Anspruch und Wirklichkeit beim Unterrichten

  • Die im Ref erworbenen Kompetenzen liegen nicht brach. Sie sind dir vermutlich so in Fleisch und Blut übergegangen, dass du gar nicht mehr merkst (und das ist positiv), dass du diese eigentlich hast. Sie erleichtern dir deinen beruflichen Alltag aber enorm. Vergleiche das mal mit Auto fahren: Die Fahrschule war durchaus anstrengend und man musste wahnsinnig viel in Theorie und Praxis lernen - jedenfalls kam es einem so vor. Steigt man heute in ein Auto, geht alles wie von selbst

    Hmm, in dem Fall scheinen meine Talente als Autofahrerin wohl deutlich ausgeprägter zu sein als die als Lehrerin. Auto fahren zu lernen war mit 18/19 völlig entspannt, Lernaufwand für die theoretische Prüfung : 5min und abgesehen vom seitwärts einparken, das ich etwas üben musste, hat alles auf Anhieb geklappt.

    Als Lehrerin im Ref habe ich zwar sehr viel Anerkennung erhalten ob meiner Vorerfahrungen und meiner Fachkenntnis, dennoch musste ich mir vieles (wie z. B. Didaktische Reduktion) erarbeiten und bin nur beim vorgezogenen Kolloquium in Politik mit 5min "Lernzeit" (direkt vor der Prüfung, zur kurzen Auffrischung, hat gereicht für ein sehr gutes Resultat) ausgekommen. In Pädagogik musste ich immerhin einen halben Nachmittag investieren am Vortag der Prüfung und für die Lehrproben, sowie das nachgezogene Kolloquium deutlich mehr Zeit neben den vielen Stunden während der gesamten Zeit für Vorbereitungen.


    Aber ganz eindeutig sind bestimmte Aspekte der Unterrichtsplanung inzwischen selbstverständlich, über die ich im Ref noch bewusst nachdenken musste. Insofern muss ich vieles auch nicht mehr so detailliert planen, wie noch im Ref, was natürlich den Eindruck verzerren kann, wie viel man für Unterrichtsplanung investiert. In bestimmten Klassen und Fächern reicht es inzwischen, wenn ich anhand des Buches nachvollziehe wo wir waren, damit die nächste Stunde in meinem Kopf komplett binnen Minuten steht und innerhalb von rund 20min mit allen Materialien vorbereitet ist, bei anderen hätte ich gerne nochmal die Zeit wie im Ref, für wirklich gründliche Planungen, muss aber korrigieren, Eltern und KuK antworten, etc.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

    Einmal editiert, zuletzt von CDL () aus folgendem Grund: Autofillpannen...

  • Aber ganz eindeutig sind bestimmte Aspekte der Unterrichtsplanung inzwischen selbstverständlich, über die ich im Ref noch bewusst nachdenken musste. Insofern muss ich vieles auch nicht mehr so detailliert planen, wie noch im Ref, was natürlich den Eindruck verzerren kann, wie viel man für Unterrichts Planung investiert. In bestimmten Klassen und Fächern reicht es inzwischen, wenn ich anhand des Buches nachvollziehen wo wir waren, damit die nächste Stunde in meinem Kopf komplett binnen Minuten steht und innerhalb von rund 20min mit allen Materialien vorbereitet ist, bei anderen hätte ich gerne nochmal die Zeit wie im Ref, für wirklich gründliche Planungen, muss aber korrigieren, Eltern und KuK antworten, etc.

    Das meine ich ja gerade. Natürlich ist das Erlernen des Autofahrens innerhalb weniger Fahrstunden vom Aufwand bei weitem nicht mit Studium + Referendariat und Probezeit vergleichbar, aber das schien mir ein für viele gut greifbarer Bereich zu sein, um unbewusste Automatisierung von Vorgängen deutlich zu machen, wie wir sie auch bei Ausübung unseres Berufs erleben - eben oft nicht mehr bewusst.

