Nachteilsausgleich bei ADHS

  • Gibt es hier KollegInnen, die an ihrer Schule einem Schüler aufgrund einer schweren diagnostizierten ADHS einen Nachteilsausgleich gewährt haben? Ich weiß, dass das möglich ist, aber an meiner Schule kennt sich niemand damit aus, wie der Nachteilsausgleich konkret aussehen könnte. Was hilft bei einer ADHS? Der Junge ist durchschnittlich intelligent und grundsätzlich auf unserer Schulform richtig aufgehoben. Er ist in der 9. Klasse, die Schule ist in NRW.

    Würde mich sehr über einen Austausch freuen.

  • Es gibt da auch kein "Schema F", da der Nachteilsausgleich immer individuell auf die jeweilige Situation bzw. zielgenau auf den entsprechenden Schüler zugeschnitten werden muss. Hierfür ist es ersteinmal wichtig, zu erheben, worin sich genau die Nachteile ausdrücken.

  • Ich weiß dass es kein ,,Schema F” gibt, deswegen bin ich sehr daran interessiert, wie andere Schulen den gewährten Nachteilsausgleich so ausgestaltet haben. Dass ich den nicht einfach für meinen Schüler übernehmen kann ist mir klar, ich würde nur einfach gern ein paar Anregungen hören, was so möglich ist. Bei uns kennt sich niemand mit ADHS aus und der Schüler wurde jetzt erstmal damit ,,abgespeist”, dass er eine Woche vor den Klassenarbeiten einen Lernzettel bekommt. Ich habe ein bisschen Sorge, dass er die Unterstützung, die ihm helfen könnte und die ihm auch zusteht, nicht bekommt, weil sich bei uns keiner richtig mit ADHS auskennt.


    Ich hab den Schüler nur in einem Fach und kenne ihn nicht so genau, würde aber sagen, dass er typische Symptome hat. Unkonzentriert, Schwierigkeiten beim Lernen, kann sich nicht organisieren und ist in sozialen Situationen oft grenzüberschreitend und eckt damit an.


    Die Mutter kümmert sich sehr gut und war mit ihm schon beim SPZ. Können die da vielleicht besser beraten als die Schule?

  • 9. Klasse. Hoffentlich ist die Mutter nicht jetzt erst ins SPZ gegangen. Sonst hat er schon einen langen Leidensweg hinter sich. Helfen kann auch eine ambulante Therapie beim Kinder- und Jugendpsychologen. Nachteilsausgleich in der GS kenne ich dahingehend, dass die Klassenarbeiten z.B. im Nebenraum(falls vorhanden) oder auf dem ruhigen Gang geschrieben werden dürfen und dass evtl. mehr Zeit dafür gegeben wird. Nachteilsausgleich darf man nur gewähren, wenn der Schule eine schriftliche Diagnose vorliegt.

    • Offizieller Beitrag

    Weder die APO SI noch die APO-GOSt sehen eine NTA bei ADHS vor. ADHS als Diagnose alleine begründet keinen NTA - bei Komorbiditäten mag das anders sein.

    Sofern im Wesentlichen eine Konzentrationsstörung vorliegt, ist diese aus dem Grund nicht NTA-fähig, weil sie integraler Bestandteil der Prüfungsleistung ist. Damit wäre ein Prüfling in seiner Leistungsfähigkeit, nicht aber in der Darbringung selbiger beeinträchtigt. Für Letzteres kann man einen NTA bekommen, für Ersteres nicht.

  • Nachteilsausgleich darf man nur gewähren, wenn der Schule eine schriftliche Diagnose vorliegt.

    Das gilt in BW, wenn Du Dich auf das Bundesland beziehst, das in Deinem Profil angegeben ist, explizit nicht.

    Mit bindender Wirkung für die Fachlehrer obliegt die Entscheidung der Klassen- oder Jahrgangsstufenkonferenz, soweit deren Mitglieder den Schüler unterrichten, unter Vorsitz des Schulleiters, ggf. unter Hinzuziehung eines Beratungs- oder Sonderschullehrers, schulischer Ansprechpartner, LRS-Fachberater oder in Ausnahmefällen der örtlich zuständigen schulpsychologischen Beratungsstelle; die Klassen- oder Jahrgangsstufenkonferenz kann außerschulische Stellungnahmen oder Gutachten in ihre Entscheidungsfindung einbeziehen.

    Kann nicht muss und nichtmal soll.

    Da der konkrete Fall aber in NRW spielt, ist das hier nebensächlich.

    Ob Nachteilsausgleiche bei ADHS die Leistungsanforderungen absenken oder nur den Weg zur Erbringung ebendieser ebnen - das ist wohl sehr individuell.
    Wir haben als Nachteilsausgleich mal einen ADHSler einfach zu einer anderen Uhrzeit seine Leistungsfeststellungen erbringen lassen, die ihm im Tagesablauf besser ins "Krankheitsbild" (ist das Wort hier richtig?) passt. Das hilft der Person, senkt aber nicht die Leistungsanforderung.

    • Offizieller Beitrag

    In Ergänzung zu Flupp:

    Für den Fall dass die Lehrkräfte vor Ort zu einer anderen Einschätzung als im ärztlichen Gutachten aufgeführt kommen, ist es sogar möglich, diese Einschätzung bei der Gewährung oder Nicht-Gewährung eines NTA vorzuziehen.

  • ...der Schüler wurde jetzt erstmal damit ,,abgespeist”, dass er eine Woche vor den Klassenarbeiten einen Lernzettel bekommt.

    Was ist das?


    Zu NTA allgemein: dazu gibt es Vorgaben in deinem Bundesland und normalerweise auch eine Broschüre mit Hinweisen und Vorschlägen.


    Du könntest dich z.B. hiermit auseinandersetzen. Dort sind konkrete Übungen für Jugendliche drin, um mit den Problemen besser fertig zu werden:


    https://books.google.de/books/…k_description&redir_esc=y


    Eigentlich fängt man in dem Alter nicht mehr groß mit NTA an, im Gegenteil. Den Schulabschluss muss man ohne machen und deswegen ist es wichtig, möglichst bald Strategien zu erwerben.


    Was ihm hilft, wird er wahrscheinlich am besten wissen. Vielleicht Ruhe in einem extra Raum, vielleicht stresst ihn das aber auch, weil er meint, dann schneller fertig werden zu müssen, um ja nix zu verpassen. Sinnvoll ist es wahrscheinlich, ihn daran zu erinnern, die Rückseite zu bearbeiten oder vor der Abgabe genau zu kontrollieren, ob auch b) und c) gemacht wurden. Vor allem das Überlesen von Hinweisen und Nichtbeenden von Aufgaben ist ein Problem bei Konzentrationsstörungen.

  • Die Mutter kümmert sich sehr gut und war mit ihm schon beim SPZ. Können die da vielleicht besser beraten als die Schule?

    Das SPZ sollte das in der Regel eigentlich können. Das Krankheitsbild ist nicht so selten. Da die Einschränkungen der Exekutivfunktionen sehr unterschiedlich ausgeprägt sind bei ADHS/ ADS und es auch abhängig ist von der Medikation, die in der Regel verschrieben wird, können ganz unterschiedliche Dinge helfen. Das müsstet ihr mit dem Kind oder der Mutter besprechen, evtl. gibt es auch die Möglichkeit eines Austausches mit der behandelnden Psychologin?

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