Schwierige Klasse - Viele Probleme - bitte um Ideen

  • Hallo zusammen,



    Ich habe eine sehr turbulente 7. Klasse mit 15 Schülern mit Förderschwerpunkt Lernen. Bei mir im Unterricht haben wir uns inzwischen zusammengerauft und es funktioniert ganz gut. Nun gibt es aber Situationen, mit denen ich nicht zurechtkomme bzw. keine Lösung habe:


    Problem Nr. 1 (das größte): Es wird in der Klasse geklaut!!! Es wurden bisher 3 Lehrergeldbörsen gestohlen. Tatsächlich muss derjenige sehr „gut“ darin sein, denn die Klasse petzt ALLES und ist ständig auf jemanden sauer, dass es eigentlich rauskommen müsste. Und es sind auch ein paar ruhige und zuverlässige darin, die nichts gesehen haben…. Polizei war immer da, es gab schon Verhöre mit Eltern. Es kam nichts raus… Ich habe einen Verdacht, ist aber nur ein Bauchgefühl. Was tue ich? Es nimmt keiner mehr Geld mit in die Klasse, aber nun wurde das Handy einer Schülerin gestohlen. Ich habe echt keine Idee mehr….


    Problem Nr. 2: Eine Schülerin schwänzt den Unterricht, den sie nicht mag (Sport und Arbeitslehre) JEDE Woche. Ich habe sie nachsitzen lassen, dann in doppelter Zeit bei der Schulleitung. Letzte Woche habe ich sie von der Polizei wieder in den Unterricht bringen lassen. Alles egal… Ich habe ihr nun Bußgeld angedroht, das wird aber der Papa bezahlen und wird sie wenig interessieren. Sie sagt, sie mag die Lehrer nicht, die sie dann hat und sie mag auch die Fächer nicht- also geht sie nicht hin. Vater ist total verzweifelt und ruft ständig weinend in der Schule an, wenn ich darüber informiert habe, dass sie nicht da war….


    Problem Nr. 3: Die Fachlehrer (für Sport, Englisch und Arbeitslehre, ich habe keine volle Stelle) haben teilweise Angst vor der Klasse. Ich bekomme eigentlich nach jeder Stunde einen wütenden Anruf / aufgebrachte Mail, dass das so nicht weiter gehen kann. Es sind schon die 4 „Schlimmsten“ nur noch bei mir im Unterricht. Ich habe keine Ahnung, was ich den Kollegen raten soll oder wie ich auf die 10. Beschwerdemail reagieren soll…. Tipps?


    Problem Nr. 4: Ein Schüler wohnt bei den Großeltern, Jugendamt hat die Vormundschaft. Es wurde nun von den Großeltern gesagt, wenn noch einmal die Schule anruft, werfen wir ihn raus. Gestern hat er auf dem Schulhof mit Böllern auf andere geworfen. Resultat: er wird von der Schule für 3 Tage ausgeschlossen. Ich habe nur die Vormundschaft informiert, die es natürlich weitergegeben hat um es schonender beizubringen. Heute ruft mich der Junge aus einer Wohngruppe aus einer anderen Stadt an. Er hofft er kann bald wieder zur Schule und bei seiner Oma wohnen…. Er möchte doch nur lieb sein, aber das sei so schwierig meinte er… Ich könnte gerade es nur heulen…. Richtig gehandelt? Was hätte ich tun können, was kann ich tun?


    Ziemlich lang geworden, es tut mir leid…. Ich gebe wirklich mein Bestes, aber so langsam kann ich nicht mehr. Ich hoffe ihr habt Tipps…. Gerne alles, was euch einfällt.



    Tut mir leid, dass es so lang geworden ist…



    Liebe Grüße

  • Oh, das sind ja gleich eine ganze Reihe von großen Baustellen.


    Zu Nr. 4: Ich finde, Du hast richtig gehandelt. Du und auch andere L werden mit diesem Schüler auch zuvor schon mehrmals gesprochen haben. Nachher beteuern, dass man ganz anders sein will, macht das Verhalten halt leider nicht ungeschehen, und das muss er lernen. Bzw., dass er VORHER seine Aggressionen in den Griff bekommen muss. Und Böller sind erstens auf dem Schulhof nicht zulässig (warum nimmt er die in die Schule mit), zweitens das Bewerfen von Menschen gefährlich und ggf. Körperverletzung.