  • Vergleiche das mal mit Auto fahren: Die Fahrschule war durchaus anstrengend und man musste wahnsinnig viel in Theorie und Praxis lernen - jedenfalls kam es einem so vor.

    Für die Praxis mag es unterschiedlich sein, aber wer für die theoretische Führerscheinprüfung das Gefühl hat(te), er müsse "wahnsinnig viel [...] lernen" ... ? Ich weiß ja nicht.

  • Auto fahren zu lernen war mit 18/19 völlig entspannt, Lernaufwand für die theoretische Prüfung : 5min und abgesehen vom seitwärts einparken, das ich etwas üben musste, hat alles auf Anhieb geklappt.

    Für die Praxis mag es unterschiedlich sein, aber wer für die theoretische Führerscheinprüfung das Gefühl hat(te), er müsse "wahnsinnig viel [...] lernen" ... ? Ich weiß ja nicht.

    Hm, also ich habe damals wirklich lange für die Theorieprüfung in der Fahrschule gelernt und sehe das auch immer wieder bei jungen Bekannten und Verwandten, die gerade den Führerschein machen. Und auch in der Praxis musste ich viel lernen. Ich war da leider kein Naturtalent und hatte viiiiele Fahrstunden; heute bin ich eine gute Autofahrerin, aber ich tue mich allgemein schwer damit Neues zu erlernen (gerade praktische Dinge).

    Allerdings kann es natürlich sein, dass ich dahingehend eine Ausnahmeerscheinung bin.

    Ich kann zumindest den Vergleich zwischen Autofahren-Lernen und "Lehrkraft-Sein-Lernen" gut nachvollziehen. War bei mir tatsächlich beides ähnlich aufwändig und es hat eine gute Zeit lange gedauert, bis ich - in beiden Fälllen - die nötige Routine hatte.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Warum der ganze Hokuspokus im Ref, wenn die dadurch erworbenen Kompetenzen doch nur brachliegen und ich gefühlt überwiegend mit stupider Kacke beschäftigt bin. Ich habe heute z.B. ewig Zeit damit verbracht, online irgendwelche Noten zurückzumelden und SEK 1 Klassenarbeiten durchzuackern und gefühlt geht das seit Monaten so. Nun muss ich für die Zeugnisse meine Listen umtragen und muss irgendwelche Kompetenzkreuzchen bei 200 Schülern setzen. Es ist mir echt zu dumm.

    Ganz ehrlich bin ich der Meinung, dass die Korrektur von Klassenarbeiten, die du (neben anderen Dingen) als "stupide Kacke" bezeichnest, nun mal Teil unseres Jobs ist. Der kann doch nicht nur aus Unterrichtsvorbereitung bestehen; die Nachbereitung - und damit u. a. auch Korrekturen - gehört doch genauso dazu! Das war mir allerdings auch schon im Ref klar und ich finde keineswegs, dass alle meine dort erworbenen Kompetenzen nun brachliegen.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Den Theorieteil der Fahrprüfung konnte man sich zum größten Teil mit gesundem Menschenverstand erschließen. Aber ist ja egal, was Seph meint, ist, dass man manchmal das Gefühl hat, man kann nicht wirklich mehr als im ersten Berufsjahr, weil man einfach vergessen hat, was man schon alles gelernt hat. Da hilft es übrigens, sich bei einem Praktikanten hinten reinzusetzen, dann fällt einem das wieder ein.

  • Oooder du hast es anders in Erinnerung, weil mit 17 alles aufregend ist...

