Corona-Sonderzahlung im öffentlichen Dienst

  • Da wir in der Grundschule immer noch A12 verdienen, finde ich es nicht verwerflich, über Gehälter zu sprechen und "mehr" zu wollen. Hier wird mit der Wirtschaft verglichen. Dort wird nach Verantwortung bezahlt. Und wir Grundschullehrkräfte haben eine enorme Verantwortung, die meines Erachtens auch angeglichen werden sollte an die anderen Lehrbereiche.

  • Ich sehe es eher so, dass die unteren Einkommensgruppen viel stärker der Inflation ausgesetzt sind, als die Höheren. Die aktuell hohe Inflation ist doch vor allem durch die explodierenden Energiepreise verursacht.

    Mit hohem Gehalt wohne ich tendenziell eher in einem modernen Haus und habe zumindest die Möglichkeit, mir ein relativ neues und effizientes Auto zu kaufen.

    Unser Haus ist drei Jahre alt und wir haben 40 € Heizkosten im Monat. Mein Auto verbraucht um die fünf Liter Super. Da berühren mich Preissteigerungen von 50% eigentlich kaum. Wer aber ein altes und schlecht gedämmtes Haus mit zugigen Fenstern bewohnt, den trifft das viel härter.


    Wer einen höheren Lebensstandard hat, kann diesen auch leichter reduzieren. Es ist einfacher, statt drei Urlaubsreisen nur noch eine pro Jahr zu machen oder seltener ins Restaurant zu gehen, als nur noch zweimal pro Woche zu duschen.


    Ich kann auch dieses "Aber wir haben ja schließlich studiert" nicht mehr hören. Ja, wir hatten ein Studentenleben, was sicher in weiten Teilen nicht so anstrengend war, die es Gleichaltrige erlebt haben, die zu der Zeit schon jeden Tag auf dem Bau malochen mussten.

  • Das sind aber zwei verschiedene Dinge. Auf der einen Seite bin ich bei dir, dass bestimmte Gehälter steigen müssen. Viele Bereiche des öffentlichen Dienstes werden zu schlecht bezahlt.

    Aber das muss nicht zu unseren Lasten passieren. Wir haben studiert, Referendariat etc. absolviert, um einer bestimmten Gehaltsgruppe einzusteigen. Ich habe schon die Erwartung, dass sich das Gehaltsverhältnis zu anderen Berufen nicht großartig ändert. Wenn ich als Lehrkraft vielleicht 20% weniger als in der freien Wirtschaft verdiene, habe ich schon den Anspruch, dass sich das in den nächsten Jahren auch nicht zu stark ändert. Wenn es aber so ist, dass bei uns die Gehaltssteigerung so niedrig, dass wir irgendwann 30% weniger als in der freien Wirtschaft verdienen, würde mich das schon unfroh machen. Das wiederum würde meine Bereitschaft zu Mehrarbeit deutlich reduzieren. Die Prozentangaben sind natürlich jetzt nicht passend. Nur als Beispiel. Grundsätzlich bin ich aber nicht sehr zufrieden, was mein Arbeitgeber die letzten Jahre gemacht hat.

    Das impliziert ja zunächst einmal, dass die Tarifabschlüsse in der freien Wirtschaft so viel besser ausgefallen sind. Vielleicht sollte man erstmal bedenken, dass gut die Hälfte aller Arbeitgeber in der freien Wirtschaft gar nicht tarifgebunden sind. Bei den zwei größten Tarifverträgen sahen die Abschlüsse aber auch eher niedrig aus, einfach, weil es vielen Unternehmen aktuell nicht besonders gut geht:


    IG Metall 2021: 500 € für jeden Mitarbeiter und sonst nichts

    Chemie: 2020: 1,5%, 2021: 1,3%


    Wie groß die tatsächlichen Gehaltseinbußen durch Kurzarbeit ausgefallen sind, die ja in vielen Unternehmen teilweise massiv angefallen ist, kann man so pauschal gar nicht berechnen, sollte aber zumindest im Hinterkopf bleiben.


    Anderswo ist das Gras also auch nicht unbedingt grüner.