    Ich würde das mit ihm kleinschrittig (einfach) klären.


    Zu Nr. 3: Ich sehe da die Schule insgesamt in der Pflicht. Das solltet ihr am besten gemeinsam klären, und alle an einem Strang ziehen. Das in vielen Schulen beliebte Einzelkämpfertum bringt keinen weiter.


    Zu Nr. 1: Krass! Das kannst Du nicht alleine lösen, und solltest Du auch nicht müssen. Da muss definitiv die SL mit ran. Polizei strategisch mit ins Boot holen, nicht nur für die Anzeigenaufnahme.


    Zu Nr. 2: Hm, ein Vater, der wiederholt weinend in der Schule anruft? Da scheinen die Baustellen nicht nur beim Kind zu liegen.


    Habt Ihr einen Sozialarbeiter an der Schule? Hole Dir Hilfe, das alles kannst Du alleine gar nicht schaffen.

  • Problem Nr. 4: Ein Schüler wohnt bei den Großeltern, Jugendamt hat die Vormundschaft. Es wurde nun von den Großeltern gesagt, wenn noch einmal die Schule anruft, werfen wir ihn raus. Gestern hat er auf dem Schulhof mit Böllern auf andere geworfen. Resultat: er wird von der Schule für 3 Tage ausgeschlossen. Ich habe nur die Vormundschaft informiert, die es natürlich weitergegeben hat um es schonender beizubringen. Heute ruft mich der Junge aus einer Wohngruppe aus einer anderen Stadt an. Er hofft er kann bald wieder zur Schule und bei seiner Oma wohnen…. Er möchte doch nur lieb sein, aber das sei so schwierig meinte er… Ich könnte gerade es nur heulen…. Richtig gehandelt? Was hätte ich tun können, was kann ich tun?

    Aus meiner langjährigen Erfahrung mit problematischen Elternhäusern / Pflegekindern / betreutem Wohnen etc. muss ich sagen, dass es für das Kind kein Nachteil ist, wenn es aus den katastrophalen Familienverhätnissen rausgenommen wird. Du darfst nicht vergessen, dass das Jugendamt nur bei wirklich extremen Fällen einschreitet. Die Kinder werden in den Einrichtungen/Pflegefamilien viel besser betreut und kommen (nach einer gewissen Eingewöhnungszeit) meist wieder "in die Spur". Betrachte es also nicht als schlimm, dass das Kind jetzt vom Jugendamt betreut wird. Die Großeltern waren offensichtlich heillos überfordert, was der Entwicklung des Kindes sicherlich nicht gut getan hat.

  • Zunächst mal: das ist alles "normal" für eine Lernbehindertenschule, du darfst nicht erwarten, dass du andere Menschen änderst. Schon gar nicht, dass du schnell irgend ein Verhalten eines anderen erreichst.


    Zu 1. Schulleitung ins Boot holen.

    zu 2. Es ist okay, beim Schuleschwänzen dran zu bleiben, zu versuchen, mit den Eltern ins Gespräch zu kommen. Verkämpfe dich aber nicht. Es klingt, als ob du mit Gewalt in 3 Monaten ein Problem lösen willst, dass über Jahre in der Familie entstanden ist. Das heißt nicht, dass du aufgeben sollst, aber es wäre vielleicht hilfreich, sich mit Schulabsentismus noch mal professionell auseinanderzusetzen und die Möglichkeiten zu nutzen, die man als Lehrkraft hat, aber nicht selbst dabei aggressiv zu werden oder zu verzweifeln, weil am Ende die Schülerin die Hilfen annehmen muss. Du kannst sie nicht in die Schule tragen. Im Grunde muss der Vater schleunigst Beratung in Anspruch nehmen, in der Siebten ist es zwar schon spät, aber wenn er zur Zusammenarbeit bereit ist nicht zu spät.

    3. Macht eine Klassenstufenkonferenz und besprecht ein gemeinsames Vorgehen. Sage aber auch, dass du nicht jeden Konflikt lösen kannst, dass die Fachlehrer*innen ebenfalls den Kontakt zu den Eltern suchen müssen, nachsitzen lassen oder was immer ihr beschließt.

