Ich habe das Gefühl, dass die Freizeitgestaltung der Jugendlichen sich bereits vor Corona massiv geändert hat, ebenso die Prioritäten der Teenager.
Ich weiß sicher, dass wir schon vor der Pandemie im Freundeskreis darüber gesprochen haben, dass unsere Pubertiere erstaunlich wenig unterwegs sind, die Schule viel zu ernst nehmen und so gar nicht „rebellisch“, sondern einfach nur „brav“ (nahezu langweilig) sind. Ich kann jedenfalls für meine beiden Teenies und für viele im Bekanntenkreis sagen, dass sie weder auf wilde Parties gehen, noch trinken oder rauchen. Stattdessen lesen sie Bücher, chatten mit Freunden, machen zuverlässig Hausaufgaben und legen (aus meiner Sicht übertrieben viel) Wert auf gute Noten. Noch nicht ein einziges Mal musste ich einen der beiden betrunken irgendwo einsammeln oder mir Sorgen machen, weil das Kind nachts zu spät heim kam, weder vor noch während der Pandemie.
Ich erinnere mich, dass eine Freundin mir vor 2 Jahren mal erzählte, dass sie geradezu besorgt ist, weil ihre Tochter (damals 16) und ihre Freund*Innen selbst nach „Erlaubnis“ der Schule nicht auf eine große FFF Demo gingen, da sie in der Schule keinen Stoff verpassen wollten.
Zu dieser Beobachtung passt wahrscheinlich auch, dass ausgerechnet die FDP stärkste Kraft bei den Erstwählern wurde.
Ich finde das tatsächlich eine bedenkliche Entwicklung, denn ich befürchte, dass es sich irgendwann rächt, dass die Kids diese Erfahrungen nicht sammeln.
Außerdem berichten seit Jahren Kinder- und Jugendpsychiatrien von einer steigenden Zahl Jugendlicher mit Burnout, die sich häufig selbst unter so großen Druck setzen, die besten Leistungen zu erbringen, dass sie darunter zerbrechen. Dazu kommt Mediensucht und die Abhängigkeit von Social Media, die für mehr und mehr Kids die reale Begegnung ersetzen.
Ich wünsche mir auch junge Leute, die nicht einfach nur mitschwimmen, sondern laut werden und unbequem und ihre Rechte und Veränderung einfordern - sei es in Bezug auf Klimawandel, Diversität, Generationengerechtigkeit oder was auch immer. Wenn alle immer nur brav ja und Amen sagen, kann es ja keine Veränderung geben.
Ich habe keine Ahnung, woher diese Entwicklung kommt oder wie man ihr begegnen kann. Corona hat das Problem sicher verstärkt, aber es war zumindest aus meiner Beobachtung vorher schon da.