Moment verunsichert ist. Oder man sagt: "Ja, könnte sein/stimmt, aber so ausführlich wollte ich das jetzt nicht besprechen." Überlege dir vorher einfach Antworten oder hinterher für die nächsten Situationen (denn aus jeder Situation lernt man), wie du möglichst souverän aus der Nummer rausgekommen wärst.


    Kannst du mit Kollegen sprechen, die ebenfalls mit diesem Schüler zu tun haben? Vielleicht haben die Tipps.

Werbung