    Und die Einstellung "wenn jemand anderes mehr bekommt, muss ich aber auch mehr bekommen" ist so ziemlich das deutscheste, was ich seit langem gelesen habe. Gehälter, Boni etc. entwickeln sich in vielen Bereichen auch genau so, wie es der Branche eben wirtschaftlich geht und da muss es nicht immer nur nach oben gehen.

  • Ich sehe es eher so, dass die unteren Einkommensgruppen viel stärker der Inflation ausgesetzt sind, als die Höheren. Die aktuell hohe Inflation ist doch vor allem durch die explodierenden Energiepreise verursacht.

    Mit hohem Gehalt wohne ich tendenziell eher in einem modernen Haus und habe zumindest die Möglichkeit, mir ein relativ neues und effizientes Auto zu kaufen.

    Genau auf der Basis kann man aber auch genau andersrum argumentieren. Die aktuelle Inflation wird von den exorbitant gestiegenen Energiepreisen befeuert. Ich habe da etwas von ca. 20% gegeüber dem Vorjahr gehört. Soweit stimme ich mit der Argumentation überein.


    Entsprechend läßt sich in Analogie argumentieren:

    Mit hohem Gehalt habe ich tendenziell einen spezialisierteren Beruf, den es nicht an jeder Ecke gibt. Entsprechend habe ich die Pflicht tendenziell weitere Strecken zum Arbeitsplatz zurückzulegen und verbrauche damit entsprechend viel mehr Energie als in den unteren Einkommensgruppen (vgl. Schulsekretärin), die als Verwaltungsfachangestellte genauso in der Kreisverwaltung arbeiten könnte. Ein Umzug ist ausgeschlossen, weil es das Modell der Hausfrauen-Ehe ja nun einmal nicht mehr gibt und entsprechend der Arbeitsort der Frau/Freundin berücksichtigt werden muß. Bringt ja nichts, wenn man selber dann weniger fährt, sie dafür aber mehr fahren muß.


    Lange Rede gar kein Sinn: Meine Freundin hat als Technikerin jeden Monat Netto nach Krankenkasse ca. 100€ mehr in der Tasche als ich (2.900€ zu 3.000€), dabei rede ich schon von Besoldungsgruppe a13, Erfahrungsstufe 8. Bei a12 sieht es entsprechend noch übler aus.

  • Die kann sie dann gleich dreifach jeden Monat an die Seite legen, wenn sie mal bei deinen Pensionsansprüchen mithalten möchte. Oder halt für eine private Krankenzusatzversicherung, wenn sie auf deinem Niveau abgesichert sein will. Oder für eine private Arbeitslosen-Zusatzversicherung, falls es mal dazu kommen sollte, aber an der Stelle sind die 100 € ja schon fünf mal ausgegeben.

  • plattyplus du vergisst aber an der Stelle immer deine persönliche Sondersituation mit der voll gezahlten GKV als Beamter zu erwähnen. Da springt für die meisten doch deutlich mehr netto bei raus.


    Prinzipiell gebe ich dir aber Recht, mein Freund z.B. ist Informatiker, auch erst seit paar Jahren im Beruf, verdient netto in etwa das gleiche wie ich mit A13 und arbeitet sich alles andere als tot (keine Personalverantwortung, nur Homeoffice, eher weniger als 8 Stunden tägliche Arbeit). Mit dem Unterschied, dass sein Gehalt problemlos weiter ansteigt. Wer in der Branche gut ist, wird regelrecht abgeworben.

  • Oder halt für eine private Krankenzusatzversicherung, wenn sie auf deinem Niveau abgesichert sein will.


    plattyplus du vergisst aber an der Stelle immer deine persönliche Sondersituation mit der voll gezahlten GKV als Beamter zu erwähnen.

    Ja, muß ich dazu sagen, daß ich in der gesetzlichen Krankenversicherung bin und entsprechend monatlich 830€ für die Kranken- und Pflegeversicherung zahlen darf. Als Beamter zahlt man da ja auch den Arbeitgeberanteil.