    4. Du hast richtig gehandelt, das Jugendamt kennt die Familie schon lange und trifft seine eigenen Entscheidungen. Ihr müsst euch als Schule durchsetzen, sonst werfen die Schüler künftig Böller im Klassenzimmer. Dass es vielen Kindern sehr schlecht geht bedeutet nicht, dass man sie einfach machen lassen kann. Schule muss Regeln des Zusammenlebens durchsetzen, sowohl im Interesse der gestörten Kinder als auch im Interesse aller anderen Menschen dort. Auch wenn ein Kind misshandelt wird, darf es nicht dir ein Messer in den Leib rammen. Es braucht Hilfe und wie die aussieht, liegt nicht in deiner Macht als Lehrer*in. Ich würde zu dem Jungen Kontakt halten, um ihm mitzuteilen, dass er dir etwas bedeutet. Aber es gibt keinen Zweifel daran, dass der angekündigte Schulausschluss absolut richtig war.

  • Zu 1: Schulleitung ist natürlich von Anfang an mit involviert. Aber auch die ist ziemlich hilflos. Sie wissen nicht, wie wir weiter vorgehen. Als immer wieder bei jedem Fall die Polizei zu holen. Aber ich finde das ganze muss mal ein Ende haben.... Ich glaube sie hoffen, dass es entweder aufhört oder derjenige erwischt wird.


    Zu 2. Ich war da zwischenzeitlich total entspannt und habe den Vater nur per Mail informiert, wenn sie nicht da war, da sie sich dann oft in der Stadt ist und da Stress anfängt. Den Vater habe ich an die Schulsozialarbeit angebunden und diese war mit ihm beim Jugendamt. Diese sagen es reicht nicht aus für eine FH, er soll zur Erziehungsberatung gehen. Auch dort habe ich mit ihm einen Termin vereinbart. Ich wäre mit Bußgeld schreiben und sie nicht weiter stress total einverstanden, wenn nicht jedes Mal der Papa dann anrufen würde und sagt, sie müssen etwas tun... Das stresst mich ehrlich gesagt... Ich glaube aggressiv oder so bin ich da ihr gegenüber nicht, zumindest hoffe ich das. ;) Schulleitung und Schulpsychologen wissen auch hier Bescheid. Sie sagen Bußgeld und fertig. Aber was mache ich dann mit dem Vater, der ja trotzdem ständig um Hilfe bitten wird?


    Schulsozialarbeit ist auch in der Klasse mit drin.


    Zu 3. Klassenkonferenz ist eine gute Idee. Ich versuche das mal :)


    Zu 4. Danke für eure Unterstützung. Das beruhigt mich sehr...

  • ...wenn nicht jedes Mal der Papa dann anrufen würde und sagt, sie müssen etwas tun... Das stresst mich ehrlich gesagt... ... Aber was mache ich dann mit dem Vater, der ja trotzdem ständig um Hilfe bitten wird?

    Das ist kurios, aber du kannst meiner Meinung nach nur ehrlich sein. Dass du verschiedene Hilfsangebote unterbreitet hast aber das Mädchen nicht festbinden kannst. Er muss die Verantwortung für sein Kind übernehmen.

    Ich glaube sie hoffen, dass es entweder aufhört oder derjenige erwischt wird.

    Naja, mehr Möglichkeiten gibt es doch auch nicht. Ein Diebstahl ist normalerweise aufzuklären. Hier hat aber offenbar eine*r Kleptomanie, finanziert seinen Drogenkonsum oder wird erpresst, irgendwas scheint im Argen. Insofern kannst du nur hoffen, dass ein Mitschüler was bemerkt und dann Bescheid gibt. Ehrlich sind sie ja in aller Regel...

  • Ich habe einen Verdacht, ist aber nur ein Bauchgefühl.

    Was meine Kollegen manchmal machen: Etwas auf den Kopf zusagen. "Dich hat jemand beobachtet, ich will wissen, warum du das Handy genommen hast." O.ä. Mein Ding ist es nicht, wenn man aber überzeugend genug auftritt, funktioniert es.

  • Hallo Kaktus,

    Aber was mache ich dann mit dem Vater, der ja trotzdem ständig um Hilfe bitten wird?

    ich finde, Du hast bezüglich seiner Tochter schon sehr viel unternommen und in die Wege geleitet!


    Es ist das Problem des Vaters, wenn er mit der Erziehung nicht zurecht kommt. Er sollte meines Erachtens die Verantwortung dafür übernehmen und sie nicht Dir zuschieben. Und es ist ja nicht Deine Aufgabe, den Vater zu "therapieren". ;)


    VG

    Misspoodle

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