    Nee, wirklich nicht (mal abgesehen davon, dass ich erst mit 18 mit dem Führerschein begonnen habe). Ich erinnere mich, dass ich an dem ersten Abend in der Fahrschule einen dieser Bögen ausgefüllt habe und mich eigentlich gut eingeschätzt hatte, da ich meinte, viele der Fragen korrekt beantwortet zu haben. Ende vom Lied: 40 Fehlerpunkte...^^

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ganz ehrlich bin ich der Meinung, dass die Korrektur von Klassenarbeiten, die du (neben anderen Dingen) als "stupide Kacke" bezeichnest, nun mal Teil unseres Jobs ist. Der kann doch nicht nur aus Unterrichtsvorbereitung bestehen; die Nachbereitung - und damit u. a. auch Korrekturen - gehört doch genauso dazu! Das war mir allerdings auch schon im Ref klar und ich finde keineswegs, dass alle meine dort erworbenen Kompetenzen nun brachliegen.

    Du sagst mir in jedem deiner Posts, dass du es halt nicht so siehst und alles supi toll kannst. Freut mich für dich.

  • Ich versuche es, schaffe es aber nicht und bin an euren Erfahrungen interessiert.


    Du sagst mir in jedem deiner Posts, dass du es halt nicht so siehst und alles supi toll kannst.


    Hm, hast du dir das nicht eingangs auch gefragt?

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Öhm. Ich dachte, die müssen blau-lila flackern, so wie die Weihnachtsbeleuchtung gegenüber?

    :nein: Mensch, Conni, als Berlinerin solltest du doch wissen, dass es unter regenbogenfarben (idealiter mit etwas Glitzer für alle verkappten Einhörner) nicht geht. :doc:

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  • Hm, hast du dir das nicht eingangs auch gefragt?

    Mir geht es um Erfahrungen von Lehrern, die ähnliche Gedanken haben und wie sie das bewältigen. Beiträge im Sinne von ,Kann ich alles irgendwie nicht nachvollziehen und überhaupt, wo ist überhaupt das Problem?!‘ helfen nicht.

  • Ich habe ähnliche Erfahrungen gemacht wie du, hab aber ne andere Haltung dazu, wie sie auch in den Worten von Humblebee zum Ausdruck kommt: Die Kleinigkeiten wertschätzen, sich an den eigenen Aufgaben orientieren, Konferenzen als Chance verstehen, ...

    Das, von dem du sagst, dass es dich lähmt, hak ich schnell ab, brauchte aber auch ein paar Jahrzehnte Diensterfahrung, um da drüber zu stehen.

    Spazierengehen, durchatmen, Tee trinken, ausschlafen.

    #Zesame:!:


    Konzentrieren Sie sich ganz auf den Text, wenden Sie das Ganze auf sich selbst an. (J.A. Bengel)

  • Ich sehe Unterrichtsplanung nicht als Vorbedingung für "nicht-langweilige Stunden" (ich bevorzuge begrifflich: interessant). Entgegen den im Referendariat z.T. vermittelten Pseudokriterien, kann sich eine reizvolle Stunde auch aus dem Thema ergeben, gerade wenn man geschickt genug ist durch Schülerfrage entstehende Exkurse anschaulich zu vertiefen und ggbf sogar mit spontan herbeigezogenen, interessanten Medien über den Beamer zu verknüpfen.


    Ich habe stets die Erfahrung gemacht, dass Schüler den Methodenzirkus je Älter sie werden garnicht so sehr schätzen, sondern sich durchaus auch freuen, wenn eine Stunde straightforwad nach Buch geht, ggbf. sogar statt Tafelbild rasch und effizient die Musterlösung nach der Besprechung projeziert wird. Umso mehr Zeit für das gute alte Klassengespräch.


    Ich würde nicht allzuviel Zeit auf die Feinheiten des Ablaufs verwenden, sondern eher auf eine geeignete Auswahl von Materialien. Dadurch bleibt man methodisch immernoch hinreichend flexibel, während man den Materialstock beliebig lange weiterverwenden kann. Den im Referendariat eingetrichterten Ekel vor dem einfachen Lehrbuch konnte ich hingegen nie nachvollziehen.

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