    Wenn die (private) Krankenkasse meine Krankenakte aus Kindertagen sieht, denke die halt, daß sie einen fast vollständig Gelähmten vor sich haben müßten, der gerade noch so eben mit einem Joystick im Mund einen elektrischen Rollstuhl bedienen kann, aber niemanden, dem man auf den ersaten Blick gar keine Besonderheit ansieht.

  • Ich kann den Lehrer-Kollegen, die mit ihrem Einkommen und Arbeitspensum unzufrieden sind, nur dazu raten, konsequent zu sein und einfach in die freie Wirtschaft zu wechseln. Die Unternehmen warten doch nur darauf, ausgebildeten Lehrkräften ein höheres Einkommen bei weit weniger Arbeit zu garantieren.

  • Ich kann den Lehrer-Kollegen, die mit ihrem Einkommen und Arbeitspensum unzufrieden sind, nur dazu raten, konsequent zu sein und einfach in die freie Wirtschaft zu wechseln. Die Unternehmen warten doch nur darauf, ausgebildeten Lehrkräften ein höheres Einkommen bei weit weniger Arbeit zu garantieren.

    Das machen mehr als du denkst, aber schon während des Studiums. Wo sind denn die MINT-Lehrer?

  • Es wird immer welche geben, die finden, dass sie arme Hascherl sind. Überweise denen A15 mit Zulage und sie finden jemanden, der A16 für natürlich viel weniger Arbeit kriegt. Und der Wurstfachverkäuferin ihr Freund erst, der kriegt nochmal 100 Eur mehr.

  • Ich kann den Lehrer-Kollegen, die mit ihrem Einkommen und Arbeitspensum unzufrieden sind, nur dazu raten, konsequent zu sein und einfach in die freie Wirtschaft zu wechseln. Die Unternehmen warten doch nur darauf, ausgebildeten Lehrkräften ein höheres Einkommen bei weit weniger Arbeit zu garantieren.

    Stellen wir uns doch einfach unsere Schule mal als Unternehmen vor, in dem der Kunde nur die Leistung bezahlt, die er auch bekommt.

    Unser Unternehmen "verkauft" im Sommer einfach mal eineinhalb Monate gar nichts, die Kosten für Gebäude und Gehälter laufen aber weiter. Unterricht, der ausfällt, wird vom Kunden nicht bezahlt. Unterricht, der nicht hochwertig war (z.B. weil nur ein Film gezeigt wurde) wird nur sehr gering vom Kunden bezahlt. Manchmal zahlt der Kunde trotz erhaltener Leistung auch gar nicht, weil er zwischenzeitlich insolvent ist.

    Unser Unternehmen bezahlt krankgewordene Mitarbeiter zeitlich unbegrenzt weiter, auch wenn es keine Leistung erhält, die verkauft werden könnte.

    Gleichzeitig würde Konkurrenz aus anderen Ländern versuchen, in unserer Branche mitzumischen und unsere Leistung deutlich günstiger anzubieten. Wir stellen sogar fest, dass diese Konkurrenz teilweise gar nicht schlechter abliefert, als wir das tun und ziehen deshalb bei den günstigen Preisen mit.


    Ich glaube nicht, dass unser Unternehmen so irre effizient und lukrativ wäre, dass jedes Jahr an die Mitarbeiter schwindelerregende Boni ausgezahlt, Gehälter erhöht und Dienstwagen verteilt würden.

  • Es wird immer welche geben, die finden, dass sie arme Hascherl sind. Überweise denen A15 mit Zulage und sie finden jemanden, der A16 für natürlich viel weniger Arbeit kriegt. Und der Wurstfachverkäuferin ihr Freund erst, der kriegt nochmal 100 Eur mehr.

    Es wird immer welche geben, die zu allem ja und Amen sagen. Überweise denen dann Mindestlohn und einen Dankesbotschaft und sie werden immer noch ausharren.

  • Dann liegt der Fehler bei der Geschäftsleitung.

    Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, ist die Badehose schuld.


    Sicherlich hat auch die Geschäftsleitung produzierender Unternehmen zu verantworten, dass es kaum Halbleiter zu kaufen gibt und deshalb nicht produziert werden kann.

  • Es wird immer welche geben, die finden, dass sie arme Hascherl sind. Überweise denen A15 mit Zulage und sie finden jemanden, der A16 für natürlich viel weniger Arbeit kriegt. Und der Wurstfachverkäuferin ihr Freund erst, der kriegt nochmal 100 Eur mehr.

    100% Zustimmung. Es gibt immer jemanden, der jemanden kennt, der aber mit ganz wenig Aufwand so viel mehr bekommt. Mein Onkel (übrigens zufälligerweise A15) hat auch immer von einem selbstständigen Fliesenleger erzählt (1-Mann-Bude), der mindestens das zehnfache seines Gehaltes bekommt.


    Teilweise stehen solchen vergleichen auch absolut krude Rechnung gegenüber. Aber wenn man einen Grund für Unzufriedenheit finden will, wird man schon irgendwie fündig werden.

  • Wenn der Bauer nicht schwimmen kann, ist die Badehose schuld.


    Sicherlich hat auch die Geschäftsleitung produzierender Unternehmen zu verantworten, dass es kaum Halbleiter zu kaufen gibt und deshalb nicht produziert werden kann.

    An deiner Schule werden materielle Ressourcen verarbeitet?

  • Um mal wieder auf's Thema dieses Threads zurückzukommen: Die 1300 Euro Einmalzahlung im TV-L ist wohl eher nicht dazu gedacht, die völlig unterbezahlte Lehrerschaft zu unterstützen. Sie ist für Lehrer ein angenehmer Mitnahme-Effekt. Wenn die Lehrer jetzt herummaulen, weil ihnen ja aufgrund eines höheren Lebensstandards eine viel höhere Zahlung zusteht als dem im TV-L beschäftigten Pflegeprekariat, dann fällt es den Menschen zurecht äußerst schwer, keinen Hass auf diese Berufsgruppe zu entwickeln.

  • Um mal wieder auf's Thema dieses Threads zurückzukommen: Die 1300 Euro Einmalzahlung im TV-L ist wohl eher nicht dazu gedacht, die völlig unterbezahlte Lehrerschaft zu unterstützen. Sie ist für Lehrer ein angenehmer Mitnahme-Effekt. Wenn die Lehrer jetzt herummaulen, weil ihnen ja aufgrund eines höheren Lebensstandards eine viel höhere Zahlung zusteht als dem im TV-L beschäftigten Pflegeprekariat, dann fällt es den Menschen zurecht äußerst schwer, keinen Hass auf diese Berufsgruppe zu entwickeln.

    Dir ist klar, dass es für alle Berufsgruppen vorteilhaft wäre, den Auszahlungsbetrag prozentual auf den Lohn aufzuschlagen? Sogar wenn es weniger wäre? Das ist Bezahlung mit Glasperlen.

    Hast mal für den Lebenszeitverdienst die Studienjahre abgezogen? Haben sich eigentlich die Piloten den allgemeinen Hass zu Recht zugezogen (sogar von Coronahilfsgeldern bezahlt der Lohn damals) oder gilt das eher nur für Lehrer, weil da jeder seinen Senf dazugeben kann?

  • Ich finde es halt nicht angemessen, dass sowohl das vertikale als auch das diagonale Spannungsverhältnis jedes Jahr kleiner wird.


    Beim TV-L ist es so: mit dem Ergebnis ist das diagonale Spannungsverhältnis 336% und das vertikale Spannungsverhältnis 307%.


    2010 waren es 346% sowie 310%

    2006 waren es 354% sowie 316%.


    In Ermangelung einer vernünftigen BAT-Tabelle vergleiche ich mit der Bundesbesoldung:

    2001 waren es 366% sowie 320%

    1969 waren es 521% und 417%!


    Mir ist aber klar, dass 1969 etwas übertrieben ist.


    Es muss genug Abstand zwischen den einzelnen Entgelt- bzw. Besoldungsgruppen geben. Mit jedem Sockelbetrag wird der Abstand immer geringer.


    Dass die unteren Entgeltgruppen eher betroffen waren, das bezweifele ich gar nicht. Dass sie Unterstützung brauchen bezweifele ich auch nicht.


    Leistung muss sich aber lohnen und wir Lehrer:innen leisten und haben einen unglaublichen Beitrag geleistet und er soll entsprechend belohnt werden